„Gitarren haben ein unglaubliches Entfaltungspotential, und das werden sie auch immer behalten.“

Tabaluga-Twins: Peter Keller und Peter Maffay im Interview

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(Bild: Matthias Mineur)

Bei Produktionen von Peter Maffay besetzt der Hamburger Musiker Peter Keller eine wichtige Position. Neben seiner Rolle als Gitarrist in der Band des Deutschrockers ist Keller auch Produzent mehrerer Maffay-Alben, unter anderem für das Tabaluga-Projekt. Seit Mitte Oktober steht das neue Tabaluga-Album ‚Die Welt ist wunderbar‘ in den Geschäften, nur wenige Wochen, nachdem Maffay auf einer großangelegten Deutschlandtour einige ausgefallene Konzerte nachgeholt hat.

Wir haben diese Gelegenheit genutzt, uns mit Keller und Maffay zu verabreden und mal wieder einen Blick hinter die Kulissen dieser überaus erfolgreichen Band zu werfen.

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(Bild: Matthias Mineur)

PETER KELLER

Peter, welche Funktion hast du auf dem neuen Tabaluga-Album?

Ich war Maffays Hauptansprechpartner und habe auf dem Album auch Gitarre gespielt. ‚Die Welt ist wunderbar‘ ist in meinen ‚Chefrock Studios‘ in Hamburg entstanden. Oft kann Peter Maffay aus terminlichen Gründen nicht durchgehend dabei sein, deshalb habe ich dann den Hut auf. Nach 17 Jahren mit ihm habe ich einen Sinn dafür entwickelt, wie er sich Dinge vorstellt.

Wie fingen in diesem Fall die Arbeiten an?

Bei Tabaluga gibt es vorab immer die fertige Geschichte von Peter und Gregor Rottschalk, sowie die meisten Songtexte quasi in Gedichtform. Dann sind wir Bandmitglieder und auch ein paar externe Komponisten wie Rubert Keplinger oder Katrin Schröder aufgefordert, die entsprechende Musik zu schreiben, und zwar durchaus mehrere Songvorschläge für den gleichen Text. Anschließend wird sondiert, welche Musik zu welchem Text passt. Grob umrissen geht es auf ‚Die Welt ist wunderbar‘ um die Umwelt und um erneuerbare Energien. Als Komponist bekommt man dann mitunter Songtexte, die auf den ersten Blick noch gar nicht als solche zu erkennen sind.

Wurde ausschließlich in Hamburg oder auch im ‚Red Rooster‘ bei Maffay zuhause produziert?

Normalerweise auch im ‚Red Rooster‘, damit Peter jederzeit rein- und raushuschen und mal ein Ohr riskieren kann. Doch in diesem Fall war Peter mit seiner Teilnahme an ‚The Voice‘ beschäftigt, was er – wie alles – sehr ernstgenommen hat. Deshalb wurde das Album zu 90% in Hamburg aufgenommen.

Gut für dich!

Ja, weil ich dadurch zuhause bleiben konnte. Unser Co-Produzent JB Meijers kam zu mir, während die Band allerdings noch komplett mit Udo Lindenberg unterwegs war. Deren Proben fanden in Timmendorf unweit von Hamburg statt. Dort gab es einen Off-Day, das wäre für uns eigentlich der Schlagzeug-Tag gewesen. Doch drei Tage vorher erwischte es Bertram (Engel, Schlagzeuger, Anm. d. Verf.) mit Corona. Anschließend gab es zwei Off-Days bei den Lindenberg-Proben in Schwerin, also kam Bertram dann zu mir nach Hamburg.

Das funktionierte nur deshalb, weil wir diesmal Schlagzeug und Bass erst fast ganz am Schluss aufgenommen haben, nachdem bereits viele Gitarren und Keyboards eingespielt waren. JB und ich haben vorher eine komplette Vorproduktion gemacht, zudem gab es ein Treffen mit Peter in Tutzingen, bei dem die Tonarten und Tempi besprochen wurden. Die sonst üblichen Änderungswünsche waren in diesem Fall dann allerdings nicht mehr möglich, weil der Termindruck es nicht zugelassen hätte. Immerhin soll das Album ja auch auf Vinyl erscheinen, und die Presswerke haben extrem lange Vorlaufzeiten. Außerdem stand unsere eigene Tour an, weshalb das Album bereits im Juli im Kasten sein musste.

Du hast als Produzent deine Gitarren selbst eingespielt, oder? Auch den Bass?

Bei Gil Ofarim habe ich auch schon mal Gitarre und Bass gespielt. Aber bei Tabaluga mache ich das natürlich nicht, denn wenn man einen Ken Taylor (Maffay-Bassist) haben kann, lässt man den natürlich alles spielen. JB und ich haben lediglich die Demo-Bässe gespielt. Manchmal ertappt man sich dabei, dass man denkt: „Wie soll Ken das noch besser machen?“ Aber wenn er dann spielt, weiß man nach 30 Sekunden, wo der Hammer hängt.

Lass uns über die verwendeten Gitarren sprechen!

Wir hatten in unserem 80m² großen Aufnahmeraum alles aufgebaut, was wir besitzen. Das war unser Spielplatz. Viele meiner Parts stammen aus einer Ibanez JEM und einer Iceman in Verbindung mit meinen Diezel-Amps oder dem Fender Tonemaster, den ich lange mit den Gretsch-Gitarren gespielt habe. Hinzu kam eine Ibanez RG8527Z J-Custom, letztlich lief es jedoch meistens auf die weiße JEM hinaus. Ich musste mich für die JEM spielerisch ziemlich umstellen, da ich vorher Gretsch gewohnt war. Mittlerweile bin ich mit dem Ergebnis aber sehr zufrieden.

Peter Kellers Ibanez JEM White
Ibanez Iceman Paul Stanley
Ibanez RG8527Z
Fender Jaguar Baritone
Ibanez JEM77 Floral Pattern 2
Taylor 616ce
Taylor A-Baritone 326ce

Ist die JEM noch wie aus dem Laden?

Ja. Wobei ich nach den Erfahrungen mit defekten Röhren in meinem Diezel, der nach dem Austausch der Tubes plötzlich viel besser als jemals zuvor klang, derzeit überlege, ob ich auch mal andere Pickups für meine Gitarren teste. Mein Motto, auch in den Chefrock Studios: Nichts für gegeben nehmen, immer alles überprüfen und verbessern.

Diezel-Heads und Fractal Audio Axe-Fx III
Der Fractal FC-12 Foot Controller

Wie viele Gitarrenspuren pro Song habt ihr aufgenommen?

Wir bemühen uns, mit so wenig wie möglich klarzukommen und nicht unbedingt jede Spur zu doppeln. Also mal Carl (Carlton, Maffay-Gitarrist) rechts und ich links, oder JB rechts und ich links, immer unterschiedlich. Wir haben festgestellt, dass die richtige Gitarre mit dem richtigen Sound oftmals ausreicht. Als Gitarrist sehe ich mich sowieso eher bei Ken und Bertram, auch bei den Akustikgitarren, während JB gerne obendrüber spielt und in seiner Instrumentenwahl dann auch immer frei ist. Bei uns sind die Gitarren nach Aufgaben aufgeteilt. Ich spiele gerne tight mit der Rhythmussektion, wobei im aktuellen Fall diese Gitarren mit dem später eingespielten Schlagzeug harmonieren mussten, sonst hätte Bertram sie mir um die Ohren gehauen.

Kellers und Maffays Gitarrentechniker Frank Flück (Bild: Matthias Mineur)

Hat sich dein Timing durch die Maffay-Produktionen spürbar verbessert?

Ja, durchaus, aber auch der Sound. Durch die Entwicklung hin zur JEM und zum Diezel klingt es jetzt etwas rockiger. Außerdem macht es Spaß, mal wieder voll auf Effekte zu gehen, mal ein geiles Delay, einen fetten Hall oder großen Chorus. Vor zehn Jahren hätte es noch geheißen „Mach mal den Chorus aus!“ Nein, rein in die Masse! Aber wenn ich mir alte Maffay-Aufnahmen anhöre, waren auch die schon amtlich. Einen Welpenschutz hätte ich in dieser Band nicht bekommen, es musste von Beginn an geil sein. Damals habe ich mich mitunter gewundert, weshalb Bertram und Ken, die für mich Giganten sind, mich überhaupt mitspielen lassen.

Inzwischen habe ich mir ein festes Standing erarbeitet. Neulich bei einer Probe in Regensburg sagte Bertram plötzlich zu mir: „Keller, du musst bei ‚Weil es dich gibt‘ ein bisschen weiter hinten spielen.“ Dabei fiel mir auf, dass Bertram so etwas seit Jahren nicht mehr zu mir gesagt hat, was ich als stilles Kompliment nehme. Was sich in meinem Fall verändert hat: die Persönlichkeit. Man muss sich in dieser Band schon sehr zeigen. Wir haben hier ausschließlich große Egos, Alphatiere, die allerdings auch die Besonderheit der Band ausmachen. Es ist nicht immer ganz einfach, da seinen eigenen Platz zu finden. Wo muss ich mal zurückbellen, wo sollte ich lieber mal den Mund halten?

Interview mit Peter Maffay auf Seite 2

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Habe alle Gitarristen live erleben dürfen und es ist eine fascination sie auf der Bühne zu erleben .Jeder auf seine Art ein Könner und super Persönlichkeiten
    Schön die alle erlebt zu haben
    Sie sind alle so wie die ganze Band SUPER

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