"Wir sind jetzt älter, weiser, ruhiger, kultivierter!"
Black Country Communion: Glenn Hughes & Joe Bonamassa im Interview
von Matthias Mineur, Artikel aus dem Archiv
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(Bild: Rob Bondurant)
Die Freude war groß, als die Supergroup Black Country Communion – bestehend aus Joe Bonamassa, Glenn Hughes (Deep Purple, Black Sabbath), Jason Bonham (Foreigner, Led Zeppelin) und Derek Sherinian (Kiss, Dream Theater) – die Veröffentlichung ihres neuen Albums ‚V‘ bekanntgaben. Denn ganz sicher konnte man sich nicht sein, dass dieser musikalisch hervorragende, in menschlicher Hinsicht aber nicht ganz unproblematische Zusammenschluss echter Koryphäen und anerkannter Weltstars noch einmal zusammenfinden würde.
Vor allem der als exzentrisch geltende Hughes soll die Nerven seiner drei Mitstreiter des Öfteren strapaziert haben. Aber: Das Quartett hat sich zusammengerauft und brilliert mit einer neuen grandiosen Rockscheibe, die stilistisch irgendwo zwischen Led Zeppelin, Free und Deep Purple angesiedelt ist. Wir haben die beide Hauptprotagonisten Bonamassa und Hughes nach ihrer Sicht der Dinge befragt.
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JOE BONAMASSA
Joe, um ehrlich zu sein: Ich war überrascht, dass es ein neues Album von Black Country Communion gibt, einer Band, in der es in der Vergangenheit menschlich eher kompliziert war. Speziell das Verhalten von Glenn Hughes auf Tour soll deinen Vorstellungen nur selten entsprochen haben.
Du bist nicht der Einzige, der gedacht hatte, dass ‚BCCIV‘ im Jahr 2017 die letzte Black-Country-Communion-Scheibe gewesen sei. Und natürlich ist es nicht immer leicht in dieser Konstellation. Aber wir haben alle kindischen Animositäten hinter uns gelassen, wir sind fast 15 Jahre älter als beim BCC-Debüt. Glenn ist jetzt 73, ich nähere mich meinen Fünfzigern, Jason ist 57 und auch Derek ist 55. Ich würde es mal so beschreiben: Wir sind heute älter, weiser, ruhiger, kultivierter. Insofern war es eine tolle Zusammenarbeit, die viel Spaß gemacht hat.
Wer war der Initiator der Wiederaufnahme von BCC, was war die Initialzündung? Und wie findet man die dafür notwendige freie Zeit?
Wir haben unsere freien Termine miteinander verglichen und diejenigen Tage geblockt, in denen wir nichts oder nur Unwichtiges zu tun haben. Zuvor traf ich mich mit Glenn insgesamt fünf Mal in seinem Studio, wir haben Ideen gesammelt, vor allem Riffs und Hooks. Glenn hielt diese Ideen als Demoversionen fest, schrieb die Texte dazu, anschließend trafen wir uns zu viert mit unserem Produzenten Kevin Shirley im Studio. Ich muss sagen, dass es einen Riesenspaß gemacht hat und wirklich aufregend war.
Gab es vorher ein Meeting mit allen Beteiligten, um sich über die grobe stilistische Richtung der neuen Scheibe zu verständigen?
Nein, wir alle Vier wissen, wie Black Country Communion klingen soll. Zumal: Wenn wir gemeinsame Sache machen, klingen die Songs automatisch nach Black Country Communion. Glenn und ich haben eine spezielle Art, Riffs zu schreiben und daraus gemeinsam Songs zu entwickeln. Jeder weiß dann genau, was anschließend zu tun ist.
Würdest du mir zustimmen, dass die neue Scheibe etwas souliger klingt als die vier Vorläufer? Dass sich also Glenns Faible für Soul und Black Music diesmal stärker durchgesetzt hat?
Ich glaube, dass keiner von uns im Vorfeld eine konkrete Idee im Kopf hatte, in welche Richtung die Scheibe tendieren soll. Es ist wirklich ein spontanes, in vielen Bereichen improvisiertes und sehr erdverbundenes Album geworden. Der Soul-Aspekt mag dazuzählen, und wenn eine Idee gut klingt, dann spiele ich halt Soul. Aber wenn ein Track im Kasten war, haben wir uns sofort um die nächste, andersgeartete Nummer gekümmert. Meistens wurde ein Song pro Tag aufgenommen, mitunter aber auch schon mal mit einem zweiten Stück begonnen. Wir haben mit dem Material im Studio gewissermaßen gelebt und es kontinuierlich weiterentwickelt.
Beschreib doch bitte einmal den reinen Aufnahmeprozess. War es quasi live im Studio? Alle Mann im gleichen Raum? Und dann jeden Track drei-, viermal komplett durchgespielt, und am Ende nimmt man die gelungenste Version?
Ja, es war genauso, wie du sagst: alle vier Bandmitglieder im gleichen Raum, alle spielten gleichzeitig, es gab drei oder vier leicht unterschiedliche Versionen, und dann wurde entschieden, welche unserer Meinung nach die Beste ist. Anschließend wurden dann nur noch vereinzelte Overdubs hinzugefügt.
Mit welchen Amps hast du die Scheibe eingespielt?
Das meiste, was man auf ‚Black Country Communion V‘ hört, stammt aus einem 1965er Marshall JTM 45 mit einer 4x12er Box für die cleanen Parts, hinzu kam ein Dumble Ultraphonix modded Fender Vibrolux.
Und welche Gitarren?
Es waren nicht allzu viele, in erster Linie meine 58er Gibson Les Paul, eine 59er Gibson Les Paul und eine 59er Fender Strat, plus meine 54er Fender Telecaster.
Bild: Mineur
59er Gibson Les Paul
Bild: Mineur
58er Gibson Les Paul in Sunburst
Bild: Mineur
54er Fender Telecaster
Hast du Effektpedale eingesetzt?
Ja, aber ebenfalls nur einige wenige. Bei einigen Songs war es ein Keeley-3-Knob-Kompressor, dazu kam ein Echoplex, was bekanntlich aber kein Pedal ist, plus ein Boss-CE-1-Chorus, den ich schon seit den Achtzigern besitze, und ein alter 10-Band-Equalizer von Boss.
Wie wird es denn deiner Meinung nach mit Black Country Communion weitergehen? Geht ihr auf Tour? Wird es weitere Alben geben?
Wir haben uns darauf verständigt, ein paar Shows zu spielen, möglicherweise noch im Herbst 2024, spätestens aber im Frühjahr 2025, natürlich abhängig von unseren sonstigen Aktivitäten. Um ehrlich zu sein, sind Tourneen im Vergleich zu einer Albumproduktion der organisatorisch deutlich schwierigere Teil unserer Zusammenarbeit.
Und kommt ihr dann auch nach Deutschland?
Ja, wenn wir auf Tour gehen, kommen wir garantiert nach Deutschland, denn Deutschland ist unser wichtigster Markt.
GLENN HUGHES
Glenn, wie ging es dir: Hattest du schon 2017 im Hinterkopf, irgendwann ein weiteres Black-Country-Communion-Album zu produzieren?
Nein, aber es freut mich natürlich. Joe und ich haben uns ja schon vor zwei Jahren erstmals wieder getroffen und darüber konkret nachgedacht. Und natürlich war auch unser Produzent Kevin Shirley von Beginn an involviert. Im Frühjahr 2023 haben Joe und ich uns dann erneut in meinem Haus getroffen und Songs geschrieben. Für den Mai war dann der erste Studiotermin angesetzt.
Alle Songs der neuen Scheibe sind Co-Produktionen von Joe und dir?
Ja, ausnahmslos alle.
Ich frage das deshalb, weil ich das etwas stärkere Soul-Feeling des Albums eher deinem alleinigen Songwriting zugeordnet hätte. Oder liege ich mit meinem Eindruck falsch?
Vielen Dank für die Frage, ich nehme das als Kompliment. Es gibt in der Tat ein paar Nummern, die ich geschrieben, archiviert und dann Joe vorgespielt habe. Joe hat diese Art Musik noch nie zuvor gespielt, aber die Songs gefielen ihm. Auf dem neuen Album findet man einige Stücke, in denen die Band grooviger spielt. Und ich meine: grooviger, nicht funky. Darin unterscheidet sich die neue Scheibe vielleicht von den Vorgängern: Sie klingt grooviger, etwas bluesiger, und auch souliger. Gleichzeitig ist es aber immer noch Rockmusik.
Würdest du sagen, dass dies die größte Herausforderung ist, nämlich all diese Einflüsse auf einem BCC-Album zu vereinen?
Du triffst den Nagel auf den Kopf: Genau darin besteht die größte Schwierigkeit. Aber gleichzeitig ist es ja auch der besondere Reiz in einer so unterschiedlich besetzten Rockgruppe, dass man dermaßen verschiedenartige Elemente zusammenfügen kann.
Welche grundsätzliche Philosophie steckt eigentlich hinter dieser Band? Herrscht bei euch absolute Gleichberechtigung?
Ja, natürlich!
Du bist also nicht der Boss?
Gegründet wurde die Band im Frühjahr 2009 von Joe und mir – nur wir beide! –, etwa ein Jahr bevor Jason und Derek dazustießen. Das alles fand ganz privat, also im Geheimen statt. Wir trafen uns einmal pro Woche in einem Studio und jammten einfach drauflos. In dieser Zeit freundeten wir uns an und lernten voneinander. Im Herbst 2009 wurde daraus dann Black Country Communion.
In der Presse und auch auf Internetplattformen lese ich häufig, dass Black Country Communion eine Art moderne Version von Led Zeppelin und Deep Purple ‚Mark III‘ sei. Gefällt dir dieser Vergleich?
Natürlich mag ich solche Kommentare. Unser Drummer Jason Bonham ist der Sohn von Led-Zeppelin-Schlagzeuger John Bonham, da liegen solche Vergleiche natürlich nah. Ich finde zwar nicht, dass wir wie Led Zeppelin klingen, aber sicherlich gibt es ein ähnliches Grundgefühl. Ich meine: Led Zeppelin gehören in die Siebziger, ihre wichtigste Phase war 1973. Damals klang eine Band im Studio genauso wie auf der Bühne, man kannte noch keine Overdubs in ihrer heutigen Form.
Gutes Stichwort: Eine größere Bedeutung für das Konstrukt Black Country Communion kommt eurem Produzenten Kevin Shirley zu. Wie wichtig ist er für die Band? Und welche Befugnisse hat er?
Kevin ist großartig, er ist ein humorvoller, sehr intelligenter Typ, ziemlich oldschool, was bedeutet: immer pünktlich, immer sehr direkt, bei ihm fühlt man sich ein wenig wie in der Schule. Sein größter Pluspunkt: Er weiß, dass wir Vier großartige Musiker sind und seine Aufgabe darin besteht, das Optimum aus uns herauszuholen.
Streitest du dich mitunter mit ihm?
Ja, ein bisschen. Aber bedenke: Streit ist okay, wenn es zu einem guten Ergebnis führt. Es gibt immer mal wieder Momente, in denen es heiß zugeht. Wir schreien uns zwar nicht an, es wird auch niemals zu persönlich, aber die Temperamente schießen durchaus schon mal hoch.
Wer hat im Zweifelsfall das letzte Wort, wer hat den Hut auf? Die Band oder Shirley als euer verantwortlicher Produzent? Oder ist er nur euer Toningenieur?
Kevin ist beides. Aber ich sage dir eines: In dieser Band gibt es keinen Boss. Jeder hat das gleiche Stimmrecht. Natürlich: Joe und ich schreiben die Songs, von mir stammen sämtliche Texte. Trotzdem ist Black Country Communion eine Gruppe, kein Einzelunternehmen.
Du kannst dich wirklich glücklich schätzen, mit einigen der größten Gitarristen der Welt gespielt zu haben und noch zu spielen!
Und das Beste daran: Ich hatte zu allen von ihnen eine sehr enge Freundschaft. Für mich war Freundschaft immer der wichtigste Aspekt, um mit anderen Musikern arbeiten zu können. Ich möchte nicht von unfreundlichen Menschen umgeben sein, denn diese Art der Zusammenarbeit ist einfach zu persönlich. Aber ich hatte Glück, ich durfte mit Ritchie Blackmore, Tony Iommi, Joe Satriani oder Joe Bonamassa arbeiten.
Nicht zu vergessen: Der großartige Gary Moore, auf dessen Album ‚Run For Cover‘ du zu hören bist.
Ja, Mann, Gary Moore … wow! … wow-wow! … Wie glücklich kann ich mich schätzen, einige der größten Musiker aller Zeiten meine Freunde nennen zu dürfen!?
Gehört dazu auch David Coverdale, den du 1973 bei Deep Purple kennengelernt hast und dem du dich als mindestens ebenbürtiger Sänger unterordnen musstest?
Ich bin schon mein ganzes Leben lang Leadsänger, und es war für mich tatsächlich eine Herausforderung, die Situation bei Deep Purple zu akzeptieren, denn ich wollte so viel wie möglich singen. Ich wäre niemals bei Deep Purple eingestiegen, wenn ich nicht auch hätte singen dürfen. Ich erklärte ihnen frei heraus: „Ich komme nur zu euch, wenn ich auch singen darf!“
Und genau daraus entstand dann die magische Kombination aus Coverdale und dir auf dem meisterhaften Album ‚Burn‘.
Ich war mir nicht ganz sicher, ob Deep Purple mit David die richtige Entscheidung getroffen hatten, und ich hoffte, dass er der Sache gewachsen ist. Aber er war es absolut, wie wir alle wissen.
Hatte Coverdale nicht riesigen Respekt vor einem dermaßen starken Sänger wie dir?
Ich hatte ja schon einige Jahre in diesem Business auf dem Buckel, David dagegen war absoluter Neuling, von ihm gab es zuvor höchstens eine kleine Demo aus seiner Jugend. ‚Burn‘ war sein allererstes Album, für ihn also eine große Sache. Aber er respektierte mich als Hilfe. Er war sicherlich ein wenig nervös, aber ich beruhigte ihn, ich wollte, dass er sich wohlfühlt. Und so entstand eine wundervolle Partnerschaft.
Auch zwischen dir und dem eigenwilligen Ritchie Blackmore?
Oh ja, auf ‚Burn‘ herrschte ein toller Zusammenhalt zwischen allen fünf Bandmitgliedern. Wir hatten großen Spaß und haben sehr viel gelacht. Kannst du dir einen lachenden Ritchie Blackmore vorstellen? Wohl kaum. Aber er lachte viel und wir hatten eine tolle Freundschaft.
Weshalb hielt diese offensichtlich gut harmonierende Bandkonstellation nicht einmal zwei Jahre?
Na ja, weil Ritchie die Band verließ. Ich konnte ihn verstehen.
Aha?
Ja, denn ich kenne etwas von der Notwendigkeit eines Künstlers, sich ständig neu zu erfinden, neue Dinge auszuprobieren. Deshalb habe ich niemals in meiner Karriere ein Album zweimal gemacht, weder bei Deep Purple noch als Solokünstler, und auch nicht mit Black Country Communion. Ich liebe es, wenn etwas neu und ein wenig anders ist, und vielleicht sogar ungewöhnlich.
Bild: Mineur
Der nagelneue Orange-Glenn-Hughes-Signature-Bass mit geschraubtem Ahorn- Hals und Purpleheart-Griffbrett
Bild: Mineur
Nash-Bass, Baujahr 2017 mit Seymour-DuncanSPB-1-Pickups
Bild: Mineur
Hughes‘ Orange-Bass-Anlage mit den zwei Terror-Bass-Tops
Bild: Mineur
Bild: Mineur
Sein Pedalboard, u.a. mit Black Cat Bass Octave Fuzz, Boss NS-2 Noise Suppressor und Riffatronics Proto Boos #1
Bild: Mineur
Sein Pedalboard, u.a. mit Black Cat Bass Octave Fuzz, Boss NS-2 Noise Suppressor und Riffatronics Proto Boos #1
Womit wir beim Thema sind: Ich habe gerade auf der Bühne deinen neuen Signature-Bass fotografiert, dem Deep-Purple-Thema entsprechend lilafarben. Überraschenderweise stammt er von der Verstärkerschmiede Orange Amps.
Eine wirklich tolle Sache, dass Orange mir den Glenn-Hughes-Bass gebaut hat. Er ist im Londoner West End in Zusammenarbeit mit Adrian Emsley entstanden, dem technischen Direktor und leitenden Designer von Orange, natürlich auf Grundlage meiner langjährigen Erfahrungen und meiner Vorlieben, womit ich vor allem das geringe Gewicht und die lange Mensur meine. Ich hoffe natürlich, dass möglichst viele Bassisten mich mit diesem wundervollen Instrument spielen sehen und hören.
Welches Holz ist verbaut, und welcher Pickup?
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, um welches Holz es sich handelt. Aber der Tonabnehmer ist ein Seymour Duncan SPB-1, den ich in allen meinen Bässen verbaut habe.