Harte Gitarren fand ich ja schon immer gut, und im zarten Alter von vierzehneinhalb fing ich mit dem Spielen an. Von einem Cousin habe ich eine E-Gitarre ausgeliehen und zu Hause in die Stereoanlage gestöpselt. Es war eine Hertiecaster, ein ganz grauenvolles Teil für 300 DM. Der Body war ein Sperrholzbrett, beidseitig furniert, dick mit Polyester in Sunburst lackiert, aus zwei Kilometer Entfernung hat das Ding immerhin ausgesehen wie eine Strat. Da waren drei oder vier Tonabnehmer drin, fünf Millionen Schalter, eine Art Blech-Vibrato, das sich dann verbogen hat. Der Hals war aus Nato-Schichtholz und stand zwar wie eine Eins, aber da kam kein vernünftiger Ton heraus.
Zuerst der Amp…
Mein allererstes eigenes „Musikinstrument“ habe ich mir durch einem Ferienjob in einem Reisebüro verdient. In der Nähe gab es einen kleinen Gitarrenladen, dort habe ich mir in jeder Mittagspause die Nase am Schaufenster plattgedrückt. Als ich drei Wochen später 500 DM in der Tasche hatte, bin ich sofort in das Geschäft geradelt. Die Gitarren waren alle zu teuer, da zeigte mir der Verkäufer einen gebrauchten Fender Bandmaster Silverface. Er schloss einen Verzerrer an und spielte ,Ain t talking bout Love‘.
Ich war voll auf dem VanHalen-Trip und nach dieser Vorführung hin und weg. Zu Hause angeschlossen, geliehene Gitarre eingesteckt – da klang der Fender natürlich ganz anders als im Laden. Später hab ich dann herausgefunden, dass es wohl an dem kleinen Kistchen liegen musste, das der Verkäufer davorgehängt hatte. Die nächste Anschaffung war folgerichtig ein Distortion + von MXR. Bevor ich eine richtige Gitarrenbox bekam, habe ich den Fender zunächst an die Heco-Boxen meiner Stereoanlage angeschlossen und auch gleich die Hochtöner durchgeblasen.
…dann die Gitarre
Mit Hilfe meiner Eltern erstand ich dann schließlich für 840 DM eine Ibanez Roadster, limitierte Edition in Candy Apple Red, mit Rosewood-Griffbrett und drei Singlecoils. Die Ibanez ging phantastisch, vom Spielkomfort her war das Ding super. Damals habe ich zu Hause in meinem Zimmer den Amp immer voll aufgedreht, womöglich noch bei offenem Fenster und dann automatisch Leute kennengelernt. Das habe ich ziemlich oft gemacht, manchmal auch im Treppenhaus, denn dort, wo wir zur Miete wohnten, gab es ein wunderbares Marmor-Treppenhaus mit sagenhaftem Hall-Sound!
Über den Krach haben dann die anderen Jungs aus dem Ort, die auch mit Musik zu tun hatten, bei mir geklingelt – so habe ich unheimlich schnell Leute kennengelernt, um zusammen Sessions zu machen. In der ersten Band spielte ich Bass, später hieß sie dann Randy Dog. Ich war damals 16, und im Bügelkeller der Mutter unseres Trommlers haben wir immer Vollgummi gegeben, die Eltern haben da gar nicht gezuckt. Der erste Auftritt mit der Kapelle war mit 17 auf dem Schulfest, draußen im Schulgarten. In erster Linie haben wir gecovert, Dr. Feelgood und ZZ Top. Bei dem Gig tauchte die Polizei auf und wollte, dass wir mit dem Krach aufhören, weil aus dem nahegelegenen Stadtkrankenhaus Beschwerden kamen.
Wenn es damals vernünftig klingen sollte, musste man halt den Amp voll aufdrehen, und der Fender mit seinen 45 Watt war dann eigentlich schon zu viel. Aus der Not heraus hatte ich mir übrigens ein Powersoak gebaut, mit zwei Tauchsiedern aus der Küche meiner Mutter. Wenn s ein bisschen lauter sein durfte, kam nur einer zum Einsatz, und wenn’s leiser sein sollte, zwei. Das ging hervorragend; ich hatte zwar einen relativ hohen Röhrenverbrauch, aber damals konnte man noch die guten General-Electric-Endröhren für kleines Geld kaufen.
Gebastel
Einer meiner Kumpels hatte auch eine Roadster, aber das Normalmodell mit naturlackiertem Esche-Korpus und Maple Neck. Wenn wir dann zusammen gespielt haben, war seine Ibanez immer wie das blühende Leben, die hat geschmatzt und klang wie ein Glöckchen, obwohl doch die gleichen Pickups drin waren. Meine kam im Vergleich fürchterlich tot und charakterlos rüber. Das lag mir immer im Magen und hat mich nicht in Ruhe gelassen.
Dann habe ich angefangen, an dem Ding herumzuschrauben wie ein Weltmeister und mit laienhaftem Verständnis erst mal die Pickups getauscht. Als VanHalen-Fan braucht man natürlich einen Humbucker. Damals hat mir ein „Gitarrenbauer“ in einem kleinen Shop eine Humbucker-Fräsung für die Bridge-Position gemacht. Tatsächlich hatte dieser Junge mit einem stumpfen Stechbeitel oder einem Küchenmesser meine Gitarre miserabel ausgenagt! Das hätte ich selber besser gekonnt, zumal ich auch zwischendurch bei meinem Onkel schon in der Schreinerei gejobbt habe. Danach hab ich damit angefangen, alles selbst zu machen, habe Bünde abgerichtet, rundgefeilt, poliert und so was alles.
Dann hieß es auch bei den Kumpels bald, dass man zum Tandler seine Gitarre geben könne, der macht ordentliche Arbeit. So habe ich in meinem Kinderzimmer Gitarren abgerichtet und eingestellt. Aus einzelnen Parts hatte ich mir bald selbst ein Instrument gezimmert, das ich später sogar verkaufen konnte. Nach dem Abi kam der Zivildienst, und währenddessen hatte ich vier Gitarrenstunden beim GIT-Absolventen Rolf Bussalb. Zum ersten Mal T musste ich mich mit Technik-Übungen und Harmonielehre befassen. Damit waren auch die Träume vom Profigitarrist vorbei – denn Noten, das war nichts für mich. Nachdem ich sowieso schon so viel an Klampfen rumgebastelt hatte, habe ich mich dann bei den einschlägigen Gitarrenbau-Firmen beworben.
Lehrjahre
Als einer von fünf Lehrlingen konnte ich 1987 bei Hoyer in Erlangen anfangen. Walter Krahl war der Meister in der Werkstatt, und der hatte einiges auf dem Kasten. Er hat dort jeden Abend in Eigenregie weitergearbeitet und ich durfte ihm helfen. Zum Beispiel haben wir für Ulis Musik einiges gemacht, Custom-Strats, Reparaturen, Giffbrett-Einlagen und so weiter. Ich hab zwar kein Geld dafür bekommen, konnte aber dafür mit Walter essen gehen. 300 DM verdiente ich im Monat als Lehrling, die Miete betrug 270 DM. Hoyer war noch eine alte Manufaktur, da wurde fast alles mit der Hand gemacht – so wie ich heute noch schaffe.
Die Firma war einfach saugeil, die haben alles gebaut vom Kontrabass bis zur EGitarre. Einem Karat-Gitarristen durfte ich damals eine Strat bauen, Quilted Maple Body massiv, Birdseye-Neck mit Ebenholzgriffbrett, schwarze Hardware. Der hatte damals immer einen Aufpasser dabei, denn es gab ja noch den Eisernen Vorhang. Wir haben verdammt viel Sonderanfertigungen gemacht; das was man heute geschwollen Customshop nennt, war damals etwas völlig normales. Meine allererste Reparatur unter Anleitung von Walter Krahl war eine 1954er Black Beauty mit abgebrochener Kopfplatte: Man hat dort schon coole Gitarren in die Finger bekommen!
Meine Ibanez hab ich auch mal mitgenommen und Walter gefragt, warum sie nicht klingt. Er hat den Hals rausgeschraubt, etwas Lack weggekratzt und herausgefunden, dass der Body aus Linde bestand – das Thema war damit abgeschlossen, bei Hoyer habe ich viel über Hölzer gelernt. Ein Jahr später war Hoyer dann pleite, und ich musste meine Lehre woanders zu Ende bringen, und das war bei Andy Schack. Damals hatte ich Jürgen Rath aus dem Saarland kennengelernt, auch Wolfgang Maxem und Thomas Blug und ihnen nach Feierabend ihre Vintage-Gitarren repariert.
Als ich meinen Gesellenbrief in der Hand hatte, bin ich für eineinhalb Jahre zu Hanika gewechselt. Ich hatte die Prüfung als Bester gemacht und mein Gesellenstück vorgezeigt, da war der neue Job schon geritzt. Diese Zeit ist bis heute in meiner persönlichen Statistik ein wichtiger Faktor. Ich schätze, dass ich mittlerweile zwischen 4000 und 5000 Gitarren gebaut habe, davon mehr als die Hälfte bei Hanika.
Eigene Firma
1995 wurde ich mit einer Ausnahmegenehmigung der Handwerkskammer als „Tandler Gitarren-und Lautenbau“ selbständig und habe ein Jahr später meinen Zupfinstrumentenmacher-Meister in München gemacht. Durch Thomas Blug bin ich übrigens auf die Strat-Geschichte gekommen. Er hatte von einem Freund eine Mapleneck-Strat in Originalzustand mit einem verdammt guten Ton auf dem Hals-Pickup und fragte mich, ob man sowas nicht auch neu bauen könnte.
Dafür baute ich dann eine kleine Kollektion verschiedener Bodies und Hälse, um mich an den Sound heranzutasten. So ging das mit den Morgaine-Strats los. Am Anfang ist das teilweise falsch verstanden worden, denn ich wollte nicht einfach alte Gitarren nachmachen. Eigentlich ging es mir immer darum, eine moderne E-Gitarre zu bauen, die gut funktioniert und dennoch einen gewissen Vintage-Vibe ausstrahlt.
hahaha … und ich dachte schon, ich bin der einzige, der die Hochtöner der Stereoanlage seiner Eltern mit Gitarrenexperimenten durchgeblasen hat … toll, daß das Kollegen auch passierte. Die Erfahrung hat jedenfalls dem beruflichen Werdegang nicht geschadet.
hahaha … und ich dachte schon, ich bin der einzige, der die Hochtöner der Stereoanlage seiner Eltern mit Gitarrenexperimenten durchgeblasen hat … toll, daß das Kollegen auch passierte. Die Erfahrung hat jedenfalls dem beruflichen Werdegang nicht geschadet.