All the way up!

Die Funktionsweise von Potentiometern

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All the way up! Der Legende nach waren Potentiometer zumindest bei Marshall-Amps lediglich Zierde. Denn wer was auf sich hielt, verwendete lediglich eine Einstellung: all the way up! Da die Menschen von damals auch noch nicht von der Individualisierungsseuche befallen waren, mussten E-Gitarristen noch keine technische Ausbildung genossen haben, um sich im Dickicht der Klanggestaltung ohne Navigationsgerät zurecht zu finden. Von der Gitarre einmal abgesehen, war zumeist nur noch ein irgendwie gearteter Zerrer und vielleicht ein Wah-Pedal vor den Amp geschaltet, das war‘s.

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Poti in Einzelteilen. (Bild: Holger Diepold)

Heute ist das anders. Wir können, wie überall auf dem Markt der Güter, unter hunderten verschiedener Produkte nicht nur auswählen, sondern sie auch kombinieren und vor allem einstellen, um so unseren Sound zu verfeinern. Uns soll an dieser Stelle vor allem Letztgenanntes interessieren. Denn neben den heute längst etablierten „digitalen“ oder indirekten Einstellmöglichkeiten wie Encoder, digitale Potentiometer oder VCAs ist das alte analoge Potentiometer mit all seinen Unzulänglichkeiten wie Verschleiß und hoher Toleranz aus unserem Metier einfach nicht wegzudenken.

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Ausführungen

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Die Schleiferbahn

Von speziellen Ausführungen einmal abgesehen, besitzt das Potentiometer in der Regel drei Anschlüsse. Sie werden als Eingang, Schleifer und Ausgang bezeichnet. Zwischen Ein- und Ausgang liegt hierbei eine Bahn, die auf einem nichtleitenden Träger aufgebracht ist. Auf dieser Bahn bewegt sich der Schleifkonktakt und teilt diese somit in zwei Teile auf, deren Verhältnis denen zweier Widerstände entspricht. Das muss nicht zwangsläufig linear (Kennzeichnung lin, B oder 1) sein, es gibt darüber hinaus positiv (Kennzeichnung log, A, Audio oder 2) oder negativ (Kennzeichnung C oder 3) logarithmische als auch exponentielle Charakteristiken. Selbst individuelle Lösungen können von Herstellern umgesetzt werden, allerdings sollten die bestellten Stückzahlen einen solchen Sonderauftrag das auch hergeben.

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Der Schleifer

Gängiger, und uns Gitarristen wohl vertraut sind die Drehpotentiometer, aber auch Schiebepotentiometer dürften von Mischpulten her bekannt sein. Das Prinzip ist natürlich dasselbe, wobei besagte Schiebepotentiometer, englisch Fader, in der Regel linear ausgeführt sind. Die gängigste Ausführung in der Nieder- oder Tonfrequenztechnik ist das Schichtpotentiometer, dessen Schleiferbahn aus einer Kohle- oder Metallschicht besteht, seltener auch aus einer Kunststoffschicht. Dieses ist neben der normalen Mono-Anwendung auch als Stereoausführung, wo sich mit einer Achse zwei separate Potis regeln lassen, oder in Tandemausführung (zwei Potis mit je einer eigenen Achse) erhältlich.

Für Anwendungen, die einer höheren Leistung bedürfen, werden häufig Drahtpotentiometer oder Rheostats eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eine Art Spule, die um einen Keramikkörper gewickelt ist. Hier ist die Länge, Dicke und Material des Drahtes maßgebend für den Widerstandswert; die Stellung des Schleifers bestimmt auch hier die beiden Teilwiderstände zu Ein- und Ausgang.

Service

Neben den elektronischen Eigenschaften sind für uns natürlich die mechanischen immens wichtig, denn häufig sind Potis starken mechanischen Belastungen ausgesetzt. Der neuralgische Punkt bei Potis ist der mechanische Übergang von Schichtbahn zu Schleifer (Bild 2). Da es sich hier um eine nur wenige Quadratmikrometer große Verbindung handelt, ist gerade bei ungekapselten, also nicht geschlossenen Potis die Gefahr der Verschmutzung durch Staub, Dreck und Feuchtigkeit gegeben.

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Die Lötstellen

Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ungekapselte Potis nicht geeignet wären, denn der vermeintliche Nachteil entpuppt sich auf der Werkbank als Vorteil. Meist ist es mit einem guten Kontaktspray zu reinigen und muss nicht ausgetauscht werden. Das spart nicht nur den Materialwert des Potis, der zumeist gar nicht so hoch ist, sondern vor allem viel Arbeitszeit, da ein zeitaufwendiges Demontieren entfällt. Auch die meist mit einer Niete gecrimpte Verbindung der beiden Anschlüsse zur Schleiferbahn, kann schon mal zu Kontaktschwierigkeiten führen. Sollten die nicht stabil ausgeführt sein, wird sich dieser Kontakt mit der Zeit lockern und einen Signalausfall zur Folge haben.

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Potis mit massivem oder gespaltenem Schaft

Neukauf

Neben den technischen Eigenschaften und einer soliden Mechanik sollte man beim Neukauf aber noch auf ein paar weitere Dinge achten. Die erste Frage ist, ob es für eine Gitarre oder einen Verstärker gebraucht wird. Denn bei Gitarren wollen wir in der Regel ein möglichst leichtgängiges Poti, was sich locker mit dem kleinen Finger bewegen lässt. Das wird mit so manchem Modell nicht möglich sein. Weiter sollte das Poti natürlich in die dafür vorgesehenen Öffnungen passen (E-Fach). Der Durchmesser der Achse sollte ebenfalls genau passen.

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Potis mit 16 mm und 24 mm Durchmesser.

Des Weiteren sollte man wissen, ob Löt- oder Print-Anschlüsse benötigt werden. Je nachdem, welche Potiknöpfe verwendet werden sollen, kann dann noch zwischen Solid- oder Split-Shaft-Achse gewählt werden. Denn wer einen Potiknopf auf Letztere schraubt, sollte sehr vorsichtig sein, da man schnell eine Seite des Schafts abbricht. Besser ist es in diesem Fall eins mit einem massiven Schaft zu nehmen. Wenn man kein Solid-Shaft-Poti zur Hand hat, trotz allem aber einen Potiknopf mit Schraube verwenden möchte, empfiehlt es sich, entweder ein passendes Plättchen in den Schaft zu legen oder die Schraube genau dort hineinzuschrauben.

Mehr Basics rund um deine Gitarre findest du in unserem Gitarren ABC!

G&B-Basics: Potentiometer austauschen

 

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