Motörhead-Gitarrist

Phil Campbell mag simple Gitarren

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So laut seine Gitarre, so unscheinbar und zurückhaltend ist der geborene Waliser im täglichen Umgang. Man übersieht Phil Campbell fast, wenn er nachmittags mit Strickpullover und tief ins Gesicht gezogener Wollmütze zum Soundcheck schlurft, dabei kaum jemanden grüßt und sich einfach eine seiner Gitarren schnappt, um ein bisschen zu jammen.

Phil Campbell
(Bild: Matthias Mineur; Thomas Brill)

Erst unmittelbar vor dem Soundcheck lässt er sich in die Halle bringen, um bereits eine Minute nach Ende des alltäglichen Testdurchlaufs wieder in seiner Garderobe verschwunden zu sein. Dort möchte er bis zum Beginn der Show möglichst ungestört bleiben. In der Hannoveraner AWD-Hall Anfang Dezember ist Campbell besonders müde. Die Herbsttournee der Band neigt sich dem Ende entgegen, außerdem quält ihn ein hartnäckiger Husten. Wie es ihm generell geht und welches Equipment er für die 2012er Tour zusammengepackt hat, erfuhren wir in einem kurzen aber aufschlussreichen Gespräch unmittelbar nach dem Soundcheck.

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Lemmy auf der Bühne
Motšrhead (Britische Rock-Band) “Motšrizer”-Tour Motšrhead besteht aus Ian “Lemmy” Kilmister (Voc./Bass), Mick “Wurzel” Burston (Git.) und Mikkey Dee (Schlagzeug, seit 1992) am 30. November 2010 in der Philipshalle DüŸsseldorf (Bild: Thomas Brill)

Phil, momentan seid ihr auf einer eurer erfolgreichsten Tourneen aller Zeiten. Hast du eine Idee, weshalb die Band zurzeit dermaßen angesagt ist?

Phil Campbell: Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Eine gute Frage, die aber wohl nur die Fans beantworten können. Wir haben einfach nur versucht, über all die Jahre unsere bestmögliche Musik abzuliefern, und offenbar zahlt sich das nun aus. Es gibt im Publikum sowohl ältere als auch jüngere Fans. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Leute die Ehrlichkeit unserer Musik mögen, denn wir machen nichts bewusst für die Fans sondern nur für uns selbst, und hoffen, dass es auch vielen anderen gefällt. Offenbar funktioniert dies, worüber wir sehr glücklich sind.

Interessant ist, dass du seit unserem letzten Zusammentreffen vor acht Jahren deine Gitarrenauswahl komplett verändert hast. Überwiegend neue und moderne Modelle!

Phil Campbell: Ja, das stimmt, allerdings habe ich mir privat auch ein paar Vintage-Modelle zugelegt. Meine Frau hat mir eine 57er Les Paul gekauft, eine schwarze Custom mit Bigsby-Vibrato und originalem Koffer dazu. Außerdem eine 1965er Gibson Firebird, die von Jackson Brownes Gitarristen stammt, ebenfalls ein wundervolles Instrument. Hinzu kommt eine 61er Gibson ES-125 sowie die Gitarre von Elvis Presleys Gitarristen Scotty Moore. Ich mag die unterschiedlichsten Formen von Gitarren, vor allem die älteren Modelle.

Gleichzeitig liebe ich aber auch neue Instrumente. Auf dieser Tour habe ich drei Lâg-Gitarren dabei, eine originale Lâg in Explorer-Form plus meine No. 2, die nur ein klein wenig anders ist, sowie eine sehr schöne Lâg-Explorer mit dem Marshall-Logo. Ich hatte sogar zwei davon, aber diejenige, die ich bei dem großen Marshall-Event in London gespielt habe, schenkte ich dem Marshall-Museum. Hinzu kommen zwei sehr seltene Framus-Gitarren und eine Les Paul, die Lemmy mir vor etwa 15 Jahren in Texas geschenkt hat. Es ist eine von diesen leichten Modellen, wie sie auch Gary Moore gespielt hat. Diese Les Paul ist nicht so schwer wie üblich, klingt aber dennoch sehr gut.

Deine Gitarren sind nur wenig modifiziert.

Phil Campbell: Ja, das stimmt, ich habe lediglich die Vibrato-Arme abmontieren lassen, wegen der besseren Stimmungs-Stabilität auf der Bühne. Außerdem habe ich in den meisten Gitarren Seymour-Duncan-Pickups, entweder das Jeff-Beck-Modell oder am Hals den 59er. Für mich ist dies die Kombination, die am besten funktioniert.

Erzähl bitte etwas zur Caparison Gitarre?

Phil Campbell: Nun, ich wechsle während der Show häufiger die Gitarren, je nach Song und Sound, und für ein oder zwei Nummern ist die Caparison einfach die beste Gitarre. Sie ist brandneu …

… und hat im Unterschied zum Rest zwei EMG-Pickups.

Phil Campbell: Ja, die Dinger klingen toll!

Wann genau entscheidest du, welche Gitarre du in welcher Nummer spielen willst?

Phil Campbell: Letztendlich entscheidet immer das jeweilige Solo, welche Gitarre ich für den Song einsetzen will. Ich weise meinen Gitarrentechniker Roger an, dass er diese und jene Gitarre zu den Proben mitbringen soll und dann teste ich alles genau durch. Im richtigen Tuning bleiben sowieso alle meine Gitarren, es sind wirklich solide und ausgereifte Modelle. Roger ist übrigens ein fabelhafter Gitarrentechniker, ich habe ihn schon seit 13 Jahren an meiner Seite. Als er zur Band kam, wusste er nichts über Gitarren, denn eigentlich ist er Schlagzeuger. Aber ich mochte ihn und fragte: „Kennst du dich auch mit Gitarren aus?“ Er antwortete: „Ich kann es ja mal versuchen.“

Was genau braucht eigentlich eine Gitarre, damit du dich mit ihr wohlfühlst?

Phil Campbell: Wichtig für mich ist vor allem die Stimmstabilität. Und ich mag es, wenn eine Gitarre einfach zu spielen ist, ich brauche keine unzähligen Optionen. Brian May schenkte mir zu meinem 50. Geburtstag eine seiner Gitarren, eine Black Red Special, ein tolles Instrument mit 24 unterschiedlichen Soundmöglichkeiten. Ich spielte sie in ,Orgasmatron‘, eine wirklich sehr gute Gitarre. Eigentlich ist sie eine dieser komplizierten Modelle, die ich nicht mag, aber sie klingt fantastisch, hat drei Singlecoil-Pickups, mit denen man diverse Optionen hat.

Ich mag sie wirklich. Ansonsten bevorzuge ich es simpel. Für mich ist nur wichtig, dass sie in tune bleiben und sich gut anfühlen. Der Hals muss mir einfach vertraut vorkommen, damit ich nicht ständig auf meine Hände achten muss, wenn ich auf der Bühne stehe und spiele. Ich will ja auch eine gute Show abliefern, Blickkontakt zu den Zuschauern haben und trotzdem immer wissen, wo auf der Gitarre ich mich gerade befinde.

Welche Modelle kamen auf eurem aktuellen Album ,The Wörld Is Yours‘ zum Einsatz?

Phil Campbell: Als die Albumproduktion begann, wurde mein Vater schwer krank, also kehrte ich von Los Angeles nach Hause zurück und nahm meine Parts in Wales auf. Deshalb setzte ich nur zwei Gitarren ein: Die Rhythmusgitarren habe ich mit einer Gibson Les Paul Silver Burst gespielt, alle Soli auf einer Gibson ES-325. Mehr Instrumente kamen nicht zum Einsatz.

Als Verstärker schwörst du weiterhin ausschließlich auf Marshall?

Phil Campbell: Ja, ich habe drei Topteile in meinem Rack. Das weiße ist ein Randy Rhoads-Modell, bei den Effekten hat Roger mir geholfen. Ich spiele den MXR Octaver von Slash, ein Steve Vai Bad Horsey Wahwah, von dem ich sehr viel halte, und einen 16 Jahre alten weißen MXR Micro Amp, nur um die Soli etwas zu boosten; das ist also kein Verzerrer, sondern nur ein Booster. Auch hier mag ich es lieber simpel, außerdem übernimmt Roger die meisten der Schaltungen für mich, vor allem das An- und Abschalten der Delays. Er kennt jeden Song, alle Abläufe.

Ist die Simplizität deines Equipments einer der Gründe, dass Motörhead 2012 so tight und gut abgestimmt wie nie zuvor klingen?

Phil Campbell: Möglich, aber so genau weiß ich es nicht. Wir sind sehr stolz auf das, was wir erreicht haben, außerdem kennen wir drei uns in- und auswendig, also haben wir nie den Spaß an Motörhead verloren. Wir sind keine dummen Jungs, die einfach nur herumlärmen, sondern nach wie vor an der Spitze dieses Business stehen wollen. Und dafür geben wir alles.

Auch intensive Proben?

Phil Campbell: Vor jeder Tour wird ein paar Tage geprobt, wir legen fest, welche Songs wir spielen wollen, und bereiten diese so gut wie möglich vor. Alles andere ergibt sich von selbst. Der Vorteil ist, dass wir mittlerweile schon so lange zusammenspielen, dass es viele Automatismen gibt.

Letzte Frage: Was ist eigentlich mit deinem Vorhaben, ein Soloalbum aufzunehmen? Du sprichst schon so lange von dieser Idee …

Phil Campbell: Ich habe dafür auch schon eine Handvoll Songs geschrieben, aber die Scheibe nehme ich frühestens in drei oder vier Jahren auf. Dafür existieren aber bereits die ersten Zeilen eines Buchs, mit all den verrückten Geschichten, die ich erlebt habe.

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