… und 6 Fragen an Michael Weikath

Interview: Helloween – Markus Grosskopf

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(Bild: Nuclear Blast)

Interviews mit Helloween-Bassist Markus Grosskopf sind vergleichsweise selten. Der Mann hat allerdings auch wirklich Pech, denn in der unter dem Slogan ‚Pumpkins United‘ seit 2016 wiedervereinigten Band mit zwei Sängern und gleich drei Gitarristen kommt die Rhythmusfraktion naturgemäß immer etwas zu kurz. Doch diesmal ist alles anders, denn der gebürtige Hamburger hat sich in Kooperation mit der Braunschweiger Firma Sandberg Guitars einen „Pumpkins“-Bass bauen lassen.

Natürlich haben wir uns das sehenswerte Unikat etwas genauer angeschaut und bei dieser Gelegenheit den 54-Jährigen auch zu seiner musikalischen Lebensgeschichte befragt. Zur Abrundung unseres kleinen Ausflugs ins Metal-gedüngte Kürbisfeld stand uns anschließend auch noch Gitarrist Michael Weikath zur Verfügung, um ein paar Fragen zu seinem aktuellen Equipment zu beantworten. Zunächst aber das Gespräch mit Markus Grosskopf.

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Interview

Markus, wie, wo und wann hat bei dir alles angefangen?

Das war während einer Jugendfreizeit auf einem Bauernhof in der Nähe von Hannover, wo ich ein paar Jungs kennenlernte, die einen Bassisten für ihre Punk-Band suchten. Ich war damals 14 und Punk-Fan und dachte nur: Das musst du machen! Allerdings besaß ich gar keinen Bass. Den wiederum hatten die Jungs, und nachdem ihr Vater das gesamte Equipment – Gitarre, Schlagzeug, Verstärker und Bass – herangekarrt hatte, spielte ich mit ihnen ‚Cocaine‘ von J.J. Cale. So ging es los. ‚Cocaine‘ blieb im Programm, dazu zwei eigene Songs und ein paar Stücke von den Sex Pistols und den Ramones. Zwei Jahre später stand ich zunehmend mehr auf AC/DC, Ted Nugent, Kiss und U.F.O., meine Haare wurden länger, ich spielte ständig Gene-Simmons-Licks und wollte lieber Metal machen. Also suchte ich mir die entsprechenden Mitmusiker.

Denkst du, es war Zufall, dass du ausgerechnet beim Bass gelandet bist?

Wohl kaum. Ich habe schon von klein auf beim Musikhören ganz besonders auf den Bass geachtet. Das fiel mir selbst damals natürlich nicht auf, aber heute weiß ich, dass mich der Bass immer schon fasziniert hat.

Welches war dein erster richtiger Bass?

Ein Fender Precision in Sunburst, für den meine Mutter mir das Geld geliehen hatte.

Besitzt du ihn noch?

Ich vermute, er befindet sich zurzeit bei Ralf Scheepers (Sänger von Primal Fear, Anm. d. Verf.). Zunächst hatte ihn Kai Hansen (der Gamma-Ray-Gitarrist ist nach 28 Jahren zu Helloween zurückgekehrt). Kai ist ein absoluter Bastler, der den Bass komplett auseinandergerupft und ihn dann Scheepers geliehen hat. Auf der Rückseite müsste eigentlich immer noch der Name meiner damaligen Freundin zu finden sein.

Bassist Markus Grosskopf
Zwei seiner Lieblings-Fender-Bässe

Und dein erster Amp?

Ich glaube, es waren ein Acoustic und ein kleiner 50-Watt-Würfel von HH. Allerdings: Als ich das erste Mal zu Kai in den Probekeller kam, zum Vorläufer von Helloween – die Bands hießen Second Hell und Gentry – stand dort nur ein Radioverstärker mit einer Box.

Hast du von Beginn an mit Plektrum und Fingern gespielt?

Ja, ich hab immer mit beidem herumexperimentiert, so wie es John Entwhistle, Gene Simmons und AC/DC auch immer gemacht haben. Manche Songs gehen halt besser mit den Fingern, andere wiederum besser mit Plektrum. Manchmal, wenn jeder dachte, dass sich die Achtel besser mit Fingern spielen lassen, fand ich es cooler, sie mit Plektrum zu spielen. Vielleicht weil es genauer war und knackiger klang.

Hattest du mal Unterricht?

Ja, allerdings auf einem Kontrabass. Ich bin großer Fan von Lee Rocker von den Stray Cats mit seinen Rockabilly-Upright-Bässen. Also kaufte ich mir vor einigen Jahren einen, hatte auch eine tolle Lehrerin, merkte dann aber, dass mir das Üben, zu Hause und so ganz alleine, nicht gefällt. Mir wurde schnell langweilig, da ich niemanden hatte, mit dem ich spielen konnte. Jetzt steht das Ding leider nur noch in der Ecke herum.

Kannst du Noten lesen und schreiben?

Mit dem Kontrabass-Unterricht hatte ich angefangen es zu lernen, aber von den rudimentären Kenntnissen ist mittlerweile nicht viel übrig geblieben.

Um die Jahrtausendwende hast du auch Fünfsaiter gespielt!

Angefangen habe ich damit während der Produktion von ‚The Dark Ride‘. Die Scheibe war etwas dunkler, langsamer und teilweise auch laid back, da gab es mehr Luft für tiefe Parts.

Gehört der Fünfsaiter auch zu deinem aktuellen Equipment?

Nein, mittlerweile spiele ich wieder ausschließlich Viersaiter, da ich nicht so häufig das Instrument wechseln möchte. Bei Flugreisen kann ich aus Platzgründen sowieso nur maximal drei Bässe mitnehmen.

Spielst du eher melodie- oder rhythmusorientiert?

Ich kann beides, immer abhängig vom betreffenden Song. Natürlich orientiere ich mich zunächst am Groove des Schlagzeugs, aber ich mag es auch, mal auszubrechen, wie etwa bei ‚Eagles Fly Free‘. Ich bin Fan der Siebziger und liebe die Basslinien von Entwhistle oder Geddy Lee. Auch bei Uriah Heep bricht der Bass oft aus. Dort bleiben die einzelnen Akkorde natürlich meist länger stehen als bei den Helloween-Songs, sodass mehr Zeit für den Bass vorhanden ist, ein paar schöne Melodien einzubauen. Aber auch bei Helloween funktioniert das hier und da schon mal. Ich spiele natürlich keine Marcus-Miller-Melodien. Im Vergleich zum wunderbar sauber spielenden Miller bin ich eher der dreckige Köter, mehr John Entwhistle oder Geezer Butler, bei denen die Melodien immer mit dem typischen Dreck verbunden sind.

Musstest du deinen Stil umstellen, seitdem ihr bei Helloween mit drei Gitarristen spielt?

Eigentlich nicht, denn zurzeit spielen wir nur die ollen Kamellen, um es mal so zu nennen. Es war eher so, dass sich Kai als der neue, dritte Gitarrist überlegen musste, ob er zu den vorhandenen Songs lieber Rhythmus oder eine dritte Harmonie spielen soll.

Du schwörst seit einigen Jahren auf Sandberg-Bässe, nicht wahr?

Die Sandbergs sind richtig geile Arbeitstiere, die sich toll anfühlen. Ein guter Bass muss sich dem Spieler anpassen und auf der Bühne eine Einheit mit ihm werden. Genau das passiert bei Sandberg-Bässen. Das Besondere an ihnen ist der über alle Lagen ausgewogene Ton. Die hohen Lagen haben genauso viel Bässe wie die tiefen, plus die Tatsache, dass sich die Instrumente wunderbar anfühlen. Wenn man – so wie wir – mit gleich drei Metal-Gitarren spielt, passiert es leicht, dass die tiefen Saiten kaum zu hören sind, während die hohen Saiten bereits klirren. Das geschieht bei Sandberg nicht.

Und die Amps? Ampeg findet man derzeit bei dir kaum noch.

Ampeg habe ich bis vor Kurzem gespielt, vor allem die alten Modelle aus den Siebzigern. Aber irgendwann waren ständig die Röhren durch. Unser Gitarrist Sascha, der etwas von Elektrotechnik versteht, hat mir erklärt, dass dies an den unterschiedlichen Impedanzen zwischen früher und heute liegt. Außerdem kostet ein Satz Röhren für einen solchen Amp schnell mal 800 Euro. Also habe ich einige alte Ampeg-Sounds geprofiled und in einen Kemper geladen. Früher hatte ich ja auch die großen 8x10er-Boxen, die ursprünglich dafür entwickelt wurden, um die PA zu unterstützen. Heute ist das nicht mehr notwendig, da sowieso alle mit In-Ear spielen. Deshalb habe ich mir zwei 4x10er Boxen besorgt, die sich unserem Bühnensound besser anpassen. Wenn wir in Übersee spielen, nehme ich nur meine beiden Kemper mit und leihe mir vor Ort zwei 4x10er Ampeg-Boxen aus. Unsere Gitarristen machen das ganz ähnlich.

Nutzt du auch die Effektabteilung innerhalb des Kemper?

Nein, ich fahre überhaupt keine Effekte. In meinem Sound gibt es lediglich ein wenig Kompression. Für das kurze Tapping in ‚Eagle Fly Free‘ schalte ich etwas Verzerrung hinzu, mehr aber auch nicht. Aber wer weiß, wie es sich entwickelt. In unserem Set gibt es ein paar Nummern, bei denen ich mir einen leichten Chorusoder Flanger-Effekt durchaus vorstellen könnte.

Was kannst du über deinen neuen Custom-Pumpkins-Bass erzählen, eine Kooperation mit Sandberg?

Sandberg hat mir den ersten und einzigen Kürbis-Bass gebaut, und zwar nicht nur mit Airbrush-Finish, sondern mit dreidimensionalen Konturen. Die Rippen, die man von Kürbissen kennt, werden richtig ins Holz geritzt. Das gleiche gilt auch für die Augen, die mit Leuchtfarben zum Glühen gebracht werden sollen. Mal schauen, ob es klappt. Der Bass entsteht in einer Art Kooperation zwischen Igor Vidojkovic und Sandberg.

Sandberg-Markus-Grosskopf-Pumpkins-Bass (Bild: Sandberg)

Wird er in Serie gehen?

Keine Ahnung. Zunächst entsteht nur dieses Einzelstück. Wer würde sich schon einen Kürbis-Bass kaufen, geschweige denn spielen?

Bist du in die einzelnen Features involviert, also: welches Holz, welche Pickups, welche Elektronik?

Ich bin zwar eingebunden, aber da ich mit meinen Sandberg-Bässen rundum zufrieden bin, bekommt der Pumpkins-Bass die gleichen Hölzer wie meine anderen Instrumente. Damit nicht zu viel Holz ausgefräst werden muss, gibt es – wie beim Jazz Bass – zwei Singlecoils. Vorne gibt es nur einen Volume-Regler, den Tone-Poti findet man in der Abdeckung auf der Rückseite. Darüber hinaus hat mir Igor ein paar weitere sehr geile Lackierungen gemacht, so als ob die Bässe ein halbes Jahr an der Alster gelegen hätten. Einer nennt sich Dirty White Boy, der andere heißt Blue Berry Bill und sieht hellblau-verrottet aus.

Seine Sandberg-Bässe Dirty White Boy und Blue Berry Bill
Einer seiner ersten Sandberg-California-Bässe

Danke für das Gespräch, Markus!


6 FRAGEN AN MICHAEL WEIKATH

Michael Weikath (Bild: Matthias Mineur)

Michael, zu deinen bevorzugten Gitarren zählen offenkundig Gibson Les Pauls. Seit wann besteht diese Präferenz?

Immer schon, allerdings konnte ich mir als junger Musiker noch keine Les Pauls leisten. Ich fing mit einer Karstadt-Gitarre mit zwei Singlecoils und Tremolo für 180 Mark an, und legte mir dann, als ich etwas mehr Geld hatte, eine Oakland-Strat für 450 Mark zu, immerhin mit einem Mahagonikorpus, den ich auch heute noch bei Gitarren bevorzuge, sowie zwei Humbucker. Mein Ziel war, ‚Hotel California‘ so original wie möglich spielen zu können. Meine erste richtige Gibson Les Paul bekam ich erst 1990. Sie kostete 2560 Mark, mit schwarzem Finish. Natürlich wollte ich das Modell unbedingt auch in Weiß besitzen. Kostete mich weitere 2560 Mark.

Seine schwarze Gibson Les Paul
Weikaths weiße Gibson Flying V
Seine Pumpkins-Flying-V

Du musstest 1990, also drei Jahre nach eurem riesigen Erfolg mit den beiden ‚Keeper Of The Seven Keys‘-Alben deine Gitarren noch kaufen? Wollte keine Company mit dir Werbung machen?

Nein, ich bekam zwar ein paar Prozente, aber ich bin halt auch nicht so ein arschgeiler Gitarrist wie Gary Moore oder Slash, mit denen jede Company gerne wirbt.

Und weshalb ausgerechnet Les Pauls, und nicht Strats oder Telecaster?

Weil ich immer schon fand, dass keine Gitarre einen solch sonoren Klang hat wie eine Les Paul. Die Gitarren klingen schon von Natur aus sehr warm, bluesig, jazzig, rund. Außerdem konnte man sie auch mit schwächeren Amps spielen und bekam trotzdem einen voluminösen Sound. So etwas geht mit Teles oder Strats nicht.

Welche Pickups?

Ich mag die 1959er von Häussel, aber – auf Empfehlung unseres anderen Gitarristen Sascha Gerstner – habe ich auch die Seymour Duncans SH 4 und SH 2 entdeckt.

Mit den originalen Gibson-Pickups bist du also nicht so glücklich?

Kommt darauf an. Die meisten Burstbucker gefallen mir nicht, aber ich besitze beispielsweise seit Jahren eine weiße Flying V mit PAFs, an der musste ich nichts ändern. Mit ihr habe ich fast komplett die Alben ‚Master Of The Rings‘ und ‚Time Of The Oath‘ eingespielt.

Welche Amps nimmst du mit auf Tour?

Live spiele ich mit einem Fractal Audio Axe Fx, bei dem mir Sascha meine Sounds programmiert hat. Im Studio nehme ich mit Kemper auf, und zwar mit einem Sound-Profile-Mix aus Marshall, ENGL und einem Vox AC30. Die Effekte sind auch immer gleich mit programmiert, vor allem ein wenig Delay, Tape Echo und ein Roland Space Echo, mein Lieblings-Effektgerät, das ich gerne auch als richtige Tretmine dabei habe, wenn das möglich ist.

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2020)

 

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Markus ist ein ganz großer, das muss ich hier mal loswerden. Bassisten aus der Hard Rock- und Metal-Szene werden für mich eh oft unterbewertet, John Myung und Billy Sheehan mal ausgenommen.

    Viele meinen halt, “die kloppen ja immer nur Achtel durch”. Mal abgesehen davon, dass man auch dabei hört, ob einer einen guten Groove hat (Cliff Williams, yeah!), gibt es doch eine Menge Rock-Bassisten, die technisch versiert sind und sehr kreative Basslinien spielen. Und da sollte man sich unbedingt mal anhören, was Markus Großkopf auf den beiden Keeper-Scheiben abgeliefert hat.

    Für mich übrigens ein Grund, weshalb ich mit den immer tiefer gestimmten Gitarren nicht warm werde – der Bass muss dann in Bereiche runter, in denen das Ohr die einzelnen Töne kaum noch richtig differenzieren kann.

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  2. Mit Sicherheit wird M. G. mit dem neuen Bass ebenfalls voll ab-gehen und sein Meisterwerk vollbringen.
    Mehr muss man nicht sagen, sondern nur auf saugen was da kommen wird. Ok
    Also Alter M. G. bleib Hard – Metal – Hard.über Hard

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