Abgelehnt!

Fender Gitarren: Coronado & andere Nieten

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Fender Telecaster und Stratocaster sind die Top-Seller nicht nur des Fender-Programms, sondern der Instrumentengeschichte überhaupt. Besonders die Stratocaster war und ist das einflussreichste Gitarrenmodell aller Zeiten – nahezu jede elektrische Sechssaitige, die einen unsymmetrischen Korpus hat, kann auf die Strat zurück geführt werden.

"abgelehnt"

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Im Gegensatz zu dem Erfolg, den diese beiden Gitarren haben, hinterließen die meisten anderen Schöpfungen Leo Fenders, CBS und Fender Musical Instruments eher gemischte Gefühle in der Gitarristen-Heerscharen. Einer ähnlichen Konstellation begegnen wir auch an der Bass-Front. Mehr noch als bei der Gitarre stellten Fenders erste E-Bässe wahre Pioniertaten dar, und waren von Beginn an kommerziell sehr erfolgreich. Erst der Precision Bass und später der Jazz Bass sicherten Fender eine solide, bis heute unangetastete Pole-Position im Reich der Tieftöner. Keine der von anderen Firmen, aber auch von Fender selbst vorgestellten Alternativen konnte ihnen diesen Erfolg streitig machen.

Coronado Guitars im Fender Katalog ´68
Aus dem 68er Fender-Katalog: Die komplette Coronado-Flotte – ein Himmelfahrts-Kommando! (Bild: Archiv)

So hat auch dieser berühmte und viel gepriesene Hersteller eine imposante Reihe von Instrumenten geschaffen, die im Verhältnis zu Strat, Tele, Precision und Jazz Bass ein Dasein in der zweiten, dritten oder vierten Reihe der Aufmerksamkeit und des Erfolges fristen mussten. Einige dieser Instrumente wurden zwar ganz ordentlich verkauft, erfüllten aber dennoch nicht so manch hochgesteckte Erwartung. Andere wiederum haben sich so gut wie gar nicht verkauft und wären längst in den Annalen der Musikhistorie verschwunden, würde es nicht Bücher und Zeitungen geben, die ab und zu einmal darin graben würden. Diese teilweise gravierenden Unterschiede, was den kommerziellen Erfolg der einzelnen Fender-Instrumente angeht, ist nicht zwangsläufig auf mangelnde Design- oder Konstruktions-Qualität zurückzuführen. Oft waren sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort, und Zeitgeist, Trends, entsprechende Musik und ihre Interpreten forderten andere Instrumente.

Dennoch muss man sich heute beim Anblick einiger dieser ungeliebten Exemplare fragen, was den Hersteller eigentlich dazu getrieben hat, sie auf den Markt zu bringen. Der Misserfolg scheint oft – aus unserer Sicht – voraussehbar gewesen zu sein. Erstaunlicherweise hat nicht nur Fender, sondern auch Gibson und andere groß gewordene Firmen, immer mal Phasen durchlaufen – meistens sogar gleichzeitig, wenn wir nur an die unseligen 70er Jahre denken – in denen die Designer dieser Hersteller anscheinend nicht die Zeichen der Zeit erkannten.

Fifties

Die ersten Gitarren, die Fender der Strat und Tele folgen ließ, waren die beiden Anfängermodelle Duo-Sonic und die mit nur einem Pickup ausgestattete Musicmaster. Zwar waren die beiden 1956 heraus gebrachten Instrumente dank ihrer Linienführung eindeutig als Fender-Instrumente erkennbar, aber in einer sehr vereinfachten Form. Die Mensur von 22,5″ weist sie klar als billige Schüler- oder Studenten-Varianten aus. Ab 1964 wurde alternativ auch ein 24″- Hals angeboten, der bei der 1975 wieder veröffentlichten Musicmaster Standard war. Im Gegensatz dazu sollte die 1958 auf den Markt kommende Jazzmaster das neue Flaggschiff Fenders werden. Wie der Name aussagt, sollten auch Jazz-Gitarristen in das Fender-Boot gezogen werden.

Aber die Jazzer waren eindeutig nicht bereit, eine Solidbody-Gitarre mit unsymmetrischem Korpus, einem wabbeligen Vibratosystem und einer eher undurchsichtigen, komplexen Schaltung zu spielen. Die Jazzmaster landete dafür in Instrumental- und SurfBands wie The Ventures einen Hit nach dem anderen und erlebte mit den Indie-Bands der 80er Jahre ein unerwartetes Comeback. Glück gehabt!

Sixties

Die 1962 veröffentliche Jaguar verfolgte einen ähnlichen Design-Stil wie die Jazzmaster. Allerdings war ihre Schaltung noch komplizierter zu bedienen, und zudem hatte sie noch einen kürzeren 24″-Hals. Dieser merkwürdigen Kombination fehlte natürlich absolut der Massen-Appeal, und so fand sie ihren Platz als Rhythmusgitarre in musikalischen Randgruppen wie Surf, in denen es schick war, anderes Equipment zu spielen als der Rest der Musikwelt. Genau wie die Jazzmaster war auch die Jaguar in späteren Jahren erfolgreicher – deshalb stehen diese beiden auch ganz oben auf der Liste der „etwas anderen“ Fender-Instrumente.

Ein Jahr früher kam das Modell VI, ursprünglich bekannt als Bass VI, auf den Markt. Dieses Instrument war eher eine Baritone-Gitarre als ein Bass, denn es erlaubte Akkord- und Solo-Spiel, eine Oktave tiefer als das normale Tuning. Der schlanke Hals und die 30″-Mensur machten den Job für Gitarristen recht leicht, und auch das Vibratosystem à la Jazzmaster verstärkte den Gitarren-Charakter dieses Zwitter-Instrumentes. Die meisten Bassisten mochten weder den Look noch den knödeligen Sound dieser Bass/Baritone-Gitarre, obwohl immerhin kein Geringerer als Jack Bruce sie sinnvoll als Bass einsetzte, bevor er den Gibson-EB-3 für sich entdeckte. Die Lücke zwischen den 4- und 6saitigen Bässen schloss ab 1965 der Bass V.

Jazzmaster
Die Jazzmaster erfüllte nicht die hochgesteckten Erwartungen (Bild: Archiv)

Im Gegensatz zu den modernen Fünfsaitern von heute hatte er eine zusätzliche hohe C- und nicht eine tiefe H-Saite, und der verkürzte Hals bot nur für 15 Bünde Platz. Der lang gestreckte Korpus sorgte für ein eher merkwürdiges Aussehen, und so ist es denn kein Wunder, dass kaum jemand dieses unglückliche Instrument haben wollte. Die Mustang war für eine Einsteiger-Gitarre schon recht luxuriös ausgestattet. Sie hatte sogar ein neues, leider nicht besonders gut funktionierendes Vibratosystem sowie ein aufwendigeres Regelsystem für die beiden Singlecoil-Pickups mit auf den Weg bekommen. Wie die Duo-Sonic und die Musicmaster kam auch die Mustang wahlweise mit 22,5″- und 24″- Mensur, wobei die erstgenannte Option fünf Jahre später aus dem Programm genommen wurde. Der dazu passende Mustang Bass erschien 1966 auf der Bildfläche.

Auch er hatte die gleiche, durch kurze Korpushörner geprägte Korpusform. Dieser Bass war eine der letzten Entwicklungen, die Leo Fender für seine eigene Firma machte. Und er hatte wieder einmal einen guten Job gemacht, denn trotz seiner kurzen 30″-Mensur und seiner eher spartanischen Ausstattung war der Mustang ein „richtiger“ Bass. Die Saiten verliefen wie beim Original-Precision durch den Korpus und verhalfen dem Mustang zu mehr Tonqualität und Sustain, als andere Kurzmensur-Bässe zu bieten hatten. Die Electric XII wurde 1965 veröffentlicht. Während die Korpusform der Jazzmaster entliehen wurde, hatte man sich die Mühe gemacht, den Rest der Gitarre neu zu entwickeln – inklusive der 12-Reiter-Brücke für eine saubere Intonation, der Split-Pickups und der neuen „hockey stick“-Kopfplatte.

Diese Gitarre war nicht nur sehr gut spielbar, sondern sie klang auch gut. Außerdem brummte sie durch die Split-Coil-Konstruktion – obwohl Singlecoil-Pickups – überhaupt nicht. Aber Rickenbackers 12stringModell war eine zu mächtige Konkurrenz. Denn sie war dank der Beatles und Byrds andauernd in den Hitparaden zu hören. Und sie hatte nicht eine solch merkwürdig aussehende Kopfplatte … Die Electric XII verschwand bereits nach vier Jahren aus dem Programm, und Fender entdeckte eine neue Art und Weise, die übrig gebliebenen Bauteile aufzubrauchen. Mit ein wenig Re-Styling wurden Bodys und Hälse der XII in ein Sechssaiter-Format gebracht, während den Pickups und der Schaltung das instabile Mustang-Vibratosystem zur Seite gestellt wurde.

Bassgeneration
Bass V (links) und Bass VI (3. von links) – die schrägen Vertreter der Fender-Bassgeneration zwischen den erfolgreichen Brüdern Jazz und Precision Bass (Bild: Archiv)

Dieser Mischmasch von Gitarre, ironischerweise auch noch Custom genannt, hielt sich nur von 1969 bis 1970 in den Fender-Listen. Klar, dass bei einer solchen Gitarre auch die kurzzeitige Umbenennung in das stimmungssvollere Maverick nichts nützte. Die gleiche Periode brachte ein weiteres Beispiel für Fenders Resteverwertungs-Programm: die Swinger. Diese mit einer kurzen Mensur und einem Pickup ausgestattete Gitarre wurde aus alten, leicht modifizierten Mustang- und Musicmaster-Parts zusammengebaut, die wegen der Einstellung der 22″-Mensur-Modelle nicht mehr gebraucht wurden. Die Swinger ist auch unter dem Namen „Arrow“ bekannt, eine treffende Bezeichnung für die abgesägte, spitze Kopfplatte dieses Misserfolges. Unter der Konzernführung von CBS ließ Fender dann 1966 erstmals so richtig die Muskeln spielen.

Der Erfolg von Gibsons Semiakustik-Modellen ES-335 und ES–330 war stach den Beteiligten ins Auge – und mit der von dem Deutschen Roger Rossmeisl konzipierten Coronado-Serie wollte man den ewigen Konkurrenten auf dessen eigenem Terrain schlagen. Die Coronado-Serie umfasste Ein- und Zwei-Pickup-Modelle, eine 12string-Gitarre und einen Bass. Alle hatten das bekannte Doppelcutaway-Design und von DeArmond hergestellte Tonabnehmer. Auch mit den erhältlichen Farben geizte man nicht: Neben den üblichen Cherry-Redund Sunburst-Lackierungen gab es u.a. auch das grünlich-schattige Antigua- und das auffällige Wildwood-Finish, für das das entsprechende Holz vor der Verwendung mit Farbe geimpft worden war. Doch die rein akustische Bauweise ohne Sustainblock verursachte im Live-Betrieb reichlich Feedback-Probleme. Und da auch der Design-Mix aus Fender- und Gibson-Elementen nicht wirklich gelungen war, geht auch diese Serie als satter Misserfolg in Fenders Geschichte ein.

Electric XII
Klang gut, und mit dem Hals ließ sich prima Hockey spielen: Electric XII (Bild: Archiv)

Doch dies schreckte die Fender-Oberen nicht ab, weiteren Designs von Rossmeisl zu vertrauen. So zeichnete er sich auch für die ersten „richtigen“ Fender Jazz-Gitarren verantwortlich. Die 1968 veröffentlichte LTD zeigte denn auch mit dem so genannten „deutschen Schnitt“, einer Hohlkerbung um Decke und Rücken der Gitarre, deutlich Rossmeisls Handschrift. Die LTD war mit einem „floating“-Pickup ausgestattet. Das günstigere Schwestermodell Montego besaß ein oder zwei Pickups, direkt auf den Standard-Jazz-Korpus montiert, der von einem Fremdhersteller geliefert wurde. Beide Gitarren hatten jedoch geschraubte Hälse – Grund genug, dass die puristischen Jazzer sich vor den Kopf gestoßen fühlten und die Garantie für einen geringen Umsatz mit diesen Instrumenten. 1967 brachte Fender eine weitere Gitarre heraus, deren Name mit Pferden assoziiert werden konnte – die Bronco.

Die Korpusform und die 24″-Mensur entsprachen den anderen preisgünstigen Einsteigergitarren von Fender. Ein einsamer Singlecoil saß kurz vor einem neu entwickelten Vibratosystem, das auch nicht gerade zu Fenders besten Entwicklungen zu zählen war. Dennoch schaffte es die Bronco trotz dieser Einschränkungen, immerhin 13 Jahre im Fender-Programm zu verbleiben. Vielleicht ist sie dort einfach vergessen worden? Der 1968 vorgestellte Telecaster Bass darf mit Recht als Fenders erstes Reissue-Modell klassifiziert werden, denn er glich bis aufs Haar der ersten Version des Precision Basses von 1951. Das simple, aufs Notwendigste beschränkte Design empfahl sich wie von selbst für den Namen Telecaster.

Einsteigermodelle
Wie wär´s mit einem kleinen Ausritt? Mustang und Mustang Bass waren Fenders etwas bessere Einsteigermodelle (Bild: Archiv)

Dennoch konnte er bei weitem nicht an die Verkaufserfolge der Telecaster-Gitarre, oder gar der Precisionoder Jazz-Bässe anknüpfen. Fender widerstand erfolgreich allen Versuchen, an der Telecaster herumzudoktorn – das aber nur bis 1968. Da trat die Thinline Telecaster auf den Plan, mit ihrem semiakustischen Korpus und dem auffällig gestylten Schlagbrett, das zusammen mit dem klassischen F-Loch einen interessanten Kontrast zu dem ansonsten so sachlich wirkenden Design der Telecaster bewirkte.

Der Rest war „business as usual“, wenn auch die Semi-Konstruktion den TeleTon einen Hauch süßlicher gestaltete. Die Verarbeitungsqualität war genauso gut wie das Aussehen dieser Gitarre, und so nimmt es denn nicht Wunder, dass die Thinline eine der besser angesehenen Alternativen zur ursprünglichen Telecaster wurde.

Seventies

Wenn es eine dunkle Periode im Schaffen der Firma Fender gab, dann war es diese Dekade. Verantwortlich für den Verfall der Verarbeitungsqualität und der Design-Ideen war die Firmenpolitik von CBS, die ausschließlich darauf ausgerichtet war, hohe Stückzahlen zu verkaufen. Quantität ging vor Qualität. Die eben noch so gelobte Thinline Telecaster war eine der ersten, die darunter zu leiden hatten. Ihre Konstruktion wurde von Grund auf neu überdacht, und 1971, ausgestattet mit zwei von Seth Lover entwickelten Fender-Humbuckern, ins Rennen geworfen. Die Split-Pole-Humbucker waren in ein neu gestyltes Schlagbrett montiert, und statt der typischen Tele-Brückenplatte – mitverantwortlich für den klassischen Tele-Sound – verwendete man die bereits bei der Non-Trem-Stratocaster eingesetzte Einteiler-Brücke mit sechs Einzelreitern. Fenders plötzliche Liebe zu Humbuckern war vermeintlich durch Marktforschung und Trendbeobachtung entstanden – und man wendete dieses eindeutige Gibson-Thema gleich bei zwei weiteren Tele-Typen an.

Die 1972 erschienene Telecaster Custom hatte einen dieser Humbucker in der HalsPosition und spiegelte damit eine Modifikation wieder, die viele Tele-Spieler ihren Standard-Teles oftmals sowieso schon verpasst hatten. Aber Fender ging in diesem speziellen Fall noch weiter: Man installierte eine Les-Paul-ähnliche Poti-Anordnung und -Anzahl und auch den für diese Gitarre typischen Dreiweg-Schalter in der oberen Hälfte der Gitarre. Das Endresultat dieser Mixtur war nicht besonders attraktiv, obwohl Keith Richards und einige wenige andere da wahrscheinlich anderer Meinung sind. Die Telecaster Custom kam ein Jahr später auf den Markt und repräsentierte eine noch größere Mischung beider Richtungen. Sie besaß zwei Humbucker inkl. der Les-Paul-Schaltung sowie die von der Thinline Tele bekannte Einteiler-Brücke.

Amps
Würden Sie solch einen Amp auf Ihre Bühne stellen? Die Solid-State-Serie war nicht wirklich ein Renner (Bild: Archiv)

Diese arme Gitarre bekam zudem den Stratocaster-Hals mit seiner großen Kopfplatte verpasst, einige dieser Modelle mussten gar die Installation eines Fender-Vibratosystems über sich ergehen lassen. Es ist klar, dass solch eine Stillosigkeit mit spektakulärem Misserfolg bestraft werden musste. Fenders Humbucker-Ideologie machte auch vor dem Telecaster Bass nicht halt. Warum man den Humbucker jedoch direkt an den Halsansatz montierte, ist nicht ganz nachvollziehbar. Vielleicht hatte man hier anstelle bei Profi-Bassisten nachzufragen, lieber wieder bei Gibson über den Zaun geschaut. Aber wahrscheinlich hatte keiner gemerkt, dass Gibson-Bässe damals wie heute einfach keine Rolle spielen. Auch das Schlagbrett wurde neu gestylt, aber diese „Verbesserungen“ trugen nur dazu bei, dass dieser Bass seine zweifellos vorher vorhandene Ausstrahlung nun gänzlich verloren hatte.

Von 1970 bis 1981 hielt der Musicmaster-Bass die rote Laterne in Fenders Bass-Preisliste standhaft fest. Wie seine Gitarrenschwester repräsentierte er ein Einsteigermodell, bei dem die Dinge einfach und billig belassen wurden: Ein Pickup, eine Brücke mit zwei Saitenreitern, 30″-Mensur – das musste reichen. Nach dem herben Rückschlag auf dem Semiakustik-Schlachtfeld mit der Coronado-Serie, wartete Fender bis 1976, ehe man einen neuen Versuch in dieser Richtung unternahm. Dieser mündete in der Starcaster, und diesmal verwendete man tatsächlich einen Sustainblock wie in Gibsons immer noch erfolgreicher ES-335.

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Das gesamte Styling der Starcaster war dennoch unmissverständlich nach Fender-Art: Unsymmetrische Cutaways und Taillen und eine neue, einseitige Kopfplatte, die auf dem wiederum geschraubten Hals thronte. Klar, auch die Starcaster war mit zwei Humbuckern und einer festen Brücke ausgestattet. Doch genützt hat ihr dies nichts. Die Gitarristen waren nicht bereit, ihre Vorliebe zu Gibsons Klassikern zugunsten dieses neuen Fender-Sprösslings aufzugeben. So wurde die Starcaster nur zwei Jahre lang produziert, ehe sie kleinlaut in der Versenkung verschwand. Die Lead-Serie, die 1979 vorgestellt wurde, sollte die verschiedenen Einsteiger-Instrumente, die Fender im Programm hatte, ersetzen.

Anfangs gab es zwei Modelle: Die mit einem Humbucker bestückte Lead I bzw. die Lead II mit zwei Singlecoils. Zwei Jahre später ergänzte die Lead III mit ihren zwei Humbuckern das Duo zum Trio. Das BodyStyling war eine Kreuzung zwischen Strat, Musicmaster und Mustang, aber das Endresultat sah nicht besonders eindrucksvoll aus. Da auch die Preise nicht gerade Einsteigerfreundlich waren, hielt sich das Interesse an diesen Gitarren in einem sehr begrenzten Rahmen. Schon nach drei Jahren Produktion wurde die Lead-Serie komplett aus dem Programm genommen. Das absolut dunkelste Kapitel der Fender-Historie stellte jedoch die Ende der 60er Jahre erstmals vorgestellte Serie von TransistorVerstärkern, die Solid-State-Serie, dar.

Man kann heute leider nicht mehr nachvollziehen, warum diese Produkte damals gebaut wurden. Nichts gegen Transistor-Verstärker – da gibt es genug Daseinsberechtigung, die über den reinen Preisvorteil hinaus gehen. Aber müssen Verstärker denn so aussehen wie diese Kühlschränke? Da leider auch der Klang nicht einmal annähernd dem entsprach, was man sonst von Fender gewohnt war, spielten diese Verstärker kommerziell überhaupt keine Rolle und sind heute eine willkommene Bereicherung für jedes Musikalien-Kuriositäten-Kabinett. Neben PA-Anlagen gab es Solid-State Vibrolux/Reverb, Bassman, Deluxe/Reverb, Super/Reverb, Pro/Reverb und Twin/Reverb – alles wohlklingende Namen, aber leider in einem gruseligen Kleid.

Eighties

Nach der Lead-Serie sollte die Bullet die Einsteiger animieren, ihre ersten Licks auf einer Fender-Gitarre zu spielen. Dieses Mal orientierte man sich beim Body-Design mehr an der Telecaster, und um die Kosten zu minimieren, wurden die Einzelteile in Korea hergestellt und in den USA nur zusammengebaut. So wahrte man das „made in USA“- Gütesiegel. Die Serie umfasste zwei Gitarren (Bullet und Bullet Deluxe) sowie 30″- und 34″-Bässe. Kurzfristig wurde auch von Fender Japan eine Bullet-Serie produziert. Im Kontrast zur einfachen Bullet-Serie stellte die neue Elite-Serie moderne, verbesserte Versionen von Fenders Erfolgs-Quartett dar. Diese 1983 vorgestellten Instrumente waren in der Tat Deluxe-Versionen, unterschieden sich aber stark von der Fender-Vintage-Norm.

Die Elite Stratocaster besaß z. B. drei Push-Knöpfe als Pickup-Schalter, eine aktive Elektronik und ein komplett neues Vibratosystem, das sich als sehr unzuverlässig und verstimmungsfreundlich erwies. Die Elite Telecaster war zwar ebenfalls aktiv, hatte neue Pickups und Hardware, konnte aber einige Freunde mehr gewinnen als die mit ihren Push-Potis und dem Vibratosystem zu komplizierte Strat-Schwester. Bassisten, generell offener gegenüber Neuerungen, akzeptierten durchaus wohlwollend die modernen Elite Jazz und Elite Precision Bässe, produzierten sie doch zeitgemäßere (Slap-) Sounds als die alten Fender-Bässe. Die Elite-Serie wurde von der neuen Standard-Serie begleitet, in der Fender kostengünstige Versionen ihrer vier Klassiker auf den Markt brachte und dabei durchaus einige Sakrilege beging. Bei der Standard Telecaster wurden z. B. die Saiten direkt in den Steg eingehängt, während die Standard Stratocaster ihr berühmtes Buchsenblech verlor.

Die Klinkenbuchse befand sich nun an der Stelle, an der „früher“ das zweite TonPoti saß. Wieder einmal wurde ein neues Vibratosystem entwickelt und installiert, dessen Entwicklung zwar in die richtige Richtung wies, aber immer noch zu problematisch zu handhaben war. Wie die Elite- war auch die Standard-Serie der letzte Versuch von CBS, Fenders Glaubwürdigkeit unter den Gitarristen wieder herzustellen. Es ist ihr nicht geglückt. Die japanische Master-Serie von 1984 brachte einige sehr ungewöhnliche FenderInstrumente auf den Markt. Mit einem geleimten Hals, zwei Humbuckern und einer festen Brücke stellten die Esprit und Flame interessante und mit weniger Kompromissen behaftete Versionen des Gibson-Themas dar, obwohl ihr Korpus mit Hohlkammern versehen war und so den Gitarren einen mehr semiakustischen Klangcharakter verlieh. Beide kamen in drei unterschiedlich ausgestatteten Versionen, die Standard, Elite und Ultra genannt wurden.

Glücklicherweise entdeckte Robben Ford die Esprit Ultra, was nicht nur dazu führte, dass Fender bald ein Robben-Ford-Signature-Modell aus dem Custom-Shop anbot, sondern auch noch mehrere andere Gitarristen auf diese so anders geartete Fender-Gitarre aufmerksam wurden. Zu dieser Serie gehörte weiterhin eine Jazz-Gitarre, die in Zusammenarbeit mit dem bekannten Archtop-Gitarrenbauer Jimmy D´Aquisto entwickelt und nach ihm benannt wurde. Im nächsten Jahr wechselte Fender den Besitzer, und im Strudel der Umstrukturierungen wurden 1985 in den USA überhaupt keine Fender-Gitarren gebaut. Alle Fender-Gitarren dieses Jahres kamen hingegen aus Japan!

Die Contemporary-Serie bot Strat- und Tele-Versionen in leicht modernisierten Fassungen, während die Performer- und Katana-Modelle neue Design-Ideen umsetzten, die ursprünglich in den USA auf den Reißbrettern der Fender-R&D-Abteilung entstanden waren, aber durch den Verkauf Fenders nun in Japan umgesetzt wurden. Besonders die Performer-Serie – eine Gitarre und ein Bass – sollte die neue US-Top-Line bilden. Und in der Tat machten die Instrumente keine schlechte Figur mit ihrem geschmackvollen Korpus-Design und den beiden Humbuckern. Aber – obwohl die Qualität dieser Instrumente nie in Frage gestellt wurde – waren sie nicht das, was der Gitarrist von Fender, und dann auch noch von Fender Japan, erwartete. Noch schlimmer erging es Fenders Antwort auf die vielen Heavy-Metal-Äxte dieser Zeit, der Katana.

Performer
Zu radikal, um Erfolg zu haben: Performer (Bild: Archiv)

Natürlich wurde erwartet, dass sich Fender-Puristen entrüstet abwenden, wenn sie dieses eckige Monstrum zu Gesicht bekommen. Aber dass gleichzeitig die schweren Jungs der Metalfront die Katana eher als schlechten Scherz denn als ernst gemeinte Alternative zu Gitarren von Jackson, Charvel, Kramer und anderen ansahen, traf die neuen Fender-Oberen ganz unerwartet.

Nineties

Die neue Führung besann sich dann zuerst einmal auf die alten Traditionen und beschränkte sich auf das, was den Namen Fender groß und unsterblich gemacht hatte. Nur die altbekannten Modelle wurden produziert, allerdings in einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt. Schön, dass sich nach und nach einige Ausnahmen dieser Regel ins Fender-Programm schlichen. Die Prodigy, eine an die Strat angelehnte Gitarre mit spitzeren Korpushörnern und taillierterem Korpus, sollte 1991 so etwas wie frischen Wind in Fenders Vintage-World bringen. Zusammen mit dem Steg-Humbucker und einem schweren Locking-Vibrato war die Prodigy Fenders am meisten überzeugender Beitrag zum Thema Superstrat. Und der Prodigy Active Bass erfüllte ebenfalls alle Ansprüche, die damals an einen modernen Rock-Bass gestellt wurden.

Fender Japan kristallisierte sich immer mehr als Produktionsstätte für limitierte Signature-Serien heraus, die nicht nur den japanischen Markt bediente, sondern für Fender-Vertretungen in aller Welt produzierte. Ein gutes Beispiel dieser Produktionsweise, die sich sehr nach den individuellen Vorlieben der Künstler ausrichtete, stellten die drei Gitarren dar, die für die Hellecasters 1997 produziert wurden. Während die Jerry-Donahue-Stratocaster noch eine relativ einfache Gitarre mit eher versteckten Qualitäten war, spiegelten die John-Jorgenson-Hellecaster und die Will-Ray-Jazz-A-Caster den eher glamourösen Charakter dieser beiden Gitarristen wieder. Die JJ-Hellecaster war eine Strat mit drei Split-Coil-Pickups, montiert in ein goldenenes Glitter-Schlagbrett auf schwarzem Glitter-Korpus, während die Jazz-ACaster Eigenschaften wie Blattgold-Finish, zwei Jazzmaster-Pickups und einen Hipshot B-Bender auf einem Tele-Korpus zu einem spektakulären Gemisch vereinigte.

 

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