„Ich halte Amp-Modeling für so weit ausgereift, dass es den althergebrachten Amp-BoxenKombinationen ebenbürtig ist …“

Multimedia-Konzeptwerk: TesseracT im Interview

Anzeige
(Bild: Andy Ford)

Ihr seid also überhaupt nicht nostalgisch in Bezug auf echte Verstärker und Boxen, sondern haltet die Digitaltechnik für besser?

Acle: Das nicht unbedingt. Tatsächlich vermissen wir den Umgang mit richtige Geräten zum Anpacken. Gerade das Gefühl, eine Box hinter sich stehen zu haben, die ordentlich drückt, lässt sich durch nichts ersetzen, doch wir verzichten darauf, weil digitales Profiling unterwegs einfach praktischer ist und beständigere Ergebnisse erzielt; man klingt einfach in jeder Konzertsituation gleich gut.

Anzeige

James: Vor zehn, elf Jahren hatten wir noch Amps wie den Peavey 6505 Plus, Engl Powerball und Dual Rectifier auf der Bühne. Ich habe ein kleines Nebenprojekt gestartet, um diese Geräte wieder nutzen zu können, oder auch einen EVH 5150. Dennoch halte ich Amp-Modeling jetzt für so weit ausgereift, dass es den althergebrachten Amp-Boxen-Kombinationen ebenbürtig ist, falls nicht sogar besser, auch wenn mir die Puristen da bestimmt widersprechen. Dadurch, dass die virtuellen Lautsprecher und die Position des Mikrofons davor unverändert bleiben, muss man auf weniger Variablen achten und kann sich besser aufs Wesentliche konzentrieren – das Spielen.

Acle: Man schleppt nicht mehr so viel mit sich herum, dafür kann unser Schlagzeuger jetzt mehr Toms und Becken mitnehmen. In kleinen Clubs hat das Full Stack nach wie vor seinen Platz und klingt klasse, doch auf Festivalbühnen kann man viele Faktoren nicht beeinflussen, die auf einen mikrofonierten Amp einwirken, zum Beispiel den Wind.

Der Unterschied wird wohl noch unerheblicher, wenn man bedenkt, dass Musik heutzutage gängigerweise in niedriger Auflösung über Mobiltelefone konsumiert wird.

Acle: Unterm Strich wollen wir das Beste aus beiden Welten vereinen würde ich sagen. Auf dem neuen Album haben wir zum ersten Mal seit unserem Debüt wieder echte statt programmierter Drums, allein das vermittelt schon ein analoges Feeling.

Lasst uns abschließend noch über den aktuellen Stand bei euren Gitarren sprechen.

Acle: Auf ‚War of Being‘ spielen wir unsere Signature-Modelle, ich die Mayones Setius AK1 7 mit Bare-Knuckle-Black-Hawk-Tonabnehmern, James seine Ibanez Prestige.

Acles Mayones-Setius-Gitarren (Bild: TesseracT)

James: Ich verwende auch Pickups von Bare Knuckle, die Modelle Aftermath und Silo. Was Gitarren angeht, hat sich in den letzten paar Jahren also nicht viel bei uns geändert.

James spielt 7-Saiter von Ibanez (Bild: TesseracT)

Acle: Und weitere Effektgeräte brauchen wir nicht, der Quad Cortex deckt alles ab, auch wenn das Einstellen etwas fummelig werden kann, weil er so kompakt ist.

Wie lange habt ihr eigentlich gebraucht, bis ihr intuitiv mit der ganzen Technik umgegangen seid?

Acle: Ich finde, dass unser Setup immer recht simpel war. Früher benutzten wir das Direktsignal eines Line6 Pod für cleane Sounds und einen richtigen Amp für verzerrte Riffs, beides wurde über einen Midi-A/B-Schalter angesteuert. Das Prinzip ist heute noch das gleiche, nur mit besserer Technik.

Eure Gitarrenstimmungen beruhen weiterhin auf D-A-D-G-A-D?

Acle: Genau, aber übertragen auf Bb und in ein paar Songs auf A beziehungsweise als Dropped Tuning.

James: Herkömmliches Üben von Skalen wird deshalb schwierig, also verbessern wir uns an unseren Instrumenten beim Komponieren oder Einstudieren der Songs.

Acle: Ja, Grenzen ausloten, sich ungewöhnliche Dinge trauen und das, was man im Kopf hat, auf die Gitarre übertragen. Wenn man es darauf anlegt, muss man sich auch nicht zum Üben zwingen. Es wird ein Teil des Schaffensprozesses.

Danke für das nette Gespräch!


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2024)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.