SØREN ANDERSEN
(Bild: Mineur)
Søren, lass mich raten: Deine Liebe zu Deep Purple und Ritchie Blackmore wurde bereits in deinem Elternhaus entfacht.
Richtig. Ich bin in der dänischen Kleinstadt Fredericia aufgewachsen und die Musik von Deep Purple war omnipräsent. Für einen Sechs- oder Siebenjährigen ist ‚Smoke On The Water‘ der beeindruckendste Song überhaupt. Ich lernte ihn auf der Gitarre und war wie paralysiert von Blackmore, seiner Fender Strat, seinem Ton.
Mein erstes Deep-Purple-Album war ‚Live in London‘ von 1973, mit Aufnahmen von der ‚Burn‘-Tour. Die Version von ‚Smoke On The Water‘ unterschied sich von der Radiofassung grundlegend, denn für mich sangen da plötzlich ein Mann und eine Frau. Der Mann war David Coverdale, die Frau war Glenn Hughes. Seit diesem Moment war ich ein riesiger Glenn-Hughes-Fan.
Ein paar Jahre später kaufte ich mir in Flensburg das ‚Burn‘- Album und war restlos überzeugt von Blackmore, seinem Stil, seinem Outfit, seinen Soli. Später kamen zwar noch Angus Young, Jimi Hendrix, Eddie Van Halen und Gary Moore dazu, aber alles fing mit Blackmore an.
Ist ‚Burn‘ für dich das wichtigste Album von Deep Purple?
Es gibt ein paar Meisterwerke, dazu zählt natürlich ‚Burn‘, aber auch ‚Made In Japan‘ und ‚In Rock‘, aber keine andere Scheibe habe ich so oft gehört wie ‚Burn‘ und ‚Stormbringer‘, denn ich liebe die Glenn-Hughes/ David-Coverdale-Ära.
Und dann, circa 20 Jahre später, landest du in Glenns Band und spielst ausgerechnet ‚Burn‘ und ‚Stormbringer‘.
Ich hatte mit einigen Coverbands getourt und stand 2004 im Pumpehuset in Kopenhagen bei einem Konzert des Hughes-Turner Projects vor der Bühne. Ich stand da und dachte: Das hier wäre mein Traum! Ich möchte nicht Gitarrist bei Coldplay oder Kings Of Leon werden, sondern Gitarrist bei Glenn Hughes.
Damals arbeitete ich gerade für die dänische Firma TC Electronic, die mich bat, ihr bei der Entwicklung des G-Systems zu helfen. Ich bin der Co-Designer des Geräts, das weiß allerdings kaum jemand. Die Firma lud mich 2006 zur NAMM-Show nach Los Angeles ein. Ich ließ Visitenkarten drucken, auf denen stand „Søren Andersen, Songwriter, Gitarrist, Produzent“, und lernte am dritten Tag einen Booker kennen, der neben Marco Mendoza und Mothers Finest auch für Glenn Hughes arbeitet.
Ein Jahr später bot er mir zwei Shows mit Marco Mendoza und Kenny Aronoff an, Yamaha waren auch vor Ort und offerierten mir einen Endorsement-Deal. Ein Jahr später hörte ich, dass Glenn Hughes einen Gitarristen sucht. Yamaha halfen mir bei der Kontaktaufnahme zum Management, drei Monate später bekam ich eine E-Mail: „Wir haben drei Shows in Russland. Willst du sie spielen?“ Ich bekam die Setlist, traf Glenn in Moskau im Hotel und ging mit ihm ohne Proben auf die Bühne.
Du musst vor Aufregung halb gestorben sein.
Ich war dermaßen gut vorbereitet, dass ich kein bisschen nervös war. Es lief wie im Traum ab, der kleine Däne mit seinem großen Helden Glenn Hughes, gemeinsam auf einer Bühne!
Welche Rückmeldung gab es von Glenn nach der Show?
Wir hatten ein kurzes Meeting mit dem Management, Glenn meinte nur: „Søren, ich möchte in Zukunft mehr mit dir machen. Hast du im Sommer Zeit?“ Ja, hatte ich, und so wurde aus dem einmaligen Gig eine langjährige, fast familiäre Zusammenarbeit. Denn Glenn weiß, dass ich Profi bin, kein Alkohol, keine Drogen, keine Affären.
Wie eng an den Originalvorgaben von Ritchie Blackmore orientierst du dein Spiel?
Dadurch, dass ich schon so lange bei Glenn bin, kann ich neben dem Deep-Purple-Material auch drei Trapeze-Songs, drei Stücke von Black Country Communion, zwei Tony-Iommi-Nummern und auch einige seiner Solostücke und somit den Stil von Blackmore, Bonamassa, Iommi, Mel Galley oder J.J. Marsh spielen. Insofern kann ich mich in Glenns Show ruckzuck auf einen anderen Stil einstellen.
Irgendwann fragte Glenn mich, was ich von der Idee einer ‚Burn‘/‚Stormbringer‘-Tour halte. Natürlich war ich hellauf begeistert. Ich hatte sechs Monate Zeit, um mich darauf vorzubereiten, deshalb konnte ich Blackmores Stil noch einmal ganz genau analysieren. Aufgrund der Tatsache, dass Ritchie jeden Abend ein wenig anders spielte, erlaube ich auch mir selbst, immer mal zu variieren.
Natürlich gibt es Soli, die man Ton für Ton wie im Original spielen muss, da sie Eckpfeiler des Songs sind. Für ‚Highway Star‘ wird es immer nur dieses eine Solo geben, bei ‚Stormbringer‘ orientiere ich mich an der Live-Version, bei ‚Burn‘ an ‚Live in London‘. Wichtig ist es auch, Ritchies einzigartigen Ton zu treffen, und dazu bedarf es nicht allzu viel Verzerrung, daher habe ich auch mein Equipment mit den Marshall Plexis darauf ausgerichtet.
Gibt es gleichzeitig auch die Søren-Andersen-DNA in den Songs?
Ich liebe Jimi Hendrix oder Yngwie Malmsteen, diese Einflüsse fließen in mein Spiel mit ein. Auch Gary Moore spielt dabei eine große Rolle, seine Alben ‚Corridors Of Power‘ und ‚Victims Of The Future‘, dieses aggressive Spiel. Ich glaube, unser Publikum versteht, dass es darum geht, Ritchie Blackmore zu ehren und dass ich mein Bestes gebe, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Die Reaktionen der Fans waren jedenfalls bislang absolut positiv.
Und welcher Song ist für dich die größte Herausforderung?
Hm, schwer zu sagen, aber ‚Mistreated‘ ist sicherlich ein besonderer Moment, da die Nummer so emotional ist. Mit langen Noten, viel Gefühl, kein technisch besonders schwieriger Song, aber einer, bei dem jeder einzelne Ton stimmen muss.
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2024)