Dream Theater ist für geschmackvollen, variantenreichen und innovativen Progressive-Metal bekannt. Wenn die fünf Ausnahmemusiker James LaBrie (Gesang), John Petrucci (Gitarre), Jordan Rudess (Keyboards), John Myung (Bass) und Mike Mangini (Schlagzeug) gemeinsam kreativ sind, kommt immer etwas heraus, das einzigartig klingt und unmissverständlich auf Dream Theater hindeutet. Erfahre mehr über die Bandgeschichte und ihr eigenes unverwechselbares Markenzeichen!
Die Wurzeln von Dream Theater gehen zurück in das Jahr 1985, als die Berklee-Studenten John Petrucci (g), John Myung (b) und Mike Portnoy (dr) die Band Majesty gründeten.
Später umbenannt in Dream Theater wurde das Projekt so wichtig, dass die drei ihr Studium an den Nagel hängten, um sich voll auf ihre eigene Musik zu konzentrieren. Charlie Dominici war von 1987 bis 1990 als Sänger bei Dream Theater aktiv. Erst 1991 wurde Dream Theater in dem Kanadier James LaBrie fündig. 1992 erschien mit “Images And Words” das zweite Album der Prog-Metal-Band, auf dem Sänger James LaBrie zum ersten Mal zu hören war.
An den kommerziellen Erfolg dieses Albums kam kein späteres Werk heran, und insbesondere “Pull Me Under” entwickelte sich zum Lieblingssong der DT-Fans, der viel Airplay im Radio bekam; das Video war oft auf MTV zu sehen. In der Folge erreichte “Images And Words” in den USA Goldstatus, und die japanischen Fans bescherten der Band sogar Platin.
Natürlich muss sich jede erfolgreiche Band auch Gedanken über kommerzielle Direktiven machen. Dream Theater taten dies unverhohlen auf ihrem 2005er Opus ,Octavarium‘ und kamen zu der Erkenntnis, ihren Sound nach den „neuen Herausforderungen, denen sich jede Band stellen muss, um frisch und hungrig zu bleiben“ (Drummer Mike Portnoy) auszurichten.
Portnoy, Petrucci & Co. stellten sich zu Recht die Frage: Wer mit einer solch speziellen Musik wie der von Dream Theater bereits eine dermaßen große Fan-Gemeinde hinter sich vereinen konnte, müsste doch auch das Potenzial haben, in noch ganz andere Popularitätsregionen vorzustoßen?
Bislang war es die Vielseitigkeit innerhalb der Grenzen des Heavy Metal, die der Band ein Millionenpublikum bescherte. „Letztes Jahr tourten wir in Amerika mit Yes, anschließend spielten wir mit Megadeth“, wunderte sich sogar Portnoy über das riesige Spektrum. Gleichzeitig schielte die Band auf einen Markt, der nicht nur in Konzerten, sondern auch im Radio und Musikfernsehen stattfindet.
„Es wäre doch toll, wenn wir mit einem Song wie ,I Walk Beside You‘ oder ,The Answer Lies Within‘ mal eine echten Single-Hit landen könnten“, erklärte der Schlagzeuger und stimmte seinem Kollegen Petrucci zu, der von einem „ungewöhnlich hohen kommerziellen Potenzial der Scheibe“ sprach und eingestand: „Wir stehen auf eingängige Pop-Songs wie etwa die von Coldplay und wären sicherlich stolz, wenn uns auch mal so einer gelingen würde. Denn natürlich hofft man als Künstler immer, ein möglichst großes Publikum zu erreichen.“
Solche Versuche haben andere Bands allerdings bereits mit dem Ende ihrer Karriere oder zumindest mit einer derben Konjunkturdelle bezahlen müssen. Man erinnere sich nur an Motörhead, die zu Beginn der Neunziger mächtig ins Trudeln gerieten. Die Band unterschrieb damals ihren ersten Major-Deal und versuchte auf Drängen ihrer Plattenfirma hin den bis dato ungezügelten Kraftrock stärker gen Radioeinsatz zu schmirgeln.
Das 91er Album ,1916‘ wusste die Fans noch zufriedenzustellen, der Nachfolger ,March Ör Die‘ fiel dagegen komplett durch. Die Anhängerschaft zeigte sich verstört, sogar Gitarrist Würzel wertete den Versuch, mit der Balladen ,Ain’t No Mr. Nice Guy‘ (unter anderem mit den Gästen Ozzy Osbourne und Slash) im kommerziellen Lager Fuß zu fassen, als kompletten Missgriff. „Motörhead ist eine Rock-‘n’-Roll-Band, die Fans wollen nicht dieses alberne Geseire hören. Auch nicht, wenn Ihre Gottheit das meint“, giftete er in Richtung seines Chefs Lemmy Kilmister und verließ Motörhead anschließend im Streit.
Könnte ein ähnlich riskanter Spagat also auch Dream Theater Fans kosten? Gar die internen Gruppenstrukturen durcheinander würfeln? Portnoy war im Sommer 2005 noch optimistisch: „Uns gibt es schon seit 20 Jahren. Fans, die bereits 1985 in unsere Konzerte kamen, bringen heutzutage ihre Kinder mit zu den Shows. Unsere Anhänger sind loyal und treu.“
2007 überlegten es sich Petrucci & Co. doch noch mal anders, und präsentierten mit ,Systematic Chaos‘ ein Traumtheater-typisches Album. Dennoch birgt ,Systematic Chaos‘ einige Überraschungen, die sich bei näherem Betrachten als bewusster Schritt herausstellen. Auch wenn die Stücke als Gesamtpaket nicht so dunkel und sperrig ausfallen wie etwa ,Train Of Thought‘, dem bislang wohl schroffsten Album der Band, findet man unter den acht Kompositionen richtig hartes Metal-Futter.
In ,Constant Motion‘ etwa pfeffert Petrucci ein Riff aus der Hüfte, das irgendwo zwischen Metallica, Megadeth und Accept angesiedelt zu sein scheint. Dazu brüllt LaBrie in bester Hetfield-Manier, trommelt Portnoy fast so thrashig wie Lars Ulrich in ,St. Anger‘.
Noch derber wird es im direkt anschließenden ,The Dark Eternal Night‘, einer Komposition, die ihren Titel zu Recht trägt. Hier scheinen Pantera gezielt Pate gestanden zu haben: Hardcore, Thrash, Metal und eine Computer-verfremdete Gesangsstimme machen richtig Alarm. „I am the last born of the blood of the pharaohs, the ultimate god of a rotting creation, sent to unleash this curse“, wütet LaBrie, während seine vier Instrumentalisten brachial zuwerke gehen und als Gimmick zwischenzeitlich sogar ein Honky-Tonk-Piano anklingen lassen, um den Metal scheinbar ad absurdum führen. Gewöhnungsbedürftig.
Im direkten Kontrast dazu das direkt an ,The Dark Eternal Night‘ folgende ,Repentance‘, in dem Dream Theater bis tief in die Sechziger zurückgehen und psychedelisch entrückt mit wabernden Sounds und schwebenden Atmosphären experimentieren. Faszinierend das Zusammenspiel aus ruhiger Gitarre und warmen Bassläufen. Auch die Keyboard-Sounds und der Gesang offenbaren das Faible der Musiker für archaische Klangwelten und machen ,Repentance‘ zu einem der besten Momente auf ,Systematic Chaos‘, stilistisch durchaus vergleichbar mit ,Set The Controls For The Heart Of The Sun‘ von Pink Floyd.
Mit dem anschließenden ,Prophets Of War‘ mischen die Musiker ein eigenwilliges Metallica-Riff mit sonderbaren Disco-Rhythmen und 80er-Jahre-Synthesizer-Sounds. Vermutlich wohl nicht jedermanns Geschmack. Aber es gibt auch Stücke auf ,Systematic Chaos‘, die so typisch für Dream Theater sind wie zu früheren Zeiten etwa ,Metropolis‘ oder ,Stream Of Consciousness‘. Hervorzuheben ist dabei vor allem das süchtig machende ,Forsaken‘, das in Aufbau und Prägnanz an den Savatage-Klassiker ,Gutter Ballet‘ erinnert. Ein echter Höhepunkt, nicht nur dieser Scheibe, sondern der gesamten Dream-Theater-Historie.
Ein Fazit zur neuen Scheibe? Dream Theater wagen Experimente, sind sich aber gleichzeitig treu geblieben, ohne sich auf ihrem neuesten Wurf künstlerisch zu wiederholen. Sicherlich eine der herausragenden Stärken dieser Band!
Am 8. September 2010 wurde aus einem Gerücht eine offizielle Meldung, verkündet auf der Dream-Theater-Website: Schlagzeuger und Gründungsmitglied Mike Portnoy verlässt die Band um sich „anderen Herausforderungen zu widmen“. Fans, als auch die Band selbst waren sichtlich überrascht, waren die bedächtigen, bodenständigen US-Progressive-Rocker bislang nicht gerade als Absender schlagzeilenträchtiger Meldungen in Erscheinung getreten.
Fortan kümmerte sich Dream Theater vorrangig um drei Themen: um Normalität, Songwriting und die Suche nach einem neuen Schlagwerker. Während Gitarrist John Petrucci fleißig Demos für einen neuen Longplayer produzierte, wurden Auditions anberaumt zu der sieben Schlagzeuger geladen waren. Das Ergebnis wurde dann auch gleich filmisch festgehalten und als 60-minütige Dokumentation als Bonus auf die Deluxe-Version des Albums gepackt. Titel: ‚A Dramatic Turn Of Events‘.
https://www.youtube.com/watch?v=4eMktbPijXo
Der neue Stick-Slinger wurde schließlich auch wieder ein Mike: Mike Mangini, ehemaliger Sideman für Steve Vai, Extreme und Annihilator. Mangini setzte sich dann auch gleich für die Aufnahmen zu ‚A Dramatic Turn Of Events‘ auf den Hocker – einem guten Album, das mit Recht in Zukunft als klassisches Dream-Theater-Werk in den Katalog der Band einsortiert werden dürfte.
2013 veröffentlichte das Quintett das Album, das mit vollem Kalkül schlicht und einfach ,Dream Theater‘ betitelt wurde. Denn diese Scheibe war ein selbstbewusstes Statement zur eigenen Stärke und in der Tat der tönende Beweis, dass immer noch Dream Theater selbst die Messlatte für geschmackvollen, variantenreichen und innovativen Progressive-Metal hochlegen.
Die Progressive-Metal-Band hat im Laufe der Bandgeschichte mehrere Millionen Platten weltweit verkauft und positive Kritik eingeheimst – und ein Ende ist erfreulicherweise noch nicht in Sicht!