Mit 26 Jahren hat Blu DeTiger schon Meilensteine erreicht, von denen andere während ihrer ganzen Karriere träumen: Die gebürtige New Yorkerin begann mit Videos von Basscoverversionen, die auf TikTok viral gingen, und hat nun nach der EP ‚How Did We Get Here‘ (2021) ihr Debütalbum ‚All I Ever Want Is Everything‘ veröffentlicht, dessen Pop-Funk-Crossover nordamerikanische Medien zu Begeisterungsstürmen veranlasst. Wir sprechen mit der Tochter des bildenden Künstlers Jonny Detiger über ihren Werdegang, Erfolg und nicht zuletzt ihr neues Fender-Signature-Modell.
Interview
Blu, du gehörst zu den jüngsten Fender-Bass-Endorsern überhaupt. Wie kam es zu deinem Signature-Modell?
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Mein allererster Bass war ein Fender Mustang, da muss ich neun oder zehn Jahre alt gewesen sein. Ich verliebte mich schnell in die Marke und bekam dann auch bald einen Precision. Als ich anfing, mich für Funk und fürs Slappen zu interessieren, landete ich schließlich beim Fender Jazz Bass. Für mich sind sie der kultigste Bass- und Gitarrenhersteller, die Designs sind einfach klassisch und zeitlos. Später schenkten sie mir einen Bass, woraufhin unsere Zusammenarbeit anfing. Wir entwickelten gemeinsam ein Custom-Modell, der quasi der Prototyp für meinen Signature-Bass war.
Der nennt sich Fender Limited Edition Player Plus X Blu DeTiger Jazz Bass und hat neben einem gekammerten Body sowohl einen Humbucker als auch einen Single-Coil-Tonabnehmer als untypische Merkmale.
Ja, durch das Chambering ist er etwas leichter, und die Pickup-Konfiguration ist auch außergewöhnlich. Der Humbucker am Steg funktioniert fast wie ein eingebauter Drive-Effekt, der dem Ton zusätzlichen Punch verleiht, was den Sound durchsetzungsfähiger macht.
Welche anderen Fender-Spieler haben dich beeinflusst?
Da gibt’s natürlich viele. Auf alle Fälle Jaco Pastorius und Larry Graham.
Du hast mit sieben Jahren angefangen, Bass zu spielen. Warum ausgerechnet dieses Instrument?
Mein älterer Bruder Rex spielte bereits Schlagzeug und inspirierte mich, ebenfalls Musik zu machen. In meiner Wahrnehmung spielte irgendwie jeder Gitarre, und ich war wohl so eigensinnig, dass ich ein anderes Instrument wollte, um mich von den anderen abzuheben. Dass Drums und Bass eine Einheit bilden und sich gegenseitig tragen, spielte bei der Entscheidung natürlich auch eine Rolle.
Da du nach wie vor mit Rex spielst: Besteht zwischen euch eine engere Verbindung im Vergleich mit anderen Musikern, mit denen du schon gearbeitet hast?
Ja, auf jeden Fall. Mein Bruder ist auch wirklich etwas Besonderes, und wenn man wie wir schon so jung gemeinsam Musik macht, ist die Beziehung natürlich sehr eng. Außerdem ist es ganz wunderbar, zusammen auf Tour zu gehen und unterwegs jemanden zu haben, dem du vertraust, der dir den Rücken freihält und dich versteht.
Du bist schon als Kind im berühmten New Yorker Club CBGB aufgetreten – wie kam es dazu?
Das geschah im Rahmen eines Programms der School of Rock, wo ich meinen ersten Unterricht bekam. In jedem Semester gab es Showcases an berühmten Veranstaltungsorten in New York City, darunter eben auch das CBGB. Kurz nach unserem Auftritt dort wurde es geschlossen, und ich habe als Andenken ein Stück Mauer mitgenommen, das ich allerdings nicht mehr wiederfinde.
Abgesehen von Indie-Pop-Vibes und elektronischen Elementen hat deine Musik einen starken Funk-Einschlag, der ungewöhnlich für jemanden aus deiner Generation ist.
Stimmt, aber ich habe mich schon immer wie eine alte Seele gefühlt. Bereits als kleines Mädchen mochte ich die Beatles und Led Zeppelin. Ich lernte die ganzen Rockklassiker kennen und schaute mich dann auch in anderen Stilrichtungen um. Ich hatte einen Mentor, der mir Bernard Edwards von Chic zeigte, dessen Basslinien ich unheimlich cool fand, also fing ich an, mich mit dem Slappen zu beschäftigen. Ich verliebte mich in diese Technik, weil man dabei die rhythmische Komponente mit der melodischen und harmonischen verbinden kann.
Du hast eine umfassende schulische Musikausbildung genossen. Würdest du sagen, das sollte jeder tun, der Profi werden will?
Ich glaube, da tickt jeder anders. Eigentlich war meine Ausbildung nicht so wichtig wie die Tatsache, dass ich mit vielen wirklich guten Musikern spielen durfte. Von ihnen lernte ich ungeheuer viel, und was Professionalität angeht, kommt es eher auf Disziplin und anhaltende Neugier an. Ein Jazzstudium ist eine Grundlage, doch das selbständige Weiterlernen und Üben nimmt dir niemand ab. Um ein guter Musiker zu werden, kann man keinem festgelegten Plan folgen.
(Bild: Fender)
Die Videos, die du während der Pandemie online geteilt hast, haben dir Millionen Social-Media-Follower beschert. Läuft das jetzt, da du etabliert bist, immer noch so zwanglos?
Tatsächlich ja. Im Moment folge ich keiner besonderen Strategie. Ich poste einfach, was ich für richtig halte. Ich möchte meine Plattform nutzen, um andere zu ermutigen, ein Instrument in die Hand zu nehmen, und vermittle ihnen auch gerne mein Wissen. Die Inhalte sind also eine Mischung aus Inspiration und musikalischer Bildung.
In letzter Zeit sind auffallend viele Musikerinnen zu Vorbildern junger Mädchen geworden, wie erklärst du dir das?
Es gibt heute einfach mehr Frauen im Musikbusiness. Das ist zur Normalität geworden, und dass sich Mädchen eher von Musikerinnen angesprochen fühlen, ist irgendwie logisch, weil sie erkennen, dass „wir“ es auch zu etwas bringen können.
Lass uns noch ein wenig über den Rest deines Equipments reden: Verstärker und Boxen.
Ich liebe Aguilar. Auf der Bühne stehen bei mir meistens zwei DB410-Boxen und als Amp der DB 751. Ich mag ihren neutralen Sound; sie geben den Klang des Basses unverfälscht wieder, das ist mir allgemein am liebsten. Darum ist mein Pedalboard auch sehr minimalistisch aufgebaut, ich benutze vorwiegend ein Electro-Harmonix Bass Big Muff, ein Micro POG als Octaver und den Hüllkurvenfilter Spatial Delivery von EarthQuaker Devices.
Anhand von Videos und Fotos würde ich sagen, du spielst Nickel-Saiten.
Stimmt, von D’Addario .105er Roundwounds. Die klingen sehr höhenlastig, was für meinen Stil ideal ist.
Hast du je fünf- oder sechssaitige Bässe ausprobiert?
Ja, und ich habe großen Respekt davor, denke aber, dass sie für meine Musik nicht unbedingt notwendig sind. Ich hatte bisher nie das Gefühl, zusätzliche Saiten zu brauchen, und bin auch noch gar nicht so weit, dass ich behaupten könnte: Ich beherrsche die vier Saiten aus dem Effeff. Wenn es soweit ist, kann ich mich immer noch mit mehr Saiten beschäftigen.
Du bist auch regelmäßig als DJ aktiv und spielt zu den Songs Bass, die du auflegst. Ist das vorher geübt oder spontan?
Oft ist es spontan, und ich glaube, dadurch ist mein Gehör viel besser geworden. Ich habe in diesen Situationen schnell gelernt, wie man Solos gestaltet und zu bereits vorhandenen Tracks spielt. Natürlich lege ich auch mal meine Lieblingssongs auf, die ich schon spielen kann, doch das Meiste ist wirklich improvisiert.
Hast du eine bestimmte Routine beim Üben?
Ich sollte wahrscheinlich mehr üben, doch den Großteil meiner Zeit nehmen jetzt Performances ein. Wenn ich dazu komme, mich in Ruhe hinzusetzen, übe ich Grooves, die ich mit einem Metronom in verschiedenen Tempi durchgehe. Gerade die Funk-Sachen müssen hundertprozentig sitzen, da darfst du kein bisschen untight sein.
Die Öffentlichkeit ist voll des Lobes über dich, wie gehst du mit diesem Erfolg um?
Man muss Erfolg für sich selbst definieren, statt auf die Leute zu hören, denn sie werden dich nicht ewig bejubeln. Ich bin erfolgreich, wenn ich meiner Leidenschaft Musik über einen langen Zeitraum hinweg nachgehen kann.
Du hast schon früh betont, du willst nur Musik veröffentlichen, wenn du etwas zu sagen hast. Das ist eine bemerkenswerte Aussage.
Mir ist aufgefallen, dass ich die besten Songs schreibe, wenn ich etwas mit anderen teilen möchte. Es sollte die Welt auf diese oder jene Weise bereichern und eine Bedeutung für mich haben. Ich muss dabei etwas spüren, sonst ist es einfach nicht gut.