Eric Clapton & B.B. King: Interview zu ‘Riding With The King’
von L.J. Eifel,
Anzeige
Zwischen Eminem, Britney Spears, Kid Rock und ’N Sync ist bekanntlich alles möglich. In den Billboard Top 50, den US-Album-Charts, steht in der 27. Woche des 2000. Jahres unserer Zeitrechnung, genau zwischen diesen jungen Hüpfern ein Team aus zwei älteren Generationen mit einer noch älteren Musik: Blues! Und ohne den Blues, ohne B.B. King und ohne Eric Clapton würden sich die Pop- und die Gitarrenwelt heute anders anhören.
Anzeige
„Clapton is god“ war Ende der 60er Jahre an einer Londoner Hauswand zu lesen – und damals war Eric noch ein junger Gott von Anfang 20, der neben seinem Erfolg mit dem Rock-Trio Cream, immer schon Blues-Ambitionen hatte. Sein Vorbild und ein großer Einfluss auf sein Spiel war B.B. King, der bereits 1949/50 mit ,Three O’Clock Blues‘ seinen ersten Hit verbuchen konnte. Das alles sind altbekannte Geschichten aus einem vergangenen Jahrhundert, die jetzt zu einer interessanten Begegnung von Lehrer & Schüler geführt haben. ,Riding With The King‘ heißt das deutlich blau angelaufene Baby der beiden Gitarristen King & Clapton. Und mehr als beachtlich ist, dass diese CD in den deutschen Album-Charts von ihrer Einstiegsposition 5 in der zweiten Woche noch einen Platz gutmachte – in den USA schoss das Werk direkt von 0 auf 3, und im Rest der Welt sieht es bekanntlich dann auch nicht viel schlechter aus.
Anscheinend ist die Zeit reif für intelligente Kopplungen guter Namen (das wissen wir spätestens seit Carlos Santana & Rob Thomas oder auch Zlatko & Jürgen) – und schon kann man sogar mit Musik Geld machen, die doppelt so alt ist wie Britneys Oma. In Rap und HipHop ist das Duo-Modell, bzw. „X feat. Y“-Konzept ein alter aber zuverlässiger Hut, das zeigen die aktuellen US-Single-Charts: Als echter Kampfhund hat jemand wie Snoop Dogg alleine sowieso keinen Spaß – also war er Anfang Juli mit immerhin drei Kooperationen in den Verkaufslisten vertreten: mit Mariah Carey, mit Dr. Dre und mit den Eastsidaz. Ob Latino-Pop, Big-Brother-Ausscheidungsprodukte oder Gangsta-Geprotze: Gemeinsam sind wir stärker! Im Verkauf fast immer, in der musikalischen Qualität immer mal wieder.
Was aber macht nun ein (eher traditionelles) Blues-Album zu einem hochkarätigen Hit-Album? Schließlich hatte B.B. King bereits 1993 mit ,Blues Summit‘ eine Produktion mit verschiedenen Duett-Partnern im Rennen (John Lee Hooker, Buddy Guy, Albert Collins, Koko Taylor, Irma Thomas, Joe Louis Walker, Robert Cray, Etta James), das allerdings bei weitem nicht den Erfolg der neuen Kooperation mit Eric Clapton erzielte. Neben den zugkräftigen Namen (die alleine sicherlich nicht ausreichen), neben dem Black & White-Aspekt (der in den USA vielleicht ebenso relevant ist wie in deutschen Skinhead-Metropolen), neben einer intelligenten Vermarktung (ohne die generell nichts läuft), braucht es natürlich noch etwas mehr: gute, aufregende und zumindest dezent zeitgemäß produzierte Musik.
Blues-Allergiker wie -Dogmatiker werden jetzt anmerken, dass es diese Kombination unmöglich geben kann, dass sich die genannten Faktoren geradezu neutralisieren und dass „authentisch“ ja wohl ganz anders ist. Musik-Genuss ebenfalls. Eric Clapton und seine Stratocaster, B.B. King und seine semiakustische Lucille haben es möglich ge- macht: ,Riding With The King‘ ist ein schönes, virtuoses, abwechslungsreiches und oft sogar spannendes Song-Album geworden, in dem sich zwei Ikonen der Blues-Gitarre, stereokanalgetrennt, die Bälle zuspielen. Außerdem hat diese Kooperation noch weitere Pluspunkte: Neben Claptons Co-Produzent Simon Climie, waren mit Andy Fairweather Low und Jimmie Vaughan (g), Nathan East (b), Steve Gadd (dr), Joe Sample (p) u. a. hochkarätigste Musiker an diesem Projekt beteiligt, die zum runden Sound dieses Albums sehr viel beigesteuert haben. Und bedenkt man, dass B.B. (75) und Eric (55) zusammen fast älter sind als ganz Bon Jovi, dann klingt ihr Album erstaunlich frisch produziert, ja beinahe schon unverstaubt und lebendig – im Blues-Genre wie aus New Jersey ein seltenes Glück.
Wir haben nun das noch seltenere Glück, B.B. King und Eric Clapton im Gespräch zu erleben.
Interview
G&B: Erinnert ihr euch noch an das Jahr 1967, an euer erstes Zusammentreffen?
King: Gute Musik gab’s in dieser Zeit, daran erinnere ich mich in dem Zusammenhang. Damals hatten wir eine Menge Spaß. Meiner Meinung nach waren Musiker in dieser Zeit sowieso etwas anders drauf, als viele es heute sind. Sie trafen sich z. B. oft um zu jammen, und das erlebe ich heute weniger. Was denkst du, Eric?
Clapton: Keine Ahnung wie das heute läuft, ob und wo sie das machen könnten, so wie wir. Damals gab es wirklich mehr Jams, denke ich. Und damals im Cafe A GoGo, das war eines der ersten Male wo ich in den USA war. Ich hatte das Gefühl, dass all meine Träume in einer Nacht wahr wurden …
King: Die Musiker standen im Leben, sie waren damals keine verschämten Existenzen, und auch keine arroganten „Ich bin der Größte und du bist ein Nichts“-Typen – diese Sorten trifft man heute öfter. Und eine Sache fällt mir noch ein: In dieser Zeit, als wir uns trafen, waren die Leute noch etwas gefühlvoller im Umgang mit ihren Amps.
Clapton: Yeah.
King: Jeder hatte die Möglichkeit, den anderen auch zu hören.
Clapton: Genau.
King: Heute kommst du zu einer Jam Session, und wenn du nicht den ganz fetten Amp dabei hast, kannst du gleich wieder gehen.
Clapton: Stimmt. Ich glaube, die Leute gingen damals sehr vernünftig, einfach der Si- tuation angemessen, mit ihren Amps um.
G&B: Was hattet ihr denn damals für einen Eindruck voneinander?
King: Also, ich wusste überhaupt nicht viel über Eric. Ich hatte von ihm gehört, aber viel mehr auch nicht. Und an diesem Abend war ich in einem Club, „The New Generation“ glaube ich, zusammen mit Janis Joplin – wir hatten da gespielt. Und der Besitzer erzählte uns dann, dass er später am Abend Eric Clapton erwarten würde. Also wartete ich, um ihn mir mal anzuhören.
G&B: Und wie war es mit dir, Eric?
Clapton: Ich weiß nicht, also, ich erinnere mich nur ungenau. Aber ich glaube, wir waren damals im Cafe A GoGo. Ich wollte da hin, um Al Kooper zu sehen, den kannte ich von …
King: … Blood, Sweat & Tears!
Clapton: Blood, Sweat & Tears, genau!
King: Es war im Café A GoGo, du könntest Recht haben.
Clapton: Ich glaube auch. Ich wollte nämlich da hin, weil es der erste Abend war, an dem Al mit seiner neuen Band spielte. Und dann kamst du vorbei, und das war einfach unglaublich …
King: Stimmt! Du könntest Recht haben.
Clapton: Und danach haben wir dann losgelegt. Es war eben eine dieser After Hours Sessions.
King: Von solchen Clubs bräuchten wir ein paar mehr, heutzutage, meinst du nicht auch?
Clapton: Yeah.
King: Da kann man dann nach einem Konzert hingehen und abhängen. Wie damals.
Clapton: Yeah.
G&B: Dann wurde der Grundstein für euer gemeinsames Album eigentlich schon vor 30 Jahren gelegt?
Clapton: Also, ich glaube, der Gedanke wurde bei mir erst vor drei oder vier Jahren konkreter. Damals kam allmählich das Gefühl bei mir auf, dass ich nun vielleicht bodenständig und gefestigt genug sei, um so etwas tun zu dürfen.
King: Das muss man sich mal anhören!
Clapton: Nein, nein, ich mach hier keinen Unsinn. (lacht) Ich hätte früher wirklich nicht einmal den Gedanken an so ein Album gewagt.
King: Eigentlich siehst du gar nicht aus, als hättest du Fieber? Hahaha!
Clapton: Vor vier, fünf Jahren war es wirklich noch kein Thema, aber später schon. Und dann haben wir uns ja immer mal getroffen, und wir redeten darüber, dieses Album einmal zu verwirklichen. Irgendwann.
King: Yeah. Vom ersten Mal an, als wir darüber redeten, habe ich immer nur gehofft, dass wir es auch tun werden. Ich habe uns die Daumen gedrückt. Und als wir dann endlich bei der Arbeit waren, da war es einfach! Ich kenne diesen Typen ja schon einige Zeit lang, aber er ist so talentiert und so wach im Kopf. Er hat Nummern rausgekramt, die hatte ich schon vergessen. Er kam mit Stücken an, bei denen es schon aufregend war, nur an sie zu denken, so lange hatte ich sie nicht gehört. Ich spreche jetzt nicht einmal über die Songs, die wir eingespielt haben, sondern über die, die wir sein ließen.
Clapton: Yeah, yeah …
King: Also für mich war das eine ganz tolle Sache. Ganz toll.
Clapton: Klar, aber du weißt ja, dass wir beide sehr viel arbeiten, und da war eben nie Zeit für diese Sache. Wir haben immer versucht was einzuplanen, aber der Terminkalender war meist schon für ein Jahr komplett voll. Ich arbeite noch nicht mal halb so viel wie dieser Mann; aber wenn er auf Tour ist, habe ich meine Zeit auch schon verplant, weil ich vielleicht zum Angeln gehen will.
G&B: Wie verlief dann die gemeinsame Arbeit im Studio?
King: Für mich ganz fantastisch. (zeigt auf Eric) Dieser Typ kam auch nie zu spät zur Arbeit. Ich verstehe nicht, wie man das schaffen kann, hahaha! Immer pünktlich, und dann auch immer voll konzentriert aufs Geschäft, vom ersten Moment an. Natürlich haben wir auch mal Spaß und machen Unsinn. Aber wenn es ums Geschäft geht, dann ist er voll bei der Sache, absolut konzentriert. Er steht für mich nicht nur als Gitarrist auf Platz 1, sondern auch vom Kopf her. Und er ist ein großartiger, ein absolut großartiger Mensch. Aber weißt du, ich sitze ja nicht hier, um ihm nur Komplimente zu machen; da wird er ja am Ende noch verlegen, hahaha!
Clapton: Du hast Recht, das macht mich ganz schön verlegen …
King: … aber mal ehrlich: Eric ist ein großartiger Mensch und ein großartiger Musiker.
Clapton: Ich hatte eben das Glück B.B. seit langer Zeit zu kennen, und ich wusste, dass er mir vertraut. Als wir mit der Arbeit begannen meinte er nur: Wir machen alles genau so, wie du es haben willst! Das war eine ganz große Ehre für mich. Und als wir dann im Studio waren, hatte ich verschiedene Ansätze und Richtungen im Kopf, wovon eine diese Unplugged-Idee war. Schließlich hatte noch niemand B.B. mit einer Akustikgitarre gehört. Andererseits wollte ich auch noch etwas Zeitgemäßes produzieren, einen modernen Song, der in Richtung HipHop geht.
Und ich wollte eine Menge hervorragender Musiker zusammenbringen, mit denen man live aufnehmen kann. Unser Studio hatte auch wirklich eine gute Atmosphäre für Live-Aufnahmen. Ich denke, wir haben schließlich alle Bereiche irgendwie gestreift. Aber richtig Leben in die Sache kam erst, als wir alle da standen und live zusammen Musik machten … Und wir haben wirklich live gespielt und gesungen. Das wichtigste Mikrofon im Studio war am Schluss das über unseren Köpfen, das den Gesamt-Sound erfassen sollte. Natürlich hatten wir alle Instrumente einzeln mit Mikrofonen abgenommen, mit den üblichen Problemen eben: Das Schlagzeug war auf den Gitarren- Tracks zu hören usw. Alles verschmolz irgendwie. Und es lief so, dass wir wirklich alle Songs im zweiten Anlauf im Kasten hatten – oder auch mal im ersten oder dritten.
King: Yeah.
Clapton: Und dann war es einfach gesagt, musikalisch, verstehst du? Wir konnten diesen Moment einfach nicht noch mal kurz wiederholen.
King: Das lief wirklich bei allen Nummern so.
Clapton: So ist das eben, wenn großartige Musiker zusammen sind: Sie brauchen meist einen Take, um das richtige Feeling zu bekommen, beim zweiten Take konzentrieren sie sich dann, und die Sache ist erledigt. So lief das auch bei diesem Album.
G&B: Ihr habt Big Maceo Merriweathers ,Worried Life Blues‘ von 1941 aufgenommen – mit Akustikgitarren. War das nicht ein verrücktes Gefühl?
Eric Clapton & B.B. King ‘Worried Life Blues’:
King: Ich habe gar nicht groß darüber nachgedacht.
Clapton: Das war meine Idee, und ich wollte musikalisch so weit zurückgehen wie möglich. Aber weißt du, es war alles nicht wirklich durchgeplant. Es war mehr so diese Sache: Fertig! Und was machen wir als nächstes?
King: Yeah! Stimmt genau.
Clapton: Es war eben offen und auch sehr spontan. Jedes Mal, wenn wir einen Song fertig hatten, überlegte ich, welche Nummer wir anschließend einspielen könnten. Ein chronologischer Prozess eben. Und dann ging es ja auch noch darum, zu entscheiden, wer was bzw. welche Parts singen sollte. Es gab einige Sachen, von denen ich bewusst die Finger lassen wollte, aber bei anderen Parts dachte ich schon mal: Also, wenn niemand etwas dagegen hat, dann könnte ich vielleicht einen Part davon …
King: Sing es!
Clapton: Dann musste mir die Nummer nur wieder einfallen. Ich bin eben nur so eine Art angelernter Sänger mit Gesellenbrief.
King: Oh, jetzt mach aber mal ‘nen Punkt!
Clapton: Wirklich. Ein Amateur. Ein Amateur.
King: Dieser Kerl singt, als wäre er ganz weit unten am Mississippi geboren. Hahaha! Aber trotzdem, irgendwie hast du auch wieder Recht. Ich hatte den Eindruck, dass sich alles erst richtig zusammenfügte, als wir mit den Aufnahmen anfingen.
Clapton: Yeah, yeah.
King: Wie er bereits erzählte: Geplant war überhaupt nichts, aber Erics Kopf ist wie ein Archiv voller Songs. Er kam mit den Vorschlägen, wir redeten darüber, hörten die Aufnahmen. Und dann traf er die Entscheidung darüber, welche Nummer gut zu uns passen könnte. Ich mischte mich dann da auch nicht mehr ein. Das lief ganz fantastisch.
G&B: Manchmal entstehen wunderschöne Dinge eben auch auf ganz einfache Art.
Clapton: Einfach! Ganz genau.
King: So einfach mache ich das schon mein ganzes Leben. Bis ich 85 oder 90 bin, hahaha!
G&B: Und jetzt kommt sicher bald eine große Stadion-Tour?
Clapton: Sein Tempo halte ich nicht durch. Ich brauche erst mal eine Pause.
King: Hahaha! Ja, da drücke ich uns wieder die Daumen und hoffe, dass wir eines Tages zumindest ein paar Konzerte gemeinsam spielen werden. Ich hoffe das wirklich.
Clapton: Yeah, und das wird auch gut werden. Wir werden schon einen Weg finden. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich denke, das sollte die nächste Sache werden, die wir angehen.
G&B: Ich habe euren Terminplan für die nächste Zeit gesehen …
Clapton: Ich weiß, der ist unglaublich, oder?
King: Aber, ich arbeite nun einmal sehr gerne. (zeigt auf Eric) Und wenn dieser Typ mich aus Timbuktu anrufen würde, damit wir spielen können, dann würde ich versuchen, dort hin zu kommen. Er hat eine Menge für andere Leute getan und speziell auch für mich. Es ist für mich immer wieder aufregend mit ihm zu arbeiten. Ich bin schon aufgeregt, wenn ich mich in seiner Nähe aufhalte.
[shop-widget id=”context-content-ad”]
Dieer Artikel stammt aus der Gitarre & Bass 08/2000
Und wo ist jetzt das Interview? Da gäbe es vermutlich weniger blasse Platitüden und weniger name-dropping?!
Einfach unten auf der Seite “umblättern”, also auf die 2 drücken 😉
Umblättern bringt nichts. Die zweite Seite ist “gone”…
Die dritte Seite jedoch kann aufgerufen werden.
Macht absolut keinen Sinn, dann lieber den ganzen Artikel vom Netz nehmen.
Es gab leider ein technisches Problem, das aber jetzt gefixt ist. Der Artikel ist jetzt in voller Länge lesbar.
Beste Grüße aus der Redaktion