Im Interview

Slash: Blaue Mischung

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(Bild: Gene Kirkland)

Die Nachricht, dass Slash jetzt ein Blues-Album rausbringt ist natürlich genau so eine PR-Vereinfachung, wie das angebliche Country-Album von R&B-Ikone Beyoncé. Gemeinsam haben beide ganz sicher eher eine undogmatische Liebe zur Musik, als zu irgendwelchen Stilschubladen – ein sympathischer Charakterzug, den Slash übrigens auch mit seinem Ex- und wieder Band-Kollegen Duff McKagan teilt. Der Name ihrer gemeinsamen Band sollte im Interview zu Slashs neuem Album ,Orgy Of The Damned‘ nach Möglichkeit nicht fallen – was auch nicht nötig war, denn zum Thema Guns N‘ Roses ist nun wirklich alles gesagt und geschrieben worden.

Und so haben wir uns ausgiebig über die zwölf Tracks seines (Slash‘s Snakepit eingerechnet) achten Solo-Albums unterhalten, die der am 23. Juli 1965 in Hampstead, London geborene Saul Hudson im vergangenen Jahr mit zahlreichen Gästen eingespielt hat.

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Der Sohn einer Afroamerikanerin und eines Engländers, die beide im Musikgeschäft tätig waren – Mutter Ola Hudson war Kostüm-Designerin und arbeitete u.a. für David Bowie, sein Vater war Grafik-Designer und entwarf Album-Cover für Neil Young und Joni Mitchell – übersiedelte 1976 mit seiner Mutter in die USA, nach Los Angeles. Mit 15 bekam Saul seine erste Gitarre, fünf Jahre später wurde Guns N‘ Roses gegründet, und mit dem 1987 erschienenen Album ,Appetite For Destruction‘ war Slash ein Rock-Star.

Und Kultgitarrist: Les Paul, Marshall-Amp, WahWah – und ganz viele Gitarrensoli mit extrem fettem Ton, der auf Aufnahmen von GN‘R oft sehr im Vordergrund stand und fast ein bisschen zu laut im Mix wirkte. Genau das hatte aber was, und dieses Konzept hat auch Klaus Heuser ab 1980 bei BAP zur zweiten starken Stimme der Band werden lassen, wie auch Earl Slick auf dem legendären Bowie-Album ,David Live‘ (1974).

Noch vor Slashs Ausstieg bei Guns N‘ Roses, 1996, war ein Album seines Projekts Slash‘s Snakepit erschienen: Und ,It‘s Five O‘Clock Somewhere‘ war nach Duff McKagans ,Believe In Me‘ (1993) damals das Beste was aus dem GN‘R-Umfeld zu hören war. Mit seiner anderen Band, Slash‘s Blues Ball, spielte der Gitarrist schon in den 90ern Blues-Rock-Klassiker nach, und so ist das Konzept des aktuellen Albums ,Orgy Of The Damned‘ eine alte Liebe, auch was die Zusammenarbeit mit verschiedenen Sängerinnen und Sängern angeht: Die erinnert an sein offizielles Solo-Debüt ,Slash‘ (2010), an dem u.a. Ozzy Osbourne, Fergie, Chris Cornell, Lemmy Kilmister, Dave Grohl und Iggy Pop beteiligt waren.

Zwei seiner früheren Mitmusiker von Slash‘s Blues Ball, den Bassisten Johnny Griparic und Keyboarder Teddy Andreadis, kontaktierte der Gitarrist im vergangenen Jahr, und gemeinsam mit Schlagzeuger Michael Jerome und Sänger & Gitarrist Tash Neal wurde erstmal gejammt, dann das alte Cover-Konzept aufgegriffen und da weitergemacht, wo die Band in den 90ern aktiv war.

ALBUM

Im Frühjahr 2023 spielte die Band in ein paar Tagen die Backing-Tracks für das Album ein, live im Studio. Anschließend akquirierte Slash die Gastsolisten und produzierte mit ihnen weiter: Gary Clark Jr., Billy F. Gibbons (ZZ Top), Chris Stapleton, Dorothy, Iggy Pop, Paul Rodgers, Demi Lovato, Brian Johnson (AC/DC), Chris Robinson (The Black Crowes), Steven Tyler (Aerosmith) und Beth Hart … Diese Namen sprechen Bände, und es ist klar, dass sich hier Blues, Rock, Boogie & Soul die Klinke in die Hand geben.

Der Opener, Steppenwolfs ,The Pusher‘, mit Chris Robinson am Mikrofon, bleibt ein schwerer Oldschool-Blues-Rocker, ebenso die Uptempo-Version von Robert Johnsons ,Crossroads‘ mit Gary Clark Jr. oder Peter Greens ,Oh Well‘ mit Chris Stapleton. Alles solide Standardware, aber mit großartigen Gitarrenbeiträgen. Erstes Highlight: das schon tausendmal gehörte ,Hoochie Coochie Man‘ mit dem supercoolen Billy F. Gibbons – einzigartig! ,Key To The Highway‘, feat. Sängerin Dorothy, ist dann wieder ein stampfender Blues-Rocker mit langem Gitarrensolo.

Slash spielt oft und viel, sein Ton ist relativ stark verzerrt – und ehrlich gesagt hätte ich ihn nicht in jedem Track identifiziert. Wobei seine Spielfreude eigentlich unverkennbar bleibt. Und besonders die Gitarren-Parts in ,Born Under A Bad Sign‘, mit Sänger Paul Rodgers (Free, Bad Company, Queen), haben einen beeindruckenden Flow.

In ,Awful Dream‘, eine Nummer von Lightnin‘ Hopkins aus dem Jahr 1962, ist Slash dann mit einem sehr eigenwilligen, akustischen Gitarren-Sound zu hören, begleitet von einem sparsamen Drum-Beat – und mit einem ganz großen Musiker am Mikrofon, den man eher weniger mit Blues in Verbindung bringt: Iggy Pop! Und hier haben sich die Richtigen gefunden, denn ihr laid-back-Feeling harmoniert einfach wunderbar in diesem einfachen Song, der mit einem sehr eigenwilligen Mundharmonika-Einsatz endet. Hier erlebt man zwei große Künstler, die extrem negative blaue Phasen hinter sich gelassen haben und heute Blues mit Freude am Leben spielen.

Und dann kommt noch eine ganz andere Farbe ins Spiel: Der Temptations-Klassiker ,Papa Was A Rolling Stone‘ ist eine Ikone des Soul, und was Slash mit viel WahWah und Talk-Box da gemeinsam mit der großartigen Demi Lovato zaubert, hat eine ganz andere Energie als das Original.

Und wenn in der zweiten Hälfte des Tracks das Tempo anzieht und Slash virtuos soliert, dann das Thema fast etwas jazzrockig variiert wird, und Demi und der Projektleiter noch mal so richtig abjagen, macht dieser Klassiker extrem Spaß. Stevie Wonders ,Living For The City‘, gesungen von Tash Neal (The London Souls) groovt da knackig weiter, wo Demi Lovato aufgehört hat. Und das Gitarrensolo ist auch wieder erste Slashsahne. So muss es sein!

Bei ,Stormy Monday‘ denken mehr Menschen an die grandiose Fillmore-Live-Version der Allman Brothers als an T-Bone Walkers Original. Slash beginnt das Stück mit einem Gitarren-Intro, das irritierenderweise etwas an Yngwie Malmsteen erinnert, dann aber zu purem Blues mutiert. Die wunderbare Beth Hart ist hier mit so viel Wärme, Power, Soul und Biss dabei, und sie scheint den Bandleader wirklich zu Höchstleistungen zu inspirieren. Keine Frage, ,Stormy Monday‘ ist das Highlight dieses Albums – und dieser Track ist wirklich Blues pur. ,Orgy Of The Damned’ ist ein sehr abwechslungsreiches Werk, das Spaß macht, wenn man auf starke Stimmen und geniale GitarrenParts steht.

Interview auf der nächsten Seite!

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Mir ist Slash/aka Soul Hudson auch noch mit seiner ehemaligen Truppe „Slash Snakespit“ zu deutsch „Slash´s Schlangengrube“ bekannt,mit der er damalig in den 1990er-Jahren Live im „Huxley´s“ in der berüchtigten „Neuen Welt“ im düsteren Problem-Kiez Berlin-Neukölln auftrat,in guter Erinnerung geblieben.Da paßte nicht nur das finstere Umfeld des schon damals total „abgerockten“ Berliner Bezirks.Es war ein interessantes Live-Event mit vielen Slash-Fans in der damals restlos ausverkauften Concert-Halle. Die Eintrittskarte besitze ich als Überbleibsel-Erinnerung sogar noch heute.

    Für Alice Cooper spielte er übrigens auch schon mal ein paar schöne eingängige Songtitel ein.
    In absoluter Höchstform war er jedoch zweifelsfrei bei den „Guns & Roses“ gewesen.
    Eine Ära,die ihn bis dato musikalisch prägte. Damals waren etliche Gitarristen auf seine knallrot lackierte B.C. Rich Mockingbird E.-Gitarre mit Floyd Rose Tremolo scharf gewesen,die er abwechselnd auf der Bühne mit einer alten Gibson Custom Les Paul in edler Sunburst Lackierung spielte.
    Es existieren heute leider nicht mehr so viele gute Ausnahmegitarristen wie z.B. Slash einer von denen ist,das ist Fakt!

    Nebenbei bemerkt: ein extrem seltenes mittelgroßes attraktives Werbeposter der Amp-Firma Marshall,für die Slash damals als Endorser aktiv mitwirkte,hängt seit Jahren unverändert eingerahmt in meinem Studio. Es zeigt ihn mit seiner besagten roten B.C.Rich Mockingbird Longhorn Gitarre live spielend (im Hintergrund mit Marshall-Amps) und dem obligaten Marshall Brandlabel im frontalen Bildmotiv. Es wurde angeblich sogar von Slash persönlichIch signiert. Ich bekam es damalig von meinem einstigen Berliner Gitarrenhändler geschenkt,und halte es selbstverständlich immer gerne in besonderen Ehren.

    Herzlichen Dank für den informativen Beitrag von Slash in Gitarre & Bass!

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