Bis heute zählt für jeden Rock-Fan das Album ‚Made in Japan‘ von Deep Purple zu den absoluten Highlights des klassischen Hardrock! Was vor 50 Jahren, am 17.08.1972, aufgenommen wurde, legte die Messlatte dieses Genres vor allem durch die live absolute gekonnte und schnörkellose Umsetzung des Studio-Materials in gigantische Höhen. Ritchie Blackmores gitarristische Höhenflüge sowie Jon Lords unnachahmliche Klangkollagen auf seiner Hammond-Orgel suchen in ihrer Eleganz und Verschmolzenheit bis heute noch ihresgleichen.
Über dieses Album wurde schon sehr viel in den verschiedensten Magazinen und Online-Portalen geschrieben, aber über das bei ‚Made in Japan‘ verwendete Equipment, insbesondere jenes von Blackmore, gibt es kaum gesicherte und detaillierte Informationen. Und genau das will ich im Jubiläumsjahr dieses großartigen Albums intensiv beleuchten.
Anzeige
Hinweis: (erschienen in Gitarre & Bass 12/2022)
GITARRE
Ritchie Blackmore spielte damals meist eine recht neue Fender Stratocaster in Sunburst, für wenige Stücke auch eine neue in schwarz. Diese hatten einen One-Piece-Maple-Neck und waren größtenteils im Originalzustand. Die damalig in der Serie verwendeten Fender-Strat-Pickups kann man am besten mit den Fender-’69-Custom-Shop-Pickups von heute vergleichen, oder eben mit einem gleichwertigen Pendant eines anderen Herstellers. Deren relativ geringe Ausgangsspannung und Induktivität (5,7kOhm; 2,2H) ist wichtig für die Art der Tonabnahme und damit auch für den Sound dieser Gitarre. Denn die relativ geringe Ausgangsspannung legt den moderaten Übersteuerungsgrad des Treble Booster fest, Overwound-Pickups klängen hier nicht mehr so klar und crispy. Auch die geringe Induktivität geht in die Resonanzfrequenz des sich ergebenden Systems Pickups/Treble Booster ein, eine höhere Induktivität ergäbe mehr Mitten.
Auch Jimi Hendrix spielte Pickups der gleichen Bauart in seinen Strats … Diese maschinengewickelten Pickups mit staggered Magneten wurden von ca. 1966 bis zum Herbst 1974 in alle CBS-Fender-Stratocaster-Modelle eingebaut. Der von Blackmore verwendete Vibrato-Hebel seiner Sunburst war nicht nur überlang, sondern wies auch noch einen Durchmesser von mächtigen 1/4“ ( = 6,35mm) auf. Nur mit solch einem opulenten Hebel ließen sich Ritchies intensive und massive Vibrato-Arbeiten bewerkstelligen. Last but not least darf natürlich das scalloped Ahorngriffbrett nicht unerwähnt bleiben, das Ritchie um 1971 für sich eingeführt hatte und fortan bei all seinen folgenden Strats spielte.
BOOSTER & AMP
Das Signal lief aus der Stratocaster durch ein ca. 16 m (!) langes Kabel in einen Treble Booster. Denn Blackmore brauchte auf der Bühne einen großen Aktionsradius für seine „Spaziergänge“; selbst eine an die Bühne angrenzende Galerie wurde schon mal schwungvoll erklommen, um dort in erhöhter Position die Strat unehrenhaft bearbeiten zu können.
Sein Silizium-Treble-Booster stammte von dem Elektronik-Spezialisten Bill Hough. Die Hornby-Skewes-Pedale, die Ritchie bis dato benutzt hatte, wiesen einige Unzulänglichkeiten auf, die Bill Hough in seinem Booster ausgemerzt hatte. Von diesem Booster ging es dann mit einem 6m langen Kabel in einen 200 Watt starken Marshall Major mit 4xKT88-Endröhren-Bestückung. Ritchies Marshall Major war schon früh in der Marshall-Fabrik auf einen Sound mehr in Richtung VOX AC30 getrimmt worden. Zudem fand eine vierte Vorstufenröhre in einer sehr eigenwilligen Schaltung („Aktion geheime Kommandosache“) Verwendung, die Technik-Freaks zu enormen Spekulationen damals wie heute hinreißen lässt.
Der Marshall Major liefert wegen seiner gewaltigen, sogenannten Ultra-Linear-Endstufe einen enorm druckvollen, detailreichen und absolut matschfreien Bass, und stellte damit eine ganz andere Klasse als die üblichen, zeitgleich gebauten 100-Watt Marshall-Modelle dar. Wer es noch nicht weiß: Das ursprüngliche Konzept des Marshall Major entstammt einer HiFi-Schaltungsapplikation über KT88- Endröhren des Herstellers General Electric (GEC) bzw. MO-Valve. Es wurde lediglich der für Marshall typische Tone Stack integriert sowie eine Eingangsstufe vorgeschaltet. In Blackmores Amp kaskadierten die Marshall-Techniker zusätzlich die nicht benutzte Triode des Normal Channel zu dem eigentlich benutzten Brillant Channel hinzu. Diese Kaskadierung sollte etwas später für die dann eingeführte Master-Volume-Serie Pate stehen, dem Modell 2203.
(Bild: EMI)
FAZIT
Ritchie Blackmores Equipmentliste zu ‚Made in Japan‘ liest sich auf den ersten Blick relativ spartanisch: Fender Stratocaster, Treble Booster, Marshall Major 200. Erst der Blick auf die Details der Gitarre und des Amps offenbart die speziellen Eigenschaften, die Ritchies Sound und Spielweise ermöglichten, und die beide so unnachahmlich werden ließen, dass sie für alle Zeiten das Hardrock-Genre prägen.
Zum Abschluss noch einige Hinweise auf einige Fake News, die sich hartnäckig bis heute gehalten haben. Ritchie Blackmore spielte bei den Aufnahmen zu ‚Made in Japan‘ kein Echogerät. Also auch nicht die AIWA-Bandmaschine, die er erst ab dem Spätherbst 1973, zu Beginn der Deep-Purple-Mk3-Ära, verwendete. Auch hatten Blackmores Marshall Majors zu keinem Zeitpunkt sechs Endröhren, wie so manche Foren uns glauben machen wollen.
Für mich zählten damals die “Deep Purple in Rock” und die “Live in Japan” zu meinen Lieblings LPs. Ausgelöst durch die Single “Black Night”. Ich habe sie auch 1972 als junger Pimpf live erlebt.
Ich finde Richie Blackmore´s Spiel einfach grandios. Man kann mit sehr viel Übung das ein oder andere nachspielen. Aber improvisieren in seiner Art ist mir unmöglich. Sein Spiel sprüht wie ein Vulkan.
Toller Artikel, wie immer! Auch für mich waren diese beiden Alben zu der Zeit zusammen mit “Machine Head” der auslösende Faktor, mich in späteren Jahren intensiver mit dieser DP- Ära zu beschäftigen, insbesondere natürlich der Spielweise von Ritchie Blackmore. Nicht umsonst wird bis zum heutigen Tag dieser Zeit gedacht und von vielen Bands aufrecht erhalten. 50 Jahre später! Blackmore hatte immer seine eigene Spielweise und hat seinen Sound m. Erachtens nach konsequent darauf abgestimmt. Wer sein Gitarrenspiel zum Vorbild nimmt, sollte weniger auf das Equipment achten, sondern sich intensiv mit der recht eigenwilligen Spielweise von Ritchie Blackmore beschäftigen. Da liegt der Schlüssel.
Wieso hat Blackmore trotz Verwendung eines 50ft langen Kabels nach seiner Strat doch noch ausreichend Höhen??
Wäre der Abschluss der Gitarre/ PUs hochohmig zB durch einen Eingangs Impedanzwandler des nachfolgenden Gerätes, tritt das typische bekannte Szenario dafür in Kraft, die Resonanzfrequenz rutscht bei diesem langen Kabel schwer in den Mitten-Bereich. Jetzt ist aber der Bill Hough TrebleBooster mittelohmig. Für den PU gelten nun andere mathematische Betriebsbedingungen – hier möge man das Kapitel: Schwingungs Differentialgleichung 2ter Ordnung, durcharbeiten. Schnell gesprochen gibt es für diesen wichtigen Gleichungstyp 3 Lösungsszenarien – abhängig speziell hier von der ohmschen Last. Wird dort also ein typischer Wert unterschritten, tritt die Lastkapazität (= Kabel Kapazität) ziemlich weit in den Hintergrund – auch die Resonanz Überhöhung verschwindet. Der PU bekommt in etwa einen geraden Frequenzgang, die Höhenbetonung ( und Gain) besorgt der TrebleBooster. Nimmt man dies Blackmore input Szenario mathematisch auseinander, liegen die Parameter der beteiligten Größen eher zufällig auf den Werten, wie sie sind. Es reichte, dass Blackmore sein Gesamt Equipment als gut-klingend empfand, was bei Benutzung eines Major amp ja nicht so einfach ist.
Das klingt sehr fundiert, chapeau. Wir sollten allerdings nicht vergessen, daß wir auf der Platte nicht den Bühnensound hören, sondern eine Mehrspuraufnahme, die später im Studio nach allen Regeln der Kunst optimiert wurde.
Für mich zählten damals die “Deep Purple in Rock” und die “Live in Japan” zu meinen Lieblings LPs. Ausgelöst durch die Single “Black Night”. Ich habe sie auch 1972 als junger Pimpf live erlebt.
Ich finde Richie Blackmore´s Spiel einfach grandios. Man kann mit sehr viel Übung das ein oder andere nachspielen. Aber improvisieren in seiner Art ist mir unmöglich. Sein Spiel sprüht wie ein Vulkan.
Toller Artikel, wie immer! Auch für mich waren diese beiden Alben zu der Zeit zusammen mit “Machine Head” der auslösende Faktor, mich in späteren Jahren intensiver mit dieser DP- Ära zu beschäftigen, insbesondere natürlich der Spielweise von Ritchie Blackmore. Nicht umsonst wird bis zum heutigen Tag dieser Zeit gedacht und von vielen Bands aufrecht erhalten. 50 Jahre später! Blackmore hatte immer seine eigene Spielweise und hat seinen Sound m. Erachtens nach konsequent darauf abgestimmt. Wer sein Gitarrenspiel zum Vorbild nimmt, sollte weniger auf das Equipment achten, sondern sich intensiv mit der recht eigenwilligen Spielweise von Ritchie Blackmore beschäftigen. Da liegt der Schlüssel.
Wieso hat Blackmore trotz Verwendung eines 50ft langen Kabels nach seiner Strat doch noch ausreichend Höhen??
Wäre der Abschluss der Gitarre/ PUs hochohmig zB durch einen Eingangs Impedanzwandler des nachfolgenden Gerätes, tritt das typische bekannte Szenario dafür in Kraft, die Resonanzfrequenz rutscht bei diesem langen Kabel schwer in den Mitten-Bereich. Jetzt ist aber der Bill Hough TrebleBooster mittelohmig. Für den PU gelten nun andere mathematische Betriebsbedingungen – hier möge man das Kapitel: Schwingungs Differentialgleichung 2ter Ordnung, durcharbeiten. Schnell gesprochen gibt es für diesen wichtigen Gleichungstyp 3 Lösungsszenarien – abhängig speziell hier von der ohmschen Last. Wird dort also ein typischer Wert unterschritten, tritt die Lastkapazität (= Kabel Kapazität) ziemlich weit in den Hintergrund – auch die Resonanz Überhöhung verschwindet. Der PU bekommt in etwa einen geraden Frequenzgang, die Höhenbetonung ( und Gain) besorgt der TrebleBooster. Nimmt man dies Blackmore input Szenario mathematisch auseinander, liegen die Parameter der beteiligten Größen eher zufällig auf den Werten, wie sie sind. Es reichte, dass Blackmore sein Gesamt Equipment als gut-klingend empfand, was bei Benutzung eines Major amp ja nicht so einfach ist.
Das klingt sehr fundiert, chapeau. Wir sollten allerdings nicht vergessen, daß wir auf der Platte nicht den Bühnensound hören, sondern eine Mehrspuraufnahme, die später im Studio nach allen Regeln der Kunst optimiert wurde.