„Unsere Haltung ist und bleibt, dass wir unsere Musik nicht für einen Grammy oder für andere Auszeichnungen machen.“

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(Bild: Robby Klein)

Kommen wir auf ‚Bloom‘ zu sprechen. Ich habe gelesen, dass ihr bei eurem Auftritt in Montreux im vergangenen Sommer bereits Songs der neuen Scheibe gespielt habt, obwohl das Album noch nicht veröffentlicht war.

Rebecca: Das Stück ‚Bluephoria‘ war zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Markt und auch Bestandteil einiger anderer Festivalauftritte.

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Hattet ihr keine Sorge vor der Armee von Handy-Usern, die filmen und die brandneuen Songs sofort ins Netz stellen?

Megan: Handys sind nun einmal Teil der Wirklichkeit. Die Fans wollen in Konzerten filmen, der Umgang mit Social Media ist Normalität. Aber wir haben keine unveröffentlichten Songs gespielt, sondern nur Stücke, die wir in den Monaten zuvor als Singles veröffentlicht hatten und daher im Netz auf unserer Homepage und auf Streaming-Plattformen sowieso schon zu finden waren. Aber in der Tat ist es frustrierend, so viel Zeugs von uns im Internet zu finden. Mir gefällt das nicht, es ist wirklich sonderbar, allerdings: Angst davor habe ich nicht. Die Welt heutzutage funktioniert nun einmal so.

Werden Künstler dadurch aber nicht der Chance beraubt, neue Songs zunächst vor Publikum testen zu können, bevor sie aufgenommen werden?

Megan: Ja, das ist wirklich eine Schande, denn Songs bekommen eine andere Bedeutung und ändern sich mitunter noch zu ihrem Vorteil, wenn man sie live spielt. Insofern wäre es natürlich für den Reifeprozess einer Nummer wünschenswert, wenn man ihn zunächst vor Publikum testen könnte. Aber es ist nun einmal so wie es ist.

Dieses Manko hat eurer unverkennbaren Weiterentwicklung zum Glück nicht geschadet, wie man auf ‚Bloom‘ hört.

Rebecca: Wie alles im Leben geht es vor allem um Erfahrung und darum, was man daraus lernt. Wer sich nicht weiterentwickelt ist tot, das mag makaber klingen, stimmt aber. Ich habe vor 15 Jahren mit dem Lap-Steel-Spielen begonnen, Megan und ich spielen aber schon seit unserer Kindheit Violine und Piano. Die Grundlage für alles ist unsere Neugier, wir haben riesigen Spaß daran, unsere Musik im Studio weiterzuentwickeln. Ich habe wirklich gestaunt, wie gut Megan auf ‚Bloom‘ Lap-Steel spielt, und war restlos begeistert, Zeuge ihrer inspirierenden Performance zu sein.

Megan: Der Sound meiner Lap-Steel auf ‚Bloom‘ begeistert auch mich selbst, wir haben viel Neues ausprobiert, der Fokus lag auf unterschiedlichen Soundexperimenten. Ich hatte einige spannende neue Inspirationen und habe darüber ausführlich mit Tyler gesprochen.

Zum Beispiel?

Megan: Meine Hauptinspirationsquelle war David Lindley, ich wollte unbedingt seinen Ton nachempfinden. David ist mein Premium-Lap-Steel-Player, er hatte einen der weltbesten Lap-Steel-Sounds, besonders im Song ‚Running On Empty‘ von Jackson Browne. Ich erzählte Tyler davon, der daraufhin einen Dumble Clone als Amp ins Spiel brachte. Einen originalen Dumble konnten wir uns natürlich nicht leisten, die Dinger sind einfach zu teuer. Aber der Dumble Clone von Tyler Amp Works hat einen perfekten Ton, sehr klar, aber nicht zu klar, mit massenhaft Sustain, so wie bei David Lindley. Das genau war es, wonach ich gesucht hatte: möglichst viel Sustain!

Ihr habt also ganz traditionell mit echten Röhrenverstärkern gearbeitet?

Megan: Ja, ganz konservativ. Bei 90 Prozent meiner Aufnahmen war es meine Gitarre direkt in einen Dumble Clone mit dessen natürlichem Overdrive. Ich weiß, dass Tyler auch gegenüber Plug-ins nicht gänzlich abgeneigt ist, insofern kamen sicherlich auch ein paar von ihnen zum Einsatz. Wie viele genau müsste ich ihn allerdings erst fragen.

Gilt das auch für deine Gitarrenaufnahmen, Rebecca?

Rebecca: Absolut, auch sie sind nahezu uneingeschränkt analog, mit nur wenigen Effektgeräten und dem natürlichen Overdrive der jeweiligen Amps für das gewünschte Sustain. Ich habe überwiegend mit meiner Fender Stratocaster gespielt, aber auch mit einer Gibson SG und einer Fender Telecaster über einen Fender Champ und einen Fender Princeton, also mit den etwas kleineren Amps aus dem Fender-Programm, um ein Gegengewicht zu Megans fettem Gitarrensound zu kreieren. Dazu kamen, wie Megan schon erwähnt hat, auch einige wenige Audio-Plug-ins.

Megan, hast du die gesamte Scheibe mit deiner nagelneuen Beard-Signature-Lapsteel gespielt?

Megan: Ja. Paul Beard hat mir ein wundervolles Instrument gebaut, mit einem Sound, der den Rickenbacker-Modellen sehr ähnelt, das aber deutlich leichter ist als die superschweren Rickenbacker und daher auch im Stehen gespielt werden kann. Aus meiner Sicht klingt meine Signature-Lapsteel, die übrigens Electro-Liege heißt und mit einem längeren Horseshoe-Pickup bestückt ist, sogar besser als eine Rickenbacker.

(Bild: Robby Klein)

Hast du im Studio mit der „Seriennummer 1“ gespielt oder noch mit dem letzten Prototyp?

Megan: Mit dem zweiten Prototyp. Ich wusste von Beginn an genau, was ich wollte, denn ich besitze eine alte Rickenbacker, für die ich mir ein Gestell bauen lassen habe, um sie auch im Stehen spielen zu können. Insofern gab es klare Vorgaben, auch hinsichtlich des Schlagbretts und der Lackierung, so dass wir nur zwei Prototypen bauen mussten, bis wir das gewünschte Ergebnis hatten. Als Serie gibt es nun ein schwarzes und ein weißes Modell mit leuchtend-goldenen Schlagbrettern. Die Entwicklung war vergleichsweise einfach, denn ich wusste, dass ich ein tourtaugliches Instrument brauche, eine Art Arbeitspferd für die Bühne. Dieses Ziel haben wir erreicht.

Unsere Haltung ist und bleibt, dass wir unsere Musik nicht für einen Grammy oder für andere Auszeichnungen machen.


(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)

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