Sie hat mit R&B-Queen Beyoncé, Soul-Funk-Ikone Chaka Khan, Erykah Badu, Patti Austin, Patrice Rushen, Larry Graham, Little Richard, Candy Dulfer, George Clinton, Kult-Gitarrist Jeff Beck und mit dem kürzlich verstorbenen Genie Prince zusammengearbeitet und gehört zu den gefragtesten Live-Bassistinnen überhaupt. Beim Warwick Bass Camp 2015 zeigte Rhonda Smith in ihren Lessons, was sie so alles drauf hat: Nicht nur als Lehrerin ist sie spitze, als Bassistin ist sie eine DreiFinger-Technik-Spezialistin, die genau weiß, worauf es in der Musik ankommt.
Es gibt viel mehr Männer als Frauen im Musik-Business, wie kann man sich da als Bassistin eigentlich durchsetzen? Muss man sich anders verhalten oder sich verstellen? Welche Probleme treten auf? Wie kommt man eigentlich in diese Welt? Wie unabhängig muss man sein? Diese und viele weitere Fragen stellte ich mir, als es um die Vorbereitung des folgenden Interviews ging. Denn genau diese Aspekte hat die gebürtige Kanadierin Rhonda Smith während ihrer seit über zwei Jahrzehnten andauernden Karriere sehr gut gemeistert. Und Rhonda hat mir einige Fragen beantwortet.
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Du hast mit einer Menge großartiger Künstler gespielt, unter anderem mit Größen wie Jeff Beck, Steve Vai und Prince. Was war für dich in dieser Zeit das Wichtigste was du gelernt hast?
Rhonda Smith: Ich habe gelernt, verschiedene Musik zu respektieren. Das heißt, wenn mir jemand die Aufgabe gibt, in seinen Songs den Bass zu übernehmen, dann lerne ich die Parts so, wie sie auf der originalen Aufnahme sind. Bei den Proben möchte ich außerdem gut vorbereitet sein und mein Bestes geben, um die Band voranzubringen und sie zu unterstützen. Das ist und war schon immer meine Art die Dinge anzugehen, und es scheint zu funktionieren. Ich erwarte das Gleiche auch von den Musikern, die ich in meiner Band einstelle: Sie lieben die Musik und wissen bei den Proben, was zu tun ist. Sie respektieren meine Musik, weil sie genau das spielen, was sie spielen sollen und nicht das, was sie in meinem Song für richtig oder besser halten.
Das ist meine Art Musik zu respektieren und es war in der Vergangenheit eine große Lektion für mich, die Parts von anderen zu lernen und anzufangen, ihre Musik zu spüren. Das Gefühl, der Flow und der Groove werden ein Teil von einem selbst und das macht einen im Musikerdasein besser. Ich habe mit Prince gespielt und seine Musik ist fantastisch, weil alles seinen Platz hat und kein Raum für Verwirrung da ist.
Das Musikgeschäft ist Männer-Business
Wenn du Studio-Jobs angenommen hast, hast du dann im Vorfeld schon fertige Arrangements und notierte Basslines bekommen, oder ist dann nur dein spontanes Feeling gefragt?
Rhonda Smith: Das ist immer unterschiedlich, es ist eine Kombination aus beidem. Manchmal sieht dich jemand spielen und denkt sich: hey, sowas will ich auch in meinem Song oder Album haben! Und manchmal ist es so, dass du ins Studio gehst und deine Parts sind schon festgelegt, du siehst das was du spielen musst zum ersten Mal und hast es genau so umzusetzen.
Was magst du persönlich lieber?
Rhonda Smith: Ich mag auch eigentlich beides. Manche der besten Songwriter können keine Noten lesen, sie schreiben einfach einen Song, einen Text und ein paar Akkorde eben. Das ist auch nicht verwerflich, vielleicht haben sie es nicht anders gelernt. Ich selbst mag generell Herausforderungen: Zum Beispiel habe ich jahrelang keine Noten mehr gelesen. Es ist zwar nicht so, dass man das Notenlesen verlernt, aber ich muss erneut Zeit in das schnelle Lesen investieren, damit ich mich wieder in einem angemessenen Tempo mit ihnen auseinandersetzen kann. So etwas reizt mich. Musik zu lesen ist nicht das Gleiche wie Wörter zu lesen. Wenn du dich eine Zeit lang nicht mit Noten beschäftigst, dann musst du es eben wie früher beim Hausaufgaben machen wiederholen und lernen. Das ist übrigens eine Sache, die bei Aufnahmen oder Proben sehr stört, denn man wird nicht dafür bezahlt, dass man sich zwei Stunden hinsetzt um seinen Part zu lernen, während die anderen warten – es muss also schnell gehen!
Das sind die verschiedenen Herausforderungen und ich mag sie alle: Ich mag es, mich hinzusetzen und einen Groove zu spielen der mir gerade passend in den Sinn kommt, oder die Noten zu lesen und nach ihnen zu spielen. Es sind unterschiedliche Aufgaben und es ist aufregend ins Studio zu gehen ohne zu wissen, was genau auf einen zukommt oder was du für das Beste halten wirst.
Hattest du jemals Probleme im Musik-Business, weil du eine Frau bist?
Rhonda Smith: Nein, nicht wirklich. Man muss sich eben nur selbst voranbringen, denn das Musikgeschäft ist definitiv eine Männerwelt – ein Männer-Business. Und manchmal musst du dich wie ein Mann verhalten oder eben deine weibliche Seite zur Geltung bringen. Das sollte man auf keinen Fall persönlich nehmen. Es wäre sicherlich genau so unklug einen auf absolute Diva zu machen, das versaut die Stimmung in jeder Band erheblich.
Meine ersten 5 bis 10 Jahre in denen ich Bass gespielt habe, habe ich immer zu hören bekommen, ich würde „für eine Frau wirklich gut spielen“. Das hat zum Glück irgendwann aufgehört und ich habe diesen Satz seit Jahren nicht mehr gehört. Wenn du eine Frau im Musik-Business bist, solltest du die Verantwortung für dich übernehmen − damit meine ich, du solltest darauf achten, dass dir der Respekt zukommt, den du meinst zu verdienen. Außerdem solltest du andere genau so behandeln, wie du auch behandelt werden willst. Wenn du das tust, dann wirst du gut in diesem Geschäft zurechtkommen.
Du produzierst auch selbst. Bedeutet dir Unabhängigkeit viel?
Rhonda Smith: Ja, auf jeden Fall! Das ist auch eine wichtige Art der Unabhängigkeit! Ich nehme mir die Zeit zu verstehen, wie man Pro Tools und diese ganzen Dinge nutzt. Das hilft einem, frei darin zu sein, seine Musik zu komponieren. Es ist nicht schön, wenn du morgens um 3 Uhr eine Idee für einen Song hast und jemanden aus dem Bett klingeln musst, weil du dich nicht selbst aufnehmen kannst. Es ist toll, in diesem Punkt unabhängig zu sein aber natürlich ist es genau so wunderbar, mit anderen Musikern zusammenzuspielen, ihre Gefühle und Ideen mit in die Musik einfließen zu lassen.
Machst du immer noch Sideman- bzw. Sidewoman-Jobs?
Rhonda Smith: Ich mache ein bisschen von allem. Ich spiele gelegentlich mit anderen Musikern zusammen, normalerweise gehe ich jedoch eher andere Wege. Ich übe zu Hause, arbeite sozusagen an meinem Bass und meiner Technik. Denn ich habe meine eigenen musikalischen Interessen momentan in den Vordergrund gestellt, da es einem doch immer viel abverlangt, wenn man auf Tour geht: Du packst deine Koffer und gehst, damit verlässt du für eine kurze oder auch längere Zeit dein Leben. Es dauert dann auch immer wieder, bis man in sein normales, tägliches Leben zurückgefunden hat.
Ist das für dich so als hättest du zwei verschiedene Leben?
Rhonda Smith: So in der Art: Du bist zwar immer noch dieselbe Person, aber hast ein komplett anderes Umfeld und man kann nur hoffen, dass man solche Musiker um sich herum hat, die wie eine Familie für einen sind. Das ist natürlich der Idealfall. Es ist schwierig wenn man auf sich allein gestellt ist oder den Babysitter der anderen spielen muss, weil sie die meiste Zeit betrunken sind oder schlafen und man dadurch selbst wichtige Termine verpasst, wie zum Beispiel einen Flug. Es ist einfach ein Wunsch tief im Inneren, dass man mit den Menschen auskommen will, mit denen man so viel Zeit auf engstem Raum verbringt, denn niemand will mit Leuten touren, die man überhaupt nicht ausstehen kann …
Hast du denn solche negativen Erfahrungen machen müssen?
Rhonda Smith: Eigentlich nicht. Ich hatte immer den Luxus, dass ich fast ausschließlich mit Musikern getourt bin, die ich mochte. Ich hatte auch richtig Glück, dass ich immer über einen längeren Zeitraum mit Künstlern gespielt habe. Als ich 1996/1997 anfing mit Prince zu arbeiten, habe ich auch wirklich nur für ihn gearbeitet. (Anmerkung: Zum Zeitpunkt des Interviews lebte Prince noch.) Ich hätte zu der Zeit sicherlich auch mit anderen Musikern spielen können, das habe ich jedoch nicht gemacht. Ich wollte damals eben nur für ihn spielen. Er war der Typ Künstler, der viel Zeit in Anspruch nimmt und der auch von dir erwartet, exklusiv für ihn zu spielen.
Der Rest meiner Familie spielte Klarinette
Stimmt es, dass du unbedingt Bass lernen wolltest, nachdem dein Bruder einen E-Bass mit nach Hause brachte und sagte, du sollest ihn bloß nicht anfassen?
Rhonda Smith: (grinst) Ja, das ist richtig!
Und dann hast du dir gedacht, der ist so wunderschön, den will ich haben?
Rhonda Smith: Nein, er war eigentlich gar nicht schön. (lacht) Aber es war seiner, und deshalb wollte ich ihn haben! Der Rest meiner Familie spielte Klarinette – und ich mochte Klarinette noch nie so richtig. Mein Bruder und ich haben hingegen Posaune gespielt. Wir haben auch andere Instrumente ausprobiert, aber mein Bruder war der erste der ein elektrisches Instrument mit nach Hause brachte. Es war eben mal keine Trompete oder Ähnliches, und ich wollte dann auch mal etwas Cooles ausprobieren. Hätte er eine E-Gitarre mitgebracht, wäre ich jetzt vielleicht Gitarristin, hätte er ein Schlagzeug mitgebracht, dann wäre ich heute vielleicht Drummerin, wer weiß …
War es für dich anstrengend, regelmäßig zu üben, als du jung warst?
Rhonda Smith: Nein, nicht wirklich. Ich habe es einfach gemacht und damit auch nicht aufgehört. Mein Trick war es, dass ich viel zu Aufnahmen gespielt habe und das immer und immer und immer wieder. Ich glaube fest daran, dass man durch das Wiederholen von Übungen besser wird, und anscheinend hat das bei mir auch ganz gut funktioniert. Es gibt immer etwas Neues und immer etwas, das man besser machen könnte. Als ich jünger war, habe ich das geliebt und mich diesen Herausforderungen gestellt. Es war der normale Prozess des Besserwerdens, er verlief langsam, aber es ging voran.
Deine Finger sind recht kurz. Hattest du damit jemals Probleme auf dem Bass richtig zu greifen?
Rhonda Smith: Ich habe schon alle Erfahrungen mit meinen Fingern gemacht. Ich habe auch gelernt, dass alles miteinander vernetzt ist. Wenn ich ein Problem mit meinem kleinen Finger, meinem Arm, meiner Schulter oder meinem Nacken habe, dann hängt das meistens zusammen. Wir Bassisten haben über Jahre ein großes Gewicht zu tragen, denn so ein Bass ist echt nicht leicht. Wenn du eine Frau bist, einen schweren Bass spielst, High Heels trägst und so die Balance für Stunden halten musst, ist das nochmal eine extra-schwere Aufgabe. Genau das habe ich sehr oft bei der Arbeit mit Prince gemacht … eigentlich mache ich das generell. (lacht)
Hast du Tipps für junge Bassisten?
Rhonda Smith: Ja! Mach etwas mit Liebe und es wird dich auch lieben. Ich habe das gleiche gemacht, ich habe gespielt, weil ich es liebe und nicht weil ich dachte, ich könnte irgendwann dies oder das erreichen und diese oder jene Person kennenlernen. Das Bassspielen hat mir, meiner Seele und meinem Herzen etwas Einzigartiges gegeben. Wenn ich meinen Bass nur drei oder vier Tage nicht gespielt habe, dann hat da tief in mir was gefehlt. Und so ist das heute noch.
Tolle Frau.
Ich bemerkte sie erst bei Jeff Beck. Der hat ja ein Feeling für Frauen im Blues oder? ?