Im Interview

Søren Andersen & Josh Smith: Die Sidemen der Stars

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(Bild: Mackenzie Lenora)

Wenn die Ausnahmemusiker Glenn Hughes und Joe Bonamassa derzeit ihr Soloprogramm auf die Bühne bringen – wohlgemerkt: getrennt voneinander –, sind Bonamassa-Partner Josh Smith und Hughes-Gitarrist Søren Andersen nicht weit entfernt. Die erstklassigen Musiker haben die Funktion der Sidemen übernommen und helfen ihren ikonischen Chefs dabei, vor Publikum zu glänzen.

Dabei fungiert der Amerikaner Smith zeitgleich auch als Bonamassa-Produzent, während die Aufgabe des Dänen Andersen (er betreibt in Kopenhagen ein Tonstudio und hat Alben unter anderem für Marco Mendoza, Thundermother, Pretty Maids oder D-A-D produziert) vorrangig darin besteht, auf den Spuren des jungen Ritchie Blackmore zu wandeln und die Songs der Deep-Purple-Klassiker ‚Burn‘ und ‚Stormbringer‘ so originalgetreu wie möglich zu spielen. Wir haben mit Smith und Andersen über die besonderen Herausforderungen ihrer Mission gesprochen.

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JOSH SMITH

Josh, wann und wie war dein erster Kontakt zu Joe Bonamassa?

Joe und ich sind ungefähr gleich alt und trafen uns erstmals zu einer Zeit, als es gerade ein Comeback des Blues mit vielen jungen Gitarristen gab. Ich hörte seinen Namen, er stammt aus New York, ich aus Florida, wo ich unter anderem mit Derek Trucks, Kenny Wayne Shepherd und Johnny Lang befreundet war.

Joe und meine Wege kreuzten sich ein paar Mal, aber richtig kennengelernt haben wir uns erst vor etwa 20 Jahren, als wir beide nach Kalifornien zogen. Wir sahen uns erstmals auf der NAMM-Show in Los Angeles und freundeten uns an. In der Folgezeit jammten wir ein paar Mal, und vor acht Jahren entschieden wir uns für eine feste Zusammenarbeit.

Könntest du die musikalischen Unterschiede zwischen euch beschreiben? Und auch die Ähnlichkeiten?

Zunächst zu den Gemeinsamkeiten: Wir stammen aus ähnlichen Verhältnissen, wuchsen beide in Mittelschichtfamilien auf, mit Eltern, die Blues, Rock und Rock‘n‘Roll lieben. Mein Vater steht auf Jimi Hendrix, die Allman Brothers, aber auch auf B.B. King und Muddy Waters, allesamt Namen, die ebenso auf Joes Liste stehen.

Unterschiedlich ist unser Lebensweg nach unseren Umzügen nach Los Angeles verlaufen, denn während Joe konsequent auf seine eigene Karriere setzte, spielte ich überwiegend als Sideman für andere Künstler und kümmerte mich weniger um meine eigene Musik. Für mich war das die richtige Entscheidung, denn in dieser Zeit habe ich so viel Neues gelernt, was mir als reiner Solokünstler möglicherweise verborgen geblieben wäre.

Wann hat Bonmassa dich konkret gebeten, Mitglied seiner Band zu werden?

Nachdem wir eine Reihe von Alben anderer Künstler zusammen produziert hatten und Joe 2021 nach dem Lockdown und der Veröffentlichung von ‚Time Clocks‘ wieder auf die Bühne wollte, brauchte er für die vielen Overdubs der Scheibe einen zweiten Gitarristen. Er sagte: „Da ist für mich so viel mehr zu tun, als nur zu singen und die Lead-Parts zu spielen, könntest du deshalb für eine Tour mitkommen und die zweite Gitarre übernehmen?“

Zusätzlich waren noch eine Reihe weiterer Projekte in der Pipeline, an denen wir im Tourbus gemeinsam arbeiten wollten, also willigte ich ein. Während dieser Tour zeigte sich, dass die Kombination großartig funktioniert, weil Joe einerseits mit mir einen engen Freund an seiner Seite hat und er andererseits die Dynamik unseres Zusammenspiels sehr genießt.

Könntest du deine Rolle in der Band beschreiben? Immerhin bist du auch selbst ein großartiger Gitarrist.

Ähnlich wie meine Engagements für andere Künstler, betrachte ich auch diese Zusammenarbeit als Job. Meine Aufgabe ist es, den Hauptprotagonisten zu unterstützen. Ich spiele all das, worum Joe mich bittet, und nehme die Aufgabe sehr ernst. Gleichzeitig sind wir miteinander befreundet, wir werfen uns gegenseitig die Bälle zu, er spielt etwas, das mir gefällt, und ich spiele etwas, über das er schmunzeln oder sogar lachen muss.

Joe und ich sind beides Gitarristen, die es lieben, mit Ideen herumzuspielen. Meine Rolle ist also, ihn zu unterstützen und immer dann kurzzeitig nach vorne zu treten, wenn er dies möchte. Gleichzeitig fungiere ich als eine Art musikalischer Direktor – obwohl diese Band einen Direktor eigentlich nicht benötigt –, der Vorschläge macht, wenn ich den Eindruck habe, dass es die Show noch besser machen könnte.

Ich habe gesehen, dass du erstmals seit langem gleich drei Amps auf der Bühne hast, darunter sogar ein 100 Watt starkes Topteil.

Ich musste schnell erkennen, dass zwei kleine Amps nicht laut genug sind für diesen Gig mit seinen insgesamt sieben 100-Watt starken Verstärkern. Deshalb habe ich zwei 30- bzw. 40-Watt starke Morgan-Combos dabei, einen JS40 im Super-Reverb- beziehungsweise den AC20 im VOX-Stil, plus einen 100 Watt starken Two-Rock-Amp.

Hinzu kommen meine Ibanez-FLATV1-Signature-Gitarre plus ein, zwei Fender Strats. An Pedalen unter anderem ein Eventide H9, das Flashback Mini Delay von TC Electronic, ein King-ToneSoloist-Overdrive-Pedal für das eine oder andere Solo und mein Vemuram-Myriad-Signature-Fuzz.

Inwiefern hat sich die Zusammenarbeit zwischen Bonmassa und dir in den zurückliegenden drei Jahren weiterentwickelt, vielleicht sogar verändert?

Natürlich wird unser Zusammenspiel im Laufe der Zeit immer enger verzahnt, außerdem lernt man sich besser kennen und ahnt bereits im Vorfeld, was der andere womöglich als nächstes macht. Zudem ist diese Band eine für mich unfassbar gesunde Umgebung, da wir alle eng miteinander befreundet sind, woraus wirklich großartige Musik entsteht.

Zumal alle Musiker der Band unglaublich vielseitig sind und jederzeit in der Lage, spontan auf jede Situation zu reagieren. Mit einigen von ihnen, vor allem mit Schlagzeuger Lemar Carter und Bassist Calvin Turner, bin ich seit langem befreundet, wir haben schon vor 15 Jahren miteinander gespielt, es gibt also unendlich viel Erfahrung in dieser Band.

Deshalb weiß immer jeder, was der andere gerade denkt. Als Joe Lemar und Calvin in die Band holte, wurde es für mich natürlich noch leichter. Es macht einfach unfassbar viel Spaß mit solchen Kollegen.

Und was hat sich in den zurückliegenden Monaten zum typischen Josh-Smith-Einfluss in Bonamassas Live-Performance herauskristallisiert? Was steuerst du an eigener Note bei?

Oh, da gibt es nicht allzu viel. Auf der aktuellen Tour spielen wir überwiegend Songs der ‚Blues Deluxe‘-Scheibe, die ich produziert habe. Insofern sind einige meiner Ideen bereits in die Arrangements der Stücke eingeflossen. Auf der Bühne geht es dann nur noch ums Finetuning, also: Wo kürzt man ein Solo, wo verlängert man ein Song-Ende, wann spielt man ein wenig härter? Man reagiert auf das, was einem das Publikum signalisiert.

Apropos: Ist es schwierig, der Produzent von Joe Bonamassa zu sein, wenn man zeitgleich auch Bandmitglied ist? Gibt es da nicht mitunter Interessenskonflikte?

Nein, denn wir haben in der Vergangenheit viele Scheiben gemeinsam produziert, insofern weiß ich, wie ich das Beste aus seinem Gesang und seinem Gitarrenspiel herausholen kann. Eine Produktion mit Joe ist allerdings immer etwas ganz Besonderes, denn unser Geschmack und unsere Berufseinstellung sind fast deckungsgleich.

Wir lieben die gleiche Musik und wir verhalten uns bei Studioproduktionen höchst professionell, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Wir gehören nicht zu den Künstlern, die im Studio Kerzenlicht oder eine besondere Atmosphäre brauchen. Es bedarf auch keiner übermäßig harmonischen oder – im Gegenteil – aggressiven Stimmung, damit wir zu Höchstform auflaufen. We are hard workers, we go in and work as hard as we can!

Letzte Frage: Was konntest du als Musiker bislang von Bonamassa lernen?

Die Leute kommen nicht, um große Hits zu hören, sondern um Joe spielen zu sehen. Für mich ist es jeden Abend unfassbar inspirierend zu erleben, wie er mit seinem Publikum kommuniziert. Davon werde ich in Zukunft hoffentlich noch sehr profitieren. Man muss wirklich lernen, sein eigenes Ding vor tausenden von Zuschauern durchzuziehen.

SØREN ANDERSEN

(Bild: Mineur)

Søren, lass mich raten: Deine Liebe zu Deep Purple und Ritchie Blackmore wurde bereits in deinem Elternhaus entfacht.

Richtig. Ich bin in der dänischen Kleinstadt Fredericia aufgewachsen und die Musik von Deep Purple war omnipräsent. Für einen Sechs- oder Siebenjährigen ist ‚Smoke On The Water‘ der beeindruckendste Song überhaupt. Ich lernte ihn auf der Gitarre und war wie paralysiert von Blackmore, seiner Fender Strat, seinem Ton.

Mein erstes Deep-Purple-Album war ‚Live in London‘ von 1973, mit Aufnahmen von der ‚Burn‘-Tour. Die Version von ‚Smoke On The Water‘ unterschied sich von der Radiofassung grundlegend, denn für mich sangen da plötzlich ein Mann und eine Frau. Der Mann war David Coverdale, die Frau war Glenn Hughes. Seit diesem Moment war ich ein riesiger Glenn-Hughes-Fan.

Ein paar Jahre später kaufte ich mir in Flensburg das ‚Burn‘- Album und war restlos überzeugt von Blackmore, seinem Stil, seinem Outfit, seinen Soli. Später kamen zwar noch Angus Young, Jimi Hendrix, Eddie Van Halen und Gary Moore dazu, aber alles fing mit Blackmore an.

Ist ‚Burn‘ für dich das wichtigste Album von Deep Purple?

Es gibt ein paar Meisterwerke, dazu zählt natürlich ‚Burn‘, aber auch ‚Made In Japan‘ und ‚In Rock‘, aber keine andere Scheibe habe ich so oft gehört wie ‚Burn‘ und ‚Stormbringer‘, denn ich liebe die Glenn-Hughes/ David-Coverdale-Ära.

Und dann, circa 20 Jahre später, landest du in Glenns Band und spielst ausgerechnet ‚Burn‘ und ‚Stormbringer‘.

Ich hatte mit einigen Coverbands getourt und stand 2004 im Pumpehuset in Kopenhagen bei einem Konzert des Hughes-Turner Projects vor der Bühne. Ich stand da und dachte: Das hier wäre mein Traum! Ich möchte nicht Gitarrist bei Coldplay oder Kings Of Leon werden, sondern Gitarrist bei Glenn Hughes.

Damals arbeitete ich gerade für die dänische Firma TC Electronic, die mich bat, ihr bei der Entwicklung des G-Systems zu helfen. Ich bin der Co-Designer des Geräts, das weiß allerdings kaum jemand. Die Firma lud mich 2006 zur NAMM-Show nach Los Angeles ein. Ich ließ Visitenkarten drucken, auf denen stand „Søren Andersen, Songwriter, Gitarrist, Produzent“, und lernte am dritten Tag einen Booker kennen, der neben Marco Mendoza und Mothers Finest auch für Glenn Hughes arbeitet.

Ein Jahr später bot er mir zwei Shows mit Marco Mendoza und Kenny Aronoff an, Yamaha waren auch vor Ort und offerierten mir einen Endorsement-Deal. Ein Jahr später hörte ich, dass Glenn Hughes einen Gitarristen sucht. Yamaha halfen mir bei der Kontaktaufnahme zum Management, drei Monate später bekam ich eine E-Mail: „Wir haben drei Shows in Russland. Willst du sie spielen?“ Ich bekam die Setlist, traf Glenn in Moskau im Hotel und ging mit ihm ohne Proben auf die Bühne.

Du musst vor Aufregung halb gestorben sein.

Ich war dermaßen gut vorbereitet, dass ich kein bisschen nervös war. Es lief wie im Traum ab, der kleine Däne mit seinem großen Helden Glenn Hughes, gemeinsam auf einer Bühne!

Welche Rückmeldung gab es von Glenn nach der Show?

Wir hatten ein kurzes Meeting mit dem Management, Glenn meinte nur: „Søren, ich möchte in Zukunft mehr mit dir machen. Hast du im Sommer Zeit?“ Ja, hatte ich, und so wurde aus dem einmaligen Gig eine langjährige, fast familiäre Zusammenarbeit. Denn Glenn weiß, dass ich Profi bin, kein Alkohol, keine Drogen, keine Affären.

Wie eng an den Originalvorgaben von Ritchie Blackmore orientierst du dein Spiel?

Dadurch, dass ich schon so lange bei Glenn bin, kann ich neben dem Deep-Purple-Material auch drei Trapeze-Songs, drei Stücke von Black Country Communion, zwei Tony-Iommi-Nummern und auch einige seiner Solostücke und somit den Stil von Blackmore, Bonamassa, Iommi, Mel Galley oder J.J. Marsh spielen. Insofern kann ich mich in Glenns Show ruckzuck auf einen anderen Stil einstellen.

Irgendwann fragte Glenn mich, was ich von der Idee einer ‚Burn‘/‚Stormbringer‘-Tour halte. Natürlich war ich hellauf begeistert. Ich hatte sechs Monate Zeit, um mich darauf vorzubereiten, deshalb konnte ich Blackmores Stil noch einmal ganz genau analysieren. Aufgrund der Tatsache, dass Ritchie jeden Abend ein wenig anders spielte, erlaube ich auch mir selbst, immer mal zu variieren.

Natürlich gibt es Soli, die man Ton für Ton wie im Original spielen muss, da sie Eckpfeiler des Songs sind. Für ‚Highway Star‘ wird es immer nur dieses eine Solo geben, bei ‚Stormbringer‘ orientiere ich mich an der Live-Version, bei ‚Burn‘ an ‚Live in London‘. Wichtig ist es auch, Ritchies einzigartigen Ton zu treffen, und dazu bedarf es nicht allzu viel Verzerrung, daher habe ich auch mein Equipment mit den Marshall Plexis darauf ausgerichtet.

Gibt es gleichzeitig auch die Søren-Andersen-DNA in den Songs?

Ich liebe Jimi Hendrix oder Yngwie Malmsteen, diese Einflüsse fließen in mein Spiel mit ein. Auch Gary Moore spielt dabei eine große Rolle, seine Alben ‚Corridors Of Power‘ und ‚Victims Of The Future‘, dieses aggressive Spiel. Ich glaube, unser Publikum versteht, dass es darum geht, Ritchie Blackmore zu ehren und dass ich mein Bestes gebe, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Reaktionen der Fans waren jedenfalls bislang absolut positiv.

Und welcher Song ist für dich die größte Herausforderung?

Hm, schwer zu sagen, aber ‚Mistreated‘ ist sicherlich ein besonderer Moment, da die Nummer so emotional ist. Mit langen Noten, viel Gefühl, kein technisch besonders schwieriger Song, aber einer, bei dem jeder einzelne Ton stimmen muss.

1975er Fender Strat Sunburst mit Jumbo Frets und DiMarzio-PUs
Fender Strat 2007 Relic, ebenfalls mit Di-Marzio-Pickups
Die klassische Blackmore-Variante mit Marshall Plexis
Das Pedalboard mit Line6-HX-Effects plus Dept. 10 Boost und Dual Drive von Blackstar

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2024)

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