„Für mich sind Gitarren bis heute nichts anderes als Werkzeuge, die sich jederzeit ersetzen lassen.“

Der Gesegnete: Albert Hammond im Interview

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(Bild: Rita Carmo)

Gute Songs sind das Produkt göttlicher Eingebung – und eines filigranen Gitarrenspiels. Meint zumindest Albert Hammond – und der muss es wissen: Der 79-Jährige hat Welthits für Superstars jedweder Couleur geschrieben; aber auch ein paar für sich selbst. Jetzt legt er mit ‚Body Of Work‘ sein neues Album vor – und wähnt sich auf einer regelrechten Mission: Die Menschheit noch einmal mit richtig guter, handgemachter Musik zu beglücken. Natürlich mit Segen von oben – ganz oben.

Es ist ein offenes Geheimnis: Der Mann aus Gibraltar ist einer der erfolgreichsten Songwriter der Musikgeschichte. Auf sein Konto gehen 360 Millionen verkaufter Tonträger. Darunter Welthits von Whitney Houston, Tina Turner und Aretha Franklin – aber auch ‚It Never Rains In Southern California‘, ‚I‘m A Train‘ oder ‚Free Electric Band‘, die er als Solist veröffentlich hat. Kurz vor seinem 80. Geburtstag präsentiert er ‚Body Of Work‘.

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Das Ganze unterstreicht, warum Hammond auf so eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken kann bzw. hohes Ansehen unter Kollegen genießt. Eben weil er nach wie vor mit abwechslungsreichen und vielseitigen Kompositionen aufwartet, die ganz locker zwischen akustischem Folk, Country und Blues, aber auch elektrifiziertem Rock und altmodischem R&B pendeln. Zudem ist Hammond immer noch gut bei Stimme, glänzt er mit einer abwechslungsreichen Instrumentierung, produktionstechnischen Spielereien sowie starken Texten. Das muss ihm erst einmal jemand nachmachen. Gitarre&Bass hat den vitalen Veteranen in einem Berliner Hotelzimmer getroffen.

INTERVIEW

Albert, auf deinem Comeback ‚Body Of Work‘ verwendest du sowohl akustische wie auch elektrische Gitarren. Wann kommt was zum Einsatz – wie gehst du einen Song an?

Nun, wenn ich Power-Akkorde will, greife ich zur Elektrischen. Ansonsten spiele ich Akustische – meistens Yamahas und Martins. Einmal – glaube ich – war auch eine Gibson am Start. Wobei ich aber nicht zu diesen Typen zähle, die denken: „Wenn ich diese spezielle Gitarre benutze, macht das alles viel besser.“ Solche Leute gibt es wirklich! Mein Produzent, Matthias Roscoe, den ich heiß und innig liebe, ist zum Beispiel ein großartiger Gitarrist – genau wie Techniker und Produzent. Er ist da viel nerdiger als ich. Ich stehe mehr auf Songs und ihren Inhalt, den Raum, den sie beim Mischen benötigen und die richtige Tonart, um meine Stimme gut klingen zu lassen. Sprich: Ich liebe es, Musik zu machen. Und was das betrifft, bin ich sehr kreativ. Manchmal improvisiere ich einfach ein bisschen – und es fällt mir trotzdem immer etwas ein. Es geht also auch ganz simpel …

Bringt es dich zum Lachen, wenn du siehst, welchen Aufwand einige deiner Kollegen im Studio betreiben?

Und ob – aber ich schaue dann immer weg. (lacht)

Dann hältst du es wie Billy Gibbons von ZZ Top, der im Grunde jedes Stück Holz mit sechs Saiten spielen kann, aber immer seinen unverkennbaren Sound hat? Eben, weil das Entscheidende die Handhabung ist und nicht das Instrument an sich?

Ganz genau. Wobei das Instrument schon einen kleinen Unterschied machen kann. Etwa wenn man eine zwölfsaitige Gitarre verwendet – das ist ein anderer Sound, der dich an einen anderen Ort führt. Meine Gitarren dienen nur dazu, um das einzufangen, was ich in meinem Kopf höre. Das gelingt mir manchmal aber auch allein dadurch, dass ich auf der Rückseite des Korpus herumtrommle. (lacht)

Wobei du in den neuen Songs auch Effekte einsetzt. In ‚Don’t Bother Me Baby‘ z.B. ein Flanger und in ‚The American Flag‘ ein Reverb. Sind das Sounds, die für interessante, spannende Elemente sorgen sollen?

Definitiv. Wir haben da mit einigen Sachen herumgespielt – und die besten Ergebnisse sind immer reine Zufälle, wenn nicht sogar Fehler. Phil Spectors legendäre „Wall Of Sound“ war auch einer. Er fragte seinen Techniker entsetzt: „Was ist denn das?“ Bis er erkannte wie innovativ und toll das war: „Lass uns das behalten, was immer es auch ist.“ Und als ich ‚Body Of Work‘ aufgenommen habe, hat mich das ein bisschen an das ‚White Album‘ der Beatles erinnert – weil da so viele verschiedene Sachen passieren. Eben alles von Humppa über Rock, Pop, Blues, bis was-auch-immer. Das hat mich sehr an dieses legendäre Doppel-Album erinnert.

Also habe ich das Matthias erzählt und er entschied sich, das auf die Spitze zu treiben, indem er ein paar Stimmen und Cymbals rückwärts gedreht hat. Als es dann nach Nashville ging, habe ich den Musikern vor Ort die Texte ausgedruckt und ihnen erklärt, worum es in den Songs geht – und dass ich in den letzten sieben Jahren eine derart heftige Last auf meinen Schultern gespürt habe, dass ich mich immer mehr in mich selbst zurückgezogen habe. Ich denke, das hat einen großen Unterschied gemacht. Eben wie eine innere Reinigung, die von Zeit zu Zeit sehr wichtig ist.

Wenn du zur Gitarre greifst, versuchst du dann eine Melodie zu entwickeln oder in erster Linie eine Text-Idee zu vertonen?

Bei mir passiert beides gleichzeitig. Denn: Ich schreibe nicht jeden Tag. Ich warte, bis sich eine Verbindung einstellt – zu einer höheren Kraft. Und es gibt keinen bestimmten Zeitpunkt, an dem das passiert oder nachdem ich mich richten könnte. Es ist einfach so, dass ich mich selbst in eine kreative Stimmung versetze, indem ich mich bemühe, liebend, leidenschaftlich oder empathisch zu sein – aber ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Wenn du dein Leben nach diesem Motto und diesem Anspruch führst, sorgt es dafür, dass du irgendwann eine Verbindung zu etwas aufnimmst, das schwer zu erklären ist. Einfach, weil es etwas sehr Spirituelles hat.

Alberts Gitarrensammlung und Bucket-List auf Seite 2

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