Im Interview

Robert Jon & The Wreck: Road To Glory

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(Bild: Blackham Images)

Wenn sich Produzentenlegende Kevin Shirley einer Band annimmt, kann es sich wohl kaum um ein musikalisches Leichtgewicht handeln. Der renommierte Toningenieur akzeptiert nur allerhöchste Qualität, wie man an seiner Zusammenarbeit unter anderem mit Led Zeppelin, Aerosmith, Joe Bonamassa oder Journey erkennen kann. Bei der aus dem kalifornischen Orange County stammenden Southern-Rock-Formation Robert Jon & The Wreck ist dieses Potenzial zweifelsohne vorhanden.

Die 2011 gegründete fünfköpfige Band um Frontmann Robert Jon Burrison (RJB) mischt ihren urwüchsigen Classic Rock mit 70er-Jahre-Esprit und Country-meets-Blues-Attitüde, nimmt regelmäßig Alben auf und ist pausenlos auf Tour. Seit sechs Jahren steht Burrison ein ungewöhnlich talentierter Leadgitarrist zur Seite: Henry James Schneekluth (HJS). Der 28-Jährige spielt mit einer Virtuosität und Geschmackssicherheit, die das Publikum regelmäßig zu Beifallsbekundungen auf offener Szene animiert.

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Natürlich haben wir uns dieses erstklassige Gespann aus nächster Nähe angeschaut, als die Gruppe wieder einmal im Bremer Bluesclub ‚Meisenfrei‘ gastierte. Das Resümee schon mal vorab: Es lohnt sich, den Musikern auf die Finger zu schauen! Man könnte auch sagen, dass die ebenfalls großartigen Blackberry Smoke einen ernsthaften Konkurrenten bekommen haben.

Robert, derzeit gibt es in Amerika eine aufgeheizte Diskussion über die Texte der Songs ‚Try That In A Small Town‘ von Country-Sänger Jason Aldean und ‚Rich Men North Of Richmond‘ von Oliver Anthony, die konservativen Politikern wie Trump oder DeSantis angeblich in die Karten spielen. Muss man derzeit als US-Musiker auf seine Wortwahl besonders achten, wenn man vermeintlich amerikanische Positionen besetzt?

RJB: Ich kann da nur für mich sprechen: Wir singen so gut wie nie über politische Themen, jedenfalls nicht mit Kalkül, sondern wenn, dann eher unabsichtlich. Wir singen über Hoffnung, über die Zukunft, über das Licht im Dunklen, darüber das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Wir singen über das, was wir kennen und wissen, wir beschreiben uns als Menschen, wir beschreiben die kleine Welt, in der wir als Musiker leben. Natürlich kommen auch wir aus Amerika, das lässt sich nicht verschweigen. Wir sind in den USA geboren und aufgewachsen, das prägt einen natürlich. Aber das Ziel unserer Texte ist lediglich, Themen anzusprechen, mit denen unsere Zuhörer etwas anfangen können und zu denen sie einen direkten Zugang finden. Vor allem aber geht es uns um Musik, nicht um irgendwelche Botschaften.

Robert, kanntest du deine Mitmusiker bereits vor der Bandgründung? Oder hast du Anzeigen geschaltet beziehungsweise auf Anzeigen geantwortet? Und wie bist du auf deinen großartigen Leadgitarristen Henry gestoßen?

RJB: Zunächst einmal: Nein, ich habe weder eine Anzeige geschaltet noch auf eine Suchanzeige reagiert. Jedes Bandmitglied bringt zwar seine eigene Vorgeschichte mit, aber alle kannten sich bereits vorher. Als wir Henry 2017 zu uns geholt haben, hatte er sich schon länger im Umfeld der Band herumgetrieben, hatte mit uns schon diverse Male gejammt und mit uns auf der Bühne gestanden. Als dann unser vorheriger Leadgitarrist die Gruppe verließ, war Henry der logische Nachfolger. Er war bereits eine Art sechstes Mitglied, ohne dass wir es bis dahin so richtig realisiert hatten. Deshalb war sein Einstieg völlig problemlos, denn er kannte die meisten Songs bereits.

Henry, du bist zwar ein paar Jahre jünger als deine Kollegen, aber vermutlich mit der gleichen Musik aufgewachsen, oder?

HJS: Richtig. Auch ich liebe Classic Rock, vor allem Jimi Hendrix, Led Zeppelin, Van Halen, die Allman Brothers-Scheibe ‚At Fillmore East‘, Bob Dylans ‚Blood On The Tracks‘, auch ein paar Beatles-Scheiben. Ich mag die Musik der Siebziger mit ihrem psychedelischen Touch und den progressiven Anteilen. Und ich war immer schon der Album-Typ, hatte bereits als Jugendlicher eine große Vinyl-Sammlung. Mich fasziniert die Kollektion unterschiedlicher Songs und wie man sie möglichst homogen zusammenfügt.

Angesichts deiner exquisiten Technik musst du bereits früh mit dem Spielen begonnen haben.

HJS: Ich war 13, als es ernst wurde, hatte aber schon als kleiner Junge eine Affinität zu Gitarren, allerdings – wie viele andere Jungs auch – ebenso Interesse am Sport. Mit 13 ermunterte mich meine Mum, es noch einmal mit Unterrichtsstunden zu versuchen und den Fokus stärker auf Musik zu legen. Sie sagte: „Ich sehe, dass du ein kreativer Mensch bist, du solltest versuchen, diese Gabe zu nutzen!“ So wurde mein Interesse an Sport sukzessive kleiner und an Musik zunehmend größer. Eine Gitarre besaß ich sowieso bereits, wusste bis dahin jedoch nicht, wie man sie richtig stimmt und spielt. Doch das änderte sich schnell, nachdem ich die ersten Unterrichtsstunden genommen hatte. Auch spielerisch machte ich schnell große Fortschritte. Na ja, und der Rest ist Geschichte, könnte man sagen.

Wie lief das in deinem Fall, Robert?

RJB: Mein Vater war Gospelsänger, wir hatten zuhause ein Klavier, aber meistens schnappte sich mein Dad eine Gitarre und sang dazu. Er konnte zwar nur drei Akkorde spielen, aber die reichten aus, um sämtliche Gospelstücke zu begleiten, die er singen wollte. Ich wuchs also auf natürliche Weise mit Klavier und Gitarre auf und lernte beide Instrumente quasi nebenbei. Ich spielte ‚Mary Had A Little Lamb‘, ohne Akkorde oder Noten zu kennen, einfach nur nach Gehör.

Bis in die Highschool-Zeit hinein habe ich jedoch überwiegend Schlagzeug und nur sehr wenig Gitarre gespielt. Übrigens kann jedes unserer Bandmitglieder ein wenig Schlagzeug spielen. Mit etwa 13 oder 14 fing es an, dass mich die Gitarre zunehmend mehr reizte. Ich lernte Akkorde, fing an zu singen, und so ist es eigentlich bis heute geblieben, denn eigentlich kann ich nur Akkorde greifen. Aber mehr braucht es ja auch nicht, wenn man Songs schreiben und dazu singen will.

Frontmann und Namensgeber Robert Jon Burrison
Burrisons Eastman Juliet, Baujahr 2022
2003er Fender Telecaster
Burrisons Supro Black Magick
Das spartanische Pedalboard von Robert mit MXR Micro Amp+ und Fulltone Full-Drive

 

Stehst du auf einen speziellen Gitarrentyp?

RJB: Nein, nicht grundsätzlich. Meine erste richtige E-Gitarre war eine schwarzweiße Squier, die ich als Bundle mit einem kleinen Amp, einem Kabel und einem Gurt bekam und bis heute besitze. Allerdings würde man sie kaum wiedererkennen. Ich habe so ziemlich alles an ihr ausgebaut, um zu verstehen, wie so ein Ding funktioniert und wie ich es noch gezielter auf meine Bedürfnisse ändern kann. Heutzutage ist es eher eine Frankenstein-Gitarre, mit neuem Pickguard, neuen Potis, etc. Die Gitarre existiert zwar noch, aber letztlich ist sie nur ein Stück Holz. Herausgefunden, wie sie wirklich funktioniert, habe ich trotzdem nicht. (lacht)

Henry, wie viele verschiedene Gitarren hast du auf ‚Ride Into The Light‘ gespielt?

HJS: Normalerweise nehme ich fünf Gitarren mit ins Studio, um unterschiedliche Möglichkeiten mit Humbucker- und Single-Coil-Sounds zu haben. Meine Gibson Firebird ist immer dabei, sie passt eigentlich immer zum Stil dieser Band. Zudem habe ich zumeist eine 12-saitige Gitarre für den breiteren Sound dabei. Hinzu kommen ein paar ältere Amps für einen möglichst klassischen Sound, nämlich ein alter National-Röhrenverstärker von 1961 mit zwei kleinen 8“-Speakern, den ich in einem Pfandhaus erworben habe. Hinzu kommt ein kleiner Supro Supreme Reissue und ein 1969er Traynor, der ziemlich laut ist und wie ein Marshall klingt.

Leadgitarrist Henry James Schneekluth
Gibson Firebird, Baujahr 2020
Gibson SG von 2004
Schneekluths 2022er Eastman Juliet
Die Pedalboards von Henry, u.a. mit Supro Tremolo, Wampler Plexi Drive, Wampler Tumnus, Fulltone Deja Vibe, Silktone Fuzz, MXR EVH Phase 90, Electro Harmonix Nano POG, Walrus Kangra, Walrus Mako R1, Boss Space-Echo RE-2, MXR Carbon Copy & Orange Amp Detonator

 

Wie sieht dies bei dir aus, Robert?

RJB: Ich habe im Studio eigentlich immer nur eine Gitarre dabei, bei ‚Ride Into The Light‘ war es meine Epiphone Sheraton, die für fast alle Parts perfekt war. Als Amp hatte ich mir von einem Kumpel einen Morgan geliehen, da mein eigener Verstärker unterwegs war. Mein Setup im Studio ist bewusst sehr schlicht gehalten, denn das ist ja auch mein Job in dieser Band: die Dinge einfach zu halten.

Wie und in welcher Reihenfolge fügt ihr im Studio die Effekte hinzu? Nehmt ihr zunächst das trockene Signal auf?

HJS: Ja, Reverb, Delay oder Echos werden normalerweise nicht beim Einspielen hinzugefügt, sondern immer erst im Mix. Lediglich in Fällen, in denen der Produzent der Meinung ist, dass es für das Spielgefühl förderlich wäre, schalte ich Echo, Delay oder Hall direkt beim Spielen hinzu. Manchmal, wenn ich einen abgefahrenen Oszillatoren-Effekt haben möchte, nehme ich es sofort mit auf. Aber wie gesagt: Das ist eher die Ausnahme.

Nach welchen Kriterien habt ihr euer derzeitiges Live-Gear für die Europashows zusammengestellt?

HJS: Mit Ausnahme der Amps ist es dasselbe Setup wie in Amerika, also meine 2020er Gibson Firebird, meine Gibson SG von 2004 und meine noch neue Eastman Juliet, die Robert und ich im vergangenen Jahr bekommen haben. Der Amp ist ein Supro, den ich mir in Europa geliehen habe. Na ja, und dann ist da noch mein reguläres Effektboard, genaugenommen sind es ja sogar zwei.

Mit einem ganzen Arsenal an Effekten, die du – wie ich vorhin beobachten konnte – tatsächlich allesamt einsetzt.

HJS: Das ist in der Tat so. Natürlich werden die meisten nur bei bestimmten Parts zugeschaltet, aber letztlich kommen alle während der Show zum Einsatz.

Welches sind wie wichtigsten?

HJS: Der Wampler Plexi Drive ist permanent angeschaltet, das MXR Carbon Copy nehme ich für einen Doubletrack-Sound, das Boss Space Echo für coole Delay-Sounds. Wenn ich ein Hendrix-Flair möchte, trete ich auf das Univibe, und auch die beiden Fuzz-Pedale kommen öfters zum Einsatz. Aber das ändert sich von Show zu Show, immer abhängig davon, wie ich mich gerade fühle.

Robert, bei dir sind die Effekte – deiner Mission entsprechend – eher simpel gehalten, nicht wahr?

RJB: Richtig! Es sind nur ein MXR Micro Amp+, ein Fulltone FullDrive und natürlich der Tuner. Der Fulltone ist dauerhaft an, der MXR wird bei zweistimmigen Soli hinzugeschaltet. That‘s it, mehr Variationen gibt es bei mir nicht.

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2023)

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