Troisdorf bei Köln ist nicht unbedingt eine Kultur-Metropole. Der Bahnhof sieht arg heruntergekommen aus und scheint sich seit mindestens zehn Jahren vergeblich nach einigen Reparaturen und einem neuen Anstrich zu sehnen. Einige hundert Meter weiter findet man sich in der Fußgängerzone wieder, die – der Globalisierung sei Dank – genauso aussieht wie all die anderen Einkaufsstraßen dieser Republik auch.
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Doch trotz der immer gleichen Franchise-Läden hat sich in der Troisdorfer Innenstadt mit dem Gernhart Studio eine kleine Kreativzelle etabliert. Martin Buchwalter betreibt es seit 17 Jahren mehr oder weniger in Eigenregie. In jüngster Vergangenheit entstanden hier die Werke deutscher Thrash-Metal-Größen wie Destruction, Tankard, Accu§er oder Reactory. Doch am heutigen Freitagnachmittag stehen keine harten Kerle im Mittelpunkt, sondern eine zierliche Frau, die einen schon von Weitem mit einem breiten Grinsen im Gesicht begrüßt. Jen Majura, Gitarristin der amerikanischen Alternative-Metal-Größe Evanescence, hat die Presse ins Haus geladen, um ihr zweites Solo-Album vorzustellen. Die Scheibe wurde innerhalb von zehn Tagen aufgenommen und trägt den Titel ‚InZENity‘. „Der innere Ausgleich funktioniert nur, wenn man seine eigenen Gegensätze kennt und diese in die richtige Balance bringen kann“, wird Jen den Albumtitel später erläutern. Yin und Yang also. Und das mit dem Schwarz und Weiß hat die Gitarristin ziemlich wörtlich genommen: das liebevoll hergerichtete Büffet besteht ausschließlich aus schwarzen und weißen Speisen und Getränken, ihr Outfit ist entsprechend abgestimmt und selbst die beiden ENGL-Amps sind jeweils schwarz und weiß. Und schon geht es mit der Vorführung der vorläufigen Mixe, bei denen noch einige Gast-Soli fehlen, los. Zu jedem Song erzählt die Musikerin eine kleine Geschichte zur Entstehung. Der Spaß der Aufnahmen steht ihr noch ins Gesicht geschrieben.
Track by Track
Der Opener ,All The Other Ones‘ ist ein straighter Rocker und bereits hier wird deutlich, dass Jens Gesangsstimme an Power und Selbstbewusstsein dazugewonnen hat. Die Riffs schweifen teilweise in Speed-Metal-Gefilde ab. Da passt es hervorragend, dass das noch fehlende Solo von Jeff Waters (Annihilator) beigesteuert wird. Es folgt der Titeltrack ,InZENity‘, der laut Jen der härteste Song auf der Platte ist. Insgesamt trumpft das Stück mit einem abgedrehten und vertrackten Haupt-Riff, sowie einem orientalisch angehauchten Refrain auf. Als Gastsolist muss hier Jan Zehrfeld vom Panzerballett herhalten.
Für ‚Leave me‘ hat sich die Gitarristin ein Theremin angeschafft, bei dem man mit Handbewegungen einen singenden, synthetischen Klang erzeugt.
‚Drama Queen‘ ist der Musikerin zufolge der Popsong der Platte. Trotzdem wird die knallig-knackige Produktion deutlich – Martin Buchwalter hat hier ganze Arbeit geleistet. Am Ende des Songs wird man mit Gänsegeräuschen überrascht. Diese wurden von Jen um vier Uhr morgens aus ihrem Schlafzimmer heraus aufgenommen, als die Wildgänse auf ihrem Grundstück („Die kommen jedes Jahr vorbei und machen einen Riesenlärm!“) sie wieder mal nicht schlafen ließen.
Auch ‚Bully Lies‘ rockt ziemlich geradeaus und zeigt, dass ‚InZENity‘ kein typisch abgedrehtes Gitarristen-Album geworden ist. Das coole Solo stammt von Jens Freund und Mentor Mattias “IA” Eklundh von Freak Kitchen.
Der folgende Song ist eine „love it or hate it“-Angelegenheit. Das live mit Cajón und Akustik-Gitarre aufgenommene ‚Lied ohne Namen‘ fällt im Albumkontext recht stark aus dem Rahmen. Inhaltlich reflektiert Jen darin ihre Erfahrung mit Hass-Mails und Todesdrohungen von Pantera-Fans, nachdem sie Phil Anselmos „White Power“-Eklat öffentlich kritisiert hatte. „It takes some balls to make my point.“ – wohl wahr. Ob eine Akustik-Nummer das richtige Medium für diese Message ist – könnte man diskutieren.
Bei ‚Sick Brain‘ ist dann wieder Schluss mit langsam. Industrial-Metal mit eingestreuten Samples geben hier den Ton an. Das Solo fehlt hier noch, wird aber von Alex Skolnick (Testament) nachgereicht.
In ‚Stupid Piece Of Wood‘ wird mit der heutigen Internet-Gesellschaft abgerechnet. Während die Strophe mit einer Riff-Wand überzeugt, erinnert der Refrain an die Red Hot Chili Peppers auf Steroiden. Definitiv heavy und funky!
Der neunte Song ist ein Instrumental und trägt den etwas albernen Titel ‚Tobi Didn’t Show Up For Breakfast‘. Grund dafür war das Nicht-Erscheinen von Jens Kumpel Tobias Kersting (Orden Ogan) zum verabredeten Frühstücks-Termin. „Von dem eingekauften Essen habe ich noch eine Woche lang leben können und der Typ hat es einfach vergessen“, erklärt sie grinsend. Trotz des Titels hört man hier viel von Jens Gitarrenarbeit – die Leads in der zweiten Hälfte erinnern stellenweise an Iron Maidens ‚Blood Brothers‘.
‚Like Chuck Norris‘ vereint nicht nur die drei besten Chuck-Norris-Witze in einer Strophe (Bienen kauen, Nudeln ohne Wasser kochen und Zwiebeln zum Weinen bringen). Der Song wäre mit seinem Country-Feeling perfekt für die Ending-Credits eines Films oder als Soundtrack zum Reiten in den Sonnenuntergang.
‚Far Away‘ lässt das Album dann eher ruhig ausklingen. Der seichte Rocker bedient sich der Akustik-Gitarre und lässt auch sonst den Fuß vom Gas.
Beim Plausch danach grinst Jen einen an und fragt: „Und – welche Mucke ist das jetzt?“ Tja – keine Ahnung. Egal welches Label man draufpacken möchte, eines steht fest: ‚InZENity‘ ist durch und durch Jen – mal nachdenklich, mal nach vorne rockend, jedoch stets humorvoll und mit sehr viel Spaß bei der Sache.
“Troisdorf bei Köln ist nicht unbedingt eine Kultur-Metropole. Der Bahnhof sieht arg heruntergekommen aus und scheint sich seit mindestens zehn Jahren vergeblich nach einigen Reparaturen und einem neuen Anstrich zu sehnen …” – da jemand ganz offensichtlich seine Recherche-Aufgaben nicht ganz gemacht oder war ob der talentierten Jen nicht ganz bei der Sache. Die zw. Bonn und Troisdorf gelegene Mittelstadt Troisdorf hat kulturell sehr wohl einiges zu beten, was auch national mittlerweile von Bedeutung ist: Kinderbuchmuseum (einzigartig in Europa), international bekannte Acts in der neu gebauten Stadthalle (vielleicht nicht ganz so gitarrenlastig), eine bundesweit bekannte Veranstaltungsreihe an der Burg Wissen zum Thema Blues mit international bekannten Acts (zu wenig shred?), multikulturell ausgerichtete Musikfestivals auf Burg Wissen und nicht zuletzt das in der Kunst- und Kulturszene längst etablierte Kunsthaus Troisdorf, in dem neben gut besuchten Ausstellungen von nationalen und internationalen Künstlern die Veranstaltung Open Scene überregional Musiker anspricht. So schlecht ist Troisdorf also nicht aufgestellt.
Der Bahnhof ist im Übrigen bereits abgerissen um Platz zu schaffen für einen schon länger geplanten Neubau. Das wäre ebenfalls eine leicht einzuholene Info gewesen. Schöner Bericht über Jen, der leider sehr negativ anfängt. Die Frage ist hier vielleicht noch: Wo wohnt denn der Schreiber?
“Troisdorf bei Köln ist nicht unbedingt eine Kultur-Metropole. Der Bahnhof sieht arg heruntergekommen aus und scheint sich seit mindestens zehn Jahren vergeblich nach einigen Reparaturen und einem neuen Anstrich zu sehnen …” – da jemand ganz offensichtlich seine Recherche-Aufgaben nicht ganz gemacht oder war ob der talentierten Jen nicht ganz bei der Sache. Die zw. Bonn und Troisdorf gelegene Mittelstadt Troisdorf hat kulturell sehr wohl einiges zu beten, was auch national mittlerweile von Bedeutung ist: Kinderbuchmuseum (einzigartig in Europa), international bekannte Acts in der neu gebauten Stadthalle (vielleicht nicht ganz so gitarrenlastig), eine bundesweit bekannte Veranstaltungsreihe an der Burg Wissen zum Thema Blues mit international bekannten Acts (zu wenig shred?), multikulturell ausgerichtete Musikfestivals auf Burg Wissen und nicht zuletzt das in der Kunst- und Kulturszene längst etablierte Kunsthaus Troisdorf, in dem neben gut besuchten Ausstellungen von nationalen und internationalen Künstlern die Veranstaltung Open Scene überregional Musiker anspricht. So schlecht ist Troisdorf also nicht aufgestellt.
Der Bahnhof ist im Übrigen bereits abgerissen um Platz zu schaffen für einen schon länger geplanten Neubau. Das wäre ebenfalls eine leicht einzuholene Info gewesen. Schöner Bericht über Jen, der leider sehr negativ anfängt. Die Frage ist hier vielleicht noch: Wo wohnt denn der Schreiber?