G3 Tour Teil 2

Dave LaRue: Für mich spricht ein Bass durch seine Mitten

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Dave LaRue
(Bild: Mineur)

Mit Dave LaRue hatte John Petrucci auf der diesjährigen G3-Tour einen der besten und vielseitigsten Rock-Bassisten der Welt an seiner Seite. Der 55-Jährige gilt als stilistisch äußerst flexibel und darüber hinaus als überaus erfahrener Trio-Spezialist. Nicht ganz unwichtig für Petrucci, der von Dream Theater eine Wall of Sound mit zusätzlichen Keyboards und starkem Leadgesang gewohnt ist.

LaRue ist Berklee-Absolvent und hat vor etwa zehn Jahren den mittlerweile legendären Music-Man-Bongo-Bass mitentwickelt. Seit 1988 gehört er zu den renommierten Dixie Dregs, seit 1989 zur Steve Morse Band und seit 2008 auch zur Allstar-Truppe Flying Colors. Zudem kümmert er sich – wenn er die Zeit findet – um sein Fusion-Trio in Orlando. Wir trafen den freundlichen Musiker am Nachmittag vor der G3-Show in einem Groninger Hotel und erfuhren einige spannende Details über sein Zusammenspiel mit dem Dream-Theater-Boss und über seine offensichtlich zur Realität werdenden Soloalbum-Pläne.

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Dave, unser letztes gemeinsames Interview liegt sechs Jahre zurück und fand ebenfalls auf einer G3-Tour statt. Damals warst du Mitglied der Steve Morse Band, diesmal spielst du mit John Petrucci. Was zeichnet beide aus deiner Sicht besonders aus?

Zunächst einmal sind John und Steve beides großartige Komponisten. Das ist für mich sehr wichtig, denn ich liebe Musik, ich liebe die Herausforderung, und ihre vielschichtigen Songs versetzen mich in die Lage, als Bassist ganz unterschiedliche Stile zu spielen. Bei beiden ist mehr als nur das übliche Bass-Spielen gefordert, sondern Harmonien, Melodien und sogar Soli. Zudem sind beide nicht nur großartige Komponisten, sondern auch überragende Gitarristen auf einem unglaublich hohen spielerischen Niveau, sodass ich gezwungen werde, hart zu arbeiten, um auf ihrem Level mithalten zu können.

Und welche Unterschiede lassen sich zwischen Petrucci und Morse feststellen?

Johns Musik ist offenkundig ein wenig heavier, sodass ich überwiegend mit einem Fünfsaiter spiele, weil es die Songs so vorgeben. Bei Steve dagegen spiele ich überwiegend Viersaiter und nur sehr selten meinen Fünfsaiter. Steve spielt eher traditionellen Rock mit einigen klassischen Einflüssen, John tendiert stärker zum Metal.

Bietest du deshalb auch einen generell anderen Sound an? Spielst du mit unterschiedlichen Techniken, beispielsweise bei Steve Morse mit Fingern und bei John Petrucci mit Plektrum?

Nein, denn beide haben mich engagiert, damit ich meinen eigenen Stil einbringe. Mein Sound ist gleich, mein Equipment ist dasselbe, lediglich ein paar Effekte unterscheiden sich. Bei ‚Damage Control‘ beispielsweise gibt es eine Passage, in der John über einige lang anhaltende Akkorde soliert und ich deshalb einen Phase Shifter hinzuschalte, um einen breiteren Sound und etwas mehr Farbe zu bekommen. Die übrigen Delays und Reverbs spiele ich bei beiden.

Dave LaRue
(Bild: Mineur)

Ist die Trio-Besetzung deine bevorzugte Konstellation?

Absolut, ich liebe Trios, weil ich dann mehr Raum für mein Spiel habe. Außerdem habe ich festgestellt, dass man in einem Trio nicht nur spielerisch und harmonisch eine Menge beisteuern muss, sondern auch klanglich. Mir gefällt das, ich spiele gerne Harmonien und Melodien, und ich mache mir gerne Gedanken über den bestmöglichen Sound.

Ändert sich dein Sound, wenn Petrucci in einem Song vom Rhythmus- in den Solopart wechselt?

Nein, viele andere Bassisten machen das so, wie du es beschreibst. Brian Beller zum Beispiel, der auf dieser Tour mit Joe Satriani spielt, beherrscht das perfekt. Er schaltet permanent irgendwelche Effekte hinzu oder ab. Ich dagegen achte mehr darauf, was jeweils spielerisch gefordert ist, wie viele Noten ich spielen sollte, damit der Raum gefüllt ist. Manchmal slappe ich dann, schlage härter an oder verändere die Einstellung an meinem Volume-Poti. Ein anderes Mal halte ich meinen Part bewusst simpel, weil John so geschäftig spielt. Aber immer ist es mein Sound, der vor allem aus Bass, Amp und natürlich meinen Fingern kommt.

Dave LaRue
Die Kraftmaschinen: zwei Ampeg SVT-4 Pro (Bild: Mineur)

Du hast eine Band in Orlando, mit der du ein Soloalbum veröffentlichen willst. Wie sieht da die generelle Instrumentierung der Songs aus?

Es variiert. Einige Stücke werden in Trio-Besetzung mit meiner Band eingespielt, was für mich die gewohnteste Art ist und mir am meisten Spaß macht. Auch weil ich die Stücke anschließend mit meiner Band live spielen und sie deshalb nicht überproduzieren will. Darüber hinaus gibt es aber auch Kompositionen, die etwas breiter aufgestellt sind und für die ich Percussionisten und Keyboarder verpflichtet und bei denen ich beispielsweise auch Akustik-Gitarren im Kopf habe. Diese Songs werden am Ende sicherlich sehr produziert klingen.

Würdest du dein eigenes Songwriting als progressiv bezeichnen?

Ja, könnte man so sagen, es tendiert ähnlich wie Petruccis Stücke in Richtung Metal, hat im Gegensatz dazu aber auch einige Jazz-Einflüsse.

Lass uns über dein Equipment sprechen: Dein aktueller Bongo Bass ist bereits nahezu zehn Jahre alt. Hast du mal über ein Update des Originals nachgedacht?

Nun, Music Man haben sich in den zurückliegenden Jahren verstärkt um einige andere Modelle gekümmert, vor allem um passive Bässe, mehr im Stile von Jazz Bass oder Precision, also mehr Retro-Sound und -Gefühl. Ich vermute, dass sie von Zeit zu Zeit etwas anderes ausprobieren, um zu schauen, was am Markt ankommt. Die Firma ist sehr kreativ und immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Vielleicht werden sie aber irgendwann auch den Bongo wieder stärker ins Visier nehmen und neue Dinge mit ihm ausprobieren. Ich finde den Bongo immer noch großartig, weil er so enorm vielseitig ist. Ich kann unterschiedliche Sounds abrufen und ihn meinen unterschiedlichen Jobs anpassen.

Dave LaRue
LaRues blauer Music Man Bongo (Bild: Mineur)

Hättest du denn überhaupt Verbesserungsvorschläge?

Ich erzähle dir die Wahrheit: Ich wünschte, der Bongo hätte einen kleineren Korpus und einen etwas weniger klobigen Hals. Der Sterling-Bass, den ich vor dem Bongo gespielt habe, hat einen perfekten Hals, dafür liebe ich den Sound des Bongo-Halses. Für mich ist er insgesamt OK, aber Music Man sind mittlerweile zu einem dickeren Hals zurückgekehrt. Wenn ich also heute meinen eigenen Bongo bauen würde, hätte er meinen Korpus aber einen dünneren Hals. Ich meine: Schau mich an! Ich bin nicht sonderlich groß, also könnte auch mein Instrument durchaus etwas kleiner und kompakter sein. Andererseits liebe ich den Sound des Bongos, daran würde ich natürlich nichts ändern wollen.

Obwohl sich die Rolle und damit auch der Sound des Basses in aktuellen Produktionen sehr geändert hat.

Das stimmt, da hast du 100%ig Recht! Sogar dramatisch, denn heutzutage wird der Bass bei Produktionen oft sehr sonderbar gemischt. Mir gefällt das nicht, denn für mein Gefühl nehmen sie die Mitten zu stark heraus und drehen die tiefen Frequenzen voll rein, sodass es schon fast wehtut. Ich komme aus der alten Schule mit John Paul Jones oder Jaco Pastorius, deren Sound sehr mittig war, ebenso wie in den alten Motown-Sachen mit James Jamerson, die im Mittenbereich sehr präsent und klar definiert waren. Ich habe den Eindruck, dass dies heutzutage nicht mehr gefragt ist. Für mich spricht ein Bass durch seine Mitten. Die tiefen Frequenzen bringen zwar den Druck, aber man muss so etwas sorgfältig austarieren, damit die Cello-Qualitäten eines Basses nicht verloren gehen und stattdessen alles nur noch brüllt.

Dave LaRue
Basstechniker: David ‚Fozzy‘ Fosbinder (Bild: Mineur)

Denkst du, dass diese Entwicklung damit zu tun hat, dass sich auch der generelle Schlagzeug-Sound sehr verändert hat?

Ja, da besteht sicherlich ein Zusammenhang. Ich mag durchaus die modernen Drum-Sounds, wohingegen sich der Bass-Sound für mein Empfinden eher verschlechtert hat. Einem guten Toningenieur gelingt beides, der moderne Touch aber auch die Klarheit und Präsenz des Basses, wie man ihn von früher kennt. Ich vermute, dass irgendjemand irgendwann damit anfängt, den traditionellen Bass-Sound zu begraben und nur die tiefen Frequenzen zu betonen, und jemand anderes denkt: OK, damit scheint man Erfolg zu haben, also möchte ich auch so klingen. Ob es sich wirklich so verhält, weiß ich natürlich nicht, ich fantasiere jetzt nur mal so vor mich hin. Ich mag vieles davon nicht, auch die unnatürlich klingenden Drums nicht.

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(erschienen in Gitarre & Bass 07/2018)

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