Meilenstein

Die Entstehung von Ritchie Blackmore’s Rainbow

Anzeige
Rainbow_011
(Bild: POLYDOR, UNIVERSAL, FIN COSTELLO, EAGLE ROCK, T2MEDIA)

Die Gerüchteküche hatte schon lange gebrodelt, nun war es offiziell: Im Mai 1975 stieg Gründungsmitglied Ritchie Blackmore bei Deep Purple aus. Als Fan durfte man nun gespannt sein, wie es mit dem Ausnahmegitarristen weitergehen würde, der maßgebliche Hardrock-Alben wie „In Rock“, „Machine Head“ und ,Made In Japan‘ miterschaffen hatte.

Blackmore hatte vorgesorgt und schon zwischen dem 20. Februar und dem 14. März in den Musicland Studios München neues Material aufgenommen. Für sein Solo-Projekt hatte er die US-Band Elf gewinnen können. Neben Ritchie gehörten zum Line-up nun Ronnie James Dio (voc), Mickey Lee Soule (kb), Craig Gruber (b) und Gary Driscoll (dr). Als einziger der Elf-Musiker musste Steve Edwards seine Gitarrenkoffer packen.

Anzeige

Das Frontcover des Rainbow-Debüts
Albumcover

Noch bevor die alten Purple-Kollegen (mit Neuzugang Tommy Bolin) ein neues Werk an den Start bringen sollten, erschien im August des Jahres das selbstbetitelte Debüt-Album „Ritchie Blackmore‘s Rainbow“. Und das ging gleich gut los mit „Man On The Silver Mountain“, heute ein Hardrock-Klassiker. Absolut scharf kam und kommt das knackige Riff, mit dem Ritchie an „Smoke On The Water“ anknüpfte. Vom ersten Gesangseinsatz an beeindruckte Dio mit einem kraftvollen und pathetischen Stil.

Die Ballade „Catch The Rainbow“ zeigt mit Anklängen an Hendrix’ „Little Wing“ eine ganz eigene Spät-Hippie-Atmosphäre. Gleichzeitig atmet die Musik durch Blackmores bluesiges Spiel vor einem flächigen Keyboard-Sound etwas von dem progressiven Geist von Pink Floyd. Das fließende Bottleneck-Solo im dezenten Hall/Delay-Sound gleicht durchaus dem Ansatz, den David Gilmore einen Monat später auf Pink Floyds „Wish You Where Here“ präsentieren sollte. Weitere Höhepunkte sind der treibende Hardrock in „Sixteenth Century Greensleeves“ und das episch-düstere „Self Portrait“ mit seinen klassisch anmutenden Melodiebögen.

rainbow-1977
Rainbow live 1977

Dagegen wirkte die Gute-Laune-Stimmung in „Black Sheep Of The Family“ und „If You Don‘t Like Rock ‘n‘ Roll“ fast schon deplatziert. Sang Dio bislang über Fantasy-Figuren und ließ viel Raum für Interpretationen, kam er hier über schon Mitte der 70er erstarrte Rock-‘n‘-Roll-Klischees nicht hinaus. Etwas kurios und unerwartet beschließt “Still I‘m Sad” von den Yardbirds das Album. Den psychedelischen Sixties-Pop transformierte Rainbow zu einem schnellen Rock-Instrumental mit Soundtrack-Qualitäten. In dem zeigt Ritchie noch mal, wo damals die Messlatte lag in Sachen Rock-Gitarre. Er spielt unglaublich virtuos, seine an die Klassik angelehnten Linien würzt er mit scharfen Bendings und Vibrati. In den Frühtagen von Rainbow spielte Blackmore eine 74er Fender Stratocaster in Sunburst mit einem scalloped  Rosewood-Griffbrett. Hierunter versteht man konkave Ausfräsungen zwischen den Bundstäbchen.

Wie Blackmore dazu gekommen ist, erläuterte er in einem Interview mit G&B (05/2005) folgendermaßen: „Ich habe mal eine zeitlang auf einer alten Gitarre gespielt, bei der das Holz zwischen den Bünden durch jahrelanges Spielen wie ausgewaschen war. Das hat mir gut gefallen, also habe ich das auch mal an einer Strat probiert. Ich fand auch, dass ich nun schneller spielen konnte, denn meine Fingerkuppen berührten nicht mehr das Holz des Griffbretts.“ Aber nun bitte keine Experimente mit der eigenen Strat starten, denn für Geschwindigkeit auf dem Griffbrett benötigt man in erster Linie eine profunde Spieltechnik! Der Gitarren-Sound ist auch bei Rainbow typisch für Blackmore: definiert verzerrt und mit einer gewissen Wärme versehen. Hierfür setzte er Marshall-Amps und einen Aiwa Model 1010 Tape Recorder als Vorverstärker ein.

Der neue Rainbow-Rock lebte von den Frontleuten Blackmore und Dio. Das Duo war auch fürs Songwriting verantwortlich und hatte zudem mit Martin Birch das Album produziert. Und die Arbeit zahlte sich aus, in England landete man auf Rang 11 der Charts, in den USA wurde die Top 30 geknackt. Aus heutiger Sicht strahlt der Rainbow-Erstling viel 70er-Jahre-Flair aus und zeigt einen befreit aufspielenden Blackmore, da macht das Wiederhören eine Menge Spaß. Und Anlass dafür gibt es auch: Ritchie Blackmore feierte am 14. April 2015 seinen 70. Geburtstag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.