Die 70er-Jahre, das war die Zeit der Neukonzeptionierung und der Modifizierung des überkommenen Gitarren-Designs. Spieler gaben sich nicht mehr mit den vorgefundenen Gegebenheiten zufrieden, fingen an, Hälse, Pickups und Hardware zu tauschen, Gitarrenbauer versuchten sich an neuen Materialien und Konzepten.
Anfang der 70er-Jahre hatte Travis Bean im kalifornischen Sun Valley damit begonnen, Gitarren mit Hälsen aus Aluminium zu bauen. Die Idee war nun nicht ganz neu, hatte doch schon in den frühen 1930er-Jahren der legendäre und hellsichtige Erfinder George Beauchamps für die Ro-Pat-In Company, später umbenannt in Rickenbacker, mit der berühmten „Frying Pan“ eine einteilige Aluguss-Konstruktion entwickelt, die wir durchaus als Ausgangspunkt des modernen E-Gitarrenbaus betrachten können.
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Travis Bean wollte mit seinen durchgehenden Alu-Hälsen das Problem der Instabilität herkömmlicher Halskonstruktionen lösen. Aluminium, schon an anderer Stelle, etwa bei den Bridges als Schwingungsübertrager bewährt und geschätzt, versprach neben vollkommener Verwindungssteifheit auch noch einen Zuwachs an Sustain und Volumen. Der Aufwand für die Entwicklung und Fertigung war allerdings recht groß und die teuren, aber auch schweren Instrumente wurden trotz ihrer hohen Qualität vor allem wegen der sich recht kühl anfühlenden Hälse nicht zu dem nachhaltigen Erfolg, den sich Travis versprochen hatte.
Die Produktionszahlen stagnierten auf niedrigem Niveau, er war enttäuscht und verlor schon bald das Interesse an dem Projekt. Gary Kramer, bis dahin Beans Partner, gründete daraufhin 1975 gemeinsam mit Dennis Berardi seine eigene Firma in Neptune City/New Jersey, überdachte die Konzeption und setzte mit neuen Ideen eigene Akzente. Double Cutaway Bodies aus attraktiv gemasertem Hartholz kombinierte er nun mit „T-bar“ Aluminiumhälsen. Diese Hälse verfügten am Rücken über Inserts aus Holz für ein angenehmeres Spielgefühl und nicht zuletzt reduzierten sie auch das Gewicht der Alu-Neck-Konstruktion.
Bild: DIETER STORK
Bild: DIETER STORK
Als weitere Features fanden Griffbretter aus synthetischem Ebonol (dem Material von Bowlingkugeln nicht ganz unähnlich) und die charakteristischen „Tuning Fork“-Kopfplatten Verwendung. Die ersten Kramer-Gitarren, die Modelle 350G und 450G, wurden im Übrigen in Zusammenarbeit mit dem Luthier Phil Petillo entworfen. Gary Kramer selbst aber verließ die Firma aus schleierhaften Gründen bereits kurz nach ihrer Gründung schon wieder. Das hier vorgestellte Modell DMZ 6000 G ist ein Topmodell der Produktion von ca. 1979. Obwohl in dieser Ausführung in nur sehr limitierter Auflage produziert, kann es durchaus als repräsentativ für die Kramer-Konzeption der späten 70er-Jahre gelten. Für den kräftigen Korpus wurde ein Mittelblock aus Vogelaugenahorn mit seitlich angesetzten Flügeln von dekorativem, dreifach über Zwischenlagen aus Ahorn gefügtem Walnussholz kombiniert.
Die Hörner der DoubleCutaway-Konstruktion sind im Gegensatz zu den übrigen Modellen elegant schlank ausgearbeitet, der hintere Teil der Ahornmitte im Bereich des Gurtpins wurde pointiert gestaltet. Streifen aus Walnuss finden sich von hinten in den aufgeschraubten T-bar Neck eingesetzt, das Griffbrett aus Ebonol ist mit 22 Bünden und Mother Of Pearl Crown Inlays besetzt. Typisch ist der Tuning-Fork-Kopf mit Nullbund und vorgesetzter Roller-NutSaitenführung (ein delikates Design von kleinen, vertikal angeordneten Rollen), ergänzt durch hochwertige Mechaniken von Schaller. Am Korpus sind die Saiten von einer erweiterten einteiligen Wraparound Bridge mit beweglichen Einzelreitern gekontert. Mit der DMZ-Serie, die aus vier Gitarren- und drei Bass-Modellen bestand, wechselte Kramer ab 1978 von eigenen Pickups zu Tonabnehmern von DiMarzio, auf die sich der Name dieser Reihe bezieht. Die DMZ 6000 G ist demgemäß mit zwei Super-Distortion- Humbucker-Pickups ausgerüstet.
Neben individuellen Volume- und Tone-Reglern und dem Dreiwege-Toggle für die Pickup-Wahl stehen zwei Mini Switches für Coil Tapping zur Verfügung. Die Gitarre ist mit 4,3 kg nicht ganz leicht, durch den immer noch recht schweren Alu Tbar Neck hängt sie auch etwas kopflastig am Gurt, spielt sich aber ansonsten mit ihrer 635-mm-Mensur und schnurgeradem Hals plus ultraglattem Griffbrett komfortabel. Das allgemein straffe Spielgefühl entspricht jener Zeit. Das Zauberwort hieß damals Sustain und das wurde gerne mit hohem Gewicht, massiver Hardware, durchgeführten Hälsen oder Sandwichbauweisen gleichgesetzt. Spieler nahmen für das Heilsversprechen des ultralang schwingenden Tons ein höheres Gewicht klaglos in Kauf.
Bild: DIETER STORK
Bild: DIETER STORK
Heute mutet das alles etwas einseitig und missverständlich an. Nichtsdestotrotz ist die DMZ 6000 G mit ihren High-Output-Pickups ein kraftvoll agierendes Instrument mit straffer Klangumsetzung und besonders linearer Darstellung, was aber für bestimmte Tonvorstellungen immer noch absolut richtig sein kann. Die Kramer-Gitarren haben eben deshalb auch heute noch ihre Fans und seltene Exemplare wie dieses sind demgemäß auch von einigem Sammlerwert. Das Ende vom (Aluhals-)Lied: 1979 geriet Kramer in finanzielle Probleme, was zu einem Wechsel des Managements führte. Man versuchte die Krise mit ökonomisch günstigeren Hälsen aus Holz zu bewältigen, welche ab 1981 optional angeboten wurden. Aluminium-Hälse verloren in zu Beginn der 80er-Jahre dann auch grundsätzlich an Popularität und die letzten wenigen damit ausgerüsteten Kramer-Gitarren wurden 1985 produziert.
Kramers absolute kommerzielle Highlight-Phase markiert die Zuwendung zu Stratocaster-Style Gitarren mit Vibatrosystemen von Floyd Rose ab 1982, popularisiert durch prominente Endorser wie Edward Van Halen, um nur den berühmtesten zu nennen. Aber das ist ja eine andere Geschichte, wenngleich eigentlich genau diejenige, welche dem Aluhals bei Kramer endgültig den Garaus machte. 1989 jedenfalls endete die Kramer-Karriere aller zwischenzeitlich großen Erfolge zum Trotz im Konkurs. Den Niedergang konnte auch ein nochmaliger Management-Wechsel nicht mehr aufhalten und 1990 verschwand die Company von der Bildfläche.
Der Name Kramer ist aber immer noch präsent, oder besser gesagt, er wurde wiederbelebt, denn Gibson erwarb 1997 die Marken- und Modellrechte an der Firma. Wir danken Rudi Dinkela von Rare Guitar in Münster für die freundliche Leihgabe.
Von diesen Instrumenten hatten wir damals geträumt und die Fachblatt Berichte auswendig gelernt. Um eine Travis Bean Gitarre antasten zu können, sind wir quer durch BaWü getrampt bis nach Munderkingen auf die Schwäbische Alb um bei Bochen&Härle sowas in die Hand nehmen zu dürfen. Ich spielte damals noch Bass und war von dem Kramer DMZ Bass, der einige Zeit später in einem kleinen Laden in Göppingen auftauchte derart geflashed, das zahlreiche schlaflose Nächte folgten. Der drahtige Sound, das lange Sustain und das Design des Instruments waren seinerzeit der Hammer. Leider konnte ihn mir nicht leisten. Schön, daß sich Gitarre&Bass noch an solche Raritäten erinnert.
Von diesen Instrumenten hatten wir damals geträumt und die Fachblatt Berichte auswendig gelernt. Um eine Travis Bean Gitarre antasten zu können, sind wir quer durch BaWü getrampt bis nach Munderkingen auf die Schwäbische Alb um bei Bochen&Härle sowas in die Hand nehmen zu dürfen. Ich spielte damals noch Bass und war von dem Kramer DMZ Bass, der einige Zeit später in einem kleinen Laden in Göppingen auftauchte derart geflashed, das zahlreiche schlaflose Nächte folgten. Der drahtige Sound, das lange Sustain und das Design des Instruments waren seinerzeit der Hammer. Leider konnte ihn mir nicht leisten. Schön, daß sich Gitarre&Bass noch an solche Raritäten erinnert.