Die Metal Equipment Schlacht

Gear-Talk mit Hanno Klänhardt von Mantar

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Mantar

Der wirklich unglaubliche, mittlerweile weltweite Erfolg der Metal-Band Mantar ist nicht zuletzt der völlig kompromisslosen Arbeitsmoral der beiden Jungs aus Bremen geschuldet. Höchste Zeit also, sich mit Gitarrist Hanno Klänhardt mal näher zu unterhalten.

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Mit einer kurzen Verzögerung startet unsere Skype-Konferenz und in die Kamera blickt ein gut gelaunter, völlig entspannter Hanno, der sich auf der Veranda seines Hauses die Sonne auf den Pelz scheinen lässt. Der Gitarrist und Sänger von Mantar ist in die USA, genauer gesagt nach Florida, ausgewandert, wo zum Zeitpunkt unseres Gesprächs der Jahrhundert-Sturm ,Irma‘ für massive Verwüstung gesorgt hat. Nicht, dass das meinen Gesprächspartner auch nur im Entferntesten stören würde – Hanno scheint nur sehr wenig aus der Ruhe bringen zu können.

interview

Viele fragen sich sicher, wie ihr zu eurer Besetzung gekommen seid. Warum seid ihr „nur“ ein Duo?

Das lässt sich eigentlich ganz einfach beantworten: Als unser Schlagzeuger Erinç Sakarya und ich anfingen, wollte schlichtweg keiner mitmachen. Wir fragten in unserem Freundeskreis herum, aber es hatte einfach keiner Bock darauf. Erinç und ich kennen uns schon seit Ewigkeiten, ich glaube seit ich 15 bin. Wir haben immer mal wieder zusammen gejammt, aber nie etwas Richtiges gestartet.

Vor ein paar Jahren haben wir dann beschlossen, es mal ernsthaft anzugehen und schnell gemerkt, dass wir zu zweit gut funktionieren, bzw. ich mit einer Gitarre genug Lärm machen kann. Eigentlich sollte die Musik noch viel asozialer werden. Dass es dann doch so Song-orientiert geworden ist, liegt vielleicht an Erinç, der eher einen Rock´n´Roll-Background hat. Ich wollte eigentlich alles viel langsamer machen – im Grunde eigentlich nur Noise-Wände. Ich habe aber auch einen echt kranken Musikgeschmack: Von 90er-Jahre-Synthie-Black-Metal bis hin zu super hartem Powerviolence. Irgendwie sind wir dann aber doch in klassische Songstrukturen verfallen.

Als ich das erste Mal eure ,Death by Burning‘-Platte gehört habe, war mir gar nicht klar, dass ihr ein Duo seid. Low-End habt ihr ja reichlich.

Ja, das stimmt und das ist mir auch total wichtig. Für mich sind diese tiefen Frequenzen eigentlich die schönsten, daher war von Anfang an klar, dass ich über Bassverstärker spielen werde. Womit die Bässe erzeugt werden, ist für mich jedoch völlig sekundär – das hätte auch ein Synthesizer statt einer Gitarre sein können.

Das heißt, du wolltest von vornherein einen Gitarren-Sound für die Band, der auch das Frequenzspektrum eines Basses abbildet?

Auf jeden Fall. Am Anfang habe ich ewig lange mit verschiedenen Gitarren herumprobiert: Von einer Gibson Melody Maker über eine Flying V bis hin zu meiner Baritone-Gitarre, die ich jetzt spiele. Ich kannte Baritone-Gitarren zuerst gar nicht und war mir auch nicht darüber im Klaren, dass man eine Gitarre ziemlich tief herunterstimmen kann. Ich bin nicht der klassische Mucker-Typ, sondern komme vom Learning-by-Doing. Das erste Album habe ich dann mit einer 200 Euro teuren Squier-Tele eingespielt, weil ich gar nicht darüber nachgedacht hatte, dass man mit dem Instrument an sich schon unseren Sound hätte optimieren können.

Heute spielst du nur noch Baritone-Gitarren von LTD, oder?

Ja. LTD waren so nett, mir ein paar Restposten ihrer Viper-Gitarre zur Verfügung zu stellen, die ja so gar nicht mehr gebaut wird. Heute gibt es sie nur noch in der Les-Paul-Form, die mir nicht so gut gefällt. Ich nehme immer sofort diese schrecklichen aktiven Pickups raus und baue meine Lieblings-Tonabnehmer ein.

Was benutzt du da?

Bill Lawrence – ausnahmslos und immer die gleichen. Die habe ich in unzähligen Gitarren und finde den Sound einfach unfassbar gut. Außerdem sind sie saubillig! Ich bin darauf gekommen, weil ich mal einen Humbucker im P-90-Format für meine alte Tele gekauft habe. Später stellte sich dann heraus, dass es ein Bill-Lawrence-Tonabnehmer war. Damit habe ich dann die erste Platte eingespielt und anschließend in alle meine Gitarren diese Pickups eingebaut. Ich mag sie sehr, bin aber auch ziemlich pragmatisch veranlagt – für mich sind meine Instrumente in erster Linie Werkzeuge. Meine romantische Neigung zu Gitarren liegt ganz woanders.

Welche Gitarren lassen dein Herz höher schlagen?

Ich sammle weiße Strats, vor allem die Japan-Vintage- und die alten Squier-Teile. Gerade heute habe ich wieder einen alten Fender-JV-Bass gekauft, der wahrscheinlich für den japanischen Markt gedacht war – schön in schwarz mit einem tollen Ahornhals. Nächste Woche fliegen wir wieder nach Japan und spielen ein paar Shows. Mal schauen was mir da so über den Weg läuft. Leider weiß ja mittlerweile jeder Trottel, dass die Teile richtig Geld wert sind. Dementsprechend sind manchmal auch die Preise hoch. Die Japaner wissen, dass sie da ein ziemliches Monopol haben. Da gehen manchmal Gitarren für über 1800 Dollar weg – der helle Wahnsinn! Aber ich brauche die Teile ja auch nicht unbedingt. Ich schlage nur zu, wenn ich mal wieder eine für einen guten Preis sehe.

Auf jeden Fall ein witziger Sammel-Tick, den man anhand deiner Musik ja nicht unbedingt vermuten würde.

Das stimmt. Ich habe auch einige sehr schöne alte Fender-Amps, die ich sehr mag. Sowas wie den Deluxe Reverb oder einen Champ. Den Deluxe Reverb habe ich auch bei den Aufnahmen im Studio benutzt – es gibt meiner Meinung nach keinen Verstärker, der einen besseren Black-Metal-Sound produziert. Das Teil hat einfach dermaßen fiese Höhen und ist so asozial laut, dass man es nicht aushalten kann. Da einen schönen Hall drauf, und schon hast du den perfekten Sound für hohe Melodielinien.

Nach welchen Kriterien suchst du denn deine Verstärker grundsätzlich aus?

Für mich muss ein Verstärker so simpel und verlässlich wie möglich sein. Alles was in Richtung Marshall JCM800 geht und sich mit den unterschiedlichsten Pedalen verträgt, funktioniert für mich: So wenige Regler wie möglich, mit einem fetten, warmen Grundsound. Den alten Orange OR120 benutze ich auch ganz gerne. Wenn wir auf Festivals spielen und da stehen beispielsweise Mesa-Rectifier-Amps als Backline, kriege ich einen Anfall. Wie oft ich mir da dann schon aus dem Internet irgendwelche Bedienungsanleitungen runterladen musste, um überhaupt eine Idee zu bekommen, wie ich so etwas einstellen muss, damit es wenigstens etwas in die Marshall-Richtung geht …

Der einzige moderne Amp mit vielen Reglern, mit dem ich ansonsten noch gut klarkomme, ist der 6505 von Peavey. Der klingt sogar ohne Overdrive-Pedal davor richtig gut und kann sich ordentlich durchsetzen. Mein absoluter Lieblings-Amp ist der Petersburg P100. Davon habe ich mittlerweile fünf Stück und sobald ich einen für einen guten Kurs sehe, wird er sofort gekauft. Ich will ein paar davon hier in die USA holen, damit ich sie auf den Touren benutzen kann. Wenn sie gut gemacht sind, stellen sie meiner Meinung nach jeden 800er in den Schatten. Sie haben wahnsinnig viel Power und decken das gesamte Frequenzspektrum ab. Ich habe auch noch nie erlebt, dass so eine Kiste mal den Geist aufgegeben hätte und das will etwas heißen – keine Band behandelt ihr Equipment so schlecht wie Mantar.

Jetzt haben wir viel über Gitarren-Verstärker geredet, aber du brauchst ja schon ein bisschen mehr Low-End als die meisten Gitarristen. Was benutzt du da, um den nötigen Schub zu kriegen?

Früher habe ich dafür immer den alten OR120 verwendet, den spiele ich aber nicht mehr. Der Amp klang wahnsinnig gut, hatte unendlich viel cleanen Headroom und war brutal laut … richtig geil. Dann mussten irgendwann neue Röhren rein und seitdem klingt er nicht mehr so wie vorher – irgendwie komprimiert er schon sehr früh. Heute benutze ich eigentlich nur noch PA-Endstufen, Weil ich fast immer zwei Ampeg-8x10er spiele und die zusammen 2 Ohm haben – das können viele Bass-Verstärker nicht mehr. Was natürlich immer geht, ist der klassische Ampeg SVT. Aber das Bass-Signal läuft sowieso nur über eine DI-Box zum FOH-Mischer. Die Boxen auf der Bühne sind für mich also nur ein besserer Monitor. Die Lautstärke auf der Bühne ist bei uns wirklich asozial hoch, Erinç ist ein brutaler Drummer. Für mich ist die Lautstärke wirklich super wichtig. Wenn das in einem Club nicht möglich ist, können wir nicht spielen.

Mantar Amps
Derbes Amp-Aufgebot: Ein Ampeg V-4 aus den späten 70ern (u.l.), Petersburg P100 (o.l.), Orange Terror Bass Bassverstärker (o.r.) und ein weiterer Petersburg P100 (u.r.). (Bild: YouTube)

Gibt es auf deinem Pedalboard unverzichtbare Treter für eine Mantar-Show?

Na ja, am wichtigsten ist auf jeden Fall, dass ich über drei Amps spielen kann. Ich brauche also immer mindestens einen guten Splitter. Und da gibt es nur eine Option, und die heißt Lehle. Alles was bei uns mit Schaltwegen und Routing zu tun hat, kommt von denen und ich habe noch nie erlebt, dass da irgendetwas nicht funktioniert hätte. Live ist dieser Splitter absolut essentiell, weil ich auch mal einen der Kanäle ein- oder ausschalte. Dann gibt es ein paar unterschiedliche Verzerrer, die mir wichtig sind, aber da habe ich auch eine ganz einfache Lösung: Wenn wir fliegen, schraube ich vorher die wichtigsten Pedale vom Pedalboard und packe sie mit ins Gigbag der Gitarre, die ich im Handgepäck dabei habe. Das sind dann immer der Splitter, ein paar Zerrer und ein Oktaver für den Bass.

Das Signal für die Bass-Anlage wird also nach unten gepitcht? Was benutzt du da?

Einen ganz billigen Boss Octaver, also soliden Standard. Der ist zwar polyphon, aber lupenrein funktioniert das auch nicht. Bei uns ist das aber auch egal, weil ich bei den Bass-Amps alles bis auf den Bass-Regler rausdrehe und am Mischpult alles oberhalb von 80Hz abgeschnitten wird.

Mantar Pedalboard
Hannos Ersatz-EffektBoard (Bild: YouTube)

Ihr spielt eure Platten komplett live ein, oder?

Ja, mehr oder weniger schon. Hier und da buttern wir dann noch ein bisschen was drüber, aber im Großen und Ganzen passiert nicht viel mit Overdubs. Vielleicht mal eine zusätzliche Harmonie, um einen Akkord etwas besser herauszuarbeiten oder mal eine Black-Metal-Melodie, aber immer so wenig wie möglich. Im Endeffekt hört man im Studio immer das gleiche Setup, das wir auch live benutzen, also die beiden Gitarren-Amps und die Bass-Anlage. Ich arbeite im Studio sehr viel mit unterschiedlichen Mikrofonen und dem Raumklang. Das können schon mal zehn unterschiedliche Signale sein.

Danke für das nette Gespräch!

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(erschienen in Gitarre & Bass 01/2018)

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