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G&B-Classics: Billy Gibbons über Gitarren, Amps & den Sound von ZZ Top

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Es ist gar nicht so einfach, Billy Gibbons persönlich zu treffen – dies musste auch unser Autor Matthias Mineur 2009 feststellen. Doch die Hartnäckigkeit hat sich gelohnt: Gut gelaunt zeigte Billy Gibbons sein Gear, sprach über Gitarren und den besonderen Sound seiner Band ZZ Top.

Billy Gibbons bei der Arbeit
Billy Gibbons bei der Arbeit

Prolog

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Die Voraussetzungen für ein entspanntes Interview mit Billy Gibbons schienen im Sommer 2009 nicht gerade ideal zu sein: Obwohl ich Monate vorher eine schriftliche Zusage vom ZZ-Top-Management bekommen hatte,  dass ich bei der Show im Hamburger Stadtpark Anfang Juni eine Audienz beim Gitarristen Billy Gibbons bekommen würde, hieß es einen Tag vor dem anvisierten Treffen plötzlich und unerwartet: „Keine Interviews während der gesamten Tournee!“

Was also tun? Ich wandte mich gleich am nächsten Tag an die deutsche Konzertagentur und äußerte meine Enttäuschung, verbunden mit der expliziten Forderung, ZZ Top mögen bitte ihr Versprechen halten. Fünf Tage lang bekam ich keine positive Rückmeldung, dann meldete sich Jacky Jedlicki von der Marek Lieberberg Konzertagentur (besonderen Dank an ihn!) mit der Nachricht, er habe noch einmal beim Management insistiert und erreicht, dass das Interview doch stattfinden könne, und zwar in Mainz.

 Also fuhr ich an einem regnerischen Sonntagmorgen um 6:00 Uhr die schlappen 500 Kilometer nach Mainz, um gegen 14:00 Uhr vom deutschen Tour-Begleiter empfangen zu werden. Seine Worte: „Scheinbar findet heute irgendetwas mit einem der Musiker statt, allerdings sind die Jungs natürlich nicht gerade erfreut über deine Hartnäckigkeit. Aber, OK, sie scheinen wenigstens zu ihrem Wort zu stehen.“

Etwa eine Stunde später begrüßte mich ein überaus freundlicher und überhaupt nicht verstimmter Billy Gibbons im Backstage-Bereich der Mainzer „Zitadelle“, nahm sich entgegen des abgesprochenen 25-minütigen Interviews mehr als eine Stunde Zeit für mich und erzählte eine Menge spannender Dinge.

Hier also das Interview, das beinahe nicht zustande gekommen wäre, letztendlich aber viel Spaß gemacht hat, offensichtlich auch Billy Gibbons selbst.

ZZ Top

Billy, ihr seid regelmäßig auf Tournee, scheinbar macht euch das Reisen und Spielen immer noch riesigen Spaß. Kannst du mal kurz beschreiben, wie du dich auf diese Tour konkret vorbereitet hast?

Gerne. Da gibt es natürlich die persönliche Seite, die immer von meiner jeweiligen privaten Situation abhängt, aber viel wichtiger ist natürlich der technische Aspekt einer Tournee-Vorbereitung. Zum Glück sind wir von einigen der besten Techniker umgeben, die man in diesem Umfeld finden kann.

Interessanterweise haben wir gerade für diese Europa-Tour das Kabelsystem des gesamten Equipments komplett neu zusammengestellt, sowohl bei den Gitarren als auch beim Bass. Sämtliche Steckverbindungen wurden ausgetauscht. Das wurde auch dringend Zeit, weil es wirklich schon sehr alt war und die Technik sich in der Zwischenzeit verbessert hat.

Andererseits natürlich auch, weil auf Tour viele Dinge durch die hohe Beanspruchung kaputt gehen. Stecker brechen, Kontakte reißen, und so weiter. Einige alte Steckverbindungen waren in einem fürchterlichen Zustand, deswegen war diese Inspektion dringend erforderlich. Es ist unglaublich beruhigend, dass jetzt wieder alles hundertprozentig funktioniert.

Ihr arbeitet seit Jahren mit den gleichen Technikern?

TJ ist das neueste Mitglied in unserem Team, er ist seit knapp einem Jahr dabei. Elwood gehört schon seit 15 Jahren dazu, ebenso wie die meisten Techniker unserer Crew, die seit Jahren fest dabei sind.

Würdest du sagen, dass aus Sicht der Techniker die Arbeit mit ZZ Top einfach und unkompliziert ist?

Es herrscht zumindest eine sehr enge und freundschaftliche Kooperation zwischen uns und unseren Technikern. Das ist auch enorm wichtig, denn ohne eine gut funktionierende Crew könnte all dieses hier überhaupt nicht stattfinden. Wir haben gelernt, wie man es so einfach wie möglich macht, um Fehlerquellen auszuschalten.

Gitarre und Bass haben nahezu identische Setups, ich glaube, bei mir gibt es ein oder zwei extra Effekte, die Dusty nicht benutzt, ansonsten ist alles gleich. Wir können uns das ja gleich mal auf der Bühne gemeinsam anschauen, wenn du Lust hast, dann kannst du dich selbst davon überzeugen. Dadurch, dass nahezu alles gleich ist, kann man auf Tour viel entspannter arbeiten, Dinge gegebenenfalls umändern oder neu einstellen. Jeder weiß genau Bescheid, wie das System funktioniert.

Absolvieren ZZ Top vor einer Tournee reguläre Proben? Habt ihr einen ganz normalen Proberaum?

Ja, natürlich. Wir haben zwei Proberäume, einen in Los Angeles und einen in Texas. Es gibt einen kleinen Raum, in dem wir proben, und eine daran angeschlossene größere Halle, in der wir die gesamte Produktion auf die Bühne stellen und dort dann den Ernstfall testen können. Da werden dann auch das Licht, die Video-Leinwände und alles Equipment aufgebaut. Der kleine Raum wird als erstes benötigt, um die Musik für eine Tour zusammenzustellen. Der Raum ist übrigens wirklich heiß ausgerüstet: Es stehen dort zwei Fender-Champ-Verstärker aus dem Jahr 1960, wirklich sehr alte und tolle Geräte. Sie sind cremefarben, mit braunen Bedien-Panels und zu wertvoll, um sie mit auf Tour zu nehmen.

Ihr habt nach den musikalischen Proben also weitere Testläufe auf der Bühne mitsamt der kompletten Crew?

Genau.

Wie lange dauern die einzelnen Schritte?

An der Musik arbeiten wir etwa einen Monat lang, aber immer ganz locker, ohne Stress. Pro Tag nehmen wir uns lediglich zwei Songs vor, und wenn wir uns mit den Songs wohlfühlen, kann die Arbeit im Saal beginnen. Dadurch bekommt jeder die Möglichkeit, den Ablauf des Sets kennenzulernen und sich darauf einzustellen. Die Set-Liste hat in der Mitte immer ein paar Platzhalter, um auf Tour spontan Dinge ändern zu können. Das hält alle mental frisch. Keiner kann vor sich hin dämmern, sondern muss sich spontan umstellen können.

Magst du Proben? Oder sind sie nach all den Jahren zur lästigen Pflicht geworden?

Nein, wir mögen sie. Wir mögen sie sogar sehr, weil man nie weiß, was passiert. Manchmal sagen wir: „OK, lasst uns heute diese zwei Stücke proben.“ Und dann spielt Frank plötzlich einen unvorhergesehenen Groove, Dusty und ich steigen drauf ein und auf einmal nimmt der Song eine völlig andere Richtung. Deswegen mögen wir die Proben. Wir spielen einfach gerne, alles was mit diesem Job zu tun hat, macht uns viel Spaß.

Wie oft wird das Programm mit der gesamten Crew geprobt?

Normalerweise proben wir die endgültige Show zehn Tage lang jeweils zweimal pro Tag.

Klingt nach harter Arbeit.

Die ersten zwei Tage sind in der Tat immer etwas mühsam. Dann weiß jeder Bescheid, dann ist alles richtig programmiert und die Sache läuft nach einem festen Schema ab.

Gibt es vor den Proben ein Meeting mit allen Beteiligten, bei denen ihr der Crew eure Vorstellungen mitteilt?

Ja. Den schwierigsten Job hat der Lichttechniker, weil sich die moderne Technologie so schnell weiterentwickelt. Die Möglichkeiten mit großformatigen Videoleinwänden haben sich rasant verändert, man muss den Inhalt der Einspielungen programmieren. Man schaltet diese Dinger nicht nur einfach an und aus, sondern muss den Inhalt richtig gehend designen. Aber auch in dieser Hinsicht haben wir zum Glück absolute Fachleute im Team. Es ist wirklich ein anspruchsvoller Job. Man muss die Lichtanlage jeden Abend eineinhalb Stunden programmieren, denn je anspruchsvoller die Einspielungen sind, umso mehr Zeit verschlingen sie zur Vorbereitung.

ZZ Top Gear

 

Vor allem dann, wenn man statt Licht auch Videoeinspielungen vornehmen will, die genau am richtigen Punkt eines Songs beginnen und im Takt der Musik bleiben sollen. Natürlich könnte man sie so automatisieren, dass sie von alleine funktionieren würden. Aber wir spielen die Songs frei, ohne Click-Track, also variieren sie mitunter im Tempo. Und darauf muss der Lichttechniker natürlich vorbereitet sein und sein Programm dementsprechend anpassen. Aber unsere Crew mag das, es wird für sie dadurch nie zu einem Routine-Job.

Habt ihr nie zu Click-Tracks gespielt? Auch nicht zu Zeiten von ,Eliminator‘ oder ,Afterburner‘?

Doch, wir haben es versucht. Es gab Zeiten, da mussten wir zum Click spielen, aber wir fanden heraus, dass man als Musiker dadurch sehr schnell bequem wird. Mit der Zeit wird man des immer gleichen Tempos überdrüssig und versucht, die Dinge schneller zu spielen, um eine Herausforderung zu haben. Und plötzlich ist ein dreiminütiger Song nur noch eine Minute lang (lacht).

Wenn du es schaffst, einen laufenden Click Track aus deinem Bewusstsein zu streichen und du dennoch automatisch einen echten Groove entwickelst, dann ist ein Click Track eine tolle Sache. Ich habe schon Bands gesehen, bei denen der Groove wunderbar funktionierte, aber plötzlich zog irgendjemand das Tempo an und der Song ging förmlich den Bach hinunter. Wir mussten lernen, wie man eine innere Uhr für das richtige Tempo entwickelt.

Es ist ein Prozess von Erinnerungsvermögen, und ich denke, dass Menschen sich sehr schnell an Wiederholungen gewöhnen. Wie schon gesagt: Am Anfang war es ziemlich schwierig sich zurückzuhalten, weil deine Muskeln ein höheres Tempo gewohnt waren. Es geht hier um Muskelerinnerung, die Muskeln haben sich an ein bestimmtes Tempo gewöhnt und müssen sich erst an ein langsameres Tempo gewöhnen. Aber wenn man es immer und immer wieder in einem bestimmten Tempo geprobt und gespielt hat, hat sich der Körper darauf eingestellt.

Diskutierst du mit Frank und Dusty mitunter nach einer Show über das Tempo bestimmter Songs?

Das kommt durchaus vor. Ich habe mir erst kürzlich Aufnahmen von vor fünf Jahren angehört, als wir noch kein großes Augenmerk auf das Tempo von Songs legten. Glücklicherweise haben wir Fans, die einen dann fragen: „Sagt mal: Warum spielt ihr diese Nummer so schnell?“ Wir sind dann manchmal etwas verwundert: „Wirklich? Haben wir den Song zu schnell gespielt?“

Wir stellten fest, dass das, was wir für natürlich hielten, in der Zwischenzeit zu schnell geworden war. Ich habe mich mal mit den Allman Brothers darüber unterhalten, sie erzählten mir vom gleichen Phänomen. Die Rolling Stones ebenso. Sie alle mussten damit sehr vorsichtig umgehen, denn am Beginn einer Tour spielt man fast immer langsamer als am Ende einer Tour. Das ist eine ganz natürliche Angelegenheit, denn jeder Musiker sucht die permanente Herausforderung, und die lautet nun einmal häufig: schneller spielen!

Click-Track, das ist ja nur ein modisches Wort für Metronom, und diese Dinger gab es schon im 15. Jahrhundert … (Hier beschleunigte Billy etwas zu sehr bei seinem Trip in die Musikgeschichte: Der Mechaniker Nepomuk Mälzel erfand das Metronom im Jahr 1817; d. Red.)

Gitarren von Billy Gibbons

 

Die Idee dahinter ist ja, Musik in einem bewährten Tempo zu spielen, damit es das richtige Feeling bekommt. Warum ist das so wichtig? Weil Menschen von Dingen angesprochen werden, die vorhersehbar sind, denn wenn es vorhersehbar ist, dann kann man der Sache vertrauen. Und wir alle mögen Dinge, denen wir trauen können und auf die man sich verlassen kann. Du gehst auf die Tanzfläche, du bist zwar kein guter Tänzer, willst deiner Freundin aber dennoch imponieren, und da ist es absolut hilfreich wenn nichts Unvorhergesehenes passiert. Vielleicht ist dies eine etwas skurrile Methode, das Prinzip eines Metronoms zu beschreiben.

Ja, das ist in der Tat etwas skurril, aber einleuchtend. Apropos ,bewährt‘: Greifst du auf jeder Tour auf gewohntes Equipment zurück? Oder änderst du diese Parameter jedes Jahr?

Ich habe gerade eben mit unserem Toningenieur gesprochen, der mich darüber informierte, dass die Firma, die unsere Schlagzeug-Sound-Maschinen herstellt, nämlich DDrums …

… mit denen ihr den Natursound des Schlagzeugs mischt, wie ich gesehen habe …

Richtig. Also: DDrums haben ein vollkommen neues System entwickelt. Unser System ist etwa 15 Jahre alt, das neue soll unglaublich hochwertig und anspruchsvoll sein. Sie nutzen die moderne Computertechnik und machen die Bedienbarkeit dadurch deutlich einfacher. Man kann unzählige Dinge mehr damit machen. Wir stellen uns dieser neuen Technologie, wir wollen immer dazulernen.

Bei eurer Backline setzt ihr seit Jahren auf eine Kombination aus analogen und digitalen Geräten, nicht wahr?

Ja, weil die digitale Technologie sich unglaublich weiterentwickelt hat. Heutzutage können digitale Geräte das Gleiche, was analoge Geräte machen. Ein guter Freund, ein absoluter Analog- und Röhrenfanatiker, sagte kürzlich zu unserem Tontechniker: „Oh Mann, der Gitarren-Sound ist wunderbar.“

Dann kam er auf die Bühne, sah den Röhren-Preamp von Marshall, und sagte: „Ja, da hört man, dass es ein echtes Röhrengerät ist. Aber wie schafft ihr es, diesen Sound so problemlos auf die PA zu übertragen? Meistens gibt es da doch Übertragungsverluste.“ Ich antwortete: „Schau mal hier, schau mal auf den Computerbildschirm. Wir verwenden einen Modeling-Amp mit einer bestimmten Software und das ist der Sound, den das Publikum größtenteils hört. Wir mischen beide Signale, einmal den Preamp und dann das Computer-Signal.“ Er wollte es einfach nicht glauben.

Schaut man sich eure Historie an, dann wart ihr schon immer offen für neue Technologien.

Natürlich haben sich bestimmte Dinge seit Jahren nicht dermaßen geändert, um andere, bewährte einfach fallen zu lassen. Zum Beispiel die Geräte der Firma Marshall, die ja eigentlich wie Fender, nur viel lauter, sind, haben bei uns nie zur Disposition gestanden. Früher hatten wir ausschließlich die traditionellen Top-Teile, dann kamen sie mit den Solid-State-Versionen ihrer Endstufen auf den Markt, die so viel leichter und kompakter waren.

Wir dachten uns: Wenn das funktioniert, wenn es wirklich gut klingt, dann sollten wir diese Dinger auch mal verwenden. Also probierten wir sie aus und waren total begeistert. Zuschauer kamen zu uns und fragten: „Wo sind denn eure Verstärker?“ Wir zeigten sie ihnen und sie staunten nur: „Das kann doch gar nicht sein …“

Für uns funktionierten diese Geräte perfekt. Bei Marshall kann man sich darauf verlassen, dass die Konstrukteure immer den typischen Marshall-Sound berücksichtigen, wenn sie an neuen Ideen arbeiten. Auch wenn sie etwas völlig Neues entwickeln, es basiert immer auf der Essenz ihres Sounds. Deswegen haben wir unsere Verstärkerfirma nie geändert. Aber weil es sich um Solid-State-, also Transistor-Geräte handelte, gab es immer Leute, die sagten: „Das kann nicht klingen, denn es sind ja keine Röhrenverstärker.“

Gibbons in Freizeitkleidung
Gibbons diskutiert in Freizeitkleidung mit seinem Techniker Elwood.

Es gibt in der Tat Dinge, die nur Röhrengeräte können, das wissen wir alle. Deswegen bietet Marshall ja eine riesige Palette an unterschiedlichen Verstärkern an. Die Produktion der Solid-State-Endstufen haben sie ja wieder eingestellt, deswegen müssen wir intensiv suchen, um noch welche aus dieser Produktion zu bekommen.

Stimmt es, dass ihr eines dieser Geräte in einem Autohaus entdeckt habt?

Es war genauer gesagt eine Reparaturwerkstatt. Das Ding stand völlig verstaubt oben auf einem Regal. Der Mechaniker erzählte uns: „Das Teil hat irgendein Typ hier gelassen, der den Verstärker für das Soundsystem in seinem Auto verwendet hatte.“ Ich fragte: „Verkaufst du es?“ Und er: „Ja klar, nimm es bloß mit! Wir haben sowieso keine Ahnung, was wir damit machen sollen.“ (lacht) Wenn wir etwas finden, das uns gefällt, dann versuchen wir, dafür auch Ersatzgeräte zu besorgen. Das bedeutet aber ja auch gleichzeitig, dass du immer dein eigenes Equipment dabeihaben musst.

Anmieten oder ausleihen funktioniert dann ja gar nicht. Ist das überhaupt bezahlbar, alles immer zu transportieren?

Wir besitzen zwei komplette Ausstattungen, eine bleibt immer in Amerika, die andere in Europa. Es wäre viel zu teuer, das gesamte Equipment jedes Mal zu verschiffen. Das P.A.-System ist gemietet, aber auch da gibt es ein Lager in Amerika und eines in Europa mit identischer Ausstattung. Das Licht ist zwar gemietet, aber auch nahezu identisch.

Das heißt: Das einzige, was du tatsächlich aus Amerika mit nach Europa gebracht hast, sind deine Gitarren?

Ja, nur die Gitarren. Wobei wir in diesem Jahr zum ersten Mal Kopien der Gitarren angefertigt haben, die jetzt ebenfalls in Europa bleiben. Sind deine Gitarren denn nicht modifiziert? Unser Gitarrenhersteller heißt John Bolin. Er baut alle unsere Gitarren und Bässe. Er arbeitet mittlerweile mit der Erlaubnis von Fender, Gretsch und Gibson.

Er baut traditionell aussehende Instrumente, die aufwendig modifiziert und vom Gewicht her sehr leicht sind. Im nächsten Monat, wenn wir zurück nach Amerika gehen, gibt es übrigens eine kleine Überraschung: Dusty und ich spielen auf den Gitarren, mit denen wir vor vielen Jahren angefangen haben. Denn Gibson baut eine Replik meiner berühmten 1959er Sunburst „Pearly Gates“ Les Paul.

Wow, das ist ja in der Tat eine kleine Sensation!

Wir haben sie vor ein paar Tagen in Hamburg getestet. Gibson schickte uns einen Typen aus dem Custom Shop, der fragte: „Ist das so OK, was meint ihr?“

Und? Wie war eure Antwort?

Oh, wir fanden die Modelle fabelhaft. Wir durften mit den beiden Designern eng kooperieren. Alle zwei Wochen kamen sie angeflogen, um uns zu treffen. Sie zeigten uns die unterschiedlichen Prototypen, es gab insgesamt drei davon. Beim ersten war der Hals zu dick, also änderten sie ihn, beim zweiten war die Farbe nicht exakt identisch. Wir verglichen die Replica mit dem Original, und dadurch konnten sie die Kopie weiter verfeinern.

Und der Sound stimmte von Beginn an?

Ja, vom ersten Spielen an, direkt aus dem Case, war der Sound wundervoll. Les-Paul-Fans können sich schon jetzt darauf freuen. In Hamburg habe ich auch eine Duesenberg Senior gespielt, das ist ja eine Gitarre aus deinem Land. Die gefällt mir ebenfalls sehr gut. Und soll ich dir noch das wichtigste Geheimnis für einen richtig guten Sound verraten?

Ja, da bin ich aber jetzt neugierig…

Spiele dünne Saiten, Junge!!! Ich spiele auf meinen Gitarren .007er E-Saiten. Und wenn ich slide, werden .008er aufgezogen. Diese dünnen Saiten sind ganz wichtig für meinen Sound. Und natürlich ein cooler Anschlag.

Danke Billy für das Gespräch, und auch dafür, dass du am Ende noch diese spannenden Geheimnisse gelüftet hast.

Gerne, Matthias! Und jetzt komm mit, ich zeige dir mein Equipment auf der Bühne.

Epilog

Nach dem Interview nahm mich Gibbons also mit auf die Bühne, stellte mir die beiden Gitarren-/Bass-Techniker Ken ,T.J.‘ Gordon und Elwood Francis vor und zeigte mir jedes einzelne Detail seiner ausgesprochen clever zusammengestellten Anlage.

Ganz American Gentleman bestand er darauf, dass ich auch seine mitgebrachten Gitarren selbst in die Hand nehme und ein paar Töne darauf spiele. Dann diskutierte er ein paar Minuten mit Gordon und Francis über einen neuen parametrischen Equalizer, um sich nach insgesamt einer Stunde freundlicher Aufmerksamkeit mit den Worten von mir zu verabschieden: „Du wirst ja nachher bei der Show hören, wie warm, kraftvoll und dick der Gitarren-Sound ist. Viel Spaß dabei.“

Gibbons sollte Recht behalten: Was knapp drei Stunden später aus den Boxen kam, war trotz einer immensen Lautstärke knorriger Blues mit einer gehörigen Rock-Attitüde und ganz viel Humor.


Billy Gibbons Gear 2009

    • Bolin/Gretsch Billy Bo Pro Gold Sparkle
    • Bolin/Gretsch Billy Bo Pro Red
    • Bolin/Gretsch Billy Bo White
    • Bolin/Gretsch Fur Bo
    • Versoul Custom Blue Light Raya
    • 1958 Gibson Moderne Prototype
    • Marshall JMP-1-Preamp
    • Marshall-Valvestate-Endstufe
    • DigiTech Meq-28
    • Boss SE-70
    • Dunlop Octavio
    • Samson UR-5d
    • Custom Line Selector
    • Furman Power Conditioner
    • Goldline RTA
    • Eminence Speaker

ZZ-Top-Story-3


Dieser Artikel stammt aus Gitarre & Bass 08/2009


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Oft nachgeschlagen, kritisch hinterfragt, heiß diskutiert – Die G&B-Classics sind die beliebtesten Artikel der Gitarre & Bass-Geschichte. Da sie immer wieder neue Leser*Innen erreichen und für lebhafte Debatten sorgen, holen wir sie für euch regelmäßig aus dem Archiv hervor.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Witzige Gitarren, würden mir auch gefallen.
    Ich habe mal einen Bass Amp plus Box (beides super) beim Reussenzehn gekauft und selbst abgeholt. In seinem Showroom hingen einige ältere Bilder auf denen die ZZ Top Musiker mit dem Reussenzehn auf dem Sofa zu sehen sind. Die hatten einiges Equipment damals beim Reussenzehn gekauft. Aber genaueres weiß ich nicht.

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  1. Dusty Hill über seine Bass-Sammlung & sein Equipment › GITARRE & BASS

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