Gedenken an ein Fretless-Phänomen

Cynic-Bassist Sean Malone stirbt mit nur 50 Jahren

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(Bild: Season of Mist)

Sean Malone, Bassist der US-amerikanischen Progressive-Metal-Band CYNIC, ist im Alter von nur 50 Jahren verstorben. Die Todesursache ist bislang noch nicht bekannt. Erst im Januar starb der Schlagzeuger der Band, Sean Reinert, mit 48 Jahren. 

Gestern teilte Cynic-Sänger und -Gitarrist Paul Masvidal die traurige Nachricht:

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Auch Dream-Theater-Schlagzeuger Mike Portnoy und Testament-Gitarrist Alex Skolnick äußerten sich in den sozialen Medien:

Cynic wurde schon 1987 vom Gitarristen und Sänger Paul Masvidal gegründet und verschrieb sich dem Death Metal. Seit 1992 war Sean Malone der Bassist der Band, die sich stilistisch enorm gewandelt hat. ‚Humanoid‘ war der erste neue Cynic-Track seit dem 2014 erschienenen Album ‚Kindly Bent To Free Us‘ und markierte auch einen Wechsel im Lineup. Mit Matt Lynch hatte die Band einen enorm vielseitigen, technisch brillanten und supertighten Drummer gewonnen.

Das eigentliche Highlight des neuen Cynic-Songs war jedoch – wie so oft bei dieser Band – die spektakuläre Bass-Linie von Sean Malone, die er auf seinem Ibanez SR 5005E eingespielt hat. Das Instrument, das sonst nur bundiert zu haben ist, baute Ibanez für Sean in einer Fretless-Version, die auch bei diesem Track zum Einsatz kam. Bundlose Bässe sind im Metal und verwandten Spielarten harter Gitarren-Musik weniger verbreitet, aber Sean war das bundlose Spiel zu seiner zweiten Natur geworden: „Fast jeder glaubt, dass ich Fretless-Bass spiele wegen Jaco Pastorius, aber das stimmt nicht. Ich bin ein Riesenfan von Jaco – so ist eines der Bücher, die ich geschrieben habe (A Portrait of Jaco: The Solos Collection, 2002, Anm. d. Verf.), eine Sammlung von Transkriptionen und Analysen seiner Soli – aber der einzige Grund, warum ich von Anfang an bundlos gespielt habe, war Mike Karn von der Band Japan.“

Hört man aber Seans Spiel, sind deutliche Einflüsse von Jacos Musik, die er intensiv studiert hat, unüberhörbar. Aber auch der zweite Fretless-Gigant neben Jaco, der US-Bassist Gary Willis (Wayne Shorter, Allan Holdsworth, Tribal Tech), hat das Spiel von Sean nachhaltig geprägt. Zehn Jahre spielte er den fünfsaitigen Ibanez-Gary-Willis-Signature-Bass und beschäftigte sich auch intensiv mit dessen eigenwilliger Technik der rechten Hand. Auf Seans einzigem Solo-Album ‚Cortlandt‘ (2007) ist der Gary-Willis-Vibe unüberhörbar.

‚Humanoid‘ handelt von „Kontrasten, wie dem zwischen Kampf und innerem Frieden, oder dem zwischen Augenblick und Unendlichkeit.“

Der Song beginnt nach einem eintaktigen Drum-Lick mit einem konstanten Sechzehntel-Puls, markiert von Drums und Bass. Sean spielt in den ersten drei Takten durchgehend D1 (H-Saite, dritter Bund), aufgelockert durch Dead Notes in einer Art, die stark an Gary Willis erinnert. Das Lick in Takt 4 hingegen ist Jaco in Reinkultur, nur im tieferen Register des Fünfsaiters gespielt. Auch die Sechzehntel-Lines in C Verse 1 tragen das Jaco-Gen in sich. Songteil E Verse 3 klingt wieder sehr nach Gary Willis, hier reduziert Sean die Anzahl der gespielten Dead Notes immer weiter und erzeugt so kontinuierlich steigende Spannung.

TRANSKRIPTION

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Die Fingersätze für die linke Hand sind ein Vorschlag, Seans Linien aufs Griffbrett zu bringen, natürlich gibt es auch andere Varianten. So kann man die fallenden Quarten in Takt 29 und 71 mit Saitenwechsel von A- zu E-Saite auch nur mit dem kleinen Finger greifen. Als Jaco-Fan spielte Sean natürlich konsequentes Raking, bei dem für Saitenwechsel von höheren zu tieferen Saiten der Wechselschlag aufgegeben wird und zwei aufeinanderfolgende Töne mit nur einem Finger gespielt werden. Die Symbole für Anschläge des Zeigefingers (i) und Mittelfingers (m) dokumentieren genau, was die rechte Hand zu tun hat.

Hier muss erwähnt werden, dass es auch entschiedene Gegner des Rakings gibt. So rät der US-Bass-Virtuose Adam Nitti von dieser Technik ab. Auch der Tower-of-Power-Bassist Francis Rocco Prestia spielte konsequent nur Wechselschlag. Wer aber phrasieren will wie Jaco, kommt an Raking nicht vorbei. Am vielseitigsten aufgestellt ist, wer beide Techniken beherrscht und sie nach musikalischen Kriterien wechselnd einsetzen kann.

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2018)

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