Renommée erwirbt ein Hersteller durch die Qualität seiner Produkte – zur etablierten Größe wird er, wenn die Namen der bedeutenden zeitgenössischen Spieler seine Fahnen schmücken. Ibanez, anfangs als typisch japanischer Kopist verschrien, hat in diesem Sinne auch in der Sparte Jazz-Gitarre eine einzigartige Erfolgsgeschichte geschrieben.
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Es ist schon erstaunlich, was Ibanez im Laufe der Zeit auf die Beine gestellt hat. Kein anderer Hersteller kann eine vergleichbare Kooperation mit Musikern aufweisen, keiner hat so viele Signature-Instrumente am Markt. Dabei begann alles mit eher harmlosen Nachahmungen berühmter Gitarrentypen.
Zunächst belächelt und nicht ernst genommen wegen ihrer anfangs recht plumpen Nachbildungen vornehmlich amerikanischer Originale, konnten sie sich dank stetig wachsender Produktqualität dann aber immer mehr Marktanteile sichern und wurden endlich, wenn auch spät, als ernstzunehmende Gefahr wahrgenommen.
Schon zu frühen Produktionszeiten hatte Ibanez auch ein Auge auf die Jazz-Gitarren geworfen. Da gibt es aus den 70er-Jahren sehr schöne 1:1-Kopien, etwa der L5, der Howard Roberts, der ES-175 oder des Johnny-Smith-Modells von Gibson. Ende der 70er-Jahre begann Ibanez dann auch im Sektor Jazz-Gitarre mit Erfolg eigene Designs auf den Markt zu bringen. Mehr noch, es gelang den Japanern amerikanische Jazz-Stars für eine langfristige Zusammenarbeit zu gewinnen.
George Benson
Den Anfang machte Jazz-Star George Benson. Zusammen mit den Ibanez-Entwicklern entwarf er sein eigenes Modell, gemeinsam schuf man damit einen echten Evergreen. George war durch seinen Kollegen Phil Upchurch auf die Jazz-Gitarren von Ibanez aufmerksam gemacht worden, damals noch Kopien von Gibson-Archtops, und war beeindruckt von der Handwerkskunst und guten Spielbarkeit.
„Als wir mit der Arbeit an der GB10 und später der GB20 begannen, versprach Ibanez, eine Gitarre zu bauen, auf die ich stolz sein könne. Sie erlaubten, mir meine eigenen Gedanken darüber zum Ausdruck zu bringen, wie eine solche Gitarre gemacht sein sollte. Dann gaben sie mir jeweils Rückmeldung, wie diese Ideen den Sound beeinflussen würden.
Sie waren Gitarrenbauer und nicht einfach eine Firma, die Holz verkauft. Seinerzeit spielte ich eine Guild, mehrere Gibsons und einige Epiphones. Das Problem war, dass meine Gitarren nicht für das Reisen geschaffen waren. Immer wenn ich in eine neue Stadt kam, musste ich mich nach einem Gitarrenbauer umsehen und das war ich richtig leid. Ich machte mir schon Gedanken, ob ich Kontakt zu Ibanez suchen sollte, aber bevor ich dazu kam, kontakteten sie mich. Jeff Hasselberger (Hasselberger von Hoshino USA war von 1973 bis 1982 maßgeblich an der Modell-Entwicklung bei Ibanez beteiligt) und ich stimmten uns in eine gute Beziehung ein. Hasselberger war gitarrenverrückt und ich mag Leute, die gitarrenverrückt sind.
Ich sagte ihm, dass das einzige Problem von Ibanez sei, dass die Firma keine eigenständigen Modelle habe. Er kam dann eines Tages zu mir nach Hause, zog ein Blatt Papier heraus und begann aufzuzeichnen, was später die George Benson GB10 werden sollte: Ich wollte vor allem eine kleinere Gitarre, die ich in der Handgepäckablage im Flieger unterbringen konnte, ohne sie extra aufgeben zu müssen. Ich hatte genug Ärger mit bruchgefährdeten Kopfplatten gehabt, deshalb wollte ich eine Volute (Verdickung zwischen Hals und Kopfplatte), um diese Stelle kräftiger zu machen. Ibanez entwickelte zudem die justierbare Saitenaufhängung, welche eine Art Kennzeichen für die George-Benson-Gitarren geworden ist. So kann ich den Druck der Saiten auf den Steg inviduell, notfalls sogar noch auf der Bühne einstellen. Letztlich bat ich um Floating-Pickups, um den akustischen Sound des Instruments nicht zu beeinträchtigen.
Etwa ein Jahr später ging ich in Japan auf Tour. Die Leute von Hoshino trafen mich am Flughafen. Sie waren sehr aufgeregt und brachten mich sofort zum Hotel, um mir dort den Prototyp der GB10 zu zeigen. Die Größe war genau richtig, um sie im Flugzeug zu transportieren und, wie versprochen, war die Gitarre sehr bühnentauglich.
Über die Jahre ist mir die Gitarre vielfach auf der Bühne umgefallen und wenn ich sie wieder hoch nahm, brauchte ich sie meistens nicht einmal nachzustimmen. Ich bin sehr glücklich über meine Verbindung mit Ibanez. Ibanez hielt sein Versprechen: Sie bauten ein Instrument, auf das wir beide stolz sein konnten. Die Ibanez George-Benson-Gitarre ist legendär geworden.“
Die GB10 erblickte also bereits 1978 das Licht der Welt und ist seit ihrer Einführung ununterbrochen und, abgesehen von Kleinigkeiten, auch unverändert im Programm. Die Jazz-Gitarre mit dem ungewöhnlich kleinen Korpus erregte schon optisch Aufsehen und etablierte sich als eigenständiger Typus überaus schnell in der Szene, ja überwand sogar Genre-Grenzen, da so unterschiedliche Musiker wie Van Morrison, Joni Mitchell oder Prince sich ihrer bedienten.
Hier einige Konstruktionsmerkmale: Decke aus laminierter Fichte, Boden und Zargen aus geflammtem Ahorn, dreiteiliger Ahornhals mit Ebenholzgriffbrett, zwei Floating-Mini-Humbucker, einer am Hals, der andere am Pickguard montiert. Originell ist auch das Tailpiece, welches über zwei Schrauben wahlweise Zugriff auf die Spannung der drei Bass- oder der drei Diskantsaiten gewährt. Die Gitarre verfügt über eine Mensur von 62,8 cm und kommt in den Farben Brown Sunbust oder Natural. Zur GB10 gesellte sich gleich am Anfang das Modell GB20. Mit 17″ Korpusgröße entsprach diese Ausführung eher einer gewohnten Archtop.
Wie das kleinere Schwestermodell basierte auch sie auf einer Decke aus laminierter Fichte und ebenfalls geschichtetem Flamed Maple für Zargen und Boden. Der Hals war bei beiden Modellen identisch beschaffen. Während die GB10 über zwei Mini-Humbucker verfügte, hatte die GB20 lediglich einen Humbucker in der Halsposition. Das kleine Modell ließ sich über individuelle Volume- und Tone-Regler elektrisch verwalten, die GB20 besaß lediglich einen auf das Pickguard montierten Lautstärkeregler.
Die Produktion der heute nur noch schwer zu findenden GB20 wurde bereits 1983 eingestellt. Eine erste Variation erfuhr das kleine George-Benson-Modell 1986 mit der GB30, die mit einem Center-Block, vergleichbar einer Gibson ES-335, ausgestattet war und mit schwarzer Hardware sowie Super-58-Pickups antrat. 1993/92 wurde die Fertigung dieses Modells wieder eingestellt. Das üppig ausgestattete GB12 Limited Edition 12th Anniversary Modell wurde von 1990 bis 1992 hergestellt und präsentierte sich mit großartig gemaserten massiven Korpushölzern inklusive einer Decke aus Flamed Maple, Randeinlagen aus Abalone, floralen Griffbrettmarkierungen und einer 12thAnniversary-Einlage auf der Kopfplatte.
Auf den ersten Blick der GB10 entsprechend, wartete das Sondermodell mit einem etwas tieferen Korpus auf. 1993 löste die GB100 das limitierte Geburtstags-Modell mit identischen Features ab, doch 1996 fand auch diese Linie ihr Ende. An die GB20 erinnerte von der Korpusgröße her dann wieder das 1993/94 vorgestellte Modell GB5. Die Decke der GB5 besteht aus laminierter Fichte, Boden und Zargen aus laminiertem Flamed Maple. Zu Beginn der Produktion wurde diese Modellvariante sogar mit Schellack-Versiegelung ausgeliefert. 1995 wechselte man zum UrethanFinish, 1996 lief die Reihe aus. Die GB10JS wurde lediglich 1999 mehrheitlich in Korea, teilweise aber auch in Japan produziert.
Das Modell unterscheidet sich in einigen kosmetischen Details – andere Reglerknöpfe, anderes Pickguard, kein Inlay auf der Brücke – vor allem aber im Griffbrettmaterial von der GB10, da hier anstelle von Ebenholz Palisander eingesetzt wurde. Die aktuelle GB200 bedient mit klassischen Korpusdimensionen, aber nicht zu tiefer Zarge das Bedürfnis nach der guten alten, großen Jazz-Gitarre bei trotzdem komfortablen Spielbedingungen. Ausgestattet mit laminierter Fichtendecke, Boden und Zargen aus Ahorn, dreiteiligem Hals und zwei herkömmlich verschalteten Super-58- Humbuckern liegt sie im modernen Mainstream bewährter Archtop-Konstruktionen.
Pat Metheny
War das George-Benson-Modell seinerzeit schon ein unerwartet origineller Entwurf, so kann Pat Metheny, vormals kaum zu trennen von seiner alten Gibson ES-175, der wohl größte Wandel zugeschrieben werden, als er die PM100 zu seiner Hauptgitarre machte. Das war allerdings nicht über Nacht geschehen. Wegen Methenys unglaublich vollem Terminplan brauchte es über ein Jahrzehnt an Faxen, Telefonaten und um den Erdball herum geschickter Instrumente, bis die PMGitarren endlich Realität werden konnten.
Aber 1996 bekam dann also auch der musikalische Weltumsegler Pat Metheny seine Signature-Gitarre. Pat spielt seither sein PM100-Modell aus regulärer Produktion bei Konzerten überall auf der Welt. „Diese Gitarre ist wie ein alter Baseball-Handschuh für mich. Ich hab sie regelmäßig gespielt, seit sie bei den Aufnahmen zum Album ‚Question And Answer‘ in den Mittelpunkt rückte.“
Der deutsche Lehrbuchautor und Gitarrist Frank Haunschild bekam von Metheny selbst einige Informationen aus erster Hand zur Entstehung des PM-Signature-Modells: „Pat Metheny erzählte mir im Jahre 1991 auf einem Workshop in Den Haag, dass er händeringend nach einem Ersatz für seine schon arg ramponierte Gibson ES-175 suche.
Er hatte dazu einige alte ES-175 desselben Baujahres gekauft, die zum Teil sogar benachbarte Seriennummern hatten, war aber letzten Endes nie mit diesen Gitarren zufrieden. So entschloss er sich, die Maße dieses Instruments in einen Computer einzugeben, um ein dreidimensionales Abbild zu erhalten und sich damit eine möglichst genaue Kopie seiner Lieblingsgitarre bauen zu lassen.
Mit diesen Daten und seiner alten ES flog er nach Japan, um mit der Firma Ibanez eine langjährige Zusammenarbeit zu eröffnen. Das Ergebnis war zunächst ein Prototyp, mit dem ich ihn auf dem besagten Workshop und zu verschiedenen anderen Gelegenheiten spielen sah. 1996 kam dann die Ibanez PM100 heraus. Diese PM100 unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von dem Prototyp, den ich in die Hand nehmen durfte, und stellt eine im Grunde eigenständige Kreation von Pat Metheny und den Designern von Ibanez dar.“
Etwa ein Jahr später kam mit der PM20 dann noch ein kleineres, preiswerteres Schwestermodell auf den Markt, das seines einfachen gerundeten Cutaways und insgesamt eher klassischen Zuschnitts wegen stärker als die exklusiv gestaltete PM100 auf den ursprünglichen Ausgangspunkt ES-175 verweist. Das im Jahr 2000 vorgestellte, elektrisch etwas erweiterte Modell PM120 rundet das Programm schlüssig ab. Ein zweiter Humbucker in der Stegposition ergänzt das ansonsten weitgehend der PM100 entsprechende Design, sieht man einmal von der deutlich schmaleren Zarge ab.
Die beiden Signature-Modelle PM100 und PM120 sind etwa in der Größe einer traditionellen Jazz-Gitarre im 16″-Format gebaut, verfügen aber mit ihrem ungewöhnlich geschnittenen Double-Cutaway-Design über einen Hals/Korpusansatz im 17. Bund, um die optimale Bespielbarkeit der hohen Griffbrettlagen zu gewährleisten. Schmale Zargen – 3″ (7,62 cm) bei der PM100; 2″ (5,08 cm) bei der PM120 – sollen überdies den allgemeinen Spielkomfort und die Projektionseigenschaften im Bereich der Mitten verbessern und zudem das Feedback effektiv eingrenzen.
Während die PM100 lediglich über einen direkt auf die Decke geschraubten Super-58-Alnico-Humbucker in Halsposition verfügt, bekam die PM120 zwei Silent- 58-Humbucker. Bei beiden Gitarren besteht der Korpus aus laminiertem Ahorn und der Hals aus Mahagoni (Prestige) mit einem eingefassten Griffbrett aus Ebenholz. Die jeweilige Mensur umfasst 628 mm. Die Konstruktion ist so ausgelegt, dass sie das Spiel im Jazz-, wie auch im Rock-Bereich problemlos ermöglichen soll. Beide Varianten dieser Top-Modelle werden in Japan von den erfahrensten Gitarrenbauern Fujigen Gakkis gefertigt.
Eine letzte Ergänzung erfuhr die Reihe der Pat-Metheny-Signature-Gitarren im Jahr 2008 mit dem Modell PM35, welches dem inzwischen eingestellten Modell PM20 nachfolgt und sich wiederum eher im traditionellen Baustil mit einem einzelnen gerundeten Cutaway sowie einem Custom-58- Pickup am Hals (einem Humbucker mit keramischem Magnet) und im Unterschied zu den Hauptmodellen mit einem fünfteilig verleimten Hals aus Ahorn und Walnuss präsentiert.
Pat Metheney resümiert: „Es brauchte einige Zeit, verschiedene Prototypen und jede Menge Ausdauer auf allen Seiten, aber die finalen Ergebnisse sind exzellent. Ich liebe es, all diese verschiedenen PM-Modelle zu spielen und bin ziemlich stolz darauf, mich mit ihnen verbunden zu wissen.“
John Scofield
Der große John Scofield, Jazz-Groove-Spezialist der besonderen Art und Vorbild ganzer Generationen junger Jazz-Gitarristen, spielte für viele Jahre das Ibanez-Serienmodell AS200 – man kann sogar sagen: Er machte es berühmt. 1981 legte er seine altgediente Gibson ES-335 zur Seite, um gänzlich zur semiakustischen Variante von Ibanez zu wechseln. Die AS200 hatte einen Vorläufer mit dem Modellnamen Artist 2630. Dieses lediglich zwei Jahre lang produzierte Modell gab es bereits seit 1978. Die 2630 besaß noch die volle Gibson-ES-Korpusgröße, die bei der AS200 dann leicht verkleinert wurde.
Anstelle der mittenarmen Flying-Finger-Tonabnehmer bei der 2630 und der nachfolgenden Super-80-Pickups bei der älteren Version der AS200 kamen nun Super-58-Humbucker zum Einsatz, aber im Wesentlichen wurde die Konstruktion beibehalten. John Scofield berichtet über den ersten Kontakt zu Ibanez: „Manchmal sind wir ein bisschen versnobt, wenn es um die Gitarren geht, die wir hier in den Vereinigten Staaten hervorgebracht haben. Aber das sind nicht die einzigen guten Gitarren auf der Welt, was ich damals, 1981, entdeckte.
Ich war mit dem Jazz-Trompeter Terumasa Hino in Japan auf Tour. Eines Abends traf ich mich backstage mit einigen Leuten von Ibanez, die daran interessiert waren, dass ich eine ihrer Gitarren ausprobierte. Und das war ein günstiger Moment für uns alle. Ich spielte damals eine Gibson ES-335 aus den frühen 60er-Jahren, die letzte aus einer langen Liste von Gitarren, die ich über die Jahre gespielt hatte und die zu meinem Haupt-Instrument geworden war. Zu der Zeit bedurfte meine Gitarre aber einiger Überarbeitung: Der Hals hatte sich verzogen und sie hatte auch noch einige andere Probleme.
Die Hoshino-Vertreter übergaben mir eine AS200 aus der regulären Produktion, die sehr gut eingestellt war und einfach großartig klang. Ich spielte sie sofort bei dem anschließenden Gig. Später fragten sie mich, ob ich ihr Endorser werden möchte. Ich dachte mir, wenn sie in der Lage waren, solche Gitarren wie diese zu bauen – von mir aus gerne! – und sagte zu. Ich arbeitete dann viel mit Rich Lasner und Bill Reim von Hoshino USA zusammen.
Lasner wollte mich bisweilen für andere Modelle interessieren, aber ich liebte es, wie sich der Hals meiner AS200 von 1981 anfühlte. Das war die Gitarre, zu der ich immer wieder zurückkehrte. Du findest etwas, womit du zufrieden bist und bleibst dabei. Wenn ich bei Aufnahmen mal einen einen anderen Sound wie z. B. den einer Strat benötige, dann benutze ich auch eine Strat, aber die originale AS200 von 1981 ist meine Hauptgitarre.“
Mehr als 20 Jahre lang spielte der monogame John dann dieses Instrument quasi ohne Unterbrechung und kommentierte ihren Klang wie folgt: „Die AS200 steht als Semi-Solidbody (oder Semi-Acoustic) vom Charakter her zwischen den Solidbody- und den Vollresonanzgitarren und kann all das abdecken, wofür man sonst Instrumente verschiedener Bauarten bräuchte. Damit haben natürlich auch die hier verwendeten Hölzer zu tun – Ahorn für den Korpus und eine Kombination aus Ahorn und Mahagoni für den Hals.
Das Geniale an diesem Instrument ist, dass man mit ihm wegen seiner Bauart unheimlich viel machen kann. Ich liebe diesen warmen, ausgewogenen Grund-Sound, der funktioniert für mich von Jazz bis Funk.“ 2001 brachte Ibanez dann endlich das längst überfällige John-Scofield-Modell JSM100 als Hommage an einen seiner treuesten Spieler auf den Markt, welches im Wesentlichen natürlich auf der AS200 basierte und wie diese mit Super-58-Pickups ausgestattet war.
Der Mahagoni-Hals bei der JSM 100 verfügt über ein modernes „Prestige“-Profil mit Compound-Griffbrett aus Ebenholz. Der Zuschnitt der Kopfplatte wiederum folgt auf Johns Wunsch hin dem des bewährten AS200-Modells. Die Kabelbuchse verlegte man allerdings in die untere Zarge. Auf dem Weg zu John Scofields Signature-Gitarre gab es unerwartete Probleme, da durch eine Verlagerung der Produktion der AS200 von Fujigen Gakki in eine andere Fabrik Ende der 90er-Jahre die Originalpläne verloren gegangen waren.
Also musste man Sco mit seiner AS200 nach Los Angeles einfliegen, wo in der dortigen Ibanez-R&D-Abteilung jedes einzelne Detail vermessen und millimetergenau dokumentiert wurde, um auf dieser Grundlage die neue Ibanez-JSM, also das John-Scofield-Modell entstehen lassen zu können. Sie ist demnach eine exakte Reproduktion der originalen Fujigen-Gitarre mit kleinen Verbesserungen.
John zu seinem Signature-Modell: „Ich liebe meine Gitarre. Wir sind zusammen aufgewachsen in diesem Geschäft. Ich bin für das Denken, sie ist für das Reden zuständig. Wir sind quasi wie ein Paar.“ Und zu seinen Gitarrenbauern: „Die Leute bei Ibanez waren immer großartig, in Japan, wie in Bensalem, USA. Andere Firmen haben versucht, mich zu einem Wechsel des Endorsements zu überreden, aber es gab nie einen Grund zu wechseln.“
Joe Pass
Auch mit Jazz-Legende Joe Pass arbeitete Ibanez zusammen. Aus der Kooperation entstand 1981 das Modell JP20 mit 16″- Korpus. Formal betrachtet ähnelte das Design der Ibanez Special G&B 43 Joe-Pass-Gitarre stark dem James-D’Aquisto-Modell gleicher Korpusgröße, welches Joe seit Anfang der 70er-Jahre gespielt hatte. Die Decke der JP20 bestand aus laminierter Fichte, Zargen und Boden wurden aus geflammtem Ahorn gefertigt.
Ein einzelnes, tief geschnittenes Cutaway machte 22 Bünde in einem Ebenholzgriffbrett mit Blockeinlagen auch für die hohen Lagen zugänglich. Ein einzelner Super-58- Humbucker findet sich etwas vom Griffbrett weg nach innen gerückt auf der Decke. Die Mensur beträgt bei der JP20 64,8 cm; der Saitenhalter besteht aus einem massiven Stück Ebenholz. Das JP20-Modell konnte keine große Akzeptanz erlangen. Auch Joe Pass selbst, so wird berichtet, vermochte kein wirkliches Liebesverhältnis zu seiner eigenen Gitarre entwickeln, wenngleich er sie trotzdem gelegentlich für Aufnahmen nutzte und auch live spielte.
Bei den potenziellen Kunden kam sie nicht zuletzt wegen des etwas speziell platzierten Tonabnehmers und des daraus resultierenden weniger vollen Tons nicht gut an. 1991 endete nach immerhin zehn Jahren Laufzeit die Produktion.
https://www.youtube.com/watch?v=FMC-4xDK8gk
Lee Ritenour
Die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Studio-Ass Lee Ritenour führte zu dem Signature-Modell LR10, welches bereits 1980 in Produktion ging, aber erst 1982 auf den Markt gebracht wurde, da Ritenour mit der ersten Version nicht zufrieden war. Er wollte die Ibanez-Hardware nicht, sondern eine Tune-o-matic-Brücke, außerdem gab es Diskussionen um die Pickups und um die Schaltung. Das klassische Double-CutawayThinline-Design mit 62,8-cm-Mensur ähnelt zwar der AS200, die es bereits gab, wurde aber unabhängig davon entwickelt und ist einer Gibson ES-335 viel näher.
Lee Ritenour präsentierte sein Modell 1983 auf der Musikmesse in Frankfurt, wo Dieter Roesberg ihn sah: „Er klang damit sehr gut, es war sein Sound. Die Gitarre war auch genial für Slide-Spiel, was er damals oft einsetzte. Ritenour spielte damals auch brüllend laut, deshalb wurde die Gitarre mit geschlossenen Schalllöchern ausgeliefert.“ Die Ritenour-Gitarre war zur Feedback-Minderung mit Schaumstoff ausgestopft, die f-Löcher mit Gummi abgedeckt.
Dieter Roesberg: „Ich besitze selbst seit 1982 eine LR10, müsste aber, wenn ich sie live spielen würde, die Pickups gegen gute PAF-Typen austauschen. Denn die originalen Tonabnehmer klingen mir persönlich etwas zu mittig und zu komprimiert.“ Abgesehen davon, dass eine LR10 heute nur noch extrem selten aufzutreiben ist, findet man inzwischen wohl kaum noch ein Instrument mit dem o. g. Schaumstoff im Korpus vor, da der nach so vielen Jahren nicht nur Zersetzungserscheinungen zeigt, sondern von den meisten Spielern auch nicht gebraucht und daher entfernt wurde. Eher wollten die den guten semiakustischen Ton der Gitarre hervorheben, über den sie ohne Füllung durchaus verfügt. Die LR10 gehörte nicht zu den langlebigen Signature-Modellen, ihre Produktion wurde bereits 1987 wieder eingestellt
Zusammenfassung
Ibanez hat im Jazz Großes auf die Beine gestellt. Die Zusammenarbeit mit Benson, Metheny und Scofield als aktuelle Namensgeber für Signature-Instrumente zeigt die japanische Firma als wesentliche gestalterische Kraft im internationalen Gitarrenbau. Im Rock-Bereich kann Ibanez bekanntlich auf noch bedeutend mehr Stars mit sicherlich größerer Breitenwirkung verweisen, aber die Jazz-Giganten der Gitarre im Stall zu haben, das verschafft der Marke eine ganz besondere Klasse. Die unangefochtenen Meister der hohen Improvisationskünste setzen mit ihren exklusiven Signature-Designs dem Erfolg sozusagen die Krone auf, da es beim Bau von Jazz-Gitarren, ähnlich wie beim Spielen von Jazz, mehr um die Liebe zur Sache, als um Geld geht.
Das Prestige und die Kenntnisse aber, welche Ibanez durch die enge Zusammenarbeit mit diesen großartigen Gitarristen erwerben konnte, sind nicht in Geld aufzuwiegen. Zum Schluss sei noch einmal George Benson zitiert: „Ich wollte keine Gitarre, die sich einfach nur verkauft! Nun gut, ich wollte schon, dass sie sich verkauft, denn das ist es, worum es Gitarrenfirmen geht; aber ich wollte ein Instrument, das Gitarristen spielen können.“ Der Erfolg erwuchs nicht zuletzt aus der Ambition des Herstellers, Gitarren zu bauen, auf die man stolz sein kann.
Die Ergebnisse jedenfalls sprechen für sich und beweisen nachdrücklich, dass eine langfristig orientierte Geschäftspolitik in Kooperation mit den Musikern allen Beteiligten Gewinn bringt. Der Gitarrenbauer Ibanez bewegt sich in diesem Sinne auf der Höhe der Zeit und seine Geschichte der Jazz-Gitarre ist nichts weniger als ein Triumph!