Junge Traditionalisten: The Bluesanovas im Interview
von Matthias Mineur,
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(Bild: Matthias Mineur)
Deine Sammlung an Effektpedalen ist erwartungsgemäß recht spartanisch.
Stimmt. Ich habe lediglich einen Boss ‘63 Fender Reverb, weil ich damit den Hall besser kontrollieren kann als mit einem im Amp fest verbauten Federhall, der durch die Vibrationen der lauten Kickdrum ständig scheppern würde. Ganz neu bei mir ist ein J. Rockett Archer, um den Lautstärkeunterschied zwischen meiner Paula und der Strat auszugleichen. Der Archer ist eine Art Booster/Zerrer, der aber nur ganz sanft eingreift, selbst wenn man ihn voll aufdreht. Ihn schalte ich dazu, wenn ich mit der Strat etwas mehr Druck erzeugen möchte.
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Nach welchen Kriterien entscheidest du, ob du die Les Paul oder die Strat spielst?
Ganz spontan, immer nach Lust und Laune. Heute ist so ein Tag, an dem ich einfach Bock habe, die gesamte Show mit der Strat zu spielen. Eigentlich nehme ich die Paula für diejenigen Songs, die einen etwas dickeren Sound brauchen. Aber heute klingt die Strat so super, dass ich auf die Paula wohl verzichten werde. Das ist das Schöne bei uns: Nichts ist in Stein gemeißelt, weder die jeweilige Gitarre noch die Setlist. Alles wird im Moment entschieden. So etwas geht nur in einer Band, in der die Kommunikation funktioniert und alle aus einer ähnlichen Schule kommen.
Grenzt ihr euch stilistisch eigentlich bewusst von Blues/Rock-Hybriden wie etwa Joe Bonamassa oder dem verstorbenen Gary Moore ab?
Für mich sind diese Sachen nichts, mir sind sie zu rockig, ich mag eigentlich nur den reinen Blues. Trotzdem haben Bonamassa und andere durchaus eine wichtige Funktion, denn sie haben das Rock-Publikum auch wieder für den Blues interessiert. Sie schlagen eine Brücke, das macht sie so wichtig.
Siehst du das bei Eric Clapton anders? Wie sind da deine Erfahrungen nach den sechs gemeinsamen Shows? Ist für dich auch Clapton mehr Mainstream als Blues?
Man konnte sehen, dass er einige typische Blues-Attitüden hat. Zum Beispiel gab es auch bei ihm keine feste Setlist. Clapton spielt immer nur das, worauf er gerade Lust hat. Es hieß, dass er an Abenden, an denen er weniger Lust hat, ein längeres Akustikset spielt. Für mich waren das die Highlights, da die Akustiksets immer die authentischsten Momente darstellten. Aber man darf solche Legenden nicht auf nur eine Sache festnageln. Clapton ist breit aufgestellt, ‚Tears In Heaven‘ ist sicherlich kein Blues, aber natürlich trotzdem ein großartiger Song.
Welche sind aus deiner Sicht die größten Fortschritte, die du als Gitarrist in den zurückliegenden Jahren gemacht hast?
Ich habe immer schon auf einem sehr hohen Energie-Level gespielt. Ich möchte die Zuschauer festhalten, damit sie nicht weggehen. Ich versuche sie ab dem ersten Ton an mein Spiel zu binden. Am Anfang meiner Karriere habe ich dies über reine Aggressivität versucht, ausschließlich mit Downstrokes, wodurch mein Spiel etwas Maschinen-artiges bekam. Heute versuche ich, das Energie-Level zwar weiterhin hochzuhalten, dabei aber entspannter zu spielen und mehr Farben einzubringen. Früher war ich nach Konzerten komplett durchgeschwitzt und völlig fertig. Heute bin ich zwar immer noch nassgeschwitzt, aber nicht mehr so krass erledigt. Ich habe gelernt, dass man alles das, was man musikalisch sagen möchte, auch mit einer gewissen Coolness und ohne sich festzubeißen schaffen kann. Das ist ja immer ein schmaler Grat, aber wenn einem das gelingt, ist man auf der goldenen Route.
Gibt es für diese goldene Route konkrete Beispiele aus der Blues-Historie?
Albert King ist für mich das perfekte Beispiel. Seine Bendings hatten immer etwas Aggressives, gleichzeitig waren sie stets absolut cool. Albert King war einfach ein cooler Typ, der extrem wenige Töne, extrem wenige Licks spielte, aber trotzdem tierisch viel Power hatte. Irgendjemand hat mal gesagt: „Das ist wie mit einem Lamborghini 50 km/h zu fahren! Die Leute sehen, was der Wagen draufhat, und sie hören es auch am Motor, aber man fährt trotzdem nur 50 km/h. Du bist cool, auch ohne schnell zu fahren.“ Heute nehme ich mir für meine Soli mehr Zeit. Eine Pause kann mindestens genauso viel Spannung und Aufmerksamkeit erzeugen wie ein aggressiver Ton.