(Bild: Jackson Guitars, Shumon Chakrabarti, Nik Merkulov/Sergey Bitos (Shutterstock))
Nur wenige Gitarristen der Rockgeschichte haben weit über ihren Tod hinaus einen so bleibenden Eindruck hinterlassen wie der Amerikaner Randy Rhoads. Obwohl der Ausnahmemusiker nur 25 Jahre alt wurde und mit jeweils zwei Quiet-Riot- und Ozzy-Osbourne-Studioscheiben keine allzu lange (dafür aber künstlerisch umso wertvollere) Spur zurückgelassen hat, wird er von namhaften Kollegen immer wieder als eine ihrer wichtigsten Inspirationsquellen genannt.
Rhoads starb am 19. März 1982 bei einem tragischen Flugzeugunglück, während einer laufenden Ozzy-Tournee. Hier ist seine – leider nur kurze – Lebensgeschichte!
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Den ultimativen Ritterschlag bekam Randy Rhoads erst posthum verliehen. Und zwar von Ozzy Osbourne persönlich, der den amerikanischen Ausnahmegitarristen entdeckte, ihn von Quiet Riot in seine eigene Band lotste und aus ihm innerhalb von nur zwei Alben (‚Blizzard Of Ozz‘, 1980 und ‚Diary Of A Madman‘, 1981) einen Superstar machte. „Ich wusste ehrlich gesagt anfangs nicht, woher Randy kam, er war eine Art Geschenk des Himmels“, erklärte Ozzy mehrmals in Interviews. Und jedes Mal fügte er ausdrücklich hinzu: „Ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich stehe.“ Ozzys Verneigung vor einem der einflussreichsten Rockgitarristen der Musikgeschichte, der nur 25 Jahre alt wurde und dennoch unzählige Kollegen nachhaltig beeinflusst hat, steht in einer langen Liste an Huldigungen von einigen der namhaftesten Saitenakrobaten der Welt.
Rhoads kurzes Leben endete am 19. März 1982, abrupt und auf tragische Weise. Der Gitarrist befand sich gerade mit Osbourne auf einer Amerika-Tournee zum aktuellen Studioalbum ‚Diary Of A Madman‘. Am Vorabend hatte die Band in Knoxville gespielt und war nun mit einem Nightliner auf dem Weg zur ‚Saturday‘s Rock Superbowl XIV‘-Eröffnungsshow in Orlando, Florida. Der Busfahrer Andrew Aycock unterbrach die Fahrt jedoch etwa eine Stunde vor Orlando in dem kleinen Örtchen Leesburg, um die defekte Klimaanlage des Buses reparieren zu lassen. Band und Crew entschieden, das rollende Bandhotel auf dem Grundstück eines Freundes Aycocks abzustellen, auf dem sich im hinteren Teil eine Rollbahn und – in einem kleinen Hangar – eine Beechcraft-F35-Propellermaschine befand.
Am frühen Morgen des 19. März 1982 kam ein Teil des Reisetrupps auf die folgenschwere Idee, die einmotorige Beechcraft F35 aus dem Hangar zu rollen und mit Aycock, der einen – wie sich später herausstellte: abgelaufenen – Pilotenschein besaß, ein paar kurze Rundflüge zu machen. In der ersten Runde flogen Keyboarder Don Airey (heute Deep Purple) und Tourmanager Jake Duncan mit, anschließend stiegen Randy Rhoads, der eigentlich an Flugangst litt, und Kostümbildnerin Rachel Youngblood in die Maschine. Laut Augenzeugen veranstaltete Pilot Aycock einige waghalsige Manöver, deutete mehrfach einen Sturzflug auf den abgestellten Nightliner an, in dem Ozzy, seine Managerin und spätere Ehefrau Sharon Arden, Schlagzeuger Tommy Aldridge und Bassist Rudy Sarzo noch schliefen.
Dabei streifte das Kleinflugzeug den Bus, verlor einen Flügel und stürzte in eine Garage, wo es in Flammen aufging. Rhoads, Youngblood und Pilot Aycock waren auf der Stelle tot. Später hieß es, ihre völlig verbrannten Körper habe man nur anhand der Zähne und diverser Schmuckstücke identifizieren können. Zudem sollen in Aycocks Körper Spuren von Kokain gefunden worden sein.
Mit diesem tragischen Unfall endete eine der vielversprechendsten und hoffnungsvollsten Karrieren der Rockgeschichte. „Randy trat 1979 in mein Leben, als ich gerade schwer depressiv war. Er war genau der Gitarrist, von dem ich immer geträumt hatte. Randy half mir, meine Träume zu erfüllen“, gab Osbourne 1987 anlässlich der Live-Scheibe ‚Randy Rhoads Tribute‘, auf der sein virtuoser Bühnenpartner zum letzten Mal zu hören ist, handschriftlich bekannt.
Tribute (1987)
ZUHAUSE KEINEN PLATTENSPIELER
Geboren wurde Randall William Rhoads am 6. Dezember 1956. Der Sohn einer alleinerziehenden Mutter wuchs mit seinem Bruder Kelle im kalifornischen Santa Monica auf. Im Alter von sechs Jahren bekam er eine Gibson-Akustikgitarre seines Großvaters geschenkt und war fortan mit dem Musikvirus infiziert. Mutter Delores Violet Rhoads, eine studierte Pianistin, leitete seit 1948 die bis heute existierende und von Kelle Rhoads geleitete Musonia Music School in Hollywood. Der ab 1958 von der Familie getrennt lebende Vater William Rhoads arbeitete als Klarinettenlehrer. Glaubt man den Überlieferungen, so besaß die Familie nicht einmal eine Stereoanlage, sodass die Brüder Kelle und Randy gezwungen waren, die von ihnen bevorzugten Songs der Beatles und der Rolling Stones in der heimatlichen Garage selbst zu spielen.
Im Alter von sieben Jahren bekam Randy an der Musonia Music School die ersten Gitarrenstunden – kurzzeitig. Denn nach nur wenigen Unterrichtseinheiten teilte sein Lehrer Scott Shelly dem verdutzten Randy mit, dass er ihm nichts mehr beibringen könne. Fortan übte das Ausnahmetalent allein und nahm zusätzlich Klavierstunden. Später unterrichtete Randy Rhoads auch selbst an der Musikschule seiner Mutter.
Kelle und Randy formierten 1971 die Band Violet Fox, bevor Randy an der Highschool den Bassisten Kelly Garni kennenlernte und mit ihm The Whores gründete, aus der später Little Women und anschließend – mit Sänger Kevin DuBrow – die Formation Quiet Riot wurde. Innerhalb kurzer Zeit avancierten Quiet Riot zur heißesten neuen Band in Los Angeles und unterschrieben im Herbst 1976 einen lukrativen Plattenvertrag.
Quiet Riot (1978)
Quiet Riot II (1979)
Doch die Karriere der Gruppe stagnierte zunächst – fast zeitgleich mit der von Ozzy Osbourne, der aufgrund anhaltender Alkohol- und Drogenprobleme im Sommer 1979 bei Black Sabbath gefeuert wurde. Nachdem Osbourne bekanntgegeben hatte, dass er geeignete Musiker für seine geplante Solo-Band suche, bewarb sich auch Randy Rhoads auf den vakanten Posten.
ZIEHVATER OZZY OSBOURNE
Im September 1979 fanden die Auditions in Ozzys Studio statt. Angeblich war Osbourne in diesen Tagen permanent betrunken und schaute Rhoads beim Vorspielen nur aus dem Kontrollraum zu, ohne mit dem talentierten jungen Musiker selbst in Kontakt zu treten. Doch das spielerische Vermögen des jungen Rhoads, der zur Session seine alpinweiße Gibson Les Paul Custom mitbrachte – die für ihn bei Quiet Riot wichtigste Gitarre neben einer Polka Dot V des kalifornischen Gitarrenbauers Karl Sandoval, der in den Achtzigern unter anderem auch für Eddie Van Halen und George Lynch arbeitete –, begeisterte Osbourne auf Anhieb. Später erinnerte sich Ozzy an diesen magischen Moment mit den Worten: „Randy spielte dieses höllische Solo, und ich fragte mich, ob ich dermaßen zugedröhnt bin oder sogar halluziniere, oder was zum Teufel da soeben vor sich geht!“
Im März 1980 stand Randy Rhoads zum ersten Mal mit Osbourne im Studio. Die Arbeiten an Ozzys Debütalbum ‚Blizzard Of Ozz‘ offenbarten, welch riesiges Talent der ehemalige Black-Sabbath-Sänger verpflichtet hatte. ‚Blizzard Of Ozz‘ zeigte Rhoads als wie entfesselt spielenden Axeman, der sich mit der Übernummer ‚Crazy Train‘ und einem von der Neoklassik geprägten Gitarrenspiel in ‚Mr. Crowley‘ sofort unsterblich und das Album zu einem Klassiker des Heavy Metals machte. Bis heute hat sich die Scheibe weit über vier Millionen Mal verkauft.
Blizzard Of Ozz (1980)
Einen weiteren Meilenstein lieferten Osbourne und Rhoads zwei Jahre später auch mit dem Nachfolger ‚Diary Of A Madman‘ ab. Die Aufnahmen mussten zwar nach sechs Studiowochen übereilt und mit kleinen Produktionsfehlern vorzeitig beendet werden, weil die Gruppe wieder zurück auf die Bühne musste. Trotzdem feierte die Öffentlichkeit Rhoads anschließend als eine Art „Eddie Van Halen Junior“ und kommenden Gitarren-Superstar.
Diary of a Madman (1981)
Doch die Tournee zum Album und die Karriere des überragenden Saitenvirtuosen endeten bekanntlich am 19. März 1982 auf tragische Weise in einem brennenden Flugzeugwrack. Beerdigt wurde Rhoads auf dem Mountain View Cemetery im kalifornischen San Bernardino. Auf seinem Grabmal steht, er sei „eine Inspiration für alle jungen Menschen“ gewesen.
Die weltweite Begeisterung für das extravagante, filigrane und ungemein kraftvolle Spiel von Randy Rhoads hält bis heute an. Vor allem sein flüssiges, überaus akzentuiertes Spiel, eine Kombination aus prägnanten Rockriffs, Einflüssen aus Klassik und Folk sowie einem untrüglichen Melodieverständnis, inspirierte ganze Generationen von Gitarristen, darunter Stars wie Yngwie Malmsteen, Zakk Wylde, Paul Gilbert oder Nuno Bettencourt. Selbst die Fachpresse nennt Rhoads und seinen Einfluss aufs Gitarrenspiel im gleichen Atemzug mit Eddie Van Halen, mit dem ihn das zweihändige Tapping, die Vibrato-inszenierten Dive-Bombs und die anspruchsvollen Scale-Patterns verband. Zumal die wieselflinke, von neoklassischen Einflüssen geprägte Spieltechnik beider (mittlerweile verstorbenen) Legenden durchaus auch melodisch einige Parallelen aufzeigte.
Rhoads selbst war unter anderem von Leslie West, Mick Ronson, Ritchie Blackmore, Gary Moore und Michael Schenker beeinflusst. Zudem spürte man seine Ausbildung auch am Klavier und sein Faible für Klassik. Darüber hinaus nutzte der Kettenraucher (Osbourne: „Bei einer Lungenkrebs-Olympiade hätte Randy problemlos die Goldmedaille gewonnen“) und überzeugte Drogen- und Alkoholabstinenzler jede freie Minute, um sich weiterzuentwickeln. Sein erklärtes Ziel, in London einen Master-Abschluss in klassischer Gitarre abzulegen, gelang ihm nicht mehr.
Dafür aber ein ikonisches Gitarrenmodell: Seit 1982 gibt es die Jackson Randy Rhoads, deren Serienherstellung der Musiker nicht mehr erlebt hat – mit einem Korpus, der dem einer Flying V ähnelt, im Unterschied dazu allerdings asymmetrisch spitz zulaufende Zargen besitzt. In den zurückliegenden 40 Jahren sind viele RR-inspirierte Modelle anderer Hersteller entstanden, die zahllosen Custom-Shop-Versionen noch nicht einmal mitgerecht.
Wie groß sein Ansehen noch heute ist, beweist die lange Liste an Auszeichnungen, die dem vor 40 Jahren Verstorbenen regelmäßig und bis in die jüngste Gegenwart hinein verliehen werden. Erst im Oktober 2021 erhielt Randy Rhoads im Rocket Mortgage Field House in Cleveland, Ohio den Musical Excellence Award für seine – so die Laudatio – „Originalität und seinen prägenden Einfluss auf die Musik.“
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Das Jahr 1979 könnte man, rückblickend betrachtet, als eines der wichtigsten Jahre der Rockgeschichte betrachten. Die Scorpions veröffentlichten mit ‚Lovedrive‘ einen absoluten Klassiker, Pink Floyd schufen mit ‚The Wall‘ ein Meisterwerk, AC/DC lieferten mit ‚Highway to Hell‘ den Soundtrack für eine ganze Generation und Ozzy Osbourne warf bei Black Sabbath ebenso das Handtuch wie Randy Rhoads bei Quiet Riot.
Es kam zusammen, was zusammen gehörte: der charismatische, blonde Wundergitarrist aus Kalifornien wurde der erste Sidekick und Gitarrist in Ozzy Osbournes damals beginnender Solo-Karriere.
Aufgrund seines tragischen Unfalltodes nur zwei Jahre später blieben Rhoads nur die beiden Alben ‚Blizzard of Ozz‘ (1980) und ‚Diary of a Madman‘ (1982), um eine ganze Generation junger Shredder für immer zu prägen. Dabei war es nicht nur das bis ins letzte Detail ausgetüfftelte Gitarrenspiel, sondern auch der für damalige Verhältnisse bis zum Maximum ausgereizte Distortion-Sound, der viele Gitarristen bis heute begeistert. Während Randy Rhoads in den frühen Tagen von Quiet Riot, vermutlich aufgrund begrenzter finanzieller Mittel, noch eine Fender Stratocaster und ein Peavey-Standard-260-Topteil benutzte, sollte sich dies in der Ozzy-Osbourne-Band schnell ändern.
LES PAUL, POLKA DOT & CONCORDE
Denkt man an die kurze Zeit, die Rhoads bei Ozzy Osbourne spielte, fallen den meisten zwei Gitarren ein. Da wäre zunächst die cremeweiße Gibson Les Paul Custom, die er irgendwann zwischen 1974 und 1975 kaufte und damit eine eher ungeliebte, schwarze Gibson SG ersetzte. Diese Les Paul Custom war nicht nur verantwortlich für den Großteil der folgenden Konzerte mit Quiet Riot, sondern ist auch auf einem Teil des ‚Blizzard of Ozz‘-Albums zu hören. Tatsächlich ist das gesamte Instrument im Auslieferungszustand belassen worden – lediglich die Stimmmechaniken wurden gegen Exemplare von Schaller ausgewechselt.
Eine mindestens genauso bekannte Gitarre ist die ikonische Polka-Dot-Flying-V, die spätestens seit dem Cover des 1987 posthum erschienenen Live-Albums ‚Tribute‘ für die Ewigkeit festgehalten wurde. Diese Gitarre wurde für Rhoads 1979 eigens von Karl Sandoval gebaut und ist dank der über das gesamte Instrument verteilten weißen Punkte ein ziemlicher Blickfang. Interessanterweise wurde Randy Rhoads durch George Lynch von Dokken auf die Gitarren von Karl Sandoval gebracht.
Dieser spielte ebenfalls eine Flying V, die mit einem Danelectro-Hals versehen war und die dem frisch gebackenen Ozzy-Gitarristen auf Anhieb gefiel. Sandoval hatte zu dieser Zeit ein Faible für Danelectro-Hälse, da diese seiner Meinung nach ein tolles Spielgefühl hätten. Bis heute hält sich der Mythos, dass der für Randy Rhoads verwendete Hals keinen Halsstab hatte. „Es handelt sich um zwei nicht verstellbare I-Träger, die in den Hals geklebt werden, bevor das Griffbrett aufgeleimt wird. Wenn Sie sich das Ende dieser Hälse ansehen, werden Sie zwei Schlitze sehen. Das sind die Schlitze, in denen die I-Beam-Halsstangen sitzen. Das ist ein zentimeterdicker Stahl, der sich nicht verbiegt. Und das macht einen Ahornhals sehr schwer. Ich glaube, das hat zum Klang von Randys Gitarre beigetragen. Da ist eine Menge Metall drinnen.“erinnert sich Karl Sandoval später, um dieses Gerücht ein für alle Mal zu beenden.
Um das originale Fender-Vibratosystem verbauen zu können, war es nötig, einen entsprechend dicken Body anzufertigen. Hier fiel die Wahl auf zwei Teile aus massivem Mahagoni, in welche der Danelectro-Hals geleimt wurde und die deutlich dicker als bei einer klassischen Flying V waren. Für die Tonabnehmer kam die kultige Kombination aus einem DiMarzio Super Distortion (Bridge) sowie einem DiMarzio PAF Pro (Hals) zum Einsatz. Alles in allem muss es sich bei der Polka-Dot-V um ein richtig massives Biest gehandelt haben, die sicher nicht gerade rückenfreundlich war. Unglücklicherweise dauerte es nicht einmal drei Wochen, bis die Gitarre ungünstig auf den Boden fiel und die abgewinkelte Harpoon-Style-Kopfplatte abbrach. Zum Glück konnte der Schaden kurzfristig von Karl Sandoval repariert werden, so dass das Instrument weiterhin eingesetzt werden konnte.
Bild: Jackson Guitars
Bild: Jackson Guitars
Die mit Sicherheit bekannteste Gitarre in Randy Rhoads Arsenal war jene, die wir bis heute einfach als „Jackson Rhoads“bezeichnen. Am 23. Dezember 1980 kam es zum ersten Zusammentreffen von Randy Rhoads und Grover Jackson, der erst kurz davor den legendären San-Dimas-Workshop von Wayne Charvel übernommen hatte.
Nach einer langen und produktiven Nacht stand der erste Entwurf eines Randy-Rhoads-Signature-Modells, das auf den Namen Concorde getauft werden sollte und schon sehr deutlich an die heutigen Rhoads-Gitarren erinnert. Nicht nur war dies die Geburtsstunde der gesamten RR-Baureihe, sondern auch das erste Instrument mit dem Jackson-Schriftzug auf der Kopfplatte. Aus Angst, mit dem extravaganten Design der Concorde die Marke Charvel zu beschädigen, war es Grover Jackson ein Anliegen, das Branding auf der Gitarre zu ändern – mit einem gewissen Erfolg, wie wir heute wissen.
Bereits in der Woche nach Weihnachten 1980 begann Grover Jacksons Team mit dem Bau der ersten Concorde, die sich in einigen Details von dem späteren Re-Design unterschied. So kam, genau wie bei der Polka-Dot-V, ein Fender-Style-Vibrato zum Einsatz. Auch die Positionierung des Toggle-Switches auf der oberen Korpuszarge mutet aus heutiger Sicht etwas eigentümlich an. Anders als bei der Sandoval-Gitarre wurde in der Concorde ein Tonabnehmer-Set von Seymour Duncan verbaut. Während am Hals ein SH2 zum Einsatz kam, fiel die Wahl beim Steg-Humbucker auf den bis heute beliebten SH6.
Der erste Prototyp der Concorde wurde Ende Februar 1981 an Randy Rhoads übergeben, der sich schnell mit zwei Problemen konfrontiert sah. Da war zum einen die Erreichbarkeit der obersten Bünde, die sich aufgrund des Übergangs zum Korpus als schwierig gestaltete. Zum anderen war die Gitarre einfach sehr groß und wuchtig – ein Umstand, der für den eher schmal gebauten Rhoads nicht einfach zu handhaben war. Schnell wurde klar: Das Design musste überarbeitet werden.
Um die Gitarre etwas kompakter in der Handhabung zu machen und die Eigenständigkeit des Designs hervorzuheben, wurde die Form noch radikaler gestaltet, die Schaltung etwas vereinfacht und der Toggle-Switch von der Zarge auf die Decke gesetzt. Außerdem wurde das Vibrato gegen eine fixierte Saitenaufhängung getauscht. All diese Änderungen wurden nicht etwa über Randy Rhoads Kopf hinweg entschieden, sondern erfolgten auf seinen expliziten Wunsch hin und in enger Zusammenarbeit mit ihm. Lediglich die Form der Kopfplatte geht gänzlich auf das Konto von Grover Jackson, der sich seinerseits wiederrum von Gibsons Explorer-Headstock inspirieren ließ.
Ein Detail, das übrigens bei allen Gitarren des Ozzy-Gitarristen gleich ausfiel, war die Besaitung. Nach eigenen Angaben vertraute Rhoads den Saiten der Firma GHS – meistens kam ein Set 10er oder 11er Boomers zum Einsatz. Das Ergebnis der Zusammenarbeit mit Grover Jackson ist im Grunde das, was wir bis heute als „Jackson Rhoads“ kennen, wenngleich es natürlich über die Jahrzehnte eine Vielzahl an Variationen dieses Designs gab. Leider kam Randy Rhoads nicht mehr dazu, die Gitarre ausgiebig live oder gar im Studio zu testen. Nur etwa zehn Wochen, nachdem der überarbeitete Prototyp an ihn übergeben wurde, starb der Gitarrist bei dem tragischen Flugzeugabsturz.
AMPS & PEDALE
Bei der Auswahl seiner Verstärker setzte Randy Rhoads ganz klar auf die Topteile von Marshall. Dabei kam vor allem ein 1959-Super-Lead-100-Watt-Topteil zum Einsatz, das Rhoads als „special order“ bei dem Hersteller mit weißem Tolex bestellt hatte. Obwohl Marshall zu dieser Zeit bereits Verstärker mit einem Master-Volume-Regler anbot, bevorzugte der Gitarrist die Amps ohne diesen globalen Lautstärkeregler vor der Endstufe.
Allerdings war nicht nur die Farbe des Gehäuses besonders – auch intern hielt das Topteil eine Überraschung bereit. Randy Rhoads ließ sich die beiden Kanäle („Normal“ und „Bright“) so modifizieren, dass sich eine kaskadierte Schaltung ergab, bei der beide Eingangsstufen in seriellem Betrieb genutzt wurden, was deutlich mehr Verzerrung zur Folge hatte. Außerdem ließ sich so die Lautstärke des Verstärkers, dank der beiden Volume-Regler, ein wenig bändigen, ohne dass der Ton an Kompression einbüßte. Verglichen mit einem normalen Marshall-Super-Lead war so ein deutlich heißerer Sound möglich.
Da dies aber für Randy Rhoads ausgesprochen mittigen und aggressiven Sound bei weitem nicht ausreichte, wurde das MXR Distortion+ zu einem absolut essentiellen Bestandteil seines Equipments. Der giftige, schon leicht „fuzzige“ Charakter dieses Distortion-Pedals, hat entscheidend dafür gesorgt, Randy Rhoads einen für die damalige Zeit einzigartigen Sound zu verleihen. Um den Charakter des Mittenspektrums noch präziser bearbeiten zu können, war ein 10-Band-Equalizer, ebenfalls von MXR, auf dem Pedalboard zu finden.
Bild: MXR
MXR 10-Band Graphic EQ
Bild: MXR
MXR Stereo Chorus
Bild: MXR
MXR Flanger
Außerdem kamen für verschiedene Soli noch ein Stereo-Chorus, ein Flanger (beides von MXR) und gelegentlich ein AMS DMX 15-80S Digital Delay zum Einsatz. Bei seinen Boxen vertraute Randy Rhoads ebenfalls auf die Firma Marshall, ließ allerdings die Celestion-Lautsprecher gegen 417-8H-Speaker von Altec tauschen.
WAS BLEIBT
Trotz des wirklich kurzen Zeitfensters, in dem Randy Rhoads bekannt wurde, hat er es tatsächlich geschafft, die 80er-Jahre in der Entwicklung neuer Gitarrenformen und der Auswahl extravaganter Lackierungen entscheidend zu prägen. Zwar mag die Concorde nicht die erste abgewandelte Flying V gewesen sein – trotzdem ebnete diese Gitarre den Weg für unzählige weitere, zackig-abgefahrene Designs und ist bis heute eines der erfolgreichsten Modelle, die im Portfolio von Jackson zu finden sind.
Wer weiß, wann und ob Grover Jackson je auf die Idee gekommen wäre, seinen Nachnamen für eine zweite Marke neben Charvel zu verwenden. Wer weiß, wie sich Ozzy Osbournes und vor allem Zakk Wyldes Karrieren entwickelt hätten, wenn Randy Rhoads nicht einen solch gigantischen Fußabdruck hinterlassen hätte. Zwar mag sein Gitarren-Sound aus heutiger Sicht ein wenig eigenwillig und harsch klingen – bedenkt man aber, welche technischen Voraussetzungen Anfang der 80er-Jahre galten, ist Rhoads hochgezüchteter High-Gain-Ton nichts anderes als revolutionär und stand damals – abgesehen von Eddie Van Halens legendärem „Brown-Sound“ – außerhalb jeder Konkurrenz. Die gesamte Idee eines „High-Gain-Gitarren-Sounds“ ist nicht zuletzt diesen beiden Gitarristen und ihrer kompromisslosen Lust am Experimentieren mit ihrem Equipment zu verdanken.
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Der Berliner Shumon Chakrabarti ist einer der wohl ungewöhnlichsten Gitarrensammler der Welt. Der 41-jährige hat es auf Randy-Rhoads-V-Modelle abgesehen. Soweit noch nichts Besonderes. Er besitzt mittlerweile 76 Exemplare. Aha!? Er ist weder Ozzy-, Black-Sabbath-, Quiet-Riot-, noch Randy-Rhoads-Fan, sondern liebt einfach nur diese Gitarrenform. Bemerkenswert!
Er bekam mit 15 Jahren Unterricht in klassischer Gitarre und Schlagzeug, hat beides in vielen Bands und Projekten gespielt, ist aber seit mehr als zehn Jahren nur noch als Schlagzeuger in der Mittelalter-Rockband Tanzwut und bei der Thrash-Metal-Band Fadead aktiv. Erstaunlich! Seinem Hauptbroterwerb geht er jedoch als Biologe und wissenschaftlicher Labormitarbeiter der Berliner Humboldt-Universität nach. Aber auch das ist noch lange nicht alles! Lest selbst!
Shumon, wie kommt man als ausgebildeter Biologe und aktiver Schlagzeuger zu einer so großen Sammlung an Randy-Rhoads-Gitarren?
Ich mache seit über 25 Jahren Musik, spiele aber nicht nur Schlagzeug, sondern auch Gitarre. Allerdings stellte ich irgendwann fest, dass der Bedarf an Drummern deutlich größer ist als der an Gitarristen. Deshalb bin ich seit mehr als zehn Jahren kein aktiver Band-Gitarrist, spiele und komponiere aber regelmäßig zuhause, wenn es die Zeit als zweifacher Familienvater hergibt.
Mit 15 habe ich mir vom Freund meines Bruders mein erstes Randy-Rhoads-Modell gekauft, eine Marathon Pro, ein sehr einfaches Sperrholz-Rhoads-Modell aus koreanischer Produktion. Ich habe diese Gitarre oft modifiziert und daran herumexperimentiert. Somit war der Grundstein für mein Interesse an dieser Gitarrenform gelegt, da ich von Anfang an die ausgewogene Balance dieses Modells toll fand. Ich bin nicht allzu groß, deshalb waren Explorer-Formen zu wuchtig für mich, Les Pauls und andere Klassiker sagten mir nicht zu, obwohl ich auch davon einige besaß. Die Randy Rhoads mit dem oben liegenden längeren Horn, auf den man beim Spielen den Arm legen konnte, war für mich perfekt. Außerdem ist sie für mich der Inbegriff der Metal-Gitarre.
2014 habe ich neben meinem Biologie-Job angefangen, halbtags in der Gitarrenwerkstatt des ESP/LTD-Vertriebes in der Nähe Berlins zu arbeiten. Ich habe Gitarren eingestellt, repariert, Setups geändert und dabei – fast nebenbei – begonnen, RR-Modelle zu sammeln. Zurzeit besitze ich 76 Exemplare, allerdings stehen noch einige Modelle auf meiner Suchliste.
Die Marathon war also dein erstes RR-Modell. Welches war das zweite und dritte?
Das zweite Modell war eine von mir während des Studiums eigenhändig gebaute Gitarre, die ich auch selbst lackiert hatte, mit einem japanischen Westone-Hals. Danach kam meine erste originale Jackson, eine RRMG, made in Indonesia, die übrigens zusammen mit einer Jackson FSR Elite zu den bestklingenden Randy-Rhoads-Modellen in meiner Sammlung zählt.
Welches ist das wertvollste Exemplar deiner Sammlung?
Grundsätzlich die Jackson RR1, Made in USA, ein 1990er Modell mit Lightning-Grafik. Ich habe seinerzeit circa 1500 Euro dafür bezahlt. Neu bekommt man sie heute kaum unter 3300 Euro. Auf dem Gebrauchtmarkt werden die RR1- Modelle derzeit um die 2500 Euro gehandelt, Tendenz steigend. Die Grafik-Modelle sind sogar noch beliebter und damit teurer.
Ist die RR1 dein Lieblingsmodell?
Mein Lieblingsmodell ist die sehr seltene japanische Jackson Professional Pro, die nur drei oder vier Jahre lang gefertigt wurde. Sie ist mit der RR1 absolut gleichzusetzen, hat aber einen edleren Charakter. Allerdings habe ich noch weitere Lieblingsmodelle, unter anderem eine Fernandes V Hawk.
Und die ungewöhnlichste RR in deiner Sammlung?
Eine Washburn Vindicator sowie zwei Reverse-Rhoads, bei denen das längere Horn unten sitzt. Sie nennen sich Westone Monarch und Carvin Ultra V.
Kannst du einschätzen, wie viele verschiedene Hersteller du in deiner Sammlung hast?
Schwer zu sagen, zumal ich so manches Modell selbst gebaut habe. Grob überschlagen sind es derzeit etwa 45 verschiedene Hersteller. Von der Marke Jackson besitze ich circa 20 Modelle, auch von Fernandes, Edwards oder Marathon sind es ein paar mehr Exemplare. Mein Ziel ist es, so viele verschiedene Hersteller wie möglich zu finden. Dieses Ziel hat sich allerdings erst im Laufe der Zeit herauskristallisiert. Anfangs habe ich behauptet, dass ich bei 30 Gitarren aufhöre, zu sammeln. Meine Kollegen in der ESP/LTD-Werkstatt schmunzelten darüber nur und haben gesagt:„Wart‘s ab, das hört nie auf!“ Ab ungefähr der 50. Gitarre habe ich begonnen, gezielt zu suchen. Mittlerweile kommen und gehen einige Modelle, ich hatte beispielsweise die Jackson Professional EX gleich vier Mal, zwei davon habe ich jedoch wieder verkauft.
Welche Modelle stehen auf deiner aktuellen Suchliste ganz oben?
Eine Caparison Orbit mit Vibrato, eher selten zu finden und wenn, dann für einen stattlichen Preis von etwa 2400 Euro. Außerdem suche ich eine alte japanische Jackson Stars mit durchgehendem Hals und Floyd Rose, ebenso eine Grover Jackson, auch mit durchgehendem Hals und Floyd Rose. Hinzu kommen eine Epiphone Jupiter, die nur 1985 und bei Samick in Korea unter dem Namen H-770 hergestellt wurde. Eine baugleiche Hondo Formula 1 besitze ich bereits. Und natürlich gibt es endlos viele Custom-Modelle, zum Beispiel von Kiiras oder Amfisound aus Finnland oder auch die Gitarren eines Berliner Custom-Herstellers. Ich habe kürzlich eine fantastische Rhoads-Gitarre gekauft, eine sogenannte Custom V von einem südkoreanischen Hersteller namens Sean. Sie hat eine super Qualität und besitzt wirklich hochwertige Specs. Ich finde, diese Gitarren sind es wert, in Europa und Deutschland genauer vorgestellt zu werden, was ich im Gear-Talk meiner geplanten „Rhoads-Show“-Videos auch machen werde.
Sean Custom V
Apropos Custom: Ist es dir wichtig, dass alle deine Rhoads-Modelle in Originalzustand sind?
Nein, überhaupt nicht. Mir ist vor allem wichtig, dass sich die einzelnen Modelle vernünftig spielen und stimmen lassen. Da ich in meiner Sammlung auch viele günstige oder No-Name-Modelle habe, versuche ich grundsätzlich, diese zu optimieren. Deshalb spendiere ich ihnen bessere Pickups, ordentliche Vibrato-Systeme und gute Mechaniken. Eigentlich schraube ich an fast allen Gitarren herum. Pickups sind in der Regel passive Seymour Duncan, zumeist SH4/TB4 oder TB5 an der Bridge und SH2/SH1 am Hals, bei den günstigen Modellen dann eher die Duncan-Designed-Pickup-Varianten. Bis auf wenige Ausnahmen haben meine „Zackenbarsche“ ein richtiges Floyd Rose, da die nachgebauten Lizenzversionen nicht stimmstabil sind.
Deshalb: entweder Original, 1000er-Serie, Schaller oder Gotoh. Darüber hinaus baue ich ja auch meine eigenen Custom-Modelle. Meine sogenannten Franken-Rhoads, frei benannt nach der Frankenstrat/Frankenstein von Eddie Van Halen, entstehen, wenn ich einen schönen Hals finde, zu dem ich dann einen passenden Rhoads-Body suche. Wenn die Mensur nicht passt oder kein Vibrato vorhanden ist, wird mit der Handfräse nachgearbeitet. Ich repariere auch Brüche und Risse und lackiere anschließend neu. So entstand zum Beispiel im Jahre 2016, nachdem Prince gestorben war, eine lila-sparkle Fernandes Steeler JS-100 mit goldener Hardware. Ich habe auch eine Marathon Pro in der Polka-Dots-Optik lackiert, in Anlehnung an das Rhoads-Modell schlechthin. So entstehen Modelle, die es vom Hersteller offiziell nicht gibt, wie eine Fenix, Charvette oder Mayones Presto Lang.
Wenn du Gitarre spielst, mit welchen Amps?
Zuhause habe ich ein einfaches Hughes&Kettner-Attax-100-Topteil, plus eine 2x12er ENGL-Box. Im Studio und im Proberaum sind es Marshall-Tops mit entsprechenden Marshall-Boxen, dazu ein Earforce und zwei Hughes&Kettner-Röhrenamps. Diese Amps gehören den Gitarristen meiner Metal-Band.