(Bild: Hoheneder)
EPILOG – MEIN DING!
Ich erinnere mich noch, als ob es gestern gewesen wäre … vor vielen Jahren fuhr ich mit meinem Kumpel Atze Schröder nach Karlsruhe zu „Wetten, dass..?”. Im Autoradio sang Udo Lindenberg kurz vor Frankfurt notorisch undeutlich was von „ich mach mein Ding” und Töne, unser Manager, fragte uns, ob das nicht ´nen Song für das neue Atze-Programm wäre – am Ende, statt die Leute mit Maffays „und wenn ich geh´ dann geht nur ein Teil von mir / und der andere bleibt bei dir” aus der Halle rauszuschmeißen. Atze war semibegeistert, er hatte seine Udo-Phase schon in den späten 70ern ausgelebt.
Der Song, immerhin ein echter Ohrwurm und Comeback-Song für das lindische Huthaar-Nuschelmonster, wurde vom deutschen Komponisten, Gitarristen und Produzenten Jörg Sander mitkomponiert. Das hatte mir mal Andreas Kloppmann vor Jahren erzählt, als Jörg Sander bei ihm ein paar Pickups (u.a. in seine Les Paul) einbauen ließ. Jörg Sander? Musste ich damals auch erst mal googlen – Shame on me!
Der Herr Sander hat das Who is Who der deutschen Musik mit seinen Gitarrenkünsten beglückt: Udo Lindenberg, Jan Delay, Tokio Hotel, Heinz-Rudolf Kunze, Nena, Echt, Modern Talking, Ben Zucker, Kerstin Ott etc. – und die internationalen Acts lassen wir der Kürze wegen mal unter den Tisch fallen. Beeindruckend. Vom Rock bis Schlager, alles dabei. Fast forward.
KLEINANZEIGEN – DA LERNT MAN SICH KENNEN!
Als ich auf der Suche nach einer Goldtop mit P90 war, stieß ich bei Kleinanzeigen auf ein Inserat aus Hamburg. Ich schrieb den Inserenten höflich an, ob es sich bei der Paula noch um eine frühe Historic handelt, wo der Hals so klobig und breit ist wie eine Hochsitz-Treppenleiter. Mein voller Name drunter und abgeschickt. Die prompte Antwort verwirrte mich: Hey Till, bist du der Comedy-Gitarrist aus dem Kloppi-Katalog? Hier ist Jörg, der Gitarrist von Udo L. … jau, der Hals ist echt ziemlich dick. Am besten, du kommst mal vorbei, wenn du mal wieder in Hamburg bist.
Unzählige Telefonate, Gitarrenvideos und Nerd-Nachrichten über WhatsApp später ist es endlich so weit. Beladen mit 2 Gigbags und jeweils einem Gitarren-Case in der Hand stehe ich vor Jörgs Studiotür in Eimsbüttel und begehre Einlass in Sanderkans Gitarren-Tempel! Aufgeregt wie eine Eintagsfliege vor dem nächsten Sonnenaufgang, denn was hatte Jörg mir nicht alles versprochen, was ich in Ruhe ausprobieren könnte: ‚53 Fender Esquire, ‚54, ‚55 und ‚62 Stratocaster, alte Fender Tweed Amps, Vöxe und Marshalls … wer da nicht vor Vorfreude zittert, ist digital sediert und im Gear-Koma.
STU-STU-STUDIO!
Jörgs Studio besteht hauptsächlich aus dem Aufnahme & Regieraum, da er sich auf Gitarren-Recording spezialisiert hat. Der Raum ist akustisch so präpariert worden, dass er wirklich neutral und unverfälscht klingt. Oben im Dachgeschoss des Hauses steht Jörgs großes, nach Maßanfertigung gebautes Iso-Cab mit zwei Speakern:
Einem alten Celestion G12M aus den 70ern sowie einem Weber Blue Bulldog. Der Sound wird nur am G12M von drei Mikrofonen abgenommen: Sennheiser MD421, Shure SM57 und ein Beyerdynamic M160. Von oben kommen die Kabel dann in einem analogen Mischpult an, bevor es in die Wandler geht und von da im Computer landet. Und dieser Wandler hat es in sich. Nach langem Tüfteln, mit Unterstützung von Studiolegende und Gitarren-Professor Peter Weihe, ist Jörg etwas Beeindruckendes gelungen: Der Sound, den man im Studio hört, wenn man spielt, ist genau der Sound, der auf der Aufnahme landet und dann bei der Wiedergabe aus den Lautsprechern perlt. Keine Latenzen, keine Künstlichkeit, 1:1. Das ist unglaublich.
Ich spiele vor mich hin, Jörg nimmt es auf und spielt es ab, während ich weiterspiele. Das heißt ich dachte, ich spiele es – bis mir klar wurde, dass ich etwas anderes höre als ich gerade auf dem Griffbrett greife. Jede noch so kleine Nuance wird von dem artistic fidelity by Acousence Modular Converter abgebildet.
Selbst über ein schnell gemachtes Handyvideo hört man keinen Unterschied. Ich war so perplex, dass ich nur murmeln konnte: „Das bin ja ich!” „Genau” sagte der Herr Sander: „Genau darum ging es mir! Ich wollte das, was so geil geklungen hat – die Gitarre, der Amp, der Raum – nach all den Jahren, manchmal mit Frust oder latenter Unzufriedenheit – endlich auch mal genauso auf der Aufnahme hören. Und ich bin glücklich, dass mir das mit diesem Set-Up in meinem Studio gelungen ist!”
Ich kann nur völlig begeistert zustimmen. Total euphorisiert von meiner Hardtail Strat durch ein Hendrix-Marshall-Topteil (Sonderedition Super 100 JH) und den alten ‚64 Vox AC30 höre ich nicht auf zu spielen und mir immer wieder die Aufnahmen davon anzuhören. Holy shit, ich brauche vor allem mal einen Marshall … da ist mir was entgangen!