Im Interview

Quinn Sullivan: US-Blues-Kid

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Quinn Sullivan
(Bild: Mineur)

Obwohl der amerikanische Bluesrock-Gitarrist Quinn Sullivan gerade erst 18 Jahre alt ist, stand er bereits mit einigen der größten Gitarristen der Gegenwart auf der Bühne, darunter sein Freund und wichtigster Mentor Buddy Guy, aber auch Musiker wie Carlos Santana, Joe Bonamassa, Billy Gibbons oder der leider vor drei Jahren verstorbene B. B. King. Auch auf seinem aktuellen Album ‚Midnight Highway‘, das er im renommierten Blackbird Studio in Nashville aufgenommen hat, griffen ihm wieder einige Koryphäen unter die Arme.

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Mit dabei sind unter anderem die beiden Bonamassa-Musiker Michael Rhodes (Bass) und Reese Wynans (Keyboards, ehemaliges Mitglied in Stevie Ray Vaughan‘s Double Trouble) sowie Bassist Tommy Macdonald (Buddy Guy, Johnny Winter). Doch auch ohne illustre Unterstützung begeistert Sullivan sein Publikum immer wieder aufgrund seiner atemberaubenden Technik und einer für sein junges Alter erstaunlichen musikalischen Reife. Wir haben das amerikanische Ausnahmetalent im Rahmen der „Mascot Blues Tour“ getroffen und stellen ihn und seine Philosophie als Künstler und Songschreiber vor.

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Quinn, spielt ein 18-jähriger Blues-Gitarrist aus deiner Sicht eigentlich grundlegend anders als ein 48-jähriger oder 68-jähriger? Kannst du Unterschiede erkennen?

Ich denke, dass die Spielweise eines Musikers nicht zwangsläufig mit seinem Alter zusammenhängt. Natürlich besitzt jemand, der seit mehr als 30 Jahren im Business ist, große Lebenserfahrung und reflektiertere Perspektiven. Aber viel entscheidender ist doch, wie lange er sich bereits mit der Gitarre beschäftigt. Ich bin zwar gerade erst 18 geworden, spiele aber schon seit meinem dritten Lebensjahr und gebe seit mehr als zehn Jahren Konzerte. Dadurch besitze ich selbstverständlich auch schon eine gewisse Erfahrung und freue mich nun darauf, noch mehr von der Welt zu sehen und möglichst häufig auf der Bühne zu stehen.

Kannst du dich noch an deine erste professionelle Gitarre erinnern?

Oh ja, absolut! Allerdings war es weniger ein Profi-Instrument, sondern vielmehr eine Kindergitarre von der Firma First Act. Man konnte sie in Amerika bei Walmart, bei Versandhäusern und auch in Online-Shops kaufen. Mit drei Jahren bekam ich diese kleine Akustik-Gitarre, später, mit fünf Jahren, meine erste E-Gitarre. Sie war, glaube ich, von Fender, ziemlich klein, rot, und sah aus wie eine Mini-Strat mit Palisanderhals. Danach bekam ich eine kleine Squier und mit neun Jahren dann eine normale Fender.

Ich war also immer schon ein Fender-Strat-Typ. Als kleines Kind kannte ich nichts anderes, später fand ich nichts Besseres, und so bin ich dabei geblieben. Im Studio spiele ich zwar mitunter auch Les Pauls, aber ich selbst besitze keine. Einige der großartigsten Gitarristen der Welt spielen Les Pauls, aber für mich sind Stratocasters aufgrund ihrer großen Vielseitigkeit perfekt. Man kann sie in jedem Song spielen, egal wie er geartet ist, denn sie übernimmt den Job von vier oder fünf anderen Modellen. Deswegen liebe ich sie.

Quinn Sullivan
Sullivans Fender Stratocaster, unter anderem mit Buddy-Guy-Autogramm auf der Kopfplatte (Bild: Mineur)

In den zurückliegenden Jahren hast du mit einer Reihe berühmter Musiker gespielt. Wer von ihnen – abgesehen von Buddy Guy – hat dich am meisten beeindruckt? Und von wem konntest du am meisten lernen?

Ich habe erst kürzlich in Las Vegas mit Carlos Santana gespielt, eine unglaubliche Erfahrung und sicher eines der Highlights meines bisherigen Lebens. Zumal Santana schon seit vielen Jahren zu meinen wichtigsten Einflüssen zählt, zusammen mit Eric Clapton und Jerry Garcia. Diese drei haben mich mein gesamtes musikalisches Leben begleitet.

Wie würdest du dein eigenes Gitarrenspiel beschreiben? Was sind deine Vorlieben und Stärken, was sind deine Schwächen beziehungsweise in welchem Bereich möchtest du dich weiterentwickeln?

Ich bin noch sehr jung und ich werde auch heute noch von vielen verschiedenen Musikern beeinflusst. Zurzeit stehe ich vor allem auf gute Songschreiber, denn Komponieren steht aktuell bei mir ganz oben auf der Agenda. Mein Spiel würde ich als Mischung aus Blues, Rock und Pop bezeichnen. Für mich gibt es in jeder Art von Musik einen nennenswerten Blues-Anteil, denn alle Stile sind vom Blues beeinflusst, sogar auch und besonders Hip-Hop, der definitiv irgendwie von Blues und Roots-Musik inspiriert ist, speziell vom frühen Delta Blues. Man kommt am Blues einfach nicht vorbei. Die Songs, die ich spiele und die ich komponiere, tragen starke Blues-Elemente, aber ich liebe ebenso R’n‘B, Funk und Pop, ich liebe Rock’n‘Roll, und von all dem versuche ich etwas in meiner Musik zu berücksichtigen.

Quinn Sullivan
Sullivans Fender Super Reverb Amp (Bild: Mineur)

Schreibst du vorrangig alleine?

Oh nein, ich liebe es, mit anderen Musikern zu komponieren. In den zurückliegenden Monaten habe ich sehr viel mit anderen Musikern kooperiert. Es ist immer außerordentlich fruchtbar, Ideen mit anderen Songwritern auszutauschen, weil man dann deren Einflüsse kennenlernt. Man kommt dann oftmals auf Ideen, auf die man alleine nicht gekommen wäre. Man spielt jemandem eine Melodie vor, und derjenige antwortet: „He, tolle Idee, ich habe da noch einen kleinen Text, der vielleicht gut dazu passen würde.“ Meine Theorie ist, dass die großartigsten Songs oftmals das Ergebnis einer fruchtbaren Kollaboration sind.

Quinn Sullivan
Sullivans Pedalboard mit Boss Super Octave OC-3, Strymon Lex Rotary, Electro Harmonix Memory Boy, MXR Uni-Vibe, TC Electronic Polytune, Strymon Flint Tremolo & Reverb, Ibanez TS9, MXR Custom Badass Modified O.D., Fulltone Octafuzz, Electro Harmonix Q-Tron Plus (Bild: Mineur)

Wie sieht bei dir die Arbeit im Studio aus? Unterschiedliche Gitarren mit unterschiedlichen Amps, immer der entsprechenden Situation angepasst?

Ich hatte das Glück, dass ich mein aktuelles Album ‚Midnight Highway‘ in Nashville im Blackbird Studio aufnehmen konnte. Wenn man in ein dermaßen legendäres Studio geht, will man natürlich alles ausprobieren, was man dort ausprobieren kann. Ich bin der absolute Nerd, wenn es um Klangfarben, Effekte, Amps und Gitarren geht. Trotzdem möchte ich die Dinge im Studio nicht übermäßig verkomplizieren, weil ich dann die Sorge hätte, dass man sich zu weit von der Grundidee des Songs entfernt.

Auf ‚Midnight Highway‘ habe ich schwerpunktmäßig Strats gespielt, obwohl das Blackbird Studio eine Menge an hochwertigem Equipment besitzt. Viele Parts wurden mit alten Fender-Tweed-Amps aus den Fünfzigern aufgenommen, während beispielsweise Marshalls überhaupt nicht zum Einsatz kamen. Wenn ich einen Sound gefunden habe, der mir gefällt, dann experimentiere ich meistens nicht allzu lange weiter, sondern bleibe dabei. An Effekten kamen vor allem mein Tube Screamer für die Soli, einige Delays und ein WahWah-Pedal zum Einsatz. Für meine Kompositionen gilt aber zumeist das Motto ‚Weniger ist mehr‘. Für mein Empfinden sollte immer nur das zu hören sein, was der Song wirklich benötigt. Alles andere lenkt nur von der Grundidee einer Nummer ab.

Danke Quinn, für das nette Gespräch. Ich wünsche dir alles Gute für deine weitere Karriere!

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(erschienen in Gitarre & Bass 09/2018)

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