Meilenstein 1990: The Black Crowes – Shake Your Money Maker
von Arnd Müller, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Josh Cheuse)
Als The Black Crowes aus Atlanta, Georgia mit ihrem Debüt-Album durch die Decke gingen, wirkte ihr Rock’n’Roll wie aus der Zeit gefallen.
,Twice As Hard‘ startete mit einem klassischen Riff von Gitarrist Rich Robinson, dass Vibes in Richtung Keith Richards verbreitete. Sehr cool, wie sich dann eine zweite Gitarre, Bass und Drums darunter schoben. Schließlich dominierte Chris Robinson den Song mit hoher wie rauer Stimme in Richtung Rod Stewart – blieb gleich in den Ohren hängen und die Füße wippten automatisch mit. Geradezu abgehangen wirkte ,Jealous Again‘ mit seiner rollenden Piano-Begleitung. Dass die Band aus dem Süden der USA kam, hörte man in getrageneren Stücken wie ,Lady Luck‘. Ähnliche Dramatik kannte man von den Allman Brothers oder Lynyrd Skynyrd. Große Gefühle gab es dann auch in der Akustikballade ,She Talks To Angels‘.
Die Platte bot eine Menge packender eigener Songs, doch es war eine Coverversion, die in den USA die Top30 und in England die Top40 knackte. Otis Reddings Soul-Hit ,Hard To Handle‘ hatte man in einen funky groovenden Rocker verwandelt. Übrigens wurde für die Single-Version ,Hard To Handle‘ geremixt und mit Bläsern versehen. In dem Song zeigt sich die Klasse von Bassist Johnny Colt – den man meist mit einem Gibson Thunderbird sah –, Drummer Steve Gorman und Gitarrist Jeff Cease. Das wirklich coole Solo kam von letzterem, der hier mindestens so lässig klingt wie Joe Perry in ,Walk This Way‘.
In Live-Mitschnitten sieht man, wie er für seinen fetten Klang eine Gibson Les Paul benutzte. Musikalisch schien es also zu passen, dennoch verließ Cease die Band nach nur einem Album. Bis hierher wurden viele Referenzen genannt, und der Einfluss von klassischen Acts wie den Faces, The Rolling Stones (R.I.P Mr. Watts) bis zu Aerosmith war nicht zu überhören. Für manche puristischen Musik-Fans vielleicht ein Kritikpunkt. Doch wer sich von der Energie der Aufnahmen anstecken ließ, der spürte, dass hier Songwriting und Sound einfach stimmten. Und der soulige und von Blues getränkte Crowes-Rock traf den Nerv der Zeit: In der Heimat erreichte das Debüt einen Rang 4.
Die satten und meist angezerrten Gitarren-Klänge, die sich absetzten von den Sounds der 80er-Hair-Metal-Abteilung, nahmen zugleich jene Rückbesinnung auf die Sounds der 60er und 70er vorweg, die kurze Zeit später von den wesentlich härteren Grunge-Rockern wie Nirvana oder Soundgarden gepflegt wurde. Rich Robinson betonte in Interviews stets, dass er sich eher als Rhythmusgitarrist und Songwriter verstehe.
Er setzte auf dem ersten Album laut eigener Aussage eine blonde 68er Fender Tele, eine 68er Gibson Les Paul Goldtop mit Bigsby-Vibrato und die 53er Martin D-28 Acoustic seines Vaters ein. Die Goldtop besaß in der Stegposition einen DiMarzio-Humbucker und am Hals einen P90-Tonabnehmer. Neben der Standard-Stimmung verwendete er Open-Tunings wie Open G, Open A oder Open B. Rich teilte sich mit Cease auch das Slide-Spiel. Auf der ersten Tour spielte Robinson alte Fender-Blackface-Showman- und damals neue Marshall-Silver-Jubilee-Amps.
Die Entstehung von ,Shake Your Money Maker‘ muss ein ziemlicher Kraftakt gewesen sein, wie Chris Robinson im Mai dem US-Magazin Guitar World erzählte: „Zu dieser Zeit waren wir noch ziemlich punkrockig und straßenorientiert. Wir nahmen keine Drogen damals – wir hatten kein Geld. Es ging nur um die Platte. Du hast noch in der alten Art und Weise aufgenommen, so gab es etwa kein Pro Tools. Wir spielten ,Twice As Hard‘ dreißigmal um es richtig hinzukriegen.“
Diese Underdog-Attitüde spiegelte sich dann auch bei der Tour mit ZZ Top. Die Probleme begannen als der Frontmann die Show regelmäßig mit dem Satz „Das ist Live-Rock’n’Roll, den wir Ihnen werbefrei präsentieren“ eröffnete. Hinzu kamen auf der Bühne weitere kritische Bemerkungen über den Tour-Sponsor, die Miller Brewing Company. Nach einem Konzert im März 1991 wurden The Black Crowes gefeuert und durch Bryan Adams ersetzt. Dennoch lief es gut für die Newcomer mit dem alten Sound. Nach einer Tour unter eigenem Namen war man Teil der „Monsters Of Rock“-Shows mit AC/DC, Metallica, Mötley Crüe und Queensrÿche.
Ab 2022 wollen die Robinson-Brüder, die jahrelang zerstritten waren, mit neuer Band um die Welt touren und zum dreißigsten Jubiläum ihr wegweisendes Debütalbum in voller Länge spielen – die ursprünglichen Tour-Termine für Deutschland wurden verlegt.
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2021)