Der große Bandleader, Musiker & Bassist ist gestorben

JAMES LAST * 1929 + 2015

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James Last ist am 09. Juni 2015 in seiner Wahlheimat Florida gestorben. Er war der König des Happy Sound, des kultivierten Easy-Listening-Mainstreams, aber auch ein Musiker, der immer wieder experimentiert hat und sich nie verschlossen hat. Ein Musiker, mit dessen Namen 93 Prozent aller Deutschen etwas anfangen können, der weltweit über 80 Millionen LPs verkauft, über 200 Goldene Schallplatten und 17 Mal Platin erhalten hat. In Andenken an den Bassisten, Bandleader, Musiker und hochgeschätzten Arbeitgeber, hier ein Interview, das unsere Autorin Angela Ballhorn Ende 2006 mit James Last führen konnte – erschienen in Gitarre & Bass 01/2007.

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James Lasts Orchester-Tourneen führten ihn durch 55 Länder, seine Musik wird in über 150 Ländern gehört. Fan-Clubs gibt es überall – zum Flensburger Konzert waren neben dänischen auch kanadische und mexikanische Anhänger angereist. Die durften schon zum Soundcheck in die Halle, denn Hansi Last, wie ihn vom Musiker bis zum Fan alle nennen – nur in Deutschland hat sich der ungefragt eingeführte Name James durchgesetzt – ist der umgänglichste Mensch, den man sich vorstellen kann. Geduldig werden Bücher und CDs signiert, wird für Fotos gelächelt.

Beim Soundcheck bröckelt dann meine Skepsis: Zwar ist der Last’sche Happy Sound immer noch nicht meine Lieblingsmusik, aber was die 38köpfige Band auf die Bühne stellt, ist Perfektion pur. Der Bläsersatz mit jeweils zwei Top-Trompetern rechts und links außen für den fetten Stereo-Sound, die flirrenden Streicher, die drückende Rhythmusgruppe und die ausgeklügelte Bühnentechnik beeindrucken. Abends wird die Campushalle mit 5000 Leuten voll sein, das Durchschnittsalter der Besucher liegt unter dem des Bandleaders – James Last ist mittlerweile 77 Jahre alt und

denkt überhaupt nicht daran, sich aufs wohlverdiente Altenteil zu verziehen. Er geht mit der Zeit, so spielt er mit seiner Band auch Arrangements von Green Day oder U2. Sein letztes Studioalbum hat wohl manchen altgedienten Fan erschreckt und eine junge Fan-Gemeinde herangezogen. ‚They Call Me Hansi‘ ist eine Zusammenarbeit mit Jan Delay, der James Last den König der Flohmarkt-Grabbelkisten nennt, Xavier Naidoo oder Herbert Grönemeyer und soundund groovetechnisch am Puls der Zeit. Die neue Musikergeneration hat James Last als endlose Sample-Quelle entdeckt. Quentin Tarantino wählte einen Song für den ‚Kill Bill‘-Soundtrack aus, P. Diddy coverte ‚Fantasy‘ und Fettes Brot nahm mit James Last eine Platte auf.

Aber warum jetzt James Last in einer Gitarristen- und Bassisten-Zeitung? Ganz einfach: James Last hat seine Karriere als Kontrabassist begonnen. Mit seinen Brüdern und seinem Vater machte der am 17. April 1929 in Bremen geborene Hans oft und viel Musik, zu Kriegszeiten lernte er an der Heeresmusikschule das Bass-Spiel – und jazzte mit seinen Stubenkameraden verbotenen Swing. Durch unverfängliche herumliegende Partituren und der Behauptung, das BeBop-Stück ‚Perdido‘ hieße ‚Mücke‘ und sei ein deutscher Titel, wurde die „Entartete Musik“ munter weiter gepflegt. Nach dem Krieg spielte Hans Last mit Albert Mangelsdorff, Max Greger, Paul Kuhn und dem Geiger Helmut Zacharias. 1950 wurde er zum ersten Mal zum beliebtesten Jazz-Bassisten Deutschlands gewählt.

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Unter Franz Thon spielte James Last als Bassist im NDR-Tanzorchester, zuvor hatte er schon für Radio Bremen das Orchester Hans Last gegründet. Erst arbeitete er nur als Bassist, dann als Arrangeur, doch als ihm in den 60er Jahren eine Festanstellung angeboten wurde, musste Hans Last feststellen, dass 30 Jahre gleicher Weg ins Funkhaus, gleiche Kantine, gleiche Gesichter und dann Rente für ihn nicht genug war. Nach erfolgreichen Arrangements für Freddy Quinn, Caterina Valente oder Helmut Zacharias sprang er ins kalte Wasser – seine erste bahnbrechende Idee waren die ,Non Stop Dancing‘-Platten: bekannte Songs neu arrangiert im Party-Sound, mit Gläserklirren und Partygeräuschen. Die Idee schlug ein, und auch die nachfolgenden Klassik-, Volkslieder- und Pop-Bearbeitungen waren so gefragt, dass sich die Frage stellte: Kann man ein Orchester ohne Frontsänger auf Tour schicken? 1969 startete das James Last Orchester mit den ersten Konzerten in Kanada. Seither spielte die Band fast überall: der damaligen DDR, in der Sowjetunion, Neuseeland, den Philippinen, Japan und China – die Marke James Last hat sich bestens etabliert: als Kapitän, als Pirat, mit holländischen Klompen an den Füßen war er auf LP-Covers zu sehen. Alles wurde zu Gold, es gab den ,Einsamen Hirten‘ mit der Panföte von Georghe Zamfir, es gab die ,Ballade Pour Adeline‘ mit Pianist Richard Clayderman, es gab Operettenbearbeitungen, Volkslieder, Walzer und Polkas. Die Kartenverkäufe lagen bei 150.000 Tickets pro Europa-Tour.

Lasts Neuanfang in den 90er-Jahren, nach hohen finanziellen Verlusten durch falsche Berater, eigenen gesundheitlichen Problemen und auch durch seine Depressionen nach dem Tod seiner ersten Frau gelang. 2004 und 2006 war er mit seiner 38köpfigen Band auf umjubelter Tour. Eigentlich könnte sich der Mann, dessen Konterfei auf allen Platten zu finden ist, längst zur wohlverdienten Ruhe setzen. Doch er ist fleißig wie eh und je. Auch wenn die Tour jetzt „Last Tour“ heißt – ich schätze, dass es nur ein kleines Wortspiel mit dem Nachnamen bleibt. „Ich bin heute immer noch Musiker, ich habe mich selbst nie verlassen, ich freue mich immer noch über jeden schönen Akkord. Wenn man genau weiß, warum eine Phrasierung genau so klingen muss, warum jener Halbton an dieser bestimmten Stelle stehen soll, dann kann man davon ewig leben, diese Arbeit gibt dem Magen und der Seele Nahrung“, sagte James Last in seiner Biografie „Mein Leben“ (HeyneVerlag). Ich nehme mir das perfekte Arrangement von ‚Somewhere Over The Rainbow‘ im Ohr mit nach Hause und weiß, dass es mich noch lange begleiten wird.

Hier das Interview mit einem der erfolgreichsten und beliebtesten Bassisten, Popmusiker und Arbeitgeber der Welt, der vor allem unter Kollegen verschiedenster Generationen mehr als nur hohes Ansehen genießt.

 

Sie haben Ihre musikalische Laufbahn als Bassist begonnen, waren auch unter den besten deutschen Jazz-Musikern der 50er-Jahre. Was hat Sie damals am Bass-Spiel fasziniert?

Ich hatte einen Lehrer gefunden, der mir sympathisch war. Früher hatte ich schon Unterricht in Klavier und Musikgeschichte, an der Heeresmusikschule wurden dann die Instrumente verteilt. Eigentlich wollte ich Fagott und Waldhorn spielen, aber die erste Schule wurde durch Bomben vernichtet. Dann wurde ich an eine andere Schule nach Bückeburg verlegt. Wieder das gleiche Spiel, die Instrumente sollten verteilt werden, und man sollte sich neu entscheiden. Der erste Lehrer, der dort saß, war Bassist, und meine Brüder, mit denen ich ja damals schon Musik gemacht hatte, hatten immer gesagt: „Mensch, einen Bass könnten wir noch gut gebrauchen!“ Der Lehrer war mir gleich sympathisch, deshalb bin ich bei ihm hängen geblieben. Das ist ja sehr wichtig im Leben, dass man einen Lehrer hat, mit dem man guten Kontakt hat. Das hat sich heute ein bisschen verbessert. Früher war es wirklich so, dass der Lehrer dort stand, und hier der Schüler. An den Schulen war es genauso, aber auch das hat sich geändert. Heute ist der Altersunterschied zwischen Lehrer und Schüler nicht mehr so groß wie früher. Damals waren das immer alte Leute, heute gibt es viele junge Lehrer. Deshalb bin ich also beim Bass hängen geblieben und dadurch, dass ich auch Klavier gespielt habe und sehr an der Musik von Johann Sebastian Bach gehangen habe, habe ich vermutlich einen anderen Bass gespielt als andere JazzMusiker. Ich habe vom Gefühl und von der Komposition her – und weil ich damals schon Komposition studiert habe – nicht das stupide „dumdumdum“, sondern Bach‘sche Gegenbewegungen gespielt. Das kam mir dann zugute, weil ich eben andere Phrasen spielte als andere.

Ich hatte in Ihrer Biographie auch gelesen, dass sie der erste Musiker in Hamburg waren, der einen elektrischen Bass hatte.

Das stimmt, das war der Gibson-Bass (ein EB-1 in Violinform, der von 1953 bis 1958 gebaut wurde). Den habe ich in Tanzorchestern verwendet und all die anderen sogenannten guten Musiker kamen an und sagten (flüstert) „Das ist doch viel zu laut! Das ist nicht musikalisch!“ Aber da hat sich heute zu früher wenig geändert: Kommt man mit etwas Neuem, eckt man sofort an. Die Leute sind den neuen Sachen gegenüber nicht aufgeschlossen. Heute ist es noch viel wichtiger, den Neuigkeiten gegenüber aufgeschlossen zu sein, weil die Zeit noch schneller rennt. Die elektronischen Instrumente wurden auch erst mal verpönt, weil man da angeblich keine echte Musik drauf machen könnte. Alles Quatsch! Man muss sich nur damit auseinandersetzen. Dann kann man auch mit einem Computer gute Musik machen. Man muss den musikalischen Geist und das Herz dazu haben, Musik mit den richtigen Tönen zu machen. Es macht mir unheimlich Spaß, mit dem Computer zu arbeiten! Aber das ist oft der Fehler der älteren Leute, der älteren Generation, gleich abzuurteilen. Ich habe die Gabe, überall das Gute rauszuholen und damit kann ich gut leben. Den E-Bass habe ich übrigens an Ladi Geisler verkauft, den Bassisten bei Bert Kämpfert. Der berühmte Knackbass-Sound des Bert Kaempfert Orchesters kommt aus meinem alten Gibson!

Glauben Sie, dass Sie dadurch, dass Sie früher Bass gespielt haben, eine andere Art zu schreiben und zu arrangieren haben?

Ganz sicher. Der Rhythmus war von Anfang an anders. Deshalb haben die Leute die Musik als „Happy Music“ empfunden, weil der Bass im Orchesterklang mitbestimmend war.

 

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Spielen Sie heute immer noch Bass?

Nein, heute nicht mehr. Ich habe nicht mehr die Kraft für die Saiten. Früher habe ich aber immer gerne noch mal ein paar Noten mit Acker Bilk gezupft, nur so zum Spaß.

Welche Eigenschaften sollte ein Bandleader haben? Zum einen geschäftlich, dann aber auch künstlerisch und emotional?

Über das Geschäftliche kann ich nichts sagen, das habe ich bis heute nicht gelernt. Als Bandleader ist es immer besser, wenn man selber schreibt. Und das mache ich ja, ich schreibe wirklich alle Arrangements sel-ber. Früher war es bei den Tanzorchestern beim Rundfunk so, dass einer der Arrangeure wie Count Basie geschrieben hat, einer wie Woody Herman und einer wie Stan Kenton. Dadurch hat das Orchester nie einen einheitlichen Stil gehabt. Weil ich alles selbst schreibe, hat das Orchester aber einen bestimmten Stil. Ich werde so oft gefragt: „Wie hast du diesen Stil erfunden?“ Ich habe nichts erfunden. Ich mache Musik, nichts weiter, das ist nichts Besonderes. Ich kann es nur so aufschreiben, wie ich es höre und wie ich es fühle. Und die Musiker nehmen es an. Dann ist es natürlich toll, wenn es am Ende so rauskommt, dass Millionen von Menschen meine Musik verstehen. Das reicht von China bis nach Neuseeland überall hin, und das ist auch für mich erstaunlich. Ich mache nur Musik, ich setze mich mit Tönen auseinander. Das ist wichtig.

Wann swingt denn eine BigBand, egal ob sie Jazz, Schlager oder Volksmusik spielt? Wie würden Sie Groove definieren?

Da kommen verschiedene Dinge zusammen. Da gibt’s dann die einen, die sagen, das es Rock ’n’ Roll und deswegen Scheiße sei – Swing sei viel besser. Die beiden Unterschiede in Deutschland waren Bert Kaempfert und wir. Bert hatte diesen relaxten Swing und spielte immer etwas lazy hinter dem Beat. Wir haben damals schon aggressiv auf den Punkt gespielt. Das war der Unterschied zwischen unseren Bands. Aber wenn man zum Beispiel eine Band wie Blood, Sweat & Tears nimmt – das ist Swing, obwohl es Rock ist. Das steht genau auf dem Beat, und es geht also. Wir haben das auch, wir haben ja einen Trompetensatz, der genau so spielen kann. Das macht einen Heidenspaß! Und der Bassist spielt dann auch mal einen funky Bass unter einer Polka, das klingt und fetzt dann ganz easy. Das merkt man „im Gedränge“ gar nicht so, erst wenn man hinterher die Aufnahmen anhört. Das ist super, das macht Spaß.

Was hatten Sie denn für musikalische Vorbilder oder Lieblingsorchester?

Früher habe ich gerne Woody Herman gehört, mit Chubby Jackson am Bass. Das höre ich immer noch gerne. Ich werde oft in Interviews gefragt, was meine erste Schallplatte war, die ich mir gekauft habe. Das war das Violinkonzert von Bela Bartok. Das ist der Unterschied, wenn man Musiker ist. Es ist nicht nur „das eine“ oder „das andere“. Die Inspiration kann von vielen Seiten kommen. Ich beobachte das auch bei jungen Gruppen und Musikern, die wissen sehr genau, was sie wollen.

Wie kam es denn zu dieser ‚They Call Me Hansi‘Aufnahme, die nicht gerade zum typischen James-Last-Sound gehört?

Mein Wunsch war es, mit jungen Künstlern zusammen zu arbeiten, was früher nicht möglich war. Mit Udo Jürgens oder so jemanden zusammen zu arbeiten, ging z. B. früher vertragsrechtlich nicht. Wir haben einmal in Berlin im ICC zusammen gespielt, aber die Schallplattenfirmen gehen an so etwas gar nicht erst ran. Vermutlich haben sie aber dann gedacht „OK, der Kerl ist jetzt 75 Jahre alt, jetzt darf er mal.“ Alle Mitwirkenden haben sofort ja gesagt. Das wäre aber auch früher nie ein Problem gewesen. Die Probleme waren immer die Plattenfirmen und die rechtliche Seite ….

Die Tour läuft jetzt seit wie vielen Tagen?

Wir haben schon vier Wochen hinter uns und noch anderthalb vor uns.

Und was ist für die Zukunft geplant?

Im Moment sind keine neuen Aufnahmen geplant. Plattenfirmen lasse ich im Moment nicht ran, wir schneiden unsere Konzerte selbst mit. Wir wollen eine Live-Aufnahme auf den Markt bringen, so wie wir das von der Tour von 2004 gemacht haben. Die Aufnahmen macht mein Sohn Ron, er hat das gut gemischt. Die Musiker im Bus waren ganz begeistert. Und wenn man mit 40 Musikern im Bus sitzt und alle finden‘s toll und keiner sagt, dass es Scheiße ist, dann ist das wirklich ein gutes Gefühl.

 

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Was erwarten Sie von einem Musiker, der bei Ihnen in der Band spielt? Wie muss zum Beispiel ein Bassist sein, damit er in das Orchester aufgenommen wird?

Ganz einfach: Er muss frei sein! Ich versuche, die Musiker zu erkennen, und schreibe für sie, damit sie sich im Orchester wohlfühlen können. Jeder hat seinen Part, in dem er wichtig ist. Damit ist das Leben viel einfacher. Das ist wie ein Vater mit seiner Familie, wie mit seinen Kindern zusammenzuleben. Da muss man alles zusammenbringen. Wenn man für alles verantwortlich ist, kann man nicht sagen „Spiel das so oder so!“ Ich kann das jedenfalls nicht. Heutige Produzenten machen das, die sagen den Bassisten genau, was sie hören wollen. Ich muss aber als Bandleader erkennen, wie er wirklich spielt. Wenn‘s nicht funktioniert, dann passt er nicht in die Band rein. Aber wenn er von sich aus so spielt, wie ich es möchte, ist es dufte, dann können wir damit leben.

Wie finden sie Ihre Musiker?

Das geht nur auf Empfehlung; bei mir gibt es keine Probespiele oder so was. Du kennst meine Musiker doch, oder? Bob und Chuck Findley, die Trompetenbrüder, sind großartig, oder Stoppel (Stefan Eggert, früher bei Selig), mein Trommler, der hält die Band echt zusammen. Er und der Bassist, die kennen sich schon länger, die spielen toll zusammen, das harmoniert gut.

Wie plant man solche Tourneen mit so vielen Musikern?

Der Vorlauf beträgt zwei Jahre inklusive der Schreiberei. Das Bühnen-Arrangement stammt auch von mir, das habe ich gleich mitgeschrieben. Wir spielen zum Beispiel ‚Somewhere Over The Rainbow‘. Das ist ein ganz spezielles Arrangement. Es war auch das erste, das ich hatte. Darauf hatte ich die ganze Bühne aufgebaut. Die Bühne kommt praktisch von oben runter und bildet einen Regenbogen. Die Trompeten stehen unter dem Regenbogen und spielen das Stück. Das war die Idee, die allerdings schwierig umzusetzen war. Am liebsten hätte ich einen Regenbogen gehabt, der durch den ganzen Saal geht. Es ist schlussendlich ein mechanischer geworden, ein Lichterbogen über der Bühne. Das wirkt, und das gehört zum Stück …

Wir sind 38 Leute auf der Bühne, wir haben noch 40 weitere Mitarbeiter dabei. Draußen stehen zwei Schlafbusse und zwei andere Busse und vier große Trucks, denn die Aufbauten müssen ja morgen schon wieder in Hannover stehen. Die Mitarbeiter bauen nach der Show sofort ab. Das dauert bis zwei oder drei Uhr morgens, danach fahren sie nach Hannover zum Aufbauen. Aus dem Grunde fährt auch eine eigene Küche mit, damit mein Team immer ihr Frühstück und ihr Essen hat. Wir in der Band natürlich auch.

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Wie hält man sich für so eine Tour fit?

Man muss sich schon körperlich vorbereiten. Sonst zerlegt es einen ordentlich. Aber wir haben eine Menge Spaß auf der Bühne, das pusht dann auch wieder hoch. Ich habe ja früher diesen dummen Spruch gemacht: „Andere gehen zur Kur, ich gehe auf Tour.“ Es ist das selbe Gefühl: Der eine kommt kaputt von seiner Kur wieder, ich komme müde von der Tour zurück. Dann muss man das Leben wieder umdrehen. Tourleben ist einfach anders …

Wie darf man sich einen ganz normalen Tag im Leben des James Last vorstellen, also wenn Sie nicht auf Tour sind? Wahrscheinlich mit trotzdem noch viel Arbeit am Schreibtisch, nehme ich an?

Ich sage nicht Arbeit dazu, es ist Musik … Ein Heimtag bei mir sieht so aus: Wir machen viel Sport, und wenn wir zu Hause in Florida sind, gehen meine Frau und ich um sieben Uhr schwimmen, dann wird gefrühstückt, und danach begebe ich mich an meinen Schreibtisch. Meist habe ich mir am Abend vorher schon überlegt oder sogar zurecht gelegt, was ich machen möchte oder muss, dann fällt das Anfangen leichter. Meine Frau geht in ihr Zimmer oben und macht ihre Sachen, und zum Mittagessen treffen wir uns wieder und ich zeige ihr, was ich gemacht habe. Das ist eigentlich ein ganz normales Leben.

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

Sag den jungen Leuten doch, sie sollen sich selber treu bleiben. Das führt oft zum Erfolg. Sobald andere Leute dazwischen quatschen, ist es meist vorbei! ■

 story: angela ballhorn fotos: universal

 

 

 

MUSIC

Bei über 200 erfolgreichen Album-Veröffentlichungen eines Künstlers ist es schwierig, Tipps zu geben. Viele James-Last-Produktionen erzielen inzwischen schwindelerregende Sammlerpreise. Als Einstieg eignet sich ein neueres ‚Best Of‘-Album, zum Beispiel ‚Gold – Greatest Hits‘ (2003), am besten. Die aktuellste CD ist ‚Live In Europe 2004‘, die einen guten Eindruck vermittelt, wie die Band auf der Bühne klingt. ‚They Call Me Hansi‘ sei jedem ans Ohr gelegt, der den typischen James-Last-Sound mit dicken Streichern und sattem Blech in theatralischen Arrangements zusammen mit Grönemeyer, Pavarotti oder Elvis hören möchte. Mehr als hörenswert! Bei den anderen Veröffentlichungen muss man nach eigenem Gusto gehen. Nichts, was es nicht gibt: Weihnachtsmelodien, russische, irische, klassische Melodien, Polkas und Humba-Platten, japanische Platten, Sing-mit und Non-Stop-Dancing-CDs, Käpt’n-James-Aufnahmen von Hamburg bis Mexiko und Filmmusiken – denn auch ‚Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung‘ und die Titelmusik zum ‚Traumschiff‘ stammen von James Last. DVDs gib es ebenfalls mehrere, ‚Gentleman Of Music‘ (2006) ist die neueste.

Sehr empfehlenswert ist das 2006 erschienene Buch ‚Mein Leben – die Autobiografie‘. Die über 400 Seiten sind gut und informativ geschrieben und mit seltenem Fotomaterial angereichert. Außerdem liegt noch eine CD mit vier seltenen Tracks bei, die u.a. Hans Last als Mr. Bass & Mr. Drums von 1959 hören lassen, wo er mit verschiedenen Bandgeschwindigkeiten experimentiert.

 

 

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LEBEN & SPIELEN LASSEN

1929 am 17. April wird Hans Last in Bremen geboren

1939 erste Klavierstunden

1943 Heeresmusikschule Bückeburg, Bass

1946 Gemeinsam mit seinen Brüdern Robert und Werner spielt er im neu gegründeten Tanzund Unterhaltungs-Orchester von Radio Bremen 1948 Gründung des Last/Becker-Ensembles

1950 Fachjournalisten wählen James Last im Deutschen Jazz Poll in diesem wie auch in den folgenden zwei Jahren zum besten Bassisten

1955 Mitglied des NWDR-Tanzorchesters

1956 Erste Bearbeitung für den Funk. Arrangeur für Freddy Quinn, Caterina Valente und Helmut Zacharias

1964 Plattenvertrag mit der Polydor

1965 Erste LP-Produktion ‚Non Stop Dancing‘

1966 komponiert er ‚Games That Lovers Play‘

1967 vier LPs zur gleichen Zeit auf den ersten Plätzen der englischen Hitparade 1974 Europa-Tournee, Wohltätigkeits-Konzert in Berlin vor dem Schöneberger Rathaus vor 60.000 Zuhörern

1975 Tournee durch Europa, Ostasien, Australien und Neuseeland, erste Schallplattenproduktion in den USA mit dem Titel ‚Well Kept Secret‘

1977 u.a. Gastspielreise durch die DDR, Aufzeichnung eines Konzertes im „Palast der Republik“ in Ost-Berlin

1980 Verleihung der 150. Goldenen Schallplatte

1981 Große Tournee durch Deutschland und England

1982 Single-Hit mit ‚Biscaya‘

1986 letztes der legendären James Last-Kostümfeste in der Hamburger Ernst-Merck-Halle

1989 Open Air-Veranstaltung anlässlich seines 60. Geburtstages als TV-Geburtstagssendung vom Rathausplatz in Bremen, fünf Konzerte

im Palast der Republik/Berlin-Ost

1996 nach 10 Jahren erste Deutschland-Tournee

1999 Große Europa-Tour mit fast 50 Konzerten in Deutschland, England, Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien und Holland. 150.000 verkaufte Tickets – die erfolgreichste Tourneeproduktion des Jahres

2000 die Dokumentation ‚The Gentleman of Music‘ erobert Amerika: Die James-Last-Show wird USA-weit von allen bekannten TV-Stationen erfolgreich ausgestrahlt

2002 sensationelle China-Tournee

2004 75. Geburtstag, über 50 Konzerte in Europa, einer davon in der Royal Albert Hall; Jubiläums-CD ‚They Call Me Hansi‘

2006 (Not) The Last Tour

2014/15 Abschieds-Tournee

 

 

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Mit James Last hat die Musikwelt einen tollen Musiker und großartigen Menschen verloren – während ich euren Beitrag und das Interview lese habe ich James Last im Ohr. Auf meinem Tablet befindet sich hauptsächlich Rock bis Hard-Rock, etwas Funk & Soul (Live-Mitschnitte meiner eigenen Band und „CD”s früherer Bands mit Eigenmaterial sowie eine kleine Auswahl an Klassik. Aber eben auch einige Alben von James Last ! UND DAS IST GUT SO !
    Danke nochmals für euren Beitrag und mit Blick nach Oben: farewell Hansi.
    … wer weiß, vielleicht macht er gerade eine Session klar mit Jimi Hendrix und Louis Armstrong etc…
    Herzliche Grüße
    Joachim Autenrieth

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