Jeff Beck at Christie’s

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DER MANN HINTER DEN KULISSEN

Mr Kerry K. Keane (Bild: Peter Fischer)

Ich spreche mit Kerry K. Keane aus New York, einem der Verantwortlichen hinter den Kulissen der Auktion. Er kennt jedes Instrument und Equipment-Stück der Versteigerung in und auswendig. Bei den 130 Posten, handelt es sich um das gesamte Equipment Jeff Becks, was ich persönlich als überraschend wenig empfinde.

Alle Posten sind im absoluten Originalzustand belassen worden, es musste lediglich eine hohe E-Saite unter großer Anteilnahme ausgewechselt werden. Die seiner Meinung nach beste Gitarre sei mit großem Abstand Jeff Becks weiße 50er-Jahre Lieblings-Tele. „That thing is pure magic. A class of its own”

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NERD STUFF

Unfassbar, wie nah man diesen ikonischen Instrumenten kommen kann. Ich nutze die Chance und sehe mir viele Instrumente, SEHR nah und genau an. Hier sind ein paar meiner Meinung nach interessante Beobachtungen: Man kann sehr genau erkennen, welche Instrumente in permanentem Gebrauch waren und welche nicht.

Von den 91 Instrumenten machen ungefähr 60 einen weitgehend unbenutzten, ja fast neuwertigen Eindruck. Die restlichen, viel gespielten Gitarren sind überwiegend in einem sehr mittelmäßigen bis vernachlässigtem/ungepflegten Zustand.

Sie sind dreckig, die Griffbretter sind stark verschmutzt, einige Gitarren haben Stockflecken und riechen leicht muffig. Dies, so Kerry Keane, sei im Vergleich zu anderen Auktionen eher ungewöhnlich.

Die bekannten Instrumente, für die später sechsstellig geboten werden wird, sehen so aus, als wären sie lange Zeit nicht optimal gelagert gewesen und hätten lange, SEHR lange keine Pflege bekommen. Das hat mich doch ehrlich und gelinde gesagt sehr erstaunt.

Aus irgendeinem mir rätselhaften Grund, war ich immer davon ausgegangen, dass die Gitarren Jeff Becks wahrscheinlich genau so sperrig sein müssten, wie der Kerl selber. Ich glaube, da habe ich echt mal falsch gelegen. Alle gespielten und bekannten Gitarren, haben perfekt gesägte Sättel, eine ganz offensichtlich flache Saitenlage, und keine macht den Eindruck, als müsse sie erstmal neu bundiert werden oder ähnliches.

Nicht eine der Gitarren wirkt, als müsste man auf ihr um jeden Ton kämpfen. Keine Kerben vom Greifen oder ähnliches. Gut, einigen Gitarren wie z.B. der pinken Jackson, sieht man an den matten, beschlagenen Bünden an, dass sie eine Weile nicht benutzt wurden. Und ja, schmutzig sind sie eigentlich fast alle.

Die aktuelleren Bühnengitarren etwas weniger, aber Junge, Junge die alten Teile… Ach ja: Die Hälse von Becks Lieblingsgitarren sehen übrigens alle sehr schlank aus, was ein wichtiges Kriterium für JB gewesen sein soll. Damit hatte ich auch nicht gerechnet.

Sehr interessant: Die ganz bekannten, legendären Gitarren sind doch entweder stark modifiziert oder aus verschiedenen Instrumenten und Einzelteilen zusammengesetzt. Selbst die wirklichen Insider können nicht 100% genau bestimmen, aus welchen Ursprungsinstrumenten und Jahrgängen die Parts stammen und die Gitarren zusammengesetzt sind.

Dabei hat also ganz eindeutig die Spielfähigkeit für Jeff Beck im Vordergrund gestanden und nicht der Originalzustand. Und ganz ehrlich? Im Original sehen fast alle Gitarren irgendwie etwas anders aus, als man sie von Fotos kennt oder sich vorgestellt hat.

DER TAG IST JA NOCH JUNG …

Nach gut zweieinhalb Stunden im Kreise der Musikgeschichte zum (fast) anfassen, beschließe ich diesen wunderbaren Ort zu verlassen und besorge mir noch ein Exemplar des Auktionskatalogs, der übrigens SEHR empfehlenswert, aber leider mittlerweile ausverkauft ist.

Als ich mich auf den Weg zu meinem nächsten Ziel mache, lässt langsam aber sicher auch wieder meine Pulsfrquenz etwas nach und ich bin mir sicher, dass in Deutschland so ein Event in dieser Weise nur schwer vorstellbar wäre.

Über einen kurzen Stop beim Merchandise Shop der Abbey Road Studios, mache ich mich auf den Weg zu einem nicht ganz so bekannten Vintage-Gitarren-Laden, der etwas abseits des direkten Londoner Stadtzentrums liegt – New Kings Road Vintage Guitar Emporium in der 65a New Kings Road.

New Kings Road Vintage Guitar Emporium

Ein absolut empfehlenswerter Laden, falls man sich für gebrauchte Gitarren interessiert. Klein und unscheinbar, aber mit feinsten Instrumenten ausgestattet.

Zur Kundschaft gehören sehr viele bekannte Stars. So hat z.B. auch Mark Knopfler, der ganz in der Nähe wohnen soll und den ich an diesem Tag wohl nur um eine Stunde verpasst habe, hier 1999 seine Burst für 35k-Pfund gekauft, die im letzten Jahr bei Christie’s für über 600k unter den Hammer kam.

Der Besitzer Rick Zsigmund ist sehr freundlich und hat viele Insider-Storys parat, die er gerne preisgibt. Er gibt mir einige alte Gitarren zum anspielen in die Hand, die noch kurz zuvor ein gewisser Johnny Depp an gleicher Stelle angespielt hat. Tja, gutes Timing ist halt alles…

Nachtrag: Die Auktion ist gelaufen und hat ungefähr 10,5 Millionen Euro gebracht. Die Topseller sind die Oxblood Les Paul (€ 1.27 Mio), „Anoushka” (€ 1.2 Mio) und die Tele-Gib „Syreeta” (€ 824k). Die pinke „Tina Turner” Jackson Soloist hat für € 525k den Zuschlag bekommen.

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Interessante Geschichte! Bei diesen Auktionspreisen wird jedem Gitarristen zweifellos richtig schwindelig. Da zieht ja doch eindeutig der „Promi-Bonus“ völlig in die Höhe. Kurioserweise wurden hier etliche Gitarren mehr oder weniger stark von ihren ehemaligen Promis modifiziert,was zwar absolut nicht mehr dem einstigen Originalzustand entspricht,-jedoch in gewisser Art und Weise die Eigenart und Vorliebe des prominenten Gitarristen dokumentiert! Ob die dafür ersteigerten hohen Preise gerechtfertigt sind,bleibt mal dahingestellt. Vermutlich verschwinden diese Gitarren aber leider mal wieder im Tresor,und fristen vor der Öffentlichkeit verschlossen zukünftig ihr trauriges Dasein bei ihren superreichen Besitzern. Fakt: Gitarren wurden dazu erschaffen,um ausgiebig und mit Freude gespielt zu werden!

    Da bin ich doch sehr froh darüber,daß ich persönlich einige alte gebrauchte E.-Gitarren im guten Original Zustand von versierten Gitarristen kaufte,die zwar gänzlich ohne „Promi-Etikett“ privat veräußert wurden,-aber trotzdem sehr gut klingen und obendrein sogar (noch) bezahlbar waren.

    Aber,sehr gesuchte alte Custom made Gitarren-Raritäten werden in Zukunft sowieso noch im Preis steigen,weil sie eben noch aus damalig qualitativ hochwertigen Hölzern und Hardwareteilen in überwiegend geringeren Stückzahlen gefertigt wurden. Bestes Beispiel sind hier z.B. alte E.-Gitarren (Starfield/made by Ibanez,Stagg/Japan,Greco,Tokai und Burny) aus Japan,die bei Fujigen-Gakki in den frühen 1990er-Jahren gebaut wurden! Erstaunlich dabei,daß sogar das bis heute existierende Label Stagg damals sehr hochwertige E.-Gitarren mit durchgehendem Hals in der Doublecut-Version in Japan bauen ließ,die bis heute nur echten Insidern bekannt sind,und extrem selten gebraucht zu finden sind! Schade,daß man hier leider keine Fotos hochladen kann,denn ich besitze solch eine besagte alte Stagg Gitarre (made in Japan) die ich vor etwa 12 Jahren im Originalzustand von einem privaten Sammler erwerben konnte.

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    1. Die heutigen professionellen Gitarren von Fender, Gibson etc. werden auch aus hochwertigen Hölzern und Hardwareteilen gebaut. Schon allein der Konkurrenz wegen. Die wissen doch wie man das macht, sowas gerät doch nicht in Vergessenheit. Es fehlt halt der Voodoo, den manch einer sich erhofft.

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  2. Ja, wirklich interessant. Ich war vor paar Monaten eine Woche in London zum Fotografieren, und ärgere mich jetzt, dass ich nicht auf die Idee kam ein paar dieser Gitarrenläden besucht zu haben.
    In Netz gibts ein Video bei JB zu Hause aufgenommen, er zeigt dem Interviewer seine Lieblings Tele und der Interviewer macht den Eindruck als wolle er die Tele berühren, als JB ganz entsetzt ruft: “Don`t touch it” Der Interviewer: “I just want to look at it”. Beck ganz ernst und eindrücklich” Even don´t lock at it.” Herrlich

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  3. Vielen Dank für diesen coolen Bericht. Sehr interessant. In eurer Einleitung habt Ihr wieder einmal die üblichen verdächtigen Gitarrenikonen aufgelistet. Eine Wiederholung ist an dieser Stelle unnötig. Wieder einmal, fast wie immer, habt Ihr den Gitarrenhelden des Volkes, Rory Gallagher, vergessen. Die Rory Gallagher-Sammlung wurde am Donnerstag, den 17. Oktober bei Bonham’s in London online versteigert. Das als Randnotiz. 😉

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  4. Vielen Dank für den anschaulichen Bericht auch was die Londoner Gitarrenläden anbetrifft. Glücklicherweise habe ich den Auktionskatalog von Christies ergattern können. Die von Jeff Beck bevorzugt genutzten Gitarren sind optisch tatsächlich in einem sehr strapazierten Zustand, das gilt auch für die Pedalboards. Wahrscheinlich waren das alles reine Arbeitswerkzeuge für ihn und leine ” Kultobjekte” so wie für uns Gitarren- und Gearfreaks

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