Interview

Roger Glover & sein Vigier RG Special

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Bereits seit Mitte der Neunziger schwört Deep-Purple-Bassist Roger Glover auf das Excess-Modell des französischen Instrumentenherstellers Vigier. Vor einigen Jahren hat ihm die Firma sogar einen eigenen Signature-Bass gewidmet, den RG Special, der auf dem Excess basiert. Mit diesem Instrument bestreitet er bis heute einen Großteil der Shows. Hier ein paar spannende Einblicke ins Thema, von einem der erfolgreichsten Rock-Bassisten der Welt.

Roger Glover
Roger Glover (Bild: THOMAS BRILL, MINEUR)

Ich kam nur zufällig zum Bass (…)

Roger, was waren die für dich wichtigsten Kriterien eines guten Basses, als du deine Profikarriere als Musiker gestartet hast?

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Roger Glover: Oh Mann, gleich zu Beginn eine solch schwierige Frage!? (lacht) Aber OK! Also: Ich kam nur zufällig zum Bass, weil in meiner Schul-Band ein Bassist fehlte und ich auch nicht so viele Akkorde spielen konnte wie die anderen Jungs. Deshalb klebte ich auf meine spanische Gitarre einen Pickup, entfernte die oberen vier Saiten und legte einfach los. Aber das, was ich damals auf Schallplatten hörte, klang deutlich tiefer, also legte ich mir einen Hofner-Bass zu, eine Art kleinere Version eines Fender Precision, die zwar vergleichsweise billig war, nicht jedoch für mich, da ich seinerzeit überhaupt kein Geld besaß. Verstärker baute man sich damals selbst, Boxen dazu ebenfalls.

Mit ungefähr 18 bekam ich einen richtigen Fender Precision, meinen ersten amtlichen Bass. Ich war stolz wie Bolle, dieser Precision war ein echtes Statussymbol. Meine Amps waren allerdings weiterhin Eigenbau, übrigens auch noch, als ich 1969 von Episode Six zu Deep Purple wechselte. Das Problem in den Sechzigern war, dass die Boxen bei einem tiefen E oftmals fürchterlich dröhnten, weil die Membranen für diese Frequenzen nicht ausgelegt waren. Mir gefiel damals vor allem dieser warme, volle Bass-Sound auf amerikanischen Schallplatten.

 

Hat deiner Meinung nach die Qualität von Bässen in den zurückliegenden 35 Jahren ebenso drastisch zugenommen wie die von Lautsprechern?

Roger Glover: Nein, die Qualität der Bässe war auch damals schon relativ hoch. Dazu muss ich dir folgende Geschichte erzählen: Ich habe in meinem Leben viele unterschiedliche Bässe gespielt, von einem Precision auf ,Deep Purple In Rock‘ über einen Fender Mustang auf ,Fireball‘ und einen Rickenbacker auf ,Machine Head‘. Aber irgendwie war ich nie ganz zufrieden, ich suchte nach etwas Anderem, ohne genau zu wissen wonach. Obwohl auf dem Cover von ,Machine Head‘ ein Precision Bass zu sehen ist, habe ich ihn auf der Scheibe gar nicht gespielt. Der Fotograf gab mir einfach irgendeinen Bass und knipste mich damit. Damals spielte ich über ein Marshall Stack, 100 oder 200 Watt, mit zwei 4x12er-Boxen.

Der Marshall verzerrte immer ein wenig, gab mir aber nicht den tiefen, warmen Bass-Sound, der mir vorschwebte. Die Jahre gingen ins Land, und 25 Jahre später arbeiteten wir an den Remixes der Anniversary-Version von ,Machine Head‘. Zum ersten Mal hörte ich alle damals aufgenommen Spuren getrennt voneinander, also auch die Bass-Spuren. Ich sagte zu meinem Engineer Peter Denenberg: „Damals mochte ich diesen Bass-Sound nicht.“ Er darauf:

„Wie bitte? Andere Bassisten würden ihren rechten Arm für diesen sagenhaften Bass-Sound opfern, und du mochtest ihn nicht?“ Ich muss zugeben: Durch diesen Satz von Peter fand ich 25 Jahre nach den Originalaufnahmen meinen Frieden mit dem Sound dieser Platte. Ich hatte den Rickenbacker zwei Wochen vor Studiobeginn gekauft und wusste eigentlich gar nicht, welchen Sound ich damals wollte. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich die ersten 30 Jahre meiner Karriere damit verbracht habe, einen für mich zufriedenstellenden Bass-Sound zu finden.

Wann wurdest du fündig?

Roger Glover: Ich spielte Steinberger-Bässe, dann Gibson- und Peavey Bässe, eine Zeitlang auch einen Ovation-Bass, bis ich zu Zeiten von ,Purpendicular‘, also Mitte der Neunziger, einen Vigier-Bass ausprobierte. Es war übrigens ein Viersaiter, ich mag keine Fünfsaiter, ich kann sowieso nur bis vier zählen. (grinst) Der Vigier überzeugte mich auf ganzer Linie, übrigens ebenso wie der TC Electronic Amp, den ich vor ein paar Jahren entdeckt habe. Ich denke, dass ich jetzt zum ersten Mal den warmen, rauen Bass-Sound habe, nach dem ich immer gesucht hatte. Allerdings muss ich dazu sagen, dass mich unser Produzent Bob Ezrin während der Produktion unserer letzten Scheibe ,Now What?!‘ fragte: „Möchtest du einmal meinen Precision ausprobieren? Du solltest ihn unbedingt testen, denn er lässt sich fabelhaft aufnehmen.“

Er brachte ihn am nächsten Tag mit und ich spielte ihn. Die Saiten waren tot, absolut tot. Ich sagte: „Okay, ich versuche es, ich möchte vorher nur noch ein paar neue Saiten aufziehen.“ Ezrin darauf: „Auf keinen Fall! Die Saiten werden nicht angefasst! Diesen Bass kann man auf Pink-Floyd-Alben, Peter-Gabriel-Alben, Alice-Cooper-Scheiben hören, er ist legendär.“ Also spielte ich zusätzlich zu meinem Vigier Bass auch ein paar Songs mit dem Precision ein. Er ließ sich tatsächlich phänomenal gut aufnehmen. In diesem Moment dachte ich: „Oh Mann, all die Jahre habe ich meine sämtlichen Precisions wieder verkauft, sodass ich jetzt nicht mal mehr einen einzigen in meiner Sammlung habe. Ich muss mir unbedingt wieder einen zulegen.“

Als wir dann in Nashville waren, testete ich einige ziemlich teure Vintage-P-Bässe, die alle zwischen 4000 und 6000 Dollar kosten sollten. Ich hätte tatsächlich einen von ihnen gekauft, wenn mir einer gefallen hätte, aber bei allen schnarrte die tiefe E-Saite. Als ich die Suche fast schon aufgegeben hatte, fand ich einen großartigen Squier P-Bass, der leider in Pink lackiert war. Aber er klang phänomenal und ich konnte kaum glaube, wie günstig er war: 300 Dollar! Inklusive Koffer! Ich dachte: Okay, wenn mir der mal nicht mehr gefällt, verwende ich ihn als Türstopper. (lacht) Ich habe festgestellt, dass ich auf dem Precision Bass wieder mehr mit Fingern spiele. Zuhause übe ich mit Fingern, auf der Bühne spiele ich allerdings überwiegend mit Plektrum, weil dann der Ton einfach brillanter ist.

 

Hast du Bob Ezrin gefragt, ob er dir seinen legendären Precision mit den toten Saiten verkauft?

Roger Glover: Nein, so konkret hätte ich mich das nicht getraut. Ich habe lediglich zu ihm gesagt: „Wenn du ihn mal loswerden willst, ruf mich an!“

 

Auf der aktuellen Tour hast du also unterschiedliche Bässe dabei?

Roger Glover: Ja, in erster Linie den Vigier RG Special mit einem TC Electronic Blacksmith Amp und vier 4x10er-Boxen, ebenfalls von TC.

 

Kannst du mir ein paar Details zu diesem Bass verraten?

Roger Glover: Es mag vielleicht sonderbar klingen, aber ich weiß nicht allzu viel über ihn. Ich war noch nie einer dieser Experten, die dir alles über Palisander, Ahorn oder Ebenholz erklären können. Ich spiele die Bässe einfach, und wenn sie großartig klingen, ist mir egal, woran das liegt.

 

Ist dein Modell mit der frei verkäuflichen Version identisch?

Roger Glover: Ja. Es gab vorher einen Vigier Excess, den ich viele Jahre spielte. Dann bot mir Vigier ein eigenes Signature-Modell an, basierend auf dem Excess. Ich ließ zusätzlich noch einen mittleren Poti einbauen, sodass ich zwischen Treble, Middle und Bass variieren kann. Es gibt ein paar spezielle Farben für den RG Special, zwei leicht unterschiedliche Korpusformen mit unterschiedlichen Hälsen … Ich erzähle dir mal, wie ich überhaupt auf Vigier kam: Patrice Vigier besuchte mich vor 20 Jahren bei einem Gig in Paris. Ich kannte ihn vorher nicht. Er kam mit seinem Bass in die Garderobe und wollte ihn mir zeigen. Er packte ihn aus, aber die Saiten waren verstimmt. Er legte den Bass auf den Boden stellte sich darauf, bog den Hals durch, sodass die Saiten durchhingen, nahm den Bass in die Hand und sagte: „Okay, jetzt ist er in tune.“ Ich konnte es kaum fassen. Der Bass hat einen Graphithals, der nicht so sensibel auf Temperaturschwankungen reagiert wie ein hölzerner Hals. Das ist natürlich großartig, denn mitunter ist es bei uns sehr heiß auf der Bühne, manchmal aber auch saukalt. Dem Bass ist das egal. Ich kaufte ihn also sofort.

 

Welche Songs spielst du mit Plektrum, welche mit Fingern?

Roger Glover: Der offensichtlichste Plektrum-Song ist natürlich ,Highway Star‘. Ruhigere Nummern wie ,When A Blind Man Cries‘ spiele ich dagegen mit den Fingern, ebenso ,Uncommon Man‘ vom aktuellen Album. Das Riff stammt von unserem Keyboarder Don Airey, es macht unglaublich viel Spaß, das zu spielen. Überhaupt: Ich finde, dass ,Now What?!‘ typisch nach Deep Purple klingt, aber dennoch einen neuen frischen Ansatz hat.

 

Schlägst du sehr hart mit dem Plektrum an?

Roger Glover: Auf jeden Fall nicht mehr so hart wie früher. In den ersten Jahren bei Deep Purle nahm ich ein super dickes, sehr hartes Plektrum, mittlerweile verwende ich Medium-Plektren.

 

Machst du Bendings? Verlangen einige Deep-Purple-Songs danach?

Roger Glover: Ja, ich mache ein paar Bendings, normalerweise in meinem Solo, allerdings vor allem mit der tiefsten Saite, da es auf der E-Saite am einfachsten ist. Ansonsten mache ich Bendings häufig am Ende eines Songs wie beispielsweise bei ,The Mule‘. Ich greife dann einen Ton tiefer und ziehe die Saite über den gewünschten Ton hin und her.

Ich war immer ein Steve-Morse-Fan

Hat sich dein Spiel über die Jahre sehr verändert?

Roger Glover: Ja, es hat sich verändert, und Schuld daran ist Steve Morse. (lacht) Als er vor etwa 20 Jahren in die Band kam, standen alle Band-Mitglieder an einem Wendepunkt ihres Lebens. Der Ausstieg von Ritchie Blackmore war ein einschneidendes Erlebnis für Deep Purple, allerdings auch ein befreiendes, denn seit ,Perfect Strangers‘ sind wir keine glückliche Band mehr gewesen. Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber ich befand mich eigentlich auf dem Rückzug. Joe Satriani war für uns ein echter Hoffungsschimmer, es machte riesigen Spaß mit ihm zu spielen. Als dann Steve kam, bedeutete das für die Band eine riesige Herausforderung.

Ich war immer ein Steve-Morse-Fan, seine Solo-Alben, seine Arbeit mit den Dixie Dregs. Ich war auch derjenige, der ihn für Deep Purple vorschlug. Steves Bassist Dave LaRue ist in technischer Hinsicht einer meiner persönlichen Helden, im Vergleich zu ihm bin ich ein simpler Bassist und war es auch immer. Ich kam von einer Pop-Band und musste mich mächtig anstrengen, als ich dann bei Deep Purple von Ritchie Blackmore, Ian Paice und Jon Lord gefordert wurde. Als Steve zu Deep Purple kam, brachte er Riffs und Hooks mit, die ich nicht spielen konnte. Ich sagte: „Sorry, zu kompliziert für mich.“ Aber Steve war unglaublich geduldig mit mir. Er sagte: „Doch, das kannst du“, und zeigte mir dann kleine Kniffs, wie ich diese Parts lernen konnte. Und tatsächlich: 15 Minuten später spielte ich sie.

Dadurch machte ich enorme Fortschritte – wie zu Zeiten von ,Purpendicular‘ übrigens alle bei Deep Purple. Ian Gillan kam mit aufregenden neuen Texten, Paicey (Ian Paice, Schlagzeuger der Band) mit tollen Grooves, Jon Lord glänzte an der Orgel wie lange nicht mehr. Plötzlich fühlte ich mich als vollwertiger Bassist, und nicht nur als Teil von Ritchies Riffs. Ich fühlte mich freier und abenteuerlustiger. Es war eine wichtige Phase für die gesamte Band.

Ich brauche mich und meine Fähigkeiten nicht ständig darzustellen.

 

Letzte Frage: Hast du als Bassist immer noch Ziele?

Roger Glover: Nicht als Bassist, sehr wohl aber als Songwriter, denn darauf lag immer schon mein Hauptaugenmerk. Mein Bass-Spiel soll immer nur dem jeweiligen Song dienen, so jedenfalls lautet mein Anspruch. Ich brauche mich und meine Fähigkeiten nicht ständig darzustellen, muss aber dennoch sagen, dass der Bass mit seinen zugleich perkussiven und melodischen Möglichkeiten für mich das wichtigste Instrument in einem guten Song ist. Ich finde, dass ein Bass-Part einen Song stärker definiert als der reine Gitarren-Part. Ich habe mich dennoch nie als einen Jaco Pastorius oder Victor Wooten gesehen und besitze auch nicht den Ehrgeiz, so gut wie sie zu sein.

Roger Glover & Sänger
Roger Glover & Sänger (Bild: THOMAS BRILL, MINEUR)

Aber du hast nie daran gezweifelt, mit dem Bass das für dich richtige Instrument gewählt zu haben, oder?

Roger Glover: Nein, nie. Nach der grundsätzlichen Entscheidung als Schuljunge, habe ich schnell den Bass lieben gelernt. Ich mag die Kraft, die von ihm ausgeht, seine Solidität, seine wichtige Funktion als Unterstützer anderer Instrumente. Der Bass ist kein Lead-Instrument, hat aber zusammen mit dem Schlagzeug sehr wohl eine fundamentale Bedeutung. Ich habe es mein Leben lang geliebt, Bass zu spielen, es macht mich zutiefst zufrieden.

 

Deep Purple Bass-Tech Scoots Lyndon über Roger Glover:

 

Und zum Abschluss gibt’s noch was auf die Ohren:

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