Seine Idole treffen – ein heikles Thema, denn nicht immer entpuppen sich unsere Helden als die Supertypen, die wir aufgrund ihrer Fähigkeiten gerne in ihnen sehen möchten. Harald Schmidt hat mal gesagt: „Je größer die Stars sind, desto mehr sollte man sich privat von ihnen fernhalten. Keiner kann privat einlösen, wofür er im Film oder auf der Bühne steht.“
Da ist viel Wahres dran, soviel kann ich nach über 35 Jahren im Showbusiness bestätigen. Aber den meisten von uns ist es eher nicht vergönnt, soviel Zeit mit Stars zu verbringen, dass man wirklich sagen könnte: „Den kenne ich wirklich gut!“ Meistens, wenn man überhaupt das Glück hat, einen seiner Helden zu treffen, erwischt man die Person entweder zu einem guten Zeitpunkt oder eben nicht.
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Ich erinnere mich noch sehr gut, wie ich einmal Mitte der 90er-Jahre in einem Hamburger Musikladen, den von mir sehr verehrten Gitarristen, Karl Allaut (u.a. Panikorchester, Achim Reichel, Stephan Remmler) getroffen habe. Ich sprach ihn höflich an… um es kurz zu machen: Herr Allaut hatte nicht seinen besten Tag! Das kann passieren. Auch von mir gibt es Geschichten, in denen ich keine gute Figur abgegeben habe. Pardon!
Umso schöner war es, dass ich neulich einen meiner Gitarrenhelden treffen durfte, der sich 20 Minuten lang von seiner besten Seite zeigte: Nile Rodgers, the Master of Funk, Disco & Soul! Hitproduzent, Hitkomponist und „Gitarrist extraordinaire“. Carlos Santana, Eric Clapton, Eddie Van Halen – alles Gitarristen, die wir sofort am Solo-Ton erkennen. Nile Rodgers erkennt man an seinem Rhythmussound. Die ersten Gitarrenakkorde von Daft Punks „Get Lucky“ oder Diana Ross’ „I’m coming out“ erklingen und jeder, der gitarrentechnisch nicht ganz hinterm Berg lebt, erkennt sofort den Trademark-Sound von Rodgers. Kreiert mit seiner legendären Fender Hardtail Stratocaster, genannt „The Hitmaker“.
HELLO MR. RODGERS
Wie ich in den Genuss einer Audienz bei Mr. Rodgers kam? Da höre ich euch schon murmeln „das Glück ist mit den Doofen, die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln!“ Ja, auch. Jan Mewes, der Veranstalter der drei Nile- Rodgers- & Chic-Konzerte in Deutschland, ist ein Fan meines Podcasts ‚Zärtliche Cousinen‘, den ich wöchentlich mit Comedy-Legende Atze Schröder aufnehme. In einer der Folgen haben Atze und ich ausführlich unsere Begeisterung für Nile Rodgers kundgetan und ich erzählte, dass ich auf jeden Fall eines der Deutschland-Konzerte besuchen will. Worauf uns Jan Mewes eingeladen hat, das Konzert im Kölner Tanzbrunnen zu besuchen.
Schröder konnte nicht, ich ließ mir aber die Chance nicht entgehen, Nile aus nächster Nähe aufs Griffbrett zu schielen. Der gute Jan schrieb mir, dass eventuell sogar ein kurzes Meet & Greet drin wäre, falls Meister Rodgers in der richtigen Laune wäre. Da ich als Künstler selbst weiß, dass man auf Tournee manchmal wenig Bock hat, irgendwelchen Fremden die Hand zu schütteln und belanglose Floskeln auszutauschen, machte ich mir nicht allzu viele Hoffnung.
Am Tag des Konzerts gab es vor der Show jedoch einen satten Regenschauer und eh wir uns versahen, hatte Jan uns Backstage ins Trockene gelotst. Eine Dreiviertelstunde vor Showbeginn tauchte dann Niles persönliche Assistentin auf, unterhielt sich mit Jan, zeigte auf uns und fragte dann plötzlich „ob wir jetzt zu Nile in die Garderobe wollten?“ Ähhhhh … ja, wollten wir!
Vor Aufregung zitterten mir plötzlich die Knie und als ich nur wenige Sekunden vor meinem Hero stand, stotterte ich verlegen: „Hello, I’m Till. Nice to meet you, Mr. Rodgers. Thank you, it’s a great honour and pleasure!” Der Promoter erklärte Nile dann, was ich für ein toller Hecht wäre, aber angesichts dieses genialen Hitgiganten war mir das eher nicht so recht. Herr Rodgers hörte aufmerksam zu, lächelte nett.
Jetzt noch ein Foto und raus hier, dachte ich. Dann sah ich aber die weiße Hardtail-Strat auf dem Gitarren-Ständer und sagte zu Nile, dass er und seine „Hitmaker“ einer der Gründe wäre, weswegen ich auch eine Hardtail-Stratocaster spiele. Irgendetwas machte „click“ und Nile wandte sich mir aufmerksam zu und begann sofort, mit mir über Hardtail-Strats zu fachsimpeln.
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HARDTAIL-STRATS
Nile Rodgers ist ein Grund für meine Hardtail-Strat-Liebe, Ronnie Wood und Billy F. Gibbons sind zwei weitere. Anfang 2004 war ich mit meinem Freund Frank Deimel von Deimel Guitarworks in Berlin auf der Stromgitarren-Ausstellung. In seiner Gitarren-Werkstadt zeigte er mir das sehr unterhaltsame Buch ‚Rock + Roll Gearhead‘ von Billy Gibbons. In dem Buch erfuhr ich, dass das legendäre La-Grange-Solo mitnichten nur auf Billys 59er Les Paul „Pearly Gates“ eingespielt wurde, sondern hauptsächlich mit seiner 55er Fender Hardtail Stratocaster.
In einem Interview beantwortete der Reverend die Frage, ob Hardtail Strats etwas spezielles an sich hätten, folgendermaßen: “Definitiv! Sie unterscheiden sich insofern von den Tremolo-Modellen, dass ihr Sound viel direkter, viel tighter ist. Die Federn lassen die Tremolo-Strats ganz anders als die Hardtail-Versionen klingen.“ Das kann ich bestätigen. Vielleicht haben sie durch das mehr an Holz auch ein besseres Sustain als ihre Tremolo-Sisters.
Das etwas hallige, metallische Klingeln einer Tremolo-Strat ist natürlich nicht schlechter, aber ich empfinde – wenn wir schon mal wieder im Bereich „Flöhe husten hören“ unterwegs sind – den Klang meiner HardtailStrat als wärmer und holziger im Vergleich zu meiner Strat mit Tremolo. Als Tele-Aficionado kam ich mit „normalen“ Strats lange Zeit nicht klar, aber meine Hardtail Strat hat mir geholfen, darüber hinwegzukommen. Konstruktionsbedingt (Saiten durch den Body) bringt sie einen guten Schuss Tele mit, obwohl sie natürlich ganz klar strattelt!
Probiert das mal aus, ich kann das jedem nur empfehlen, der zum Beispiel wie der Herr Clapton „nicht den Hebel zieht“ (um es mal mit Atze Schröder zu sagen) und den Tremoloblock festklemmt!
HITMAKERS
Aber zurück zu meinem Gespräch mit Nile Rodgers. Auf meine Frage, ob die „Hitmaker“ auf dem Ständer eine cleane Fender Custom Shop Replica wäre, nahm er sie in die Hand und erklärte mir, dass es sich bei dieser Gitarre um eine ganz normale Stock-Version aus der aktuellen USA-Serie handelte. Denn mit der Custom Shop-Version war der Meister offensichtlich nicht hundertprozentig zufrieden. Die Konturen des Bodys, die Dicke des Headstocks waren seiner Ansicht nach im Vergleich zur Original-Hitmaker (’60 Body, ’59 Neck) nicht wirklich perfekt nachgebildet worden.
Das fand ich doch sehr verwunderlich, wo doch der Fender Custom Shop sich gerne bei solchen Ikonen-Reissues als „Graf Akurat von Penibelschrat“ inszeniert – nun, der Besitzer des Originals wird wohl wissen, wovon er redet. Aber, versicherte mir Nile, die normale US-Edition der Hitmaker (immerhin mit ca. 2600 Euro auch kein Sonderangebot) ist top, er hat sie sogar schon im Studio benutzt für diverse Recordings. Na, bidde!
Auf der Bühne allerdings spielt Herr Rodgers ausschließlich das originale Schätzchen. Denn bei den Reissues würden die Potis anders funktionieren: Wenn das Volumepoti bei der Original-Hitmaker auf 7 stehen würde, dann klänge es bei der Replica natürlich nicht genau gleich – und darauf hat er live keinen Bock. Kann ich gut verstehen: Wenn man fünfzig Jahre fast ausschließlich eine Gitarre benutzt, dann ist jede Soundnuance einer anderen Potistellung in Fleisch und Blut übergegangen, dann sind alle abgewetzten Stellen des Griffbretts so vertraut wie ein eigenes Kind.
Irgendwann drückte Nile mir die Hitmaker-Copy in die Hand und ich konnte dem Master of Funk nur zustimmen – ein charmantes Hals-Profil, gut verarbeitet, nicht zu schwer, und trocken angespielt klang das Teil wirklich anständig. Interessant fand ich noch seine Bemerkung, dass er relativ weiche Picks und nicht gerade dicke Saiten benutzt (.009 – .042). Und „privat“ würde er sowieso nur Jazz spielen.
ALL KILLER, NO FILLER
Zum Schluss ließ Mr. Rodgers es sich nicht nehmen, auch meine Frau sowie zwei Freunde von mir ausführlich und freundlich zu begrüßen. Die hatten wegen unseres Guitartalks natürlich die ganze Zeit mit Fragezeichen in den Augen still in der Garderobe gestanden. Dann gab es noch Fotos mit allen und irgendwann standen wir alle wieder Backstage an einem Tisch. Natürlich war das Konzert sensationell. Nile spielte in Hochform, die Band hervorragend und die Sängerinnen waren schlicht und ergreifend superb!
90 Minuten lang wurde ein Nr. 1 Hit nach dem anderen zelebriert – keine Füller, keine langatmigen Soli. Exzellent! Im Hotel Savoy hatten wir nach dem Konzert noch die Gelegenheit, mit der Band zu plaudern und genüsslich einen über den Adamsapfel zu zirkeln. Herrlich. Ich war noch mindestens eine Woche ganz beseelt von diesen unvergesslichen Eindrücken. Fazit: Seine Idole treffen – das kann gründlich in die Hose gehen, muss aber nicht! Danke, Jan Mewes. Danke, Mr. Nile Rodgers!
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)
Kommentar zu diesem Artikel
M. Koch
Hm, ich bin ja nur einer von sehr vielen Leser*innen der G&B, aber diese Serie finde ich bisher echt ausbaufähig… eine seltsame Melange aus Geschichten aus Herrn Hoheneders Leben (er hat mal den Allaut getroffen, als dieser nen schlechten Tag hatte), etwas Gitarren-Garnitur (TH spielt am Liebsten Hardtail-Strats) & Einwürfen in einem Humor, der mich an die 90er Jahre erinnert. Und die Eigenwerbung für THs Podcast in allen Ehren – aber was genau diese bzw. dieser mit dem Thema “Gitarre & Bass” zu tun hat, erschließt sich mir nicht – sondern hinterlässt bei mir einen faden Nachgeschmack.
Es ist durchaus nicht meine Absicht, Herrn Hoheneder “an den Karren zu pissen” (analog zum Humor im obigen Artikel)… TH meint ja scheinbar, die G&B-Lesenden wären eher neidisch/missgönnende Typen? Sind wir aber doch gar nicht! Ich z.B. gönne ihm seine Bekanntschaften und Erlebnisse aus vollem Herzen – jedoch interessieren sie mich eher peripher… ;o)
Hm, ich bin ja nur einer von sehr vielen Leser*innen der G&B, aber diese Serie finde ich bisher echt ausbaufähig… eine seltsame Melange aus Geschichten aus Herrn Hoheneders Leben (er hat mal den Allaut getroffen, als dieser nen schlechten Tag hatte), etwas Gitarren-Garnitur (TH spielt am Liebsten Hardtail-Strats) & Einwürfen in einem Humor, der mich an die 90er Jahre erinnert. Und die Eigenwerbung für THs Podcast in allen Ehren – aber was genau diese bzw. dieser mit dem Thema “Gitarre & Bass” zu tun hat, erschließt sich mir nicht – sondern hinterlässt bei mir einen faden Nachgeschmack.
Es ist durchaus nicht meine Absicht, Herrn Hoheneder “an den Karren zu pissen” (analog zum Humor im obigen Artikel)… TH meint ja scheinbar, die G&B-Lesenden wären eher neidisch/missgönnende Typen? Sind wir aber doch gar nicht! Ich z.B. gönne ihm seine Bekanntschaften und Erlebnisse aus vollem Herzen – jedoch interessieren sie mich eher peripher… ;o)