Amsterdam − die Stadt der zahlreichen Grachten, der Millionen Fahrräder und der vielen Coffee-Shops ist nicht nur für den Durchschnittstouristen interessant. Auch der Gitarren- und Musik-Fan kommt hier voll auf seine Kosten und kann in der niederländischen Hafenstadt interessante Entdeckungen machen.
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Wegen der begrenzten Ladenflächen im Zentrum gibt es die großen bekannten Läden hier nicht. Hier findet man stattdessen fast nur kleine kultige Geschäfte und Ateliers mit interessantem und teils eigenwilligem Sortiment. Und auch für den Fan von Live Musik gibt es außer den bekannten großen Venues ein interessantes Angebot an kleinen Clubs, die sieben Tagen die Woche Live-Musik im Angebot haben.
Die Gitarrenläden
THE STRING
Der Vintage-Gitarrenladen befindet sich an einem ruhigen Platz im netten Viertel De Pijp, mit kleinen Cafés und ihren Terrassen als direkte Nachbarn. Eine Spezialität des Geschäfts sind die unschlagbar günstigen Allparts-Gitarrenhälse, die es hier in einer großen Auswahl gibt. Diese Hälse wurden laut Rienk, dem Inhaber von The String, ursprünglich für Fender produziert. Fender hat diese aber aus kosmetischen Gründen, z.B. wg. kleiner Flecken im Holz, abgewiesen und The String kauft sie in großen Mengen direkt in Amerika ein. Viele dieser Hälse finden dann via eBay wieder ihren Weg nach Deutschland. Ansonsten gibt es hier tolle alte Jazz-Gitarren von Gibson, Epiphone, Guild, Gretsch und anderen Marken. Diese kauft Rienk meist bei seinem alljährlichen Besuch der Gitarrenbörse in Arlington, Texas. Er scheint vor allem eine Schwäche für die Gibson ES-125 zu haben, denn von dem Modell hängen hier meistens mehrere Exemplare an der Wand. Im dem komplett mit Holz ausgekleideten Nebenraum des Ladens stehen die Akustikgitarren. Zwischen viel neuer Stangenware findet sich auch hier der ein oder andere Vintage-Schatz. Das absolute Prunkstück des Ladens ist aber eine Fender Stratocaster von 1963 in Olympic White, die laut Angaben des Verkäufers nur einen Vorbesitzer hatte und noch in absolutem Originalzustand ist.
DE PLUG gehört Peter Boelen, der schon seit 26 Jahren im Instrumentenhandel tätig ist, und sein Laden ähnelt auch mehr einem Museum als einem Musikgeschäft. Neben Vintage-Instrumenten und -Amps hat er im Laufe der Jahre auch eine ansehnliche Sammlung alter Mikrofone zusammengetragen. Die ungefähr 40 Quadratmeter große Ladenfläche ist komplett vollgestopft und so muss man sich die Zeit nehmen zu stöbern, um die versteckten Schätze zu entdecken. Auf den ersten Blick sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr, aber wer sich ruhig umschaut, findet neben alten Fender-, Gibson-, Gretsch- und Rickenbacker-Gitarren auch kultige Instrumente von Eko, Farida, Kay und Silvertone sowie bizarre Italo-Gitarren.
Auffällig ist auch die Vielzahl kleiner Fender-Röhren-Amps, die man hier finden und vergleichen kann. So stehen hier immer mehrere Champs, Princetons und Reverb Deluxes aus den 70ern versteckt zwischen, unter und hinter allen anderen Raritäten. Der charmante Laden ist nicht nur lokal unter Gitarrenliebhabern bekannt. Regelmäßig kommen berühmte internationale Musiker, die sich in Amsterdam aufhalten, zu Besuch. So waren z.B. die Gitarristen von Oasis und den Simple Minds hier schon Kunden. Aber der Laden ist auch ein Treffpunkt für die lokale Szene. Peter hat immer Zeit für einen kleinen Plausch. Hier trifft man sich, jammt und da teilt manch alter Rock’n’Roller auch sein privates Leid bei einer Tasse Kaffee oder einem Bier, je nach Uhrzeit. Über den Laden wurde vor kurzem auch ein Dokumentarfilm gedreht.
Direkt am Fluss Amstel, sehr zentral, aber doch fern aller großen Einkaufsstraßen gelegen verbirgt sich der besondere Laden Palm Guitars. Kein Schild und keinerlei Reklame verrät, dass sich hier ein Geschäft befindet, und so kommen hier nur zielgerichtete Kunden und ab und zu ein paar verirrte Touristen. In dem kleinen Gewölbe stauen sich auf knappstem Raum Unmengen kurioser und exotischer Instrumente. Ähnlich wie bei De Plug weiß man nicht, wo man anfangen soll sich umzuschauen, und in dem schmalen Gang ist kaum genug Raum, um sich umzudrehen. Aber auch hier finden sich tolle Vintage-Gitarren der bekannten Marken wie Gibson und Fender. Aber was diesen Laden so einzigartig macht, sind all die exotischen Instrumente.
Wenn man etwas Absurdes wie eine elektrische Rickenbacker-Mandoline mit einem Floyd-Rose-Vibrato sucht, ist man hier genau richtig. Auch findet man hier die mit einer unglaublichen Liebe zum Detail gebauten Gitarren des Italieners Wandre Pioli aus den 50er- und 60er-Jahren. Mit einem waghalsigen Einfallsreichtum hat er völlig eigenständige Instrumente in absurden Formen und Farben geschaffen.
Der Inhaber Søren liebt eben all diese verrückten und kuriosen Kreationen und hat ein gutes Auge für alle Details. Und da er in seinem Laden eine schier unendliche Vielfalt an exotischen Instrumenten hat und er auch als Vintage-Experte bekannt ist, kommen oft Produktionsfirmen, um Instrumente für Filmaufnahmen zu leihen. So wurden gerade wieder vier Gitarren für den neuesten Jim-Jarmusch-Film ausgeliehen. Und auch wenn ein Film mal im Jahr 1942 spielt, dann kann Søren die historisch korrekten und authentischen Instrumente, Mikrofone und anderes als Requisiten liefern. Die Wände hängen voll mit Banjos, Lauten, Mandolinen, Geigen mit Trompetenbechern, Ukulelen und allerlei Saiteninstrumenten.
SACKSIONI ist das älteste Musikgeschäft und gleichzeitig das modernste. Schon seit 1937 werden in denselben Räumlichkeiten Gitarren unter diesem Namen verkauft. In den übersichtlichen Verkaufsräumen hängen vor allem neue Instrumente, aber auch hier finden sich eine Menge interessanter Gitarren und ein paar ausgewählte Vintage-Exemplare. Das Sortiment ist mit viel Sorgfalt ausgewählt und alle Gitarren werden gründlich kontrolliert und eingestellt, bevor sie zum Verkauf angeboten werden. Bei den elektrischen Gitarren fällt die große Auswahl an Duesenbergs auf und auch die wirklich feine Fender-Kollektion mit vielen Custom-Shop-Modellen.
An Akustikgitarren gibt’s im unteren Preissegment eine große Auswahl Eastmans und Maysons, eine interessante und mir bisher unbekannte Marke aus China. Wenn man einen etwas üppigeren Geldbeutel hat, findet man hier dann natürlich auch die bekannten Martins und Guilds. Mit Stevens-Gitarren aus München und BSG-Guitars aus Tschechien hängen aber auch nach den Wünschen des Sacksioni-Inhabers gebaute Custom-Modelle an der Wand. Und das sind wirklich interessante Alternativen zu den bekannten großen Namen.
Relic-Gitarren, also Instrumente, die künstlich auf alt & gebraucht getrimmt wurden, erfreuen sich in den letzten Jahren ja sehr großer Beliebtheit. Die durch den Amerikaner Luke Whitfield handgefertigten Nachbauten der klassischen Fender-Modelle der 50er- und 60er-Jahre sind sogar so beliebt, dass sie schon die Aufmerksamkeit berühmter Gitarristen wie Billy Gibbons auf sich zogen. Dieser entdeckte im TexMexGuitars-Laden in Spanien die Rebelrelic Holy Grail und nahm sie gleich mit. Angefangen hat Luke, indem er erstmal für sich selbst eine Gitarre baute.
Da er sich die ersehnte Seafoam-Green-Tele aus den 50ern nicht leisten konnte, aber völlig fasziniert war von ihrer Schönheit, hat er damals exakt dieses Modell kopiert. Bald folgten Bestellungen befreundeter Musiker und 2007 beschloss Luke, sich voll auf den Gitarrenbau zu konzentrieren. Das handwerkliche Können und die Erfahrung mit Holz und Lacken hatte er schon, da er ausgebildeter Möbelbauer war. Sein Wissen über Vintage-Gitarren und Bässe hat er sich durch viele Reparaturen erworben. So feiern in seinem Workshop auch regelmäßig Vintage-Gitarren durch Restauration und eventuelles Refinishen ihre Auferstehung.
Pro Jahr baut Luke mit seinem Team ungefähr 150 Gitarren. Circa die Hälfte davon sind Custom-Kundenbestellungen und die andere Hälfte sind Stock-Guitars, also Modelle, die er nach eigenen Vorstellungen baut und dann in seinem Laden, seinen Webshop oder über einen seiner Händler anbietet. Ganz neu ist das erste eigene Design, die Roadster – Luke nennt sie seine National Danocaster, womit wohl deutlich ist, welche Einflüsse er hier vereinen will. Im Laden gibt es außer den eigenen Modellen auch ein paar Vintage-Schätze von Fender, Danelectro und anderen zum Anspielen.
Ferdinand van den Berg kommt genau wie Luke Whitfield ursprünglich aus dem Möbelbau. Im Gegensatz zu Luke hat er aber gar nichts mit Relic und Vintage am Hut. Seit 2005 baut er unter dem Namen Fern-Guitars zum einen Weissenborn-Modelle, Lapsteels und Resonators und zum anderen moderne Interpretationen der bekannten klassischen elektrischen Gitarrenmodelle. Das alles meist nach Kundenwunsch. Seiner Meinung nach werden bei den meisten Vintage-Gitarren und deren Replikas wegen Streben nach Authentizität zu viele Kompromisse gemacht:
Bei ihm stehen bei einer elektrischen Gitarre Spielkomfort und technische Neuerungen im Vordergrund. Bei den Acoustic-Lapsteels dagegen geht es um Handwerkskunst und die Liebe zum Detail. So sind zwei seiner drei Weissenborn-Modelle mit wunderschönen, detailreichen Bindings versehen. Auch die Lapsteels gibt’s von simpel bis zu sehr schick, mit vielen schönen Details. Jedoch sind Reparaturen immer noch sein Hauptarbeitsfeld. Wenn man seine Werkstatt besuchen möchte, sollte man im Voraus anrufen und einen Termin vereinbaren. Er hat immer ungefähr zehn seiner Modelle im Laden zum Anspielen bereitstehen.
ALLEYCAT RELICS gehört Krijn van Noordwijk und der Mann hinter diesem Label ist eigentlich Fotograf und Werbe-Designer. So versteht er sich auch absolut nicht als Gitarrenbauer, sondern mehr als Liebhaber und er arbeitet nur, wenn er Zeit und Lust hat, an seinen Gitarren. Dabei gibt es keine Konstante, sondern er folgt völlig seiner Inspiration und Intuition. Er kauft seine Bodies und Hälse bei Gitarrenbauern in Osteuropa und lackiert und montiert seine Kreationen auf der Terrasse und in seiner Wohnung. Meistens baut er die bekannten Fender-Modelle nach, ab und zu auch mal eine Gibson. Seine große Liebe ist die Telecaster. Nach eigenen Worten kann ihn der Anblick einer Tele aus den 50ern zu Tränen rühren.
So hat er auch gleich ein paar interessante eigenwillige, Varianten dieses Modells in seinem Arbeitsraum stehen. Zum Beispiel einen Nachbau des Telecaster-Prototypen (damals noch Broadcaster) mit der breiten Snakehead Kopfplatte und den drei Stimm-Mechaniken an jeder Seite. Oder er hat bei einem Butterscotch-Modell den Text des Beatles-Klassikers ,While My Guitar Gently Weeps‘ auf die Korpusrückseite graviert. Auch Old Black, die berühmte Les Paul von Neil Young, hat er nachgebaut – inklusive Koffer und aller Details. Er unterstreicht immer wieder, dass er lediglich Replikas baut, und er setzt immer seine eigene Gravur auf die Rückseite des Headstocks und am Body, sodass es zu keinen Missverständnissen kommen kann. Auf seiner Facebook-Seite findet man viele stimmungsvolle Fotos seiner Arbeit.
Wer einen Abend in Amsterdam verbringt und spontan Lust hat auf Live-Music ist in der Umgebung des Leidseplein an der richtigen Adresse. Hier befinden sich außer den unzähligen Touristenrestaurants einige Clubs, in denen sieben Tage die Woche Bands bis tief in die Nacht spielen. Alle diese Clubs sind außerdem mit kompletter Backline ausgestattet und so finden hier auch regelmäßig offene Jam-Sessions statt. Die meisten Konzerte sind kostenlos, so muss man nur an Wochenenden manchmal Eintritt zahlen. Was will man mehr?
BOURBON STREET
Wer Lust hat auf Funk & Soul, Blues oder mal karibische Klänge der muss im Bourbon Street sein. An Wochentagen spielen Bands hier zwischen 22 Uhr und 4 Uhr morgens, und an Wochenenden wird sogar noch eine Stunde länger gespielt! Montags ist immer Jam-Session und an Wochenenden teilen sich oft zwei Bands die Bühne.
LAST WATERHOLE bietet während der Woche jungen Bands die Chance Bühnenerfahrung zu sammeln. Nach den kurzen Auftritten neuer Bands am Anfang des Abends ist dann eine offene Jam-Session die bis 2 Uhr dauert. An Wochenenden teilen sich dann zwei erfahrenere Bands den Abend und es geht stilistisch meistens in Richtung Rock.
MALOE MELO ist offiziell ein Blues-Club. Bei einem genaueren Blick aufs Programm sieht man aber, dass es auch hier stilistisch sehr variabel zugeht. Von Blues, Rockabilly, Glam-Rock bis Ska geht hier alles. Montags ist das Maloe Melo geschlossen, aber an allen anderen Tagen müssen auch hier die Bands hart arbeiten für ihr Geld. So wird an Wochentagen bis 2 Uhr gespielt und an Wochenenden bis 3 Uhr. Und auch hier finden an zwei bis drei Tagen pro Woche Sessions statt.
CAFE ALTO ist der etwas andere Jazz-Club in Amsterdam. Hier wird allabendlich auf hohem Niveau bis tief in die Nacht improvisiert. Von Bebop über HardBop bis zu modernem und grovendem Jazz kann man hier alles erleben. Da man im Cafe Alto auch an Wochenenden fünf Stunden spielen muss, wird dieser Club unter Musikern auch oft das Fitnessstudio genannt. n www.jazz-cafe-alto.nl
CONCERTO ist einer dieser wunderbar nostalgischen Plattenläden, in denen man einfach gerne Zeit verbringt, ein bisschen durch die Fächer wühlt oder sich von einem der kundigen Mitarbeiter beraten lässt. Angefangen mit einer kleinen Ladenfläche umfasst Concerto inzwischen fünf aneinander grenzende Häuser. Hier gibt’s Neues sowie Gebrauchtes, CDs, DVDs und auch LPs. Für alle Stile findet man in den verschiedenen Abteilungen Experten die einem gerne weiterhelfen. Den passenden Plattenspieler kann man hier auch finden, und trotz der Größe des Geschäfts fühlt es sich wie der alte nette kleine Laden um die Ecke an.
BACKBEAT ist der Laden für Liebhaber von Funk & Soul, und vor allem für diejenigen, die dann am liebsten noch auf Vinyl genießen. Im zentral gelegenen Ur-Amsterdamer Viertel Jordaan befindet sich dieser kleine Plattenladen und man findet hier auch CDs und vor allem Second-Hand-Vinyl. n backbeat.nl
DISTORTION RECORDS
Nicht sehr weit vom Backbeat, im selben Viertel, befindet sich Distortion Records. Der Focus liegt auch hier auf Vinyl, und auch hier sind ebenfalls CDs im Sortiment. Stilistisch geht’s hier von Punk-Rock, Jazz, Funk, Soul, Latin und Soundtracks, über Indie, Noise, Garage und Industrial, zu 80s und 90s-Indie, Electro, HipHop, Reggae und mehr.
Hallöchen,
da möchte ich doch gerne einmal lieben DANK für den tollen Artikel sagen!
DANKESCHÖN!!!
Echt eine schöne Vorstellung und für die Zukunft (nach Corona) auch ein toller Reisetipp für einen Kurztrip ins Nachbarland. Das werde ich mir zu Herzen nehmen und gerne mal ein paar Tage in Amsterdam verbringen um dort zwischen Gitarren, Amps, Kurioses und Skurriles aus der Welt des Musikequipments zu schnuppern. Und wenn ich dann vom “Bummeln” durch die Gitarrenläden, kultige Geschäfte und Ateliers noch nicht ganz geschafft bin, gilt es am Abend die Clubvorschläge “abzuarbeiten”.
Also nochmals ganz lieben DANK für den Artikel und herzliche Grüße von think.green
Hallöchen,
da möchte ich doch gerne einmal lieben DANK für den tollen Artikel sagen!
DANKESCHÖN!!!
Echt eine schöne Vorstellung und für die Zukunft (nach Corona) auch ein toller Reisetipp für einen Kurztrip ins Nachbarland. Das werde ich mir zu Herzen nehmen und gerne mal ein paar Tage in Amsterdam verbringen um dort zwischen Gitarren, Amps, Kurioses und Skurriles aus der Welt des Musikequipments zu schnuppern. Und wenn ich dann vom “Bummeln” durch die Gitarrenläden, kultige Geschäfte und Ateliers noch nicht ganz geschafft bin, gilt es am Abend die Clubvorschläge “abzuarbeiten”.
Also nochmals ganz lieben DANK für den Artikel und herzliche Grüße von think.green
Finde ich ebenso erstklassig. Danke ans Team für diesen Artikel!