Im Interview

Edin “Meister Ede” Čolić: Ein neues Huhn im Stall

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(Bild: Franziska Finger)

Edin Čolić, genannt „Meister Ede“, ist nicht nur bei den Kölner Matadoren von den Höhnern der neue Gitarrero, sondern darüber hinaus ein aufstrebender und ausgesprochen talentierter Gitarrist der jüngeren Generation, von dem man in Zukunft sicher noch einiges mehr hören wird.

In der Kölner Szene hat sich Edin schon seit längerem einen Namen erspielt, der ihn zu einem viel gebuchten Live- und Session-Musiker macht, unter anderem bei Beatrice Egli, Tom Beck, Matthias Reim, Kelly Family, Mrs. Greenbird, dem Rocky Horror Musical und eben neuerdings als festes Bandmitglied von den Höhnern.

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Damit zeigt „Meister Ede“, dass es auch heutzutage noch möglich ist, in Deutschland als Gitarrist einer neuen Generation außerhalb von YouTube und weniger mit technischem ShowOff, sondern mit geschmackvollem Spiel, eindrucksvoller Musikalität und einer professionellen Einstellung Karriere zu machen. Edin ist als Sohn jugoslawischer Einwanderer vor 40 Jahren in Köln geboren worden.

Mit elf Jahren nahm er die Gitarre zur Hand, bekam Unterricht, Beatles-Songs als erste Gehversuche. Der Jugoslawien-Krieg in den 90er-Jahren sollte einen Einfluss auf Edins musikalische Karriere nehmen: Die Eltern nehmen vor dem Krieg geflüchtete Verwandte im eigenen Haus auf. Fortan teilte sich Edin mit zwei Cousins und seinem Bruder für einige Zeit die Zimmer:

„Wenn der Krieg etwas Positives hatte, dann, dass der Zusammenhalt extrem groß war und bis heute ist. Ich als gebürtiger Kölner konnte die bosnische Sprache kaum, aber meine Cousins konnten dafür richtig gut Gitarre spielen. Das war unsere erste Verständigung. Und die beiden hatten Musik und Rock-Platten mitgebracht. Die zeigten mir MTV und Headbangers Ball“.

Schnell war Edin angefixt und hat neben der Schule ununterbrochen geübt und mit der Verwandschaft gejammt. Das zahlte sich aus: Im Alter von 15 Jahren gewann er den Wettbewerb „Battle Of The Axes“ im Rahmen der Music Factory Köln. Nach der Schule folgten eine kaufmännische Ausbildung und der Zivildienst. Der Drang, mit Musik den Lebensunterhalt zu verdienen, kam schnell zurück:

„Mit Auftritten auf Schützenfesten und ähnlichen Anlässen habe ich dann mit 20 Jahren um die 60 Gigs im Jahr gespielt und gemerkt, dass man mit Musik doch Geld verdienen kann. Das war eine gute Schule, vier bis fünfstündige Auftritte, Songs auf Zuruf. Dabei war mein Gehör meine wichtigste Schule, denn Notenlesen kann ich bis heute nicht.“

Rückblickend, hat das deine Herangehensweise schon damals geprägt?

Im Grunde ja. Ich war zwar mal auf dem MGI in Köln und habe einige Basiscs mitgenommen. Als es dann aber mit Blattspielen losging, habe ich abgebrochen. Das war überhaupt nicht meine Welt. Mein Ansatz war und ist, Musik mehr über Zuhören und Emotionen zu erschließen. Das hat mich auf der einen Seite weit gebracht, auf der anderen aber auch manches verschlossen, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Einen wichtigen Impuls hatte mir damals mit 15 Marcus Deml aus der Jury des ‚Battle Of The Axes‘ mitgegeben: Er sagte, ich würde super spielen, aber gleichzeitig gäbe es ganz viele andere, die technisch herausragend seien. Er inspirierte mich dazu, mich mit Tonformung, weg vom höher, schneller, weiter, hin zum „Musikmachen“ zu beschäftigen.

Wie ging es dann weiter?

Dann kam die erste Social-Media-Plattform MySpace und darüber haben sich dann neue Türen geöffnet. Mit meiner damaligen Band Freifall habe ich bei der EMI vorgespielt, der Manager von Pur fand uns cool, über Social Media habe ich dann Giovanni Zarella kennen gelernt und bei ihm gespielt. Später kam das Engagement bei DSDS, daraus resultierte die Zusammenarbeit mit Beatrice Egli. Es haben sich im Verlauf immer weitere Möglichkeiten und Stationen ergeben und ich konnte viele Erfahrungen sammeln.

(Bild: Christian Tolle)

Und jetzt der nächste Schritt zu den Höhnern, auch direkt im Studio zu den Aufnahmen der Jubiläums-Platte ‚50‘.

Das hatte ich erst gar nicht auf dem Schirm … Ich war ja seit 2014 mit Beatrice Egli unterwegs. Schließlich kam dieser Zeitungsartikel, dass die Höhner sich von Joost Vergoossen getrennt hatten – plötzlich ging mein Telefon und diverse Leute spornten mich an, mich dort zu bewerben. Ich war wirklich überrascht, dass offenbar viele Kollegen meinten, ich könnte da gut reinpassen.

Wie hast du dich vorbereitet?

Vorgabe waren sieben Songs auf Basis der früheren Jubiläums-Live-Aufnahmen mit John Parsons an der Gitarre. Das diente als grobe Orientierung. Die Band gab dazu aber keinerlei weitere Information oder Anforderungen und wollte – so denke ich – einfach mal schauen, was man mit so einer Freiheit alles anbietet. Also kommt man jetzt beispielsweise nur mit einem Tweed-Amp und einem Tube-Screamer und macht komplett sein eigenes Ding oder versucht man exakt das Ursprüngliche zu liefern, oder einen Mix … Ich habe mich dann extrem gut vorbereitet, ich war ja auch nicht der einzige Anwärter auf den Job soweit ich weiß.

Wie hast du das gemacht?

Ich habe mich recht nah an die Original-Takes gehalten und das Ganze mit meiner eigenen Handschrift interpretiert. Dem lag wieder die Überzeugung zu Grunde, dass es nicht um mich geht, sondern um die bestmögliche Bedienung des musikalischen Gesamtgefüges. Dabei waren meine Vorgänger von ihren jeweiligen Ansätzen schon anders. Ich versuche, auch über verschiedene Instrumente, eine gewisse Klangvielfalt einzubringen. Früher war es ja eher so, dass die Songs mit nur einer Gitarre, meinetwegen einer guten Strat, gespielt wurden. Ich variiere gern und setze auch bei den Höhnern mal alternativ eine SG oder Tele ein. Dieses Anbieten von verschiedenen Gitarren-Sounds hat die Band gerne angenommen.

Du warst direkt im Studio für die Aufnahmen zu ‚#50 Höhner‘.

Ich war vorher ja nie so der Studiotyp, auch wenn ich bei ein paar Studio-Sessions mitgewirkt habe. Das hat sich mit den Höhnern jetzt geändert. Es gibt schon einen deutlichen Unterschied, denn bisher war ich als „hired gun“ zwar irgendwie in der Band dabei, aber eben nicht „die“ Band. Und das ist bei den Höhnern jetzt der Fall, ich bin festes Bandmitglied. Das wirkt sich auch auf die Arbeit im Studio aus: Wenn ich früher mal im Studio Sessions gespielt habe, hat der Produzent mir immer gesagt, welche Richtung ich nehmen soll, ich habe das abgeliefert und was dann davon letztendlich verwendet wurde, war außerhalb meines Einflusses.

Hast du auch richtig „old school“ analoges Equipment an den Start gebracht?

Sowohl als auch: Die meisten Basictracks, die nicht im Vordergrund stehen, habe ich über meinen Kemper eingespielt. Modulationseffekte direkt mit, Hall oder Delay kamen dann im Mix dazu. Und das funktioniert wirklich super. Erdige oder im Song dominantere Spuren habe ich alternativ mit meinem Morgan-SW22R-Combo oder mit meinem Hook Little Lenny eingespielt. Dazu kamen diverse Zerrer vor den jeweiligen Amps, hauptsächlich der Blue Secret von Secret Audio.

Morgan SW22R Combo (Bild: Christian Tolle)

Du sagtest, dass du gerne mit verschiedenen Gitarren experimentierst. Wie war es bei dieser Produktion?

Tatsächlich habe ich auf allem, was Strat-Kontext erforderte, meine Paoletti benutzt. Zusätzlich kam auf zwei Songs eine LSL-Tele Bad Bone prominent zum Einsatz, mit Sumpfesche-Korpus und zwei splittbaren Humbuckern. Meine SG habe ich für die Slide-Parts verwendet und für einige Parts noch eine Paoletti-Tele.

Was setzt du live ein?

Bei den Klassik-Shows auch gerne mal meine ES-355, ansonsten ist die Paoletti meine Hauptgitarre. SG und Tele sind aber auch mit dabei, weil ich eben diese Soundvielfalt auch live umsetzen möchte. Live spiele ich meistens über den Kemper. Das erfordert dann je nach Kontext einmal Programmieraufwand, um alles abzustimmen, liefert mir aber konsistente und erstklassige Ergebnisse und ist im Touralltag ganz schnell auf- und abgebaut.

Geh doch mal bitte noch detailliert auf deine Lieblingsgitarren ein.

Meine Gibson SG ist eine 64er Reissue Custom Shop von 2006 mit Vibrola-Vibrato, die ist komplett original. Ich bin vor kurzem übrigens bei allen Gitarren auf .011-.048- Saiten umgestiegen. Das habe ich mir angewöhnt – für den Ton und um Overbending entgegen zu wirken. Da ist manchmal soviel Energie bei mir, dass ich sonst schon mal die Saiten zu weit ziehe. Das passiert mit den dickeren Saiten jetzt nicht mehr.

Mit den Italienern von Paoletti arbeite ich schon länger. Die HSS-Strat mit dem Reversed Headstock ist mittlerweile meine Hauptgitarre. Die ist aus Kastanienholz und relativ schwer, klingt für meinen Geschmack aber super individuell. Die hatte ich mir damals extra so bei Paoletti bestellt. Ein famoses Instrument. Auch bei Beatrice Egli habe ich schon Gitarren von Paoletti benutzt. John Norum und Richie Sambora spielen die auch und hatten mich auf die Firma neugierig gemacht. Wenn du mich fragen würdest, welche Gitarre ich nie abgeben würde, dann aber meine grüne Gibson ES-355.

2015 Gibson Custom Shop ES-355 mit Bigsby
2006 Gibson Custom Shop SG
Paoletti Wine Leather Tele
Paoletti HSS Reversed
Gibson Custom Shop Flying V
2019 Duesenberg Julia
2019 Duesenberg Paloma

 

Interessant …

Weißt du, es gibt ja eine Menge Mythen, leichte Gitarren, schwere Gitarren, Hölzer … Ich hatte schon schwere Gitarren, die offen und drahtig klingen und leichte, die überhaupt nicht den Erwartungen entsprochen haben. Diese ES klingt fantastisch für meinen Geschmack. Dann habe ich noch eine tolle Gibson Custom Shop Flying V, die ich bei den Klassik-Shows der Höhner für die kölsche Version von John Miles ‚Music‘ einsetze. Bei Beatrice Egli und Mrs. Greenbird habe ich neben der Paoletti auch viel Duesenberg gespielt. Das sind unkaputtbare Arbeitstiere.

Wenn ich mich hier bei dir so umsehe, scheinst du generell viel mit Pedals zu experimentieren.

Hahaha, ja das stimmt. Auf dem Board hier zu Hause ist nur eine kleine Auswahl. Ich habe noch ein großes Pedalboard mit Pedalen auf zwei Ebenen und einem GigRig-Looper, wenn ich zum Beispiel mit Tom Beck spiele. Da war auch der originale Klon Centaur drauf, der für meinen Geschmack ein überragendes Feeling vermittelt. Den nutze ich aber nicht mehr auf dem Board, aus Angst, dass etwas damit passiert. Daher habe ich alle möglichen Alternativen ausprobiert und auch einige tolle gefunden, wie den Ryra The Klone, der den Platz des originalen Klons eingenommen hat.

Auf dem kleinen Board hier sind der Bremerklang TmmyJry und der Vemuram ODS-1 meine Hauptdriver. Dieses kleine Board nutze ich hier zu Hause oder wenn ich mal einen Einsatz habe, bei dem ich das Riesenboard nicht zur Hand habe. Mein Amp ist clean oder leicht angecruncht eingestellt und die Soundformung erfolgt dann durch die Pedale.

Edins Pedalboard u.a. mit Vemuram ODS-1, Honey Bee Amps Double Trouble Dual Overdrive, Line 6 M9 Stompbox Modeler, Bremerklang TmmyJry. Unterhalb des Boards: der originale Klon Centaur (Mitte) und das Secret Audio Blue Secret (rechts) (Bild: Christian Tolle)

Danke für das ausführliche Gespräch, Edin, und viel Erfolg mit den Höhnern.

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)

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