SHINING: INTERNATIONAL BLACKJAZZ SOCIETY. Um Missverständnisse zu vermeiden: Wir sprechen über die norwegische Band Shining (www.shining.no) und nicht über die ebenfalls existente, gleichnamige Naziknallkopfkapelle aus Schweden. Der Osloer Multiinstrumentalist, Sänger und Songwriter Jørgen Munkeby hat mit seiner Erfindung Blackjazz, Metal mit Avantgarde, Noise, Experimental-Electronics und natürlich Jazz verbunden. Munkeby ist nämlich nicht nur Rocker sondern auch ein akademisch ausgebildeter Saxophonist & Gitarrist, der ganz genau weiß, was er tut. Und hat man sich nach ein paar Minuten an das passagenweise extrem derbe Getöse gewöhnt, dann fühlt man irgendwann den unglaublichen Puls dieser Musik, entdeckt die Vielschichtigkeit der Arrangements und fragt sich, welcher Musiker sich solch vertrackte Abläufe merken kann? Bevor die Antwort kommt, ist man schon weggeblasen von der unglaublichen Energie der Brachial- Gitarren, von Munkebys weirder Sägestimme und den unglaublichen Beats und Breaks. Metal, Jazz, Black, Loud & More: eine tolle Band, ein tolles siebtes Album, eine stylishe Website – übrigens mit einem feinen Shop! Shining sind demnächst auch bei uns uns auf Tour.
Der in Düsseldorf geborene Jazz-Gitarrist und – Sänger TORSTEN GOODS, der eigentlich Torsten Gutknecht heißt – den Spitznamen Goods hat ihm einst Les Paul verpasst – , präsentiert auf seinem sechsten Album THANK YOU BABY! swingende Klassiker aus Jazz, Soul und Blues, wie Leadbellys ,Where Did You Sleep Last Night.‘ Toll wie Goods Harmonien umspielt, kontrastiert und dann die Spannung wieder auflöst. Und wirklich klasse, wie virtuos er zwischenzeitlich auch mal abjagt, dies auch unisono mit seinem Gesang. Und einige knackige Läufe und Arppeggien verraten einen Gipsy-Swing-Einfluss. Sein warmer und unverzerrter E-Gitarren-Sound, der er mit einer Keller-Signature-Archtop erzeugt (www. kellergitarrenbau.de), liegt irgendwo zwischen Robben Ford und George Benson. Mit beiden hat er auch einen ähnlich souligen Gesangstil gemein. Erstklassig unterstützt wird Torsten Goods von Roberto Di Gioia (p), Tim Lefebvre (b) und Wolfgang Haffner (dr). Schöne Musik kann man hier genießen, die sich in den beiden eigenen Songs dezent in Richtung Pop bewegt.
HALMA: GRANULAR. Ein ultralangsamer hypnotischer Bass- und Drum-Beat bildet den Auftakt, nach und nach legen sich verhallte, mit Delay angereicherte Gitarren darüber. Dazu kommen elektronische Effekte und Percussion. Allmählich bauen sich mächtige Melodien auf, schließlich steht wieder der Groove im Vordergrund, die Dynamik, die hier in über acht Minuten aufgebaut wird ist sehr einzigartig. Die insgesamt sechs Instrumentals beeindrucken allesamt durch ihre Eindringlichkeit, die durch die Wechsel von laut nach leise entstehen, oder durch Irritationen wie ein weit im Hintergrund laufendes Gitarren-Solo, dass nur ganz langsam nach vorne gemischt wird. Und eine Art Markenzeichen sind die schönen cleanen Gitarren-Sounds, die per Volume-Schweller eingeblendet werden. Und im letzten Song dominieren dann krachige Rückkopplungen das Bild. Auf dem sechsten Album der Hamburger Band kann man assoziative Musik zwischen Artrock und Free Jazz erleben, die eine majestätische Größe ausstrahlt.
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GIN WIGMORE: BLOOD TO BONE. Ein brachialer, düsterer Albumtitel. Und entsprechend beginnt das dritte Werk der neuseeländischen Sängerin und Multiinstrumentalistin. Eine stoische Keyboard-Linie plus Rock-Drums werden von einer ruhigeren Strophe mit eindringlichem, rauchigen, bluesigen Gesang abgelöst. Dann kommen aber unerwartet auch klassische Singer/Songwriter-Einflüsse durch, und Gin Wigmore hebt dabei teils in countryeske Höhen ab, getragen von feinen Acoustic-Pickings, Tiefbässen und Klavierakkorden. Dazwischen drängen sich immer kleine Electronica-Fills, was einen dichten Klangteppich erzeugt. Dies alles mündet letztlich in Indie-Pop-Songs mit Stil, die überwältigen und hängenbleiben. Groß!
RADARE: IM ARGEN. Und noch einmal düster-melancholische Instrumentalmusik aus Germany: Die Band aus Wiesbaden und Leipzig bildet über Zeitlupen-Grooves melodische Mini-Epen, die getragen werden von Fender Rhodes Piano und Gitarren-Pickings, versehen mit langen Hallfahnen. Dies atmet dank der mit Besen gespielten Drums und Instrumenten wie Klarinette und Posaune jazzige Vibes, kontrastiert von crunchigen Gitarren inkl. dramatischer Vibratohebel-Klänge, was die Dynamik befeuert. Teils recht bedrohliche Atmosphären werden hier aufgebaut, passend für eine Fortsetzung von David Lynchs „Mulholland Drive“.
FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES: BLOSSOM. Das Cover-Artwork zeigt brennende Boxen und Verstärker – und genau darum geht‘s: Punk, Rock & Roll und Grunge werden hier zu einer deftigen Mischung aufgekocht. Die Gitarren-Chords krachen ungeschönt im Breitwand-Format, die Drums kesseln und der Bass drückt ohne Ende. Dazu schleudert Ex-Gallows-Frontmann Frank Carter dem Hörer seine Empörung über die Welt entgegen. Ein heftiges und irgendwie sehr britisches Debüt mit einem unglaublichen Energie-Level! Anfang Dezember ist die Band in Deutschland unterwegs!
’77: NOTHING’S GONNA STOP US. 1977 war ein spannendes Jahr: Die Sex Pistols veröffentlichten ihr epochales ,Never Mind The Bollocks‘, Rainbow den Hardrock-Live-Klassiker ,On Stage‘, Queen ,News Of The World‘ mit ,We Will Rock You‘ und der in Europa gerade durchstartende australische Newcomer AC/DC sein bis heute härtestes Album ,Let There Be Rock‘. Der Geist dieser Zeit von Punk über Hardrock bis hin zu Glamrock ist auf dem inzwischen fünften Album der Spanier nicht zu überhören. Die Gitarrenabteilung rifft klasse nach vorne, Bass und Drums pumpen dazu im Achtel-Feel. Und wenn Frontmann und Rhythmusgitarrist Armand Valeta die Vokale so schön lang zieht wie Bon Scott, und Bruder LG Valeta ein bluesigen Solo im Angus-Young-Style raushaut, wird klar das hier große AC/DC-Fans am Werke sind. So viel Epigonentum mag manchem zu viel sein, aber ich sage es mal mit Deichkind: Leider geil.
THUNDERMOTHER: ROAD FEVER. Die fünf Damen aus Schweden, Italien und Irland rocken ohne Ende. Auf ihrem zweiten Album sind die 70s-Vibes nicht zu überhören. Fette Riffs der Marke Malcolm Young drücken zusammen mit der Rhyhtmsection deftig aus den Boxen. Dazu kommen hymnische Chöre, die oft Glamrock-Pathos transportieren. Und wenn Filippa Nässil kraftvolle Soli mit viel Energie und raushaut, dann wird‘s noch mal so richtig rock ‘n‘ rollig im Stile von Motörheads Phil Campbell. Apropos: Mit dem ultraschnellen ,Deal With Devil‘ macht die Donnermutter Lemmy wirklich Konkurrenz. Keine Frage, das ist eine starke Mischung, die Laune macht!
BLUES & GROOVE
Nach langer Krankheit und einer erfolgreichen Lebertransplantation meldet sich WALTER TROUT, der Sänger und Gitarrist aus New Jersey zurück. Auch in den neuen Songs auf BATTLE SCARS rockt Walter gewohnt deftig und virtuos den Blues, teilweise recht düster. Dazwischen unternimmt er auch soulige Ausflüge oder erzeugt Gänsehaut mit dem balladesken ,Haunted By The Night‘. Die Songs entstanden unter dem Eindruck der Krankheit, und man spürt das er viel hinter sich hat. Umso beeindruckender, wie virtuos und kraftvoll Mr. Trout hier klingt. Richtig gut kommt auch der satte Sound, der mit seiner bekannten abgewetzten 73er Fender Stratocaster produziert wird, einem Non-Vibrato-Modell. Tolles Album!
Der legendäre britische Bandleader und Multiinstrumentalist JOHN MAYALL, bei dessen Bluesbreakers in den 60ern bekannte Musiker wie u.a. Eric Clapton und Mick Taylor mitspielten, hat 2015 mit FIND A WAY TO CARE ein groovendes Solo-Album am Start. Mayall und Band spielen sich durch diverse Blues-Standards und Eigenkompositionen. Bassmann Greg Rzab (u. a. Otis Rush, Buddy Guy, The Black Crowes) beeindruckt mit souligen Läufe. Und die virtuosen Gitarren-Licks inkl. satter Bendings und feinen Fingervibrati von Texas-Bluesman Rocky Athas kommen richtig gut. Mit JOHN MAYALL‘S BLUESBREAKERS LIVE IN 1967 kann man einen Blick auf die große Vergangenheit werfen. Damals gehörten zur Band Mick Fleetwood (dr), John McVie (b) und Peter Green (g), die Keimzelle der späteren Fleetwood Mac. Diese 13 „Never before heard live performances“ wurden in fünf verschiedenen Londoner Clubs von einem holländischen Fan mit einem Kassettenrecorder aufgenommen. Entsprechend klingen diese remasterten Aufnahmen sehr rau und sind alles andere als Hifi. Dennoch kann man hier packenden Blues erleben, in dem Gitarrist Green viele tolle Soli abfeuerte, wie in den Freddie-King-Instrumentals ,The Stumble‘ und ,San-Ho-Zay‘. Und man kann verstehen was gemeint ist, wenn ein Gitarrist „greeny“ spielt, eben mit einer dynamischen Phrasierung und gefühlvoll mit runden Fingervibrati. Fazit: Ein bescheidener Gesamt-Sound dieser historischen Aufnahme, aber besonders Peter-Green-Fans werden ihre Freude daran haben.
,Five Long Years‘ ist die Nummer, mit der man den Sänger und Pianisten EDDIE BOYD in Verbindung bringt, der seine Karriere im Mississippi Delta und in Memphis begann und schließlich in Chicago vorantrieb. Dieser packende Blues-Shuffle wurde von zahllosen Musikern gecovert, u. a. von Gitarristen wie Buddy Guy, B. B. King und Eric Clapton. Inspirierend dürfte dabei auch Boyds kraftvoller wie melodischer Gesang gewesen sein. Natürlich ist dieser blaue Klassiker Teil dieser Compilation BLUE MONDAY BLUES, die seine Singles aus den Jahren 1950 bis 1960 enthält. Eddies Blues wirkt distinguiert und steht mit einem Bein im Swing-Jazz. Dass informative Booklet verrät, dass die teils scharfen Gitarren-Licks u. a. von Lee Cooper und Robert Lockwood Jr. stammen. Zu weiteren Hits wurden ,24 Hours‘ oder ,Third Degree‘. Hier gibt es eine Menge klassischen Blues zu entdecken.
REINHÖREN
+++ VINNIE MOORE: AERIAL VISIONS ist das achte Solo-Album des US-Shredders. Rein instrumental und gnadenlos oldschool. Gute Licks, aber etwas studiosteril.
des US-Shredders. Rein instrumental und gnadenlos oldschool. Gute Licks, aber etwas studiosteril.
+++ POTSCH POTSCHKA: IN ROCK präsentiert den Ex-Nina-Hagen & -Spliff- Gitarristen mit eigener Band und englischen Lyrics. Classic Hard Rock.
+++ JOE LOUIS WALKER: EVERYBODY WANTS A PIECE. Blues-Rock vom 1949 geborenen amerikanischen Sänger & Gitarristen. Wenn er wie in wenigen Songs funky und soulig wird, ist er klasse – ansonsten unauffällig.
+++ JOE BONAMASSA: LIVE AT RADIO CITY MUSIC HALL ist wie immer bei JoBo top produziert – auch dieses Album klingt! Und musikalisch mal wie immer, dann unplugged folky – die beiliegende DVD lässt auch ausführlich hinter die Kulissen des sympathischen Musikers blicken.
. +++ JACK BRUCE: SUNSHINE OF YOUR LOVE: A LIFE IN MUSIC. Zwei CDs mit insgesamt 35 Titeln des legendären Sängers, Komponisten und Bass-Virtuosen – von Cream bis zu seinem letzten Solo-Album ,Silver Rails‘.
+++ V.A.: HOMMAGE A EBERHARD WEBER ist eine musikalische Widmung zum 75. Geburtstag des legendären deutschen E- und Kontrabassisten, der aus gesundheitlichen Gründen bei diesem Live-Mitschnitt allerdings nur via Samples beteiligt ist. Mit dabei sind u.a. Pat Metheny (g), Jan Garbarek (sax), Gary Burton (vib) und Danny Gottlieb (dr)