„Deshalb habe ich aufgehört, Equipment zu sammeln …“

Bratpfannen mit Saiten: Josh Homme (Queens of the Stone Age) im Interview

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(Bild: Andreas Neumann)

In der Vergangenheit war es oft schwierig, mit dir über Gitarren und Gear zu sprechen. Einfach, weil du deinen Sound und dein Setup vor Kopisten schützen wolltest.

Das stimmt. Ich wollte es den Leuten nicht zu leicht machen, mich zu imitieren, was ja leider gang und gäbe ist … Es ist halt viel einfacher zu klauen, als selbst mit etwas aufzuwarten.

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Bist du immer noch so zurückhaltend und geheimniskrämerisch, oder hat sich das mit den Sozialen Medien, in denen ja etliche Fotos und Videos von deinem Handwerkszeug auftauchen, etwas gelockert? Sprich: Bist du jetzt mitteilsamer?

Ich bin immer noch der Meinung, dass jeder auf seine eigene Reise gehen sollte – weil das die Inspiration für deine Musik und alles andere ist: Deine ureigenen Erlebnisse. Die sollte jeder für sich machen. Zumal ich mich damit rühme, eine Tonalität zu haben, die im Grunde jeder Musikbegeisterte innerhalb von fünf Sekunden identifizieren kann. (lacht) So komplex ist sie – aber hey: Das ist mein Markenzeichen. Und ich habe allein dadurch eine Menge gelernt, indem ich mit Jungs wie Billy Gibbons gespielt habe. Als wir zusammen abhingen, hat er sich in jeden meiner zehn Verstärker gestöpselt. Und das Lustige ist: Es hat keinerlei Unterschied gemacht. Es hat immer nur nach ihm geklungen.

Deshalb, also wegen ihm, habe ich aufgehört, Equipment zu sammeln. Ich habe ohnehin viel zu viel Kram, und einiges davon habe ich an Leute verschenkt, von denen ich dachte, dass sie es gut gebrauchen könnten. Mir ist mittlerweile klargeworden, dass es gar nicht so das Gear ist, sondern es halt doch in deinen Fingern steckt. So, wie die Leute schon ewig sagen: „Es steckt in den Fingern.“

Das habe ich natürlich nie ernstgenommen. Ich hielt das für dummes Geschwätz – bis ich erlebt habe, wie Billy Gibbons vor meinen Amps stand und immer gleich geklungen hat. Das war eine Offenbarung – eben die Erkenntnis, wie unwichtig das ganze Equipment doch ist. Es geht wirklich nur um die Finger – und nichts anderes.

OK, was spielst du dann auf dem neuen Album?

Das verrate ich nicht. (lacht) Nein, im Ernst: Zuletzt greife ich immer öfter auf diese Motor-Ave-Gitarren zurück. Mit ihnen habe ich ein neunsaitiges Modell entwickelt. Eine Gitarre nur für mich, die ich auch schon auf dem letzten Album eingesetzt habe und die ich wahnsinnig gerne spiele. Es ist Motörhead auf den tieferen Saiten und The Cure auf den höheren. Einfach, weil das meinen Klang-Parametern entspricht – also den Extremen, zwischen denen ich mich gerne bewege. Und weil ich es liebe, mit etwas Neuem aufzuwarten und auch bei meinen Instrumenten innovativ zu sein.

Nach dem Motto: Originelle Gitarren für originelle Sounds?

Genau. Und ich weiß noch, wie ich Ende der 80er richtig tief gestimmt habe, weil das damals niemand getan hat. Ich dachte: „Wenn ich der Einzige bin, der das so macht, ist das die Art, wie ich ganz ich selbst sein kann.“

Es war also ein Alleinstellungsmerkmal. Doch dann kamen die ganzen siebensaitigen Gitarren auf den Markt, über die sich die sogenannten Nu-Metal-Bands definierten. Dazu muss ich sagen: Das ist nicht meine Schuld! Ich kann da wirklich nichts für. (lacht) Mehr noch: Hätte ich gewusst, was daraus wird, hätte ich nie damit angefangen. Ich schwöre! Es ging mir immer nur darum, eine eigene Tonalität oder einen innovativen Ansatz für das zu finden, was ich da tue. Und meistens ist es eben wirklich so, dass das Dümmste oder Naheliegendste auch das Beste ist. Ich halte Dummheit ganz allgemein für einen der unterbewertetsten Geisteszustände, die es gibt. (lacht) Im Ernst: richtig blöd ist manchmal einfach nur genial.

Also hat Nu Metal die Baritongitarren gekillt – zumindest für dich?

Ja, und deswegen hatte ich zwischenzeitlich ein richtig schlechtes Gewissen – ich habe mich schuldig dafür gefühlt, dass dieses Instrument mit der Szene assoziiert wird. Dabei ist das nicht meine Schuld – und wenn dem so sein sollte, kann ich mich nur entschuldigen. Es war einfach so, dass ich der erste war, der runtergestimmt hat – lange vor allen anderen. Und damals, als ich noch bei Kyuss war, habe ich wirklich gedacht: „Das ist unser Sound und an den wird sich auch niemand heranwagen.“

Pustekuchen! Wobei ich bei Queens immer noch alles auf C stimme. Das ist einfach mein Ding – also verzeiht mir bitte diesen Nu-Metal-Kram. Das war nicht meine Absicht. (lacht)

Und das hast du zum Anlass genommen, um zu billigen japanischen Gitarren zu wechseln – zu regelrechten Biestern mit Saiten?

Ich hatte eine Phase, in der ich japanische Billig-Gitarren wie Teisco Del Reys oder auch Tempos gespielt habe – bis ich irgendwann den Fehler gemacht habe und von gebrauchten Schrottteilen für 50 Dollar zu einer neuen, etwas teureren Variante wechseln zu wollen. Ich habe sie bei einer sehr bekannten Firma in Fernost bestellt, und wollte sie auch keineswegs umsonst – ich bestand darauf, sie zu bezahlen. Aber was machen die? Sie haben mir eine Gitarre geschickt, die absolut unspielbar war. Eine einzige Katastrophe. Sie ließ sich weder richtig stimmen noch spielen. Ein Haufen Scheiße. Dabei wussten sie genau, für wen sie war – und was ich damit anstellen wollte. Ich habe ihnen das Teil zurückgeschickt und sie haben mir ein anderes Modell als Ersatz zukommen lassen.

Was soll ich sagen: Es war genauso inakzeptabel, weshalb ich echt sauer geworden bin und meinen Ansprechpartner bei der Firma angerufen habe. Ich meinte zu ihm:

„Jemand fährt in einen Wald, um Bäume zu fällen. Sie lassen euch das Ergebnis ihrer Arbeit zukommen – und ihr stellt so etwas damit an? Ihr solltet mit einem Berufsverbot belegt werden! Ihr verschwendet jedermanns Zeit und seid respektlos gegenüber euch selbst.“

Einfach, weil die Gitarren, die ich da erhalten habe, die reinste Beleidigung waren. Nicht nur für mich, sondern auch für alle, die in irgendeiner Weise an der Produktion beteiligt waren. Eben, weil sie Zugang zu den besten Materialien haben und das denkbar Schlechteste daraus machen. Während – und da liegt die Ironie – all diese japanischen Gitarren aus den 70ern, die jetzt so toll klingen, auf den schlechtesten Materialien basieren. Nur: Damit haben sie das Bestmögliche angestellt. Gitarren, die einfach verrückt klingen; die einen unverwechselbaren Sound haben. Ganz abgesehen davon, dass sie geradezu lächerlich aussehen. Ich meine, ich bin ein 1,95-Meter-Kerl, der ein Instrument spielt, das für ein Kind gemacht zu sein scheint. (lacht) Aber das passt natürlich zu Queens of The Stone Age …

Jon Spencer sammelt diese Teile seit Jahrzehnten und spielt nichts anderes …

Er ist ja auch etwas kleiner, als ich – und hat einen ultra-dreckigen Sound. Er könnte auch eine Bratpfanne mit Pickups spielen. (lacht) Aber im Ernst: Vielleicht ist es der Norweger in mir, der sich zu diesen Gitarren hingezogen fühlt – einfach, weil sie so unglaublich billig sind. Nämlich rund 180 Dollar für ein neues Teil. Da kann ich nur sagen: „OK, das ist doch mal ein Angebot. Und wenn sie jeder mag, müssen sie auch gut sein…“

Das war zumindest mein Ausgangspunkt bis ich diese Negativ-Erfahrung gemacht habe. Insofern kann ich nur jedem raten: Lasst die Finger von neuen japanischen Modellen!


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

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