Contemporary Bass

Joe Dart: Bassist bei Vulfpeck

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Joe Dart
(Bild: Ernie Ball)

Joe Dart begann schon im zarten Alter von zehn mit dem Bass-Spielen, angeregt durch seinen Vater, der eine Familien-Band gründen wollte. Auch wenn dieser Plan nicht wirklich aufging, hatte Little Joe seine Berufung gefunden.

Er hielt ständig sein Instrument in der Hand, kopierte fleißig seine Vorbilder und spielte bald in diversen Bands in der Gegend von Harbor Springs, Michigan. Im Jazz Ensemble seiner High School machte er einen Riesensprung in seiner Entwicklung, und er bekam das Angebot am Berklee College of Music zu studieren. Er entschied sich aber, näher an seiner Heimat zu bleiben und schrieb sich an der University of Michigan School of Music in Ann Arbor ein. Dort sprach sich schnell herum, dass er ein guter Bassist ist.

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Jack Stratton (Schlagzeug, Keyboards) wurde auf ihn aufmerksam und holte ihn als Bassist in die von ihm geleitete zehnköpfige Band Groove Spoon. In seinem letzten Jahr seines „Performing Arts and Technology“-Studiengangs trommelte Jack Joe Dart, Woody Goss (Keyboards) und Theo Katzman (Gitarre) zusammen, um ein paar Songs einzuspielen für die Abschlussarbeit eines Freundes, Thema war das Aufnehmen mit einer Zwei-Zoll-Bandmaschine.

Joe Dart erinnert sich: „Jack wollte eigentlich nicht, dass gefilmt wird. Aber jemand anderes kam auf die Idee, das Ganze für die Abschlussarbeit auf Video zu dokumentieren, und es ist schon schräg, dass genau dadurch die Band geboren wurde.“ Am 2. April 2011 veröffentlichte Vulfpeck als ersten Song überhaupt ‚Beastly‘ als YouTube-Video, und das bekannte Online-Bass-Magazin „No Treble” wurde auf den Track aufmerksam, weil der Slow Funk der Band höllisch groovt, und Bassist Joe Dart auch mehrere Solospots abfeuert. Und schon zwei Jahre später kürten ihn die „No Treble“-Besucher zum fünftbesten Bassisten ihrer Wahl.

Ihre erste EP ‚Mit Peck‘ erschien Ende 2011, und bis 2014 folgten weitere EPs. Vulfpeck wurde über YouTube und Spotify immer bekannter, und auf ihren zahlreichen Touren gaben sich illustre Gastmusiker wie der legendäre Half-Time-Shuffle-Erfinder, die Schlagzeug-Legende Bernard Purdie die Ehre.

Joe Dart
(Bild: Ernie Ball)

Im März 2014 erschien auf Spotify das Silent Album ‚Sleepify‘ mit zehn Tracks, auf denen absolut nichts zu hören ist. Bevor Spotify das Album wegen offenkundigen Verstoßes gegen die Geschäftsbedingungen von den Servern nahm, liefen 20.000 Dollar Lizenzen auf, mit denen die Band eine Tour mit freiem Eintritt zu den Gigs finanzierte.

Auf dem am 7. November 2017 veröffentlichten dritten Album ‚Mr. Finish Line‘ ist jede Menge Funk-Prominenz vertreten. Zu hören sind als Gäste der Session-Drummer James Gadson, James Browns früherer Bassist Bootsy Collins, der Ex-Prince-Drummer Michael Bland, und der Session-Gitarrist David T. Walker.

bass spielen lernen

Über sein erstes großes Vorbild erzählt Joe Dart selbst: „Als ich die Red Hot Chili Peppers entdeckte und Flea spielen sah, war er für mich der erste Bassist mit einer unverkennbar eigenen Stimme. Er spielt starke Melodien und ist als Bassist präsent in jeder Hinsicht. So konzentrierte ich mich auf ihn und lernte alles über seinen Sound, seine Technik und seinen Stil.“

Aber auch andere Bassisten wie Pino Palladino (John Mayer und Studio-Sessions), James Jamerson (Motown-Legende), Verdine White (Earth, Wind & Fire), Rocco Prestia (Tower of Power), Stuart Zender (Jamiroquai) und Bernard Edwards (Chic) beeinflussten ihn nachhaltig. Und er lernte auch Stevie Wonders mit der linken Hand auf diversen Keyboards gespielte Basslinien und erweiterte sein Repertoire durch das Vokabular von Bläsern, Gitarristen und Sängern.

Seine Entwicklung war immer von großer Neugier getrieben: „Ich ging an das Bass-Spiel heran, wie meine Freunde Sport betrieben. Anstatt zu Sport-Camps zu gehen, besuchte ich mit 14 für eine Woche Fleas Silverlake Conservatory in Los Angeles. Mit 16 oder 17 ging ich für ein Bass-Wochenende ans Berklee College of Music.“

Über seinen Übe-Strategien berichtet Joe: „Für eine lange Zeit war zentraler Bestandteil meines Übepensums, zu einer Drum-Machine zu spielen. Ich denke, das allerwichtigste für Bassisten ist ein gutes Timing. Heute spiele ich gerne zu Platten, weil da der menschliche Faktor der Time mit einfließt. Und es ist wichtig für mich, möglichst unterschiedliche Musiken zu spielen, das hat meiner Entwicklung gutgetan, und so kann ich uneingeschränkt dazu raten.“

Joe Dart
(Bild: Joe Dart)

fender jazz bass

Über sein Haupt-Instrument, einen 1990 in Mexiko gebauten Fender Jazz Bass sagt Joe: „Ich liebe diesen Bass. Er ist auch der einzige, den ich besitze, und ich bekam ihn im Alter von zwölf Jahren. Ich hab vor langer Zeit eine Badass-Brücke darauf montiert, weil ich in einem Forum darüber gelesen habe. Ob die einen großen Unterschied macht, weiß ich gar nicht sicher. Aber mir gefällt der Gedanke. Ich habe Seymour Duncan Antiquity II-Pickups eingebaut und Rotosound Swing Bass 66 Roundwounds aufgezogen, die mittlerweile schon uralt sind.“

Auf diversen Videos ist Joe aber mit anderen Bässen zu sehen und zu hören: „Manchmal greife ich mir was rumliegt in dem Wohnzimmer, wo wir gerade aufnehmen. Ab und zu haben Jack oder ich eine Vorstellung davon, welcher Bass besonders gut zu einem neuen Song passt, z. B. ein Music Man für eine Disco-Nummer, oder ein Precision Bass mit Flatwounds, wenn es nach James Jamerson klingen soll. Jack hat eine nette kleine Sammlung von Bässen, manche hat er mit neuen Pickups oder speziellen Saiten nach seinem Geschmack modifiziert. Diese Instrumente spiele ich gerne.“

markbass

Auf diversen Videos ist Joe mit verschiedenen Amps zu sehen. Seit dem 22. November 2017 ist er Markbass-Endorser. Das Besteck seiner Wahl besteht aus einem Little Mark Tube 800 Amp und einer Standard 104HR Box, die mit vier Zehnzöllern bestückt ist. Joe benutzt keine Pedale.

songwriting

Joe schildert, wie Vulfpeck-Songs entstehen: „Meistens bringen Jack oder Woody Songs mit verschiedenen Teilen. Wir sitzen im Kreis und spielen die Akkordfolgen ein paar Mal durch, dann drücken wir den Aufnahme-Knopf. Spontaneität ist für Jack das Allerwichtigste, und so gibt es extrem wenig Vorbereitung und Proben bei praktisch allem, was Vulf macht. Wir nehmen nur zwei oder drei Takes auf. Das machte mir am Anfang Angst, aber fast immer zeigte sich, dass wir zwar unter Hochspannung standen, weil für uns alle die Songs neu waren, dafür aber eine super Energie entstand. Jetzt ist es lustig, die Passagen, in denen ich noch auf der Suche war und Risiken einging, noch einmal anzuhören.“ So ist Vulfpeck zwar durch digitale Medien groß geworden, aber ihre Art Musik zu machen ist durch und durch „old school“.

Joe Dart
Joe mit seinem 1990er Fender Mexico Jazz Bass (Bild: Markbass)

dean town

Einer der größten Vulfpeck-Hits ist ‚Dean Town‘. Und auch wenn Joe Jaco Pastorius nicht explizit als Vorbild nennt, ist die Anspielung im Songtitel auf dessen legendäre Komposition ‚Teen Town‘ doch ziemlich offensichtlich. Und bei beiden Songs spielt der Bass eine tragende Rolle. Bei Vulfpeck-Gigs singen die Fans regelmäßig das nicht so ganz einfache Thema mit. Im Notenteil dieses Beitrags ist Joes kompletter Bass-Part zu finden (Hinweis: Durch Anklicken können die Noten & Tabs vergrößert werden):

Vulfpeck

Im Intro hören wir zunächst nur Drums und Bass. Hier nagelt der Bass über 50 Sekunden und 24 Takte lang Sechzehntel durch, schon mal eine gute Prüfung für die Ausdauer. Wissen muss man, dass Joe konsequentes Raking spielt: Bei Wechseln von höheren auf tiefere Saiten schlägt der gleiche Finger zweimal hintereinander an und der Wechselschlag wird so kurz aufgehoben. Konkret: Beim Saitenwechsel von der D- zur A-Saite (Takt 10/11) schlägt der Mittelfinger (m) das letzte Sechzehntel F# in Takt 10 und direkt danach das erste C# in Takt 11 an. So dreht der Wechselschlag.

Vulfpeck

Die Arbeit der Anschlagshand (i = Zeigefinger, m = Mittelfinger) und der linken Greifhand sind komplett dokumentiert. Das sechszehntaktige Thema hat es in sich, wichtig ist, was die Amerikaner „pocket“ nennen, präzise und mit gutem Feel für den Groove gespielte Rhythmik. Erste Regel, um dieses Ziel zu erreichen: Langsam beginnen und sich unbedingt selbst aufnehmen. Erst beim Anhören seines eigenen Spiels entdeckt man Fehler, Nachlässigkeiten und Schwächen, und nur so wird man besser.

Vulfpeck

Über seine Dämpf-Technik weiß Joe dies zu berichten: „Meine Dämpf-Technik ist meist eine Sache der linken Hand: Ich greife die Saite, drücke sie aber nicht mit voller Kraft auf den Bund, zusätzlich dämpfen die restlichen Finger der linken Hand die Saite leicht. Und mit meiner rechten Hand dämpfe ich die Saiten, die ich nicht spiele, oder dämpfe die Saite direkt, nach dem Ende des Tons.“ Die Dämpf-Technik der linken Hand entspricht der von Francis Rocco Prestia. Rechts gilt das Prinzip: Schlägt man mit dem Zeigefinger an, stoppt der Mittelfinger den Ton durch kurze Berührung, und umgekehrt.

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(erschienen in Gitarre & Bass 02/2018)

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