Im Zuge der Veröffentlichung des neuen Feuerschwanz-Albums ‚Das elfte Gebot‘ rückt wieder einmal auch ihr Gitarrist Hans Platz in den Vordergrund. „Hans der Aufrechte“, wie er sich im Kontext der Band nennt, gehört seit 2008 zu Feuerschwanz und sorgt dafür, dass die vorrangig auf mittelalterlichen Instrumenten basierenden Songs der Gruppe ein kraftvolles Rock/Metal-Fundament bekommen.
Wir haben den 48-Jährigen zu seinem aktuellen Equipment und zu seiner Rolle als Lieferant kerniger Riffs am Feuerschwanz-Lagerfeuer befragt.
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Hans, bevor wir über Feuerschwanz und ‚Das elfte Gebot‘ sprechen: Wie hat bei dir alles angefangen?
Ich habe erst relativ spät zur Gitarre gefunden. Ausgelöst durch meine jüngere Schwester, die eine Ukulele besaß, sowie einigen Mitschülern, die zu dieser Zeit mit E-Gitarre anfingen. Zunächst versuchte ich, meine geringen Ukulele-Kenntnisse auf die E-Gitarre zu übertragen, nahm dann aber bei einigen älteren Mitschülern Unterricht. Bereits ein Jahr später spielte ich in verschiedenen Bands, die mit der Zeit immer größer wurden. Eine der ersten hieß Cyrus Dance, Metal mit Saxofon, bei der ich mit kleinem Combo und alle Mann in einem Sprinter auf Tour ging. 2006 fragten mich dann Fiddlers Green, ob ich auf Tournee aushelfen könnte. Vorher hatte ich bereits einmal bei JBO ausgeholfen.
Mit Fiddlers Green nahm deine Karriere dann richtig Tempo auf.
Exakt. Ich kann mich aber auch noch gut an das Summer Breeze Open Air erinnern, auf dem wir mit JBO zwischen Within Temptations und In Flames spielen durften und ich total angefixt wurde. Danach wusste ich, dass ich solche Erlebnisse öfter haben möchte.
Wie kam der Kontakt zu Feuerschwanz zustande?
Bei einem JBO-Konzert fragte mich Feuerschwanz-Sänger Peter, ob ich bei den Aufnahmen einer Live-DVD – und CD als Gitarrist aushelfen könne. Ihre Musik war damals zwar nicht zu hundert Prozent mein Ding, aber ich sagte trotzdem zu und konnte erleben, wie unglaublich enthusiastisch das Publikum mitgeht.
Besitzt du eine klassische Gitarrenausbildung?
Nein. Ich nahm zwar etwa ein Jahr lang Unterricht, eignete mir die meisten Sachen aber über Workshops und Clinics an. Einer dieser Workshops war in der Toskana, ein anderer, nämlich das „Freak Guitar Camp“ von Mattias IA Eklundh, fand an einem See in der Nähe von Göteborg, mitten in der Pampa, statt. Kein Internet, zehn Teilnehmer im gleichen Zimmer untergebracht, echte Jugendherbergsatmosphäre, dafür aber aus Sicht eines Gitarristen die volle Druckbetankung.
Außerdem absolvierte ich in den 90ern ein Sommersemester am Berklee College Of Music, eine tolle Erfahrung, auf der Straße plötzlich Leuten wie Steve Vai zu begegnen. Eine super Sache war auch ein Workshop mit Peter Wölpl und TM Stevens, bei dem gezielt an Schwächen und Stärken gearbeitet wurde.
Bild: Hans Platz
Framus Diablo Progressive X ‚Lava‘, mit FlamedMaple-Neck, Flamed-Maple-Griffbrett, Swamp-Ash-Body, Bareknuckle-Nailbomb-Set, einem
Floyd Rose mit Kiss-My-Strings-Monolith-Plus-Sustain-Big-Block und 24 Bünden
Bild: Hans Platz
Framus Diablo Ice mit Flamed-Maple-Neck, Flamed-Maple-Griffbrett, Swamp-Ash-Body,
Bareknuckle-Nailbomb-Set, plus Hipshot-Vintage-Tremolo und 22 Bünden
Bild: Hans Platz
Framus Panthera II Supreme mit
Mahogany-Neck, einem Tigerstripe-Ebony-Fretboard und
Mahogany-Body mit Maple-Top,
einer Bareknuckle-Riff-Raff-Bridge und Mule Neck
Bild: Hans Platz
Volkert-SW401-Selmer-Gitarre mit
ovalem Schallloch
Warst du von Beginn an ein Strat-Typ? Oder hattest du auch Paula-Phasen?
Mein Ding war schon immer eher die Stratocaster. Meine allererste Gitarre, die noch immer in meinem Studio steht, war eine No-Name-Strat mit Humbucker. Ich besaß auch schon mal eine Les Paul, die ich aber wieder verkauft habe, weil sie sich für mich nie richtig anfühlte. Irgendwie war die kürzere Mensur nicht mein Ding. So etwas ist ja immer auch eine emotionale Entscheidung, ob einem das Handling einer Gitarre auf Anhieb gefällt und man sofort ein gutes Spielgefühl hat. Allerdings gehört zu meinem heutigen Equipment auch eine Framus Panthera II.
Welches waren deine ersten professionellen Amps?
Das waren zum einen ein stark modifizierter Marshall JCM 800, zum anderen ein Bogner Ecstasy 100B aus der ersten Serie der Ecstasy-Modelle. Ich habe ihn damals in einem Erlanger Gitarrenladen entdeckt, in dem ich mehrmals pro Woche Unterricht gab. Mit diesen Gitarrenstunden konnte ich den Bogner Stück für Stück abstottern. Früher war der Bogner Ecstasy 100B mein Haupt-Amp, heute stehe ich eher auf Diezel- und Friedmann-Verstärker, weil sie einfach moderner und exakter klingen. Der Bogner ist in meinen Augen eher ein Rock- als ein Metal-Amp.
In deinem Studio gibt es in der sogenannten „Wall Of Sound“ noch einiges mehr zu bestaunen!
Die „Wall” besteht aus einem Ampete One, einem Friedman Smallbox, einem Friedman BE-50 Deluxe, einem Bogner Ecstasy 100B, einem Kemper, dem Friedman Butterslax, dem Diezel Hagen, Diezel Paul plus einem Ampete 88S Amp-Switcher und einer Torpedo Reload Attenuator Loadbox. Alle Amps und Boxen inkl. Loadbox sind über den Ampete 88S miteinander verbunden. Ich stöpsle meine Gitarre in den Ampete, schalte den bzw. die Amps an und kann auf Knopfdruck zwischen Verstärkern und Boxen hin- und herwechseln. Wie ein Guitar Rig oder Amp Modeller, nur analog.
Den Kemper spiele ich bei Feuerschwanz auch live, allerdings ausschließlich mit von mir selbst erstellten Profilen meiner eigenen Amps und Boxen. Meine Amps sind über den Ampete mit meiner 2x12er-Bogner-Box verbunden, die mit einem Royer 112, einem Shure SM57 und einem Audiotechnica AE2300 mikrofoniert ist. Die Mikros gehen über ein Chandler-TG2-Preamp und ein CAPI VP28 in mein Focusrite-Interface. Wenn ich also nach Sounds suche, spiele ich einen Akkord und switche mich über den Ampete durch sämtliche Amps, bis ich die perfekte Option gefunden habe. Die Mikros sind gut in Phase, und ich höre sofort, was wirklich brauchbar klingt.
Wenn ich den perfekten Sound gefunden habe, nehme ich pro Take drei Spuren plus eine DI-Spur für etwaiges Reamping auf, falls das später gefordert wird. Manche Produzenten bestehen ja darauf, ich halte allerdings nicht viel davon. Ich habe mich bei ‚Das elfte Gebot‘ auf den Sound des Friedman Butterslax und des Diezel Hagen verlassen. Der Butterslax hat zusätzlich einen tollen Crunch-Kanal für angezerrte Sounds. Insgesamt klingt alles sehr nasty, der Butterslax klingt irgendwie fieser und aggressiver als die anderen Friedmänner und hat das gewisse Etwas.
Mit welchen Gitarren hast du das neue Album eingespielt?
Ich habe im Moment zwei Hauptgitarren: eine Framus Diablo Progressive X Lava und eine Framus Diablo Ice. Beide liefern fette Sounds mit sehr viel Mitten und der nötigen Aggressivität. Ich mag diese dünnen, höhenlastigen Sounds nicht sonderlich, für mich muss eine Gitarre richtig Pfund haben.
Wie bist du zu Framus gekommen?
Früher war ich Endorser für Ibanez/MEINL, aber seit Stephan Killermann dort nicht mehr arbeitet, habe ich mich entschieden, zu einer aus meiner Heimat Erlangen stammenden Firma zu wechseln. Ich wollte einen Anbieter, der aus der Region stammt und bei dem man auch ganz individuelle Anfertigungen in Auftrag geben kann, was bei in Asien gefertigten Instrumenten natürlich nicht so einfach funktioniert. Deshalb habe ich irgendwann Framus einfach angeschrieben und ziemlich schnell eine positive Antwort bekommen.
Was zeichnet aus deiner Sicht eine gute Gitarre aus?
Das Wichtigste ist natürlich der Hals, denn die Haptik ist für den ersten Eindruck entscheidend. Aus meiner Sicht muss auch der Cutaway so tief ausgeschnitten sein, dass man bei 24 Bünden bis in die höchsten Lagen problemlos spielen kann. Dann natürlich: Wie klingt eine Gitarre, wenn man sie trocken spielt, also ohne Amp? Hat sie eine schnelle Ansprache, das sogenannte „Telecaster-Feeling“? All dies sind für mich wichtige Kriterien.
Hast du deine Gitarren ohne Effekte aufgenommen? Oder fügst du die gängigen Delay- und Reverb-Effekte schon beim Einspielen hinzu?
Nein, vor allem Reverb und Delay kommen erst später, wenn man sich ein klareres Bild vom Song machen kann und weiß, wie die Lautstärkenverhältnisse sind. Ich bin kein großer Fan von Pedalen, die vor den Amp geschaltet sind. Ich stehe auf die Kombination Gitarre-Kabel-Amp, einzige Ausnahme: Ein Wah, wenn benötigt.
Nimmst du deine Gitarrenparts mit großer Lautstärke auf, damit der Amp seinen typischen Klangcharakter auch wirklich voll entfalten kann?
Ich habe meine Box durch eine Clear-Audio-Scheibe abgeschirmt, ohne die es im Studio zu laut wäre. Mit Scheibe ist der Sound perfekt, sodass ich beim Aufnehmen sogar das Signal für Pro-Tools auf dem Monitorweg stummschalten kann. Ich glaube, ich müsste mich erst daran gewöhnen, mich beim Aufnehmen auf das Monitorsignal verlassen zu müssen.
Erkennst du zwischen ‚Das elfte Gebot‘ und deinen ersten Studioaufnahmen für Feuerschwanz eine signifikante Weiterentwicklung als Musiker und Gitarrist?
Absolut, wobei man berücksichtigen muss, dass bei meinen ersten Studioerfahrungen noch auf Tape aufgenommen wurde. Das klang dann für heutige Verhältnisse zwar mitunter ein wenig wackelig, lebte aber und hatte eine bestimmte Energie. Die fehlt bei vielen heutigen Studioproduktionen, weil durch den PC viel Leben verloren geht. Man kann alles am Monitor exakt analysieren, erkennt optisch Timing-Schwankungen, ohne dass man die Gitarre gehört haben muss. So etwas nimmt der Musik natürlich etwas von ihrer Ursprünglichkeit.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich für D´Artagnan neben einigen akustischen Gitarren auch sämtliche E-Gitarren über D.I. direkt aus dem Amp in den Torpedo Reload aufgenommen und die Boxen und Mikros hinterher virtuell am Rechner ausgewählt habe. Mittlerweile weiß ich jedoch eine Menge mehr über den Einfluss der Boxen auf den Sound, deshalb gibt es bei mir heute nur noch ein einziges Setup, das aber wirklich gut klingt.
Danke für das interessante Gespräch, Hans, und alles Gute mit dem neuen Feuerschwanz-Album!