Griechischer Götterbote

Gus G. von Firewind (ehem. Ozzy Ozbourne): Als junger Musiker war ich sehr ungeduldig

Anzeige

Mit seiner Ernennung zum Gitarristen von Ozzy Osbourne hat Gus G. (bürgerlicher Name: Kostas Karamitroudis) vor acht Jahren den musikalischen Ritterschlag erhalten. Seit diesem Engagement und obwohl er Mitte des Jahres wieder durch seinen Vorgänger Zakk Wylde ersetzt wurde, reißen sich Publikum, Musikerkollegen, aber auch Instrumentenhersteller um den virtuosen Flitzefinger.

Anzeige

Dennoch lässt sich der 36-Jährige nicht davon abhalten, mit seiner Melodic-Metal-Band Firewind regelmäßig Alben zu veröffentlichen und weiterhin auf Tournee zu gehen. Auf seiner letzten Konzertreise präsentierte Gus G. allerdings nicht nur die Songs des aktuellen Firewind-Albums ,Immortals‘, sondern auch seine nagelneue Jackson-Signature-Gitarre.

Wir verabredeten uns mit dem freundlichen Musiker zum Soundcheck im Bochumer Club „Rockpalast“, schauten dem Saitenartisten dabei auf die Finger und führten mit ihm ein interessantes Gespräch. Vorher musste er sich als Bandchef allerdings noch kritisch mit dem Tonmischer des Konzerts auseinandersetzen, mit dessen Arbeit er sichtlich unzufrieden war.

Gus, vor wenigen Minuten hast du noch recht kontrovers mit dem Soundmann der heutigen Show diskutiert. Magst du es, für alles verantwortlich zu sein und nicht, wie es bei Ozzy war, die Dinge so akzeptieren zu müssen, wie sie vorgegeben werden?

Gus G.: Auf alle Fälle bedeutet es zunächst einmal mehr Arbeit für mich. Auf der aktuellen Firewind-Tour haben wir keinen eigenen Tonmischer dabei. Also sind wir auf die Leute angewiesen, die uns vor Ort betreuen. In acht von zehn Fällen funktioniert so etwas und man findet Techniker vor, die wissen, was sie zu tun haben. Heute ist es leider anders. Manchmal zieht man den Hauptgewinn, ein anderes Mal eine Niete. Bei Ozzy tourten wir mit unserem eigenen PA-System und eigener Lichtanlage. Der Mann am Mischpult arbeitet bereits seit 1991 für Ozzy und hat unter anderem auch schon Van Halen gemischt. Mit solchen Cracks braucht man fast nie zu diskutieren. Firewind ist da viel mehr Underground.

Magst du das oder nervt es dich?

Gus G.: Grundsätzlich gefällt es mir, wenn ich über alles die volle Kontrolle habe. Es ist immer eine Frage des zur Verfügung stehenden Budgets. Natürlich wäre ich heute gerne mit einer achtköpfigen Crew angereist, aber das hätte den finanziellen Rahmen gesprengt. Man muss immer die Dimension berücksichtigen, in der man sich bewegt. Firewind sind eine kleine Club-Band, und meistens sind die örtlichen Kräfte absolut ausreichend. Dass des Geldes wieder nach Hause fahren müssen. Das wollte ich auf gar keinen Fall. Ich spiele jede Show, egal was dafür notwendig ist.

Gus G Pedalboard
Das Pedalboard mit Boss Harmonist PS-6, Boss DD-3, Boss CE-5, Morley Maverick Wah, Line 6 Relay G 70 und T-Rex Fuel Tank (Bild: Matthias Mineur)

Hast du dich heute bereits vor dem Soundcheck warmgespielt? Du kamst auf die Bühne und hast sofort so unglaublich flüssig und sicher gespielt, als ob du dich mindestens 30 Minuten vorbereitet hast.

Gus G.: Nein, leider bin ich kalt zum Soundcheck erschienen, was man eigentlich nicht tun sollte. Normalerweise spiele ich mich jeden Tag etwa 45 bis 60 Minuten warm, bevor ich zum ersten Mal auf die Bühne gehe. Ich spiele ein paar Skalen und mache Dehnübungen für die Hände und Finger. Wichtig ist immer, dass man das Blut zum Fließen bringt, sodass alles warm ist. Ich möchte diese Botschaft unbedingt an eure Leser richten: Spielt niemals kalt Gitarre, nehmt euch immer die Zeit, Finger, Muskeln und Sehnen warmzuspielen.

Gus G Pedalboard
Kanalumschalter und Boss DD-7 bedient Gitarrentechniker Jimmy Tott. (Bild: Matthias Mineur)

Hattest du schon einmal ernsthafte Probleme mit deiner Muskulatur?

Gus G.: Nein, zum Glück nicht, aber ich kenne viele Gitarristen, die solche Probleme haben oder hatten. Denen gebe ich Tipps, wie sie diese beheben können. Ich betrachte meinen Beruf wie den eines Sportlers. Wenn du einen Marathonlauf bestreiten willst, musst du dich sorgfältig darauf vorbereiten. Wenn ich mich mal nicht ausreichend warmgespielt habe, schmerzt mir der Unterarm oder ich spüre, dass mein Spiel steif klingt. Wann immer ich solche Symptome bemerke, dehne und wärme ich meine Muskulatur auf und entspanne mich.

Petros Christodoylidis
Bassist Petros Christodoylidis mit seinem ESP-Bass (Bild: Matthias Mineur)

In welcher deiner Bands ist dein Gitarrenspiel am anspruchsvollsten?

Gus G.: Bei Firewind und meiner Solo-Band habe ich mehr künstlerische Freiheiten als ich sie bei Ozzy hatte. Bei ihm gab es strikte Vorgaben: ,No More Tears‘ ist ,No More Tears` und ,Crazy Train‘ ist ,Crazy Train‘. Ich spielte die Songs so, wie es von mir erwartet wurde. Bei Firewind und in meiner Solo-Band dagegen spiele ich alle Parts genauso, wie ich es möchte und wie ich sie mir ausgedacht habe. Ich kann selbst entscheiden, ob ich ein Solo so spiele, wie es auf dem Album ist oder nicht. Und ich kann improvisieren oder die Enden der Stücke verändern. Denn es gehört zum Konzept der Bands, spontan zu agieren. Wobei ich gestehen muss, dass die Freiheiten in meiner Solo-Band noch ein Stück weit größer sind als bei Firewind, denn bei Firewind gibt es einen klaren stilistischen Rahmen, den wir einhalten wollen.

Gus G Amps
Die beiden Blackstar-Blackfire-200-Gus-G.-Signature-Tops mit 4x12er Boxen (Bild: Matthias Mineur)

Das aktuelle Album ,Immortals‘ ist bereits die achte Firewind-Veröffentlichung. Inwieweit haben sich dein Songwriting, dein Spiel und auch dein Geschmack über die Jahre verändert?

Gus G.: Natürlich hört man immer noch den gleichen Gus G., allerdings mit einigen Jahren mehr Erfahrung auf dem Buckel. Es ist immer noch meine musikalische DNA, die man aus den Songs heraushört. Ich hoffe natürlich, dass ich mich als Songschreiber und Gitarrist verbessert habe und meine Songs im Laufe der Jahre immer stärker geworden sind. Was aber nicht bedeutet, dass die ersten Alben schwach waren. Ich habe im Laufe der Jahre sehr viel über Musik und über das Arrangieren gelernt.

MoMark TA 500
MoMark TA 500 von Markbass plus Ampeg Classic Box (Bild: Matthias Mineur)

Was war die wichtigste Lektion, die du als Musiker lernen musstest?

Gus G.: Ganz klar: Geduld. Ich denke, dass ich als junger Musiker sehr ungeduldig war. Ich wollte, dass alles immer sofort und zeitgleich passiert. Vielen Musikern geht es ganz ähnlich, vor allem jungen Musikern. Im Laufe der Zeit aber wird man gelassener. Man braucht Geduld, um sein Ziel zu erreichen, denn die meisten Schritte einer Karriere benötigen Zeit und Durchhaltevermögen. Alles dauert seine Zeit, das perfekte Album, der perfekte Gig, der perfekte Sound. Der allererste Schuss ist nicht immer gleich ein Volltreffer, man braucht Ausdauer und Engagement, um die Bühnenshow zu perfektionieren, um zu verstehen, wie man sein Business optimieren kann.

Apropos: Mit deiner neuen Jackson-Signature-Gitarre stehst du mehr denn je mitten im Business. Du musst sehr stolz auf dieses tolle Instrument sein!

Gus G.: Ich freue mich immer wie ein kleines Kind, wenn ich an neuen Produkten teilhaben darf. Diese Signature-Modelle sind weit mehr als nur Teil meines Jobs, sie erfüllen einen Kindheitstraum. Natürlich sind solche Instrumente auch Teil des Geschäfts, bei dem es ums Geldverdienen geht. Der Hersteller will an den Modellen etwas verdienen, und auch ich bekomme von jedem verkauften Exemplar einen festgelegten Anteil. Das ist ja auch nur fair. Aber ich mache das nicht um reich zu werden, sondern um die Käufer glücklich zu machen. Und natürlich ist das vorrangige Ziel sehr egoistisch, nämlich ein Instrument in die eigenen Hände zu bekommen, das zu 100% meinen Wunschvorstellungen entspricht. Außerdem ist das Entwickeln neuer Gitarren ebenfalls ein sehr kreativer Prozess. Und man arbeitet mit einer legendären Firma wie Jackson …

… oder Seymour Duncan, die dir eigene Tonabnehmer gebaut haben.

Gus G.: Richtig. Es war der Wahnsinn, als Seymour Duncan mich kontaktierte und sagte: „Hey Gus, wir bauen dir deine eigenen Pickups, wenn du möchtest.“ Ich meine: Wie viele Gitarristen auf dieser Welt gibt es, die von Seymour Duncan eigene Tonabnehmer bekommen haben?

[2436]

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2017)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.