Gitarrentechniker Michael „Doc“ Schneider ist tot

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Die Gitarrenwelt hat eine echte Instanz verloren: Michael „Doc“ Schneider (03.05.1963 – 09.02.2025) ist verstorben. Mit ihm geht nicht nur einer der besten Gitarrentechniker seiner Zunft, sondern auch ein Mensch, der mit unermüdlicher Leidenschaft, beeindruckender Fachkenntnis und kompromissloser Präzision das Handwerk der Gitarrenoptimierung auf ein atemberaubendes Niveau gehoben hat.

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Über Jahre hinweg war der Doc fester Bestandteil unseres Magazins. Seine Kolumne ‚Repair Talk‘ war nicht nur eine Fundgrube an Wissen für Gitarristen und Techniker, sondern auch ein Spiegel seines akribischen Arbeitsethos. Er ließ uns an seinem Erfahrungsschatz und seinem Perfektionismus teilhaben – und wenn man ihn in seiner Werkstatt besuchte, auch an seinem trockenen, aber stets wohlwollenden Humor. Doch der Doc war nicht nur Theoretiker, was er an unzähligen Gitarren immer wieder mit Setups bewies, die ihresgleichen suchten.

Sein Werkstatt-Handwerk lernte der Doc in London und auch als Gitarrenbauer hinterließ er Spuren. Seine Instrumente, zuletzt unter dem Namen ‚25 Special‘, waren durch und durch gelungene Designs mit hervorragendem Klang und – wie könnte es anders sein – sagenhafter Bespielbarkeit. Seine ‚TeeJay‘ hat es sogar auf das Cover unserer Ausgabe 07/2021 geschafft. Aber auch abseits seiner eigenen Kreationen machte der Doc aus guten Instrumenten wirklich außergewöhnliche. Wer seine Gitarre bei ihm optimieren ließ, wusste, dass danach wirklich alles stimmte: Bespielbarkeit, Intonation, Klang. Egal, wie gut ein Instrument vorher war – nach Michaels Eingriff war es noch ein ganzes Stück besser.

Wir hatten einmal die Gelegenheit, den Doc in seiner Werkstatt zu besuchen und aus nächster Nähe einen Einblick in seine Arbeit zu bekommen. Dabei zeigte er uns eine Les-Paul-Junior-Style-Gitarre, die er als billigsten (!) Bausatz für seine Kolumne zusammengebaut hatte. Die Idee war, einen möglichst niederschwelligen Einstieg in das Thema Gitarrenbau zu ermöglichen. „Ist wirklich nichts Dolles“, meinte er trocken – und doch war das Endergebnis beeindruckend. Trotz der schmucklosen Ausgangsmaterialien hatte er das Instrument so optimiert, dass es sich großartig spielte, klanglich absolut bühnentauglich war und sich auch optisch nicht verstecken musste. Ein perfektes Beispiel für das, was den Doc ausmachte: leidenschaftliches Handwerk, mit dem selbst aus bescheidenen Mitteln ein richtig gutes Instrument wurde, ohne Marketing-Blabla – er war einfach jemand, der wusste, was er tat, und es mit Leidenschaft tat.

Neben seiner Arbeit als Techniker und Kolumnist hinterlässt er auch ein erstklassiges Werk für Gitarren-Schrauber: das ‚Guitar Service Manual‘, das er für das nicht mehr existierende Magazin Guitar verfasst hat. Und das Buch ist im Prinzip wie die Arbeit vom Doc – detailreich, praxisnah, kompromisslos genau. So, wie er eben war.

Mit Michael verlieren wir nicht nur einen herausragenden Fachmann, sondern vor allem einen wunderbaren Menschen. Jemanden, der für die Gitarre brannte wie kaum ein anderer, der sein Wissen bereitwillig teilte und der mit seiner leidenschaftlichen Hingabe unzählige Instrumente und Musiker geprägt hat. Sein Verlust reißt eine Lücke, die nicht geschlossen werden kann.

Danke für alles, Doc. Wir werden dich vermissen.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Mann, echt traurig. Ich habe mit dem Doc Michael Schneider einige Zeit bei ESP in Düsseldorf zusammen gearbeitet. Hier arbeitete er nach seiner Rückkehr aus England parallel zu seiner, gerade in Deutschland entstandenen, Werkstatt. Neben seinen extrem versierten handwerklichen Fähigkeiten habe ich seinen „Kohlenpott Humor“ sehr geschätzt.
    Ich wünsche ihm eine gute Reise und meine Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freunden.

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  2. Moin Doc!
    Damals warst Du noch in Herne und ich in RE! Ich hatte eine originale 58‘ Strat, die nur einen üblen Makel hatte, der Hals ging immer wieder auf Wanderschaft, d.h. nach 4-5 Monaten war der Saitenabstand ab dem 12. Bund ähnlich einer Lapsteel! An einer Trussrod Schraube kann ich auch selbst drehen aber mach das mal exzessiv an einer richtig alten Stat, ohne Angstschweiß auf der Stirn!
    Du hast die alte Lady und damit auch mich
    Immer wieder gerettet! Du hast die Gitarre sogar bei mir abgeholt und sie mir anschließend wieder nachhause gebracht,
    und die Gitarre war immer perfekt abgestimmt und intoniert!!!
    Irgendwann war die Strat dann weg, du bist nach Duisburg gegangen und ich irgendwann nach Holstein rauf und wir haben uns dann doch aus den Augen verloren aber nicht aus dem Sinn!
    Wann immer mich jemand nach kompetenter
    Gitarrentechnik gefragt hatte, war meine Antwort immer, frag einfach mal den Doc. Schneider! Ich will jetzt nicht so viel sülzen,
    aber Scheiße ist es doch! 😥
    Danke
    Udo

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  3. Meine weiße 1989er Stratocaster, wie viele Stunden hat er damit verbracht, das Ding endlich einzustellen, das werde ich nie vergessen, ein ganz toller Mensch und ein unglaublicher Fachmann. Die Anekdoten, die er mir über die Händler erzählte, die sie mir verkauften, waren sehr amüsant. Ich glaube, er kennt jeden Händler im Ruhrgebiet. 🖤

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  4. Als er die Werkstatt noch in Herne hatte, hatte ich mehrfach meine Gitarren optimieren lassen. Beim ersten Mal hab ich das Brett danach nicht mehr wieder erkannt, so doll war der Unterschied.
    Ruhe in Frieden, Doc. Die Stars im Rockhimmel haben jetzt den besten Support.

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    1. Michael R. I. P Ich darf seine 25 Special in Ehren spielen – eine tolle Gitarre, eigentlich das Beste, was ich seit Jahren in der Hand hatte. Muss mich erstmal von der Nachricht erholen. Den Doc hätte ich gerne noch einmal getroffen. Wir sehen, wie schnell alles gehen kann. Pete Baumkötter

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  5. Danke. Dir und allen die sich in die Gitarre verliebt haben.

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