Im Interview

Kai Strauss: On Blue Night Shift

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(Bild: Manfred Pollert)

Der 52-jährige Sänger und Gitarrist aus dem nordrhein-westfälischen Lengerich zählt hierzulande seit den 90er-Jahren zu den bekannten Blues-Musikern mit internationaler Reputation. Mit ,Night Shift‘ kam wieder einmal ein tolles Album, das Blues und Soul geradezu feiert, inklusive packender und virtuoser Gitarren-Soli – keine Frage, Kai Strauss hat den Ton in den Fingern. Mit dabei natürlich die groovenden The Electric Blues Allstars, Alex Lex (dr), Kevin DuVernay (b), Thomas Feldmann (sax, harp) und Paul Jobson (kb). Wir sprachen mit dem Bandleader sowie Bassist Kevin DuVernay.

 

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Hallo Kai, neben Blues bietet dein neues Album auch viel Soul und Funk.

In diese Richtung gehe ich seit zwei, drei Jahren, verstärkt wurde das ganze durch unseren neuen Keyboarder Paul Jobson aus London, der auch eher einen Soul/R&B-Hintergrund hat und der einfach sehr inspirierend ist. Ich bin in den letzten Jahren ein bisschen mehr in die Chicago-Blues-Welt der 70er eingetaucht, wo man solche Einflüsse etwa bei Otis Rush, Albert King oder Freddie King hört.

Mir hat u. a. das Instrumental ,Icebound‘ richtig gut gefallen, und beim Hören wird klar, OK, der Mann ist Albert-Collins-Fan. Das klingt wirklich sehr cool.

Danke, das freut mich. Das ist aus einer Session im Studio entstanden. Ich hatte grobe Ideen und so ein kleines Thema. Das war ein Song, der gar nicht so fest auf der Liste stand, aber irgendwie hat der so viel Spaß gemacht, dass er aufs Album gekommen ist.

Welche Gitarren hast du da im Studio benutzt?

Im Moment spiele ich generell gerne Strats mit Rosewood-Griffbrettern, das hat sich so eingeschlichen. Meistens spiele ich eine Squier, bei der ich verschiedene Teile ausgetauscht habe. Die hat Lindy-Fralin-Pickups bekommen, mit denen die Gitarre richtig aufgelebt ist. Diese Strat ist mit 11er Saiten bestückt. Dann habe ich noch eine andere Rosewood-Strat, eine USA Standard Stratocaster, die habe ich mal gebraucht gekauft, die hat 90er-JahreTonabnehmer von Van Zandt. Die klingen sehr old school, sehr offen. Die ist mit 10er-Saiten bestückt was ein bisschen drahtiger klingt. Dann habe ich noch meine Gibson ES-345 gespielt, das ist wirklich eine schöne Gitarre, Baujahr 73, alles original, die spiele ich auch live. Das ist fast das gleiche Modell, das Freddie King in den 70ern gespielt hat, die mit dem Varitone-Schalter.

Gibson ES-345 (Bild: Arnd Müller)

Auf dem Album-Cover sieht man dich mit einer Gibson L-5.

Das ist eine wunderschöne Gitarre, die hatte ich auch im Studio mit dabei, aber die ist gar nicht zum Einsatz gekommen. Irgendwie hat es nicht gepasst.

Welche Verstärker hast du denn benutzt?

Ich habe mir einen 71er oder 74er Silverface Fender Deluxe Reverb geliehen. Der hatte einen neuen Speaker drin. Das einzige, was ich sonst noch hatte, war eine Box mit einem alten Fender-Utah-Lautsprecher. Über die habe ich gespielt, wenn ich etwas mehr Dreck und Kompression haben wollte, und wenn es klarer und stabiler sein sollte, habe ich den Lautsprecher des Deluxe Reverb benutzt.

Wie sah es mit Effekten auf ,Night Shift‘ aus?

Effektpedale benutze ich nur live. Alles, was man auf der Platte an Verzerrung hört, kommt vom Amp und dem Fender-Utah-Speaker. Auch der Hall kommt vom Verstärker. Nur wenn mir der noch nicht reichte, dann habe ich den Sound-Mann gebeten, noch ein bisschen zuzufügen.

Live-Amps: Mesa Boogie Studio 22 und Fender Bassman Reissue
Pedalboard: Okko Twin Sonic, Boss Overdrive OD-3, Boss FRV-1 ‘63 Fender Reverb, J. Rockett Audio Boing Reverb, Boss TR-2 Tremolo, Lehle A/B Switch, Hughes & Kettner Tube Rotosphere, Boss Chromatic Tuner

Wie habt ihr aufgenommen?

Aufgenommen haben wir in Ottersberg bei Bremen, im wunderschönen Studio Hire von Christian Mayntz. Wir spielen live ein. Bei Gesang ist das immer so eine Sache, gerade bei Stücken, die wir noch nicht so oft in den Clubs gespielt haben, da mache ich den Gesang gerne nachträglich. Kann sein, dass ich bei circa einem Drittel der Songs das Solo neu eingespielt habe. Naja, die Gitarre lebt von diesem Live-Moment, und wenn das passt, lasse ich sie am liebsten so wie ich sie direkt eingespielt habe.

Bei zwei Songs ist Sänger/-Gitarrist Toronzo Cannon aus Chicago dabei. Wie kam es dazu?

Ich war von ein paar Jahren mit Mike Wheeler in Europa auf Tour, und über ihn bin ich auf Toronzo gekommen. Dann habe ich ihn auch mal live gesehen, und die Energie hat mich überzeugt. Ich finde, er spielt den Blues frisch und zeitgemäß. Ich dachte, das wäre mal eine schöne Zusammenarbeit. Mein Label hat den Kontakt hergestellt.

Und dann spielt ja auf ,Night Shift‘ auch Ali Neander mit.

Wir kennen uns seit grob zehn Jahren und ich wüsste kaum jemanden in Deutschland, der so vielseitig aufgestellt ist und trotzdem alles so stilsicher und ideenreich spielt. Ali findet immer einen Weg, meine Ideen noch ein bisschen cooler zu spielen, oder er denkt sich eben tolle neue Parts aus. Es ist eine Erleichterung, wenn ich mich voll auf den Gesang und die Lead-Gitarre konzentrieren kann. Und es klingt auch homogener, als wenn ich im Nachhinein die Rhythmusgitarre einspiele.

AM BASS: KEVIN DUVERNAY

(Bild: Arnd Müller)

Vor dem Kölner Konzert im Dezember ergab sich eine Gelegenheit, mit dem langjährigen Bassisten von The Electric Blues Allstars zu sprechen. Kevin stammt aus Seattle/Washington und lebt seit Mitte der 80er in Deutschland. Er hat u.a. mit Texas-Bluesman Johnny Copeland, dem kalifornischen Saxofonisten Big Jay McNeely und US-Sänger Tommie Harris gespielt.

Kevin, wie bist du zum Musikmachen gekommen?

Ich war schon als ganz kleiner Junge an Musik interessiert, meine Großmutter hat mir mein erstes Instrument gekauft, ich glaube das war eine Melodica. Meine Tante hatte viele Instrumente zu Hause, wie Orgel, Schlagzeug, Gitarre und verschiedene Percussion-Sachen. Ich hing da oft rum und habe mich immer mit der Gitarre beschäftigt. Und bei der ersten Probe mit einer Band stellte ich fest, dass ich gar nicht richtig Gitarre spiele, sondern Basslinien auf der Gitarre. Und dann hieß es, besorge dir einen Bass dann kannst du mitmachen. Das habe ich dann gemacht – und bin dabei geblieben.

Was hast du damals für Musik gehört?

Meine Großmutter hatte eine riesige Plattensammlung, und als kleiner Junge durfte ich mich da bedienen. Ich habe alles Mögliche gehört, nicht nur Blues, auch Jazz, Country und Western oder Hörspiel- und Comedy-Platten. In meiner ersten Band haben wir Top-40-Zeug gespielt wie Earth, Wind & Fire und solche Sachen. Erst später bin ich zum Jazz gekommen, da hörte ich eine Zeit lang nur Thelonious Monk. Ich habe auch fünf Jahre lang in einer Jazz-Band gespielt. Fusion habe ich auch gemacht, aber das ist nicht mein Ding. Ich bin zum Blues zurückgekehrt, weil die Jungs mehr Auftritte haben.

Was sollte man denn als Blues-Bassist mitbringen?

Man muss ein gutes Repertoire haben, also viele verschiedene Songs kennen. Aber man kann nicht alles draufhaben, das ist natürlich unmöglich. Mein Repertoire ist groß genug, ich weiß halt was passt. Groove ist auch wichtig, denn man muss die Basis legen. Man darf auch mal rumnudeln, aber nicht zu viel. Das finde ich wichtig.

Klassisches Bass-Besteck: Fender Jazz Bass 1975, Ampeg SVT-7 Pro mit zwei Ampeg 1×15 Boxen. Einziges Pedal ist ein Polytune-Stimmgerät (Bild: Arnd Müller)

Wie schlägst du die Saiten an?

Nur mit den Fingern, ich benutze kein Plektrum.

Und worauf achtest du sonst bei deinem Sound?

Ich mag einen Old-School-Sound, so wie in den 70ern. Dafür verwende ich Flatwound-Saiten. Warm soll der Klang sein. Live ist mein Verstärker meistens ziemlich flat eingestellt mit etwas angehobenen Tief-Mitten, sodass man die Deadnotes noch hören kann. Und klingt der Club etwa sehr bassig, drehe ich die Bässe etwas raus.

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2023)

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