Das Jahr 1979 könnte man, rückblickend betrachtet, als eines der wichtigsten Jahre der Rockgeschichte betrachten. Die Scorpions veröffentlichten mit ‚Lovedrive‘ einen absoluten Klassiker, Pink Floyd schufen mit ‚The Wall‘ ein Meisterwerk, AC/DC lieferten mit ‚Highway to Hell‘ den Soundtrack für eine ganze Generation und Ozzy Osbourne warf bei Black Sabbath ebenso das Handtuch wie Randy Rhoads bei Quiet Riot.
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Es kam zusammen, was zusammen gehörte: der charismatische, blonde Wundergitarrist aus Kalifornien wurde der erste Sidekick und Gitarrist in Ozzy Osbournes damals beginnender Solo-Karriere.
Aufgrund seines tragischen Unfalltodes nur zwei Jahre später blieben Rhoads nur die beiden Alben ‚Blizzard of Ozz‘ (1980) und ‚Diary of a Madman‘ (1982), um eine ganze Generation junger Shredder für immer zu prägen. Dabei war es nicht nur das bis ins letzte Detail ausgetüfftelte Gitarrenspiel, sondern auch der für damalige Verhältnisse bis zum Maximum ausgereizte Distortion-Sound, der viele Gitarristen bis heute begeistert. Während Randy Rhoads in den frühen Tagen von Quiet Riot, vermutlich aufgrund begrenzter finanzieller Mittel, noch eine Fender Stratocaster und ein Peavey-Standard-260-Topteil benutzte, sollte sich dies in der Ozzy-Osbourne-Band schnell ändern.
LES PAUL, POLKA DOT & CONCORDE
Denkt man an die kurze Zeit, die Rhoads bei Ozzy Osbourne spielte, fallen den meisten zwei Gitarren ein. Da wäre zunächst die cremeweiße Gibson Les Paul Custom, die er irgendwann zwischen 1974 und 1975 kaufte und damit eine eher ungeliebte, schwarze Gibson SG ersetzte. Diese Les Paul Custom war nicht nur verantwortlich für den Großteil der folgenden Konzerte mit Quiet Riot, sondern ist auch auf einem Teil des ‚Blizzard of Ozz‘-Albums zu hören. Tatsächlich ist das gesamte Instrument im Auslieferungszustand belassen worden – lediglich die Stimmmechaniken wurden gegen Exemplare von Schaller ausgewechselt.
Eine mindestens genauso bekannte Gitarre ist die ikonische Polka-Dot-Flying-V, die spätestens seit dem Cover des 1987 posthum erschienenen Live-Albums ‚Tribute‘ für die Ewigkeit festgehalten wurde. Diese Gitarre wurde für Rhoads 1979 eigens von Karl Sandoval gebaut und ist dank der über das gesamte Instrument verteilten weißen Punkte ein ziemlicher Blickfang. Interessanterweise wurde Randy Rhoads durch George Lynch von Dokken auf die Gitarren von Karl Sandoval gebracht.
Dieser spielte ebenfalls eine Flying V, die mit einem Danelectro-Hals versehen war und die dem frisch gebackenen Ozzy-Gitarristen auf Anhieb gefiel. Sandoval hatte zu dieser Zeit ein Faible für Danelectro-Hälse, da diese seiner Meinung nach ein tolles Spielgefühl hätten. Bis heute hält sich der Mythos, dass der für Randy Rhoads verwendete Hals keinen Halsstab hatte. „Es handelt sich um zwei nicht verstellbare I-Träger, die in den Hals geklebt werden, bevor das Griffbrett aufgeleimt wird. Wenn Sie sich das Ende dieser Hälse ansehen, werden Sie zwei Schlitze sehen. Das sind die Schlitze, in denen die I-Beam-Halsstangen sitzen. Das ist ein zentimeterdicker Stahl, der sich nicht verbiegt. Und das macht einen Ahornhals sehr schwer. Ich glaube, das hat zum Klang von Randys Gitarre beigetragen. Da ist eine Menge Metall drinnen.“erinnert sich Karl Sandoval später, um dieses Gerücht ein für alle Mal zu beenden.
Um das originale Fender-Vibratosystem verbauen zu können, war es nötig, einen entsprechend dicken Body anzufertigen. Hier fiel die Wahl auf zwei Teile aus massivem Mahagoni, in welche der Danelectro-Hals geleimt wurde und die deutlich dicker als bei einer klassischen Flying V waren. Für die Tonabnehmer kam die kultige Kombination aus einem DiMarzio Super Distortion (Bridge) sowie einem DiMarzio PAF Pro (Hals) zum Einsatz. Alles in allem muss es sich bei der Polka-Dot-V um ein richtig massives Biest gehandelt haben, die sicher nicht gerade rückenfreundlich war. Unglücklicherweise dauerte es nicht einmal drei Wochen, bis die Gitarre ungünstig auf den Boden fiel und die abgewinkelte Harpoon-Style-Kopfplatte abbrach. Zum Glück konnte der Schaden kurzfristig von Karl Sandoval repariert werden, so dass das Instrument weiterhin eingesetzt werden konnte.
Bild: Jackson Guitars
Bild: Jackson Guitars
Die mit Sicherheit bekannteste Gitarre in Randy Rhoads Arsenal war jene, die wir bis heute einfach als „Jackson Rhoads“bezeichnen. Am 23. Dezember 1980 kam es zum ersten Zusammentreffen von Randy Rhoads und Grover Jackson, der erst kurz davor den legendären San-Dimas-Workshop von Wayne Charvel übernommen hatte.
Nach einer langen und produktiven Nacht stand der erste Entwurf eines Randy-Rhoads-Signature-Modells, das auf den Namen Concorde getauft werden sollte und schon sehr deutlich an die heutigen Rhoads-Gitarren erinnert. Nicht nur war dies die Geburtsstunde der gesamten RR-Baureihe, sondern auch das erste Instrument mit dem Jackson-Schriftzug auf der Kopfplatte. Aus Angst, mit dem extravaganten Design der Concorde die Marke Charvel zu beschädigen, war es Grover Jackson ein Anliegen, das Branding auf der Gitarre zu ändern – mit einem gewissen Erfolg, wie wir heute wissen.
Bereits in der Woche nach Weihnachten 1980 begann Grover Jacksons Team mit dem Bau der ersten Concorde, die sich in einigen Details von dem späteren Re-Design unterschied. So kam, genau wie bei der Polka-Dot-V, ein Fender-Style-Vibrato zum Einsatz. Auch die Positionierung des Toggle-Switches auf der oberen Korpuszarge mutet aus heutiger Sicht etwas eigentümlich an. Anders als bei der Sandoval-Gitarre wurde in der Concorde ein Tonabnehmer-Set von Seymour Duncan verbaut. Während am Hals ein SH2 zum Einsatz kam, fiel die Wahl beim Steg-Humbucker auf den bis heute beliebten SH6.
Der erste Prototyp der Concorde wurde Ende Februar 1981 an Randy Rhoads übergeben, der sich schnell mit zwei Problemen konfrontiert sah. Da war zum einen die Erreichbarkeit der obersten Bünde, die sich aufgrund des Übergangs zum Korpus als schwierig gestaltete. Zum anderen war die Gitarre einfach sehr groß und wuchtig – ein Umstand, der für den eher schmal gebauten Rhoads nicht einfach zu handhaben war. Schnell wurde klar: Das Design musste überarbeitet werden.
Um die Gitarre etwas kompakter in der Handhabung zu machen und die Eigenständigkeit des Designs hervorzuheben, wurde die Form noch radikaler gestaltet, die Schaltung etwas vereinfacht und der Toggle-Switch von der Zarge auf die Decke gesetzt. Außerdem wurde das Vibrato gegen eine fixierte Saitenaufhängung getauscht. All diese Änderungen wurden nicht etwa über Randy Rhoads Kopf hinweg entschieden, sondern erfolgten auf seinen expliziten Wunsch hin und in enger Zusammenarbeit mit ihm. Lediglich die Form der Kopfplatte geht gänzlich auf das Konto von Grover Jackson, der sich seinerseits wiederrum von Gibsons Explorer-Headstock inspirieren ließ.
Ein Detail, das übrigens bei allen Gitarren des Ozzy-Gitarristen gleich ausfiel, war die Besaitung. Nach eigenen Angaben vertraute Rhoads den Saiten der Firma GHS – meistens kam ein Set 10er oder 11er Boomers zum Einsatz. Das Ergebnis der Zusammenarbeit mit Grover Jackson ist im Grunde das, was wir bis heute als „Jackson Rhoads“ kennen, wenngleich es natürlich über die Jahrzehnte eine Vielzahl an Variationen dieses Designs gab. Leider kam Randy Rhoads nicht mehr dazu, die Gitarre ausgiebig live oder gar im Studio zu testen. Nur etwa zehn Wochen, nachdem der überarbeitete Prototyp an ihn übergeben wurde, starb der Gitarrist bei dem tragischen Flugzeugabsturz.
AMPS & PEDALE
Bei der Auswahl seiner Verstärker setzte Randy Rhoads ganz klar auf die Topteile von Marshall. Dabei kam vor allem ein 1959-Super-Lead-100-Watt-Topteil zum Einsatz, das Rhoads als „special order“ bei dem Hersteller mit weißem Tolex bestellt hatte. Obwohl Marshall zu dieser Zeit bereits Verstärker mit einem Master-Volume-Regler anbot, bevorzugte der Gitarrist die Amps ohne diesen globalen Lautstärkeregler vor der Endstufe.
Allerdings war nicht nur die Farbe des Gehäuses besonders – auch intern hielt das Topteil eine Überraschung bereit. Randy Rhoads ließ sich die beiden Kanäle („Normal“ und „Bright“) so modifizieren, dass sich eine kaskadierte Schaltung ergab, bei der beide Eingangsstufen in seriellem Betrieb genutzt wurden, was deutlich mehr Verzerrung zur Folge hatte. Außerdem ließ sich so die Lautstärke des Verstärkers, dank der beiden Volume-Regler, ein wenig bändigen, ohne dass der Ton an Kompression einbüßte. Verglichen mit einem normalen Marshall-Super-Lead war so ein deutlich heißerer Sound möglich.
Da dies aber für Randy Rhoads ausgesprochen mittigen und aggressiven Sound bei weitem nicht ausreichte, wurde das MXR Distortion+ zu einem absolut essentiellen Bestandteil seines Equipments. Der giftige, schon leicht „fuzzige“ Charakter dieses Distortion-Pedals, hat entscheidend dafür gesorgt, Randy Rhoads einen für die damalige Zeit einzigartigen Sound zu verleihen. Um den Charakter des Mittenspektrums noch präziser bearbeiten zu können, war ein 10-Band-Equalizer, ebenfalls von MXR, auf dem Pedalboard zu finden.
Bild: MXR
MXR 10-Band Graphic EQ
Bild: MXR
MXR Stereo Chorus
Bild: MXR
MXR Flanger
Außerdem kamen für verschiedene Soli noch ein Stereo-Chorus, ein Flanger (beides von MXR) und gelegentlich ein AMS DMX 15-80S Digital Delay zum Einsatz. Bei seinen Boxen vertraute Randy Rhoads ebenfalls auf die Firma Marshall, ließ allerdings die Celestion-Lautsprecher gegen 417-8H-Speaker von Altec tauschen.
WAS BLEIBT
Trotz des wirklich kurzen Zeitfensters, in dem Randy Rhoads bekannt wurde, hat er es tatsächlich geschafft, die 80er-Jahre in der Entwicklung neuer Gitarrenformen und der Auswahl extravaganter Lackierungen entscheidend zu prägen. Zwar mag die Concorde nicht die erste abgewandelte Flying V gewesen sein – trotzdem ebnete diese Gitarre den Weg für unzählige weitere, zackig-abgefahrene Designs und ist bis heute eines der erfolgreichsten Modelle, die im Portfolio von Jackson zu finden sind.
Wer weiß, wann und ob Grover Jackson je auf die Idee gekommen wäre, seinen Nachnamen für eine zweite Marke neben Charvel zu verwenden. Wer weiß, wie sich Ozzy Osbournes und vor allem Zakk Wyldes Karrieren entwickelt hätten, wenn Randy Rhoads nicht einen solch gigantischen Fußabdruck hinterlassen hätte. Zwar mag sein Gitarren-Sound aus heutiger Sicht ein wenig eigenwillig und harsch klingen – bedenkt man aber, welche technischen Voraussetzungen Anfang der 80er-Jahre galten, ist Rhoads hochgezüchteter High-Gain-Ton nichts anderes als revolutionär und stand damals – abgesehen von Eddie Van Halens legendärem „Brown-Sound“ – außerhalb jeder Konkurrenz. Die gesamte Idee eines „High-Gain-Gitarren-Sounds“ ist nicht zuletzt diesen beiden Gitarristen und ihrer kompromisslosen Lust am Experimentieren mit ihrem Equipment zu verdanken.