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Converge: You Fail Me

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Zwölf Jahre alt und dennoch vollkommen zeitlos: Converges Meilenstein ,You Fail Me‘ aus dem Jahr 2004 ist nach wie vor eines der wichtigsten und bedeutsamsten Alben der jüngeren Geschichte des US-amerikanischen Hardcores. Anlässlich des Releases der gänzlich überarbeiteten ,You Fail Me Redux‘-Version hören wir uns das Original noch einmal genauer an.

(Bild: Epitaph Europe / Indigo )

Zur Jahrtausendwende stand der Hardcore in den USA vor einer tiefgreifenden Veränderung – denn der Heavy Metal hatte die Szene bis ins tiefste Herz erobert. Gruppen wie Botch, Hatebreed, Killswitch Engage und eben Converge brachten eine völlig neue Härte in ihren Sound, der mit den klassischen Punk-Rock- Strukturen nur noch wenig gemein hatte. Besonders Converge waren es aber, die mit ihrem Album ,Jane Doe‘ 2001 alle Grenzen sprengten und ein wirklich vielseitiges und genreprägendes Stück Musikgeschichte hinlegten. Dennoch sollte es erst das darauf folgende ,You Fail Me‘ sein, auf dem die Band ihren Sound endgültig gefunden hatte und festigen konnte.

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You Fail Me

Ich muss zugeben, dass ich in Sachen Hardcore und Punk eher ein Spätzünder bin und Converge so richtig erst im Jahr 2006 entdecken konnte. Das damals frisch erschienene ,No Heroes‘ war mir aber viel zu hart und chaotisch um auf Anhieb einen wirklichen Zugang zu der Musik zu finden. Zwar war mir sofort bewusst, dass diese Band eine fast schon magische Schönheit und eine unglaublich anziehende Aura von Ästhetik umgab (man schaue sich nur einmal die Cover-Artworks an) – dennoch war es mir kaum möglich, einen Weg in die wirklich irrsinnig harten Songs zu finden.

Ein guter Freund von mir kaufte genau zu diesem Zeitpunkt das Vorgänger-Album ,You Fail Me‘ auf Vinyl und lud mich zu sich auf einen Kaffee ein, um gemeinsam ein wenig Musik zu hören – aus heutiger Sicht eine fast schon antiquierte Vorstellung. Und schon bei den ersten Klängen des Openers ,First Light‘ war es um mich geschehen. Diese wehmütigdreckig klingende Gitarre im Surf-Rock- Gewand und der Übergang in das anschließende ,Last Light‘ war für mich der perfekte Einstieg in ein Sound-Universum, welches mir bis zu diesem Zeitpunkt verschlossen geblieben war. Ben Kollers hektisches Schlagzeugspiel, der irgendwie humorlos klingende Bass von Nate Newton und vor allem die unglaublich effektive und herzhafte Spielweise von Gitarrist Kurt Ballou zogen mich rasend schnell in ihren Bann.

Die verzweifelt geschrienen Vocals von Jacob Bannon rundeten das Bild nur noch ab – ich war schlichtweg fasziniert. Eigentlich aber zündet der Song erst im letzten Viertel, in welchem die Band für einen kurzen Moment die Energie auf null herunterfährt, nur um im nächsten Moment vollkommen zu explodieren und eine Form der Gewalt und Emotionalität freizusetzen, die mich immer noch ins Staunen versetzt. Das darauf folgende Riff-Feuerwerk der Songs ,Black Cloud‘, ,Drop Out‘ (das geniale Two-Hand-Tapping am Schluss!), ,Hope Street‘ und ,Heartless‘ lässt dann keinerlei Fragen mehr offen.

Das halsbrecherische Tempo in dem die Band sich hier durch die Lieder wütet und die oftmals vollkommen unberechenbaren Strukturen, ließen mich schon beim ersten Hören völlig sprachlos zurück. Man hat das Gefühl, innerhalb kürzester Zeit so viele großartige Details wahrzunehmen, dass es schwer fällt, all diese Eindrücke zu verarbeiten. Erst der Titelsong gibt einem aufgrund seines Midtempo- Charakters und des zähen Aufbaus die Möglichkeit, einen kurzen Moment innezuhalten – was nicht heißt, dass die Band hier auf Kuschelkurs geht: Denn der Song ist so hässlich und gemein, dass man sich nach wenigen Sekunden eigentlich wünscht, es möge schnell wieder aufhören. Was dann folgt, fegte mich damals wie heute vollkommen vom Hocker.

Das wunderschön morbide und zärtliche ,In Her Shadow‘ kommt so unerwartet, dass man geneigt ist sich zu fragen, ob es hier mit rechten Dingen zugehen mag. Converge zeigen sich mit diesem Unplugged-Song von einer vollkommen anderen Seite, die zwar zunächst etwas verstörend wirkt, aber dennoch zeigt, dass die Gruppe ein unheimlich gutes Händchen für Kontraste hat. Trotzdem ist danach schon wieder Schluss mit Lustig und das rockige ,Eagles Become Vultures‘ läutet das letzte Drittel und damit die vollkommene Vernichtung jeglicher Schönheit ein. Mit dem finalen ,Hanging Moon‘ gibt es dann noch eine kleine Verneigung vor Bands wie Shellac oder auch der Hardcore-Punk-Legende Rorschach.

Noch ein Wort zur Produktion: Wo andere Zeitgenossen mit modernem und möglichst fettem Sound versuchten, sich vom großen Rest abzusetzen, gingen Converge einen völlig anderen Weg. Die Produktion ist direkt und überraschend natürlich gehalten, was dem gesamten Album eine ganz eigenständigen Vibe gibt. Vor allem der sehr mittige und fast schon etwas dünne Gitarren-Sound gibt der Musik – in Kombination mit dem stark verzerrten und etwas dumpfen Bass – eine ganz eigene Note. Den Einfluss, den ,You Fail Me‘ auf spätere, vergleichbare Bands hatte, ist schon beachtlich, aber auch für Converge bildet dieses Album nach wie vor das Fundament einer andauernden und beeindruckenden Karriere.


Redux

Da die Aufnahmen von ,You Fail Me‘ mit einigen technischen Problemen einhergingen, war die Band und Produzent Matt Ellard gezwungen, das Album unter enormem Zeitdruck zu mixen. Gleichzeitig war es das letzte Converge-Album welches nicht komplett von Gitarrist Kurt Ballou in seinem eigenen Godcity-Studio produziert wurde.

(Bild: Epitaph Europe / Indigo )
(Bild: Epitaph Europe / Indigo )

Aufgrund Ballous jahrelanger Erfahrung und der andauernden Unzufriedenheit der Band mit der Original-Produktion, entschied man sich kurzerhand das gesamte Album im eigenen Studio neu zu mischen, einige Sounds komplett zu ersetzen und neben einem neuen Mastering von Alan Douches auch das Artwork vollständig zu überarbeiten. Das Ergebnis ist eine absolut geschmackvolle Neuinterpretation des Klassikers, welche das Album klanglich zwar etwas besser in den Katalog der Band integriert, dennoch aber den Charme der Originalaufnahme nicht aus den Augen verliert.


Aus Gitarre & Bass 03/2017

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