Progressive Metallic Whatever

Misha Mansoor von Periphery über Metal, Equipment und Vorbilder

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Was macht eine viel tourende Band normalerweise, wenn sie nach Hause kommt? Sie ruht sich aus. Oder sie ist keine normale Band, sondern schreibt gleich ein ganzes Konzept-Doppelalbum – und geht danach direkt wieder auf Tour. So kam es, dass Periphery Anfang 2015 mit ,Juggernaut: Alpha‘ sowie ,Juggernaut: Omega‘ ihr drittes Album veröffentlichten und im Zuge der „Best Friends Tour“ mit Veil Of Maya und Good Tiger im November in der Kölner Essigfabrik spielten. Dort haben wir vor dem Konzert mit Gitarrist Misha Mansoor sprechen können.

Periphery
(Bild: BERRAZOUANE, CENTURY MEDIA)

Misha, der auch unter dem Künstlernamen Bulb diverse Projekte verfolgt, und seine Band Periphery haben seit dem G&B-Interview in Ausgabe 10/2013 nicht auf der faulen Haut gelegen. Neben dem erwähnten Doppelalbum erschien schon Anfang 2014 die ,Clear‘-EP – ein bandinternes Projekt neben den regulären Alben. Bei dieser Produktion übernahm jedes Band-Mitglied der seit 2012 konstanten Sechs-Mann-Besetzung, für einen Song die kreative Direktion. So entstand ein spannendes Werk, welches die unterschiedlichen Einflüsse der Mitglieder deutlich aufzeigt. Und wie schon die Platten zuvor, klingt auch das dritte Album ,Juggernaut‘ wieder anders, doch immer noch nach einer Weiterentwicklung des eigenen PeripheryStils.

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Die Band aus Maryland hat mit ihrer Mischung aus melodiösen Leadgitarren, brettharten, metallischen Riffs, bei denen schnell wieder das Wort „Djent“ fällt, und einem Gespür für gute Songs abseits gängiger Genre-Normen ihren Platz an der Spitze der Progressive-Metal-Bewegung weiter gesichert. Den klanglichen Raum von dreimal sechs bis acht Gitarrensaiten komplett auslotend, machen Periphery weiterhin nicht, was man von ihnen erwartet. Aber das ziemlich gut.

“Eine spitzere Superstrat mit Ahorndecke”

 Misha, du hast neues Equipment dabei. Und du bist mittlerweile Jackson-Endorser. Kannst du mir erzählen, wie es dazu kam?

Misha: 2011 habe ich auf dem Sonisphere Festival das erste Mal ernsthaft Jackson gespielt. Sie hatten dort einen Stand, den ich den ganzen Tag belagert habe. Das hat bestimmt alle genervt. (grinst) Vorher hatte ich noch nie die High-End-Modelle von Jackson in der Hand, denn mein lokaler Gitarrenladen hatte immer nur deren günstigste Ausführungen im Angebot. Daher hatte ich lange keine gute Meinung von ihnen als Marke, doch die angespielten Instrumente haben sich toll angefühlt, insbesondere die Signatures. Damals kamen wir also ins Gespräch, und als es dann an der Zeit für meine eigene Signature-Gitarre war (Test in diesem Heft! die Red.), war Jackson für mich einfach das Unternehmen, mit dem es den meisten Sinn machte. Ich wusste, dass sie am ehesten verstehen würden, was ich will und dies auch genauso umsetzen wollen. Es war aber ein echtes Stück Arbeit. Wir haben zweieinhalb Jahre für das endgültige Design gebraucht.

Mishas Fractal Audio Axe FX II Rack mit Zilla-Cabinet
Mishas Fractal Audio Axe FX II Rack mit Zilla-Cabinet (Bild: BERRAZOUANE, CENTURY MEDIA)

Und was macht deine Signature-Gitarre besonders?

Misha: Einfach gesagt wollte ich eine spitzere Superstrat mit Ahorndecke. So ist das Cutaway nicht nur sichtbar besonders tief ausgeschnitten, sondern setzt sich auf dem Rücken des Korpus so fort, dass die Hand sehr gut hineinpasst. Es gibt dort viel Spielraum für die höchsten Lagen, ohne dass es unangenehm wird. Es gibt bisher zwei verschiedene Versionen meiner Jackson, nämlich das Basis-Modell Juggernaut und die Premium-Variante Bulb. Jede davon ist als Sechs- oder Siebensaiter erhältlich. Der Hauptunterschied ist im Grunde, dass die Bulb am zwölften Bund ein Periphery-Inlay hat. Ein sehr schönes Detail, jedoch recht zeitaufwendig und nicht gerade günstig in der Herstellung. Zusätzlich hat diese Version noch Pickup-Kappen aus gebürstetem Nickel mit dem Bulb-Wappen darauf. Diese sind, genau wie meine Unterschrift, auch auf der Backplate, lasergraviert.

Das Standard-Modell hat schwarze, unbearbeitete Cover. Die Hälse sind aus Ahorn, geschraubt, und haben bei den Sechssaitern eine Mensurlänge von 648 mm (25,5“). Bei der Version mit sieben Saiten sind es entsprechend 673 mm (26,5“). Das Griffbrett ist aus Ebenholz und mit 24 Edelstahl-JumboBünden bestückt. Außerdem haben die Hälse an der Seite sogenannte LuminousInlays, die im Dunkeln leuchten. Die Pickups sind meine Signature-Humbucker und werden von Bareknuckle gebaut. Mit dem 5-Weg-Schalter verhält es sich neben den herkömmlichen Positionen so, dass in der zweiten und vierten Stellung jeweils die inneren und äußeren Spulen beider Tonabnehmer zusammengeschaltet werden. Diese Einstellungen gefallen mir sehr gut, vor allem bei Clean-Sounds oder mittlerer Verzerrung.

Ich bin nicht der größte Fan von Ton-Potis, daher ist dieses durch einen Push-Pull-Schalter überbrückbar. Das merkt man auch klanglich sehr, es hört sich direkt heller an, wenn das Signal straight durchgeschaltet wird. Mir war auch noch sehr wichtig, dass die Gitarre, die ich benutze, absolut identisch mit den Modellen im Einzelhandel ist. Diese Gitarre ist jetzt wirklich meine „Eine-für-Alles“: Sie vereint all das, was ich mir von einem Instrument wünsche.

Jackson Bulb Silver Burst Sparkle 7
Jackson Bulb Silver Burst Sparkle 7 (Bild: BERRAZOUANE, CENTURY MEDIA)

“Ich habe einfach das Bedürfnis, etwas zu erschaffen.”

Du hast einen recht hohen musikalischen Output, auch außerhalb von Periphery. Da wären die Bands OMNOM (Of Man-Not Of Machine), Snuggles und Haunted Shores, dein Produktions-Duo mit Periphery-Bassist Adam Getgood, sowie dein Solomaterial, das man auf Soundcloud findet (soundcloud.com/iambulb) …

Misha: Ich habe einfach das Bedürfnis, etwas zu erschaffen. Es gibt auch einige andere Projekte an denen ich mitwirke, von denen die meisten gar nichts wissen. Wenn ich mich nach etwas fühle, dann mache ich es halt. (grinst) Dadurch bin ich in einiges involviert. Nur ist es schwierig, sich ernsthaft mit diesen Dingen zu befassen, weil Periphery meine Priorität und mein Full-Time-Job ist. Direkt danach kommt für mich erst einmal das Produzieren, Aufnehmen und Mixen. Und auch dazwischen habe ich einen sehr vollen Terminplan. Aber solche neuen Projekte erfüllen mich nochmal auf eine andere Art und Weise.

Brauchst du gelegentlich auch einfach Abstand von der Band, z.B. wenn ihr eine Weile im Studio oder auf Tour wart?

Misha: Nein, gar nicht, ehrlich gesagt. (lacht) Ich mag es, Zeit mit den Jungs zu verbringen. Wir werden einander auch nicht überdrüssig, das ist das Schöne. Nur ist es für mich auch wichtig, mit anderen Teilen meiner Kreativität zu Arbeiten und so auch von Grund auf wieder neue Musik zu erschaffen.

“Es ist fast lächerlich, wie gut er ist”

Ich habe mal gehört, dass Guthrie Govan, John Petrucci und Allan Holdsworth für dich sehr wichtig waren. Wer hat dich sonst noch musikalisch geprägt?

Misha: Oh, da gibt es noch so einige! Aber ich würde da auch eine Menge vergessen, wenn ich anfinge, aufzuzählen. Zumindest diese drei genannten haben mein Spiel am meisten beeinflusst, vor allem anfangs. Damals wollte ich unbedingt John Petrucci sein. Außerdem habe ich, so viel ich konnte, von Allan Holdsworth gelernt. Das ist auch echt schwer genug! Und bei Guthrie Govan … (Misha sucht nach Worten) … habe ich oft das Gefühl, gar nicht wirklich zu verstehen, was er da eigentlich macht. (Grinst) Aber es ist einfach fantastisch, wie viel er improvisiert. Dasselbe gilt auch für Holdsworth. Leider ist das für mich noch eine komplett fremde Welt, in der ich mich echt gerne besser auskennen würde. Ich finde es selber schade, aber ich bin nicht sonderlich gut im Improvisieren. Diese Typen haben, ehrlich gesagt, immer noch großen Einfluss darauf, wie ich spiele. Aber es gibt auch noch andere, auf die ich erst vor Kurzem gekommen bin. Ein gutes Beispiel ist da Jimmy Herring – es ist fast lächerlich, wie gut er ist. Hinzu kommt, dass es auch wirklich praktisch ist, einen Freund wie Tosin (Abasi von Animals As Leaders) zu haben.

Zeitweise haben wir sehr nah beieinander gelebt und wir haben viel Zeit als Gitarren-Nerds zusammen verbracht. Mit jemandem wie ihm befreundet zu sein, wird dich definitiv besser an der Gitarre machen. Er und Jimmy Herring sind beide wirklich Wahnsinnige und haben einzigartige Stile, von dem man sich einiges abschauen kann. Wir jammen auch unterwegs auf Tour immer mit den Gitarristen der anderen Bands. Da gibt es immer etwas, dass du mitnehmen und lernen kannst. Ich sehe das schon fast als kostenlosen Unterricht! (grinst)

Wie würdest du denn deinen eigenen Spielstil beschreiben?

Misha: Ich weiß nicht … ich hasse ihn. (lacht) Am ehesten würde ich ihn mit „Whatever“ beschreiben.

Whatever? Echt?

Misha: Ja! (grinst) Das ist ein schwieriges Thema für mich. Ich denke, andere Menschen können immer eher etwas über den eigenen Spielstil sagen. Das ist sehr subjektiv und ich bin nicht immer sehr glücklich damit, wie gut ich als Gitarrist oder Musiker bin. Ich arbeite daran, aber es ist sehr schwer, dabei richtig positiv zu bleiben. Es ist einfach ein Whatever.

Periphery besteht mittlerweile aus einer konstanten Besetzung. Euer 2010 erschienenes Erstlingswerk hast du fast im Alleingang geschrieben. Hat sich die Entstehung eurer Musik verändert oder bist du immer noch das Mastermind hinter allem?

Misha: Nein, das würde ich auch gar nicht wollen. Beim ersten Album geschah das vor allem aus Notwendigkeit, denn es musste fertig werden. Ich überblicke heute weiterhin die kreative Entwicklung, aber alle tragen ihren Teil dazu bei. Und das war mir unglaublich wichtig, denn es ist, was ich immer wollte: Eine Band, in der jeder seine Ideen einbringen kann und ich nicht alles selbst schreiben muss. Wir haben jetzt endlich ein funktionierendes Line-Up und ,Juggernaut‘ war bei Weitem unser gemeinschaftlichster Schreibprozess. Jeder hatte seinen Job – der auch perfekt ausgefüllt wurde.

Das klingt nach einer sehr guten Basis.

Misha: (Misha nickt und lächelt zufrieden)

Deine Band wird immer wieder mit dem Label „Djent“ bedacht. Wie würdet ihr euch und eure Musik selbst beschreiben?

Misha: Hm, ich würde uns weiterhin als Progressive-Metal einordnen. So haben wir unseren Sound schon immer bezeichnet und diese andere Einordnung erfolgte erst danach. Wir haben uns nie als Djent-Musiker verstanden, aber es ist in Ordnung, wenn die Leute das tun.

Wenn du jungen Gitarristen einen Ratschlag mit auf den Weg geben könntest, was wäre das?

Misha: Sei ehrlich gegenüber dir selbst und deiner Spielweise! Ich treffe immer wieder Leute, die nach Tipps fragen, um wie ich zu spielen oder souveräner zu werden. Ich habe meinen Stil als natürliches Ergebnis des Herumspielens gefunden: Insgesamt habe ich nie versucht, nach einem gewissen Schema zu spielen. Natürlich gab es auch Einflüsse, die ich mitgenommen habe, aber es war immer ein organisches Herangehen. Klar, der eigene Stil kommt nicht über Nacht – das ist eine lange Entwicklung. Also: Sei ehrlich gegenüber dir selbst und deiner Spielweise.

Ich danke dir für das Interview.

Misha: Ich danke dir, es war mir eine Freude!

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