Beatsteaks: Gitarren & Equipment von Bernd Kurtzke und Peter Baumann
von Heinz Rebellius, Artikel aus dem Archiv
Anzeige
Es scheint, dass mit dem selbstbetitelten Album wiederum eine Schippe mehr auf die Erfolgs-Story der Beatsteaks gelegt wurde. Von 0 auf 1 in die Charts eingestiegen, ausverkaufte Konzerte in begeisterter Stimmung – getragen durch eine unglaublich treue Fan-Base, die sich die Band durch ihre unzähligen Konzerte im Laufe der letzten knapp 20 Jahre erspielt hat. Ohne Fleiß kein Preis – eine Lebensweisheit, die wohl auch auf eine Rock-’n’-Roll-Band wie die Beatsteaks zutrifft.
Anzeige
Und ein Eindruck, der bestätigt wurde, denn Soundcheck und damit auch mein Interview-Termin wurden kurzfristig um eine Stunde vorverlegt, weil die Band nach dem Soundcheck noch einige Dinge proben wollte. Man befand sich auf einer kleinen Warm-Up-Tour vor einigen großen Festival-Terminen und nutzte jede Gelegenheit, um an den Details der Performance zu feilen. Apropos Warm-Up: Mehr als nur warm war es anschließend auch im Konzertsaal – es war pickepackevoll und die Beatsteaks lieferten ein gut zweistündiges, richtig heißes Konzert ab. Vorher hatten wir die Gelegenheit, mit Peter Baumann und Bernd Kurtzke, den beiden Gitarristen der Band zu sprechen.
Ihr beide spielt ja schon eine ganze Zeit lang zusammen. Auf dem neuen Album kann man hören, dass die Gitarren-Parts sehr genau getrennt sind – sowohl was die unterschiedlichen Sounds angeht als auch im Stereo-Panorama. Das war ja nicht immer so, oder?
Peter: Nee. Wir kommen ja aus der Zeit, wo es damals wichtig war, sich zu doppeln – damit das alles fett genug rüberkam. Und weil man auf dem Instrument alleine einfach noch nicht gut war. Aber irgendwann haben wir gemerkt, dass das nicht notwendig ist. Wenn man aufeinander hört, dann merkt man z.B. schon, wann man besser mal seine Finger stillhält.
Bernd: Und das Wissen ist schon da, dass der andere den Song nicht kaputt sägen wird. Da ziehen wir dann alle an einem Strang und versuchen, dem jeweiligen Stück das zu geben, was es gerade braucht. Wer kann was besser als der andere?
Bernd: Wir haben da keine Schwerpunkte und keine speziellen Fähigkeiten.
Peter: Wobei es oft so ist, dass derjenige, der mit einer Idee kommt, diese Idee dann auch selbst spielt.
Klanglich seid ihr mittlerweile relativ unterschiedlich aufgestellt.
Peter: Na klar. Und im Studio dreht man sich die Sounds dann noch mehr so hin, dass sie sich deutlicher voneinander unterscheiden. Aber auch live fahren wir beide völlig verschiedene Systeme. Da hat jeder dann seine Frequenzecke, die er ausfüllt. Ich spiele seit ewigen Zeiten z.B. P-90-Gitarren, die einfach mehr krächzen als die Humbucker-Gitarren von Bernd.
Bernd: Wir sind da eher wie ein Orchester aufgestellt in dem auch jede Instrumentengruppe für einen bestimmten Frequenzbereich steht. Wir denken Band-dienlich und haben teilweise Gitarren-Sounds, die sich, wenn man die alleine hört, vielleicht nicht so supertoll anhören, aber eben im Gesamtzusammenhang genau die Frequenzecke ausfüllen, die noch zu einem stimmigen Gesamtbild fehlte.
Wenn ihr die Songs des neuen Albums jetzt live umsetzt, richtet ihr euch dann stark nach den Aufnahmen?
Bernd: Ja schon, aber nur als Ausgangspunkt. Eigentlich geht da die Reise erst richtig los! Und es kann durchaus mal vorkommen, dass sich ein Song live in eine andere Richtung entwickelt als vorher im Studio geplant.
Peter: Ich höre mir immer nach dem Mischen das aktuelle Album ganz intensiv durch und schaue, welche von meinen Parts ich dann mitnehme, um sie live einzusetzen. Welche sind wichtig, welche sind nicht so wichtig? Damit alles wiedererkennbar bleibt. Und Unwichtiges außen vor bleibt.
Hat sich aus gitarristischer Sicht etwas entwickelt, im Vergleich zum letzten Album?
Peter: Ja! Ich bin zum ersten Mal mit einem Lächeln einen Schritt zurückgetreten. Denn mir wurde während der Arbeit klar, dass es extrem clever ist, auch mal Lücken zu lassen und nicht immer herumzubraten. Wir spielen mit einer höheren Dynamik als früher und haben nicht mehr das Gefühl, wenn es leere oder leise Stellen gibt, die unbedingt füllen zu müssen. Dafür muss man aber erstmal lernen, allen anderen in der Band zuzuhören.
Bernd: Wir haben insbesondere in der Demo-Phase darauf geachtet, dass die Songs nicht zugeklatscht werden. Arnim spielt ja auch Gitarre, aber wir haben uns alle zurückgehalten, um den Kern jedes Songs besser herausarbeiten zu können.
Welche Gitarren habt ihr gespielt, als die Band sich 1995 gegründet hat?
Peter: Ich hatte gleich eine gute Gitarre, eine Duesenberg Special. Die fand ich ganz toll! Aber damals war ich noch auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau. Die es aber nicht gibt, wie ich heute weiß. Wenn es „klingeling“ machen soll, nimmt man halt ‘ne Fender, und wenn es „bumms“ machen soll, nimmt man die Paula, oder was Ähnliches. Für jeden Sound muss man in den Schrank greifen und das passende Werkzeug rausziehen können. Was nicht heißt, so viele Gitarren wie möglich anzuschaffen, sondern eher so wenig wie nötig, die man dann aber alle nutzt.
Bernd: Ich habe mit ganz billigen Gitarren angefangen, weil kein Geld da war. Aber im Laufe der Zeit bin ich bei Gibson gelandet, eine Melody Maker habe ich gespielt, dann lange eine ES-355. Doch den Plan habe ich jetzt auch verworfen, seit ich Nik Huber und seine Firma in Rodgau kennengelernt habe. Die haben mir eine Gitarre nach meinen Vorstellungen gebaut, mit der ich sehr zufrieden und glücklich bin.
Diese Gitarre sieht so ähnlich aus wie eine Gibson-Semiacoustic, ist aber kleiner.
Bernd: Richtig, wie ‘ne geschrumpfte Gibson. Ich hatte mal die Möglichkeit, mir bei der Firma Sandberg selbst eine Gitarre zu bauen. Und die war praktisch die Vorlage für meine Nik Huber. Wir haben dann noch verschiedene Hölzer ausprobiert, vor allem für den Hals, und sind dann bei (natürlich zertifiziertem) Rio-Palisander gelandet. Mit dem Holz ist der Ton sofort da! Vorne am Hals sitzt außerdem ein Mini-Humbucker, der bei Verzerrungen nicht so matscht wie ein großer Humbucker. Meine Gibson klang halt relativ weich und schwammig. Darauf konnte ich mich zwar im Laufe der Zeit einstellen, aber mit der Nik Huber habe ich einen viel direkteren Sound, den ich besser finde. Da geht dann halt noch mal eine Tür auf. Man muss sich aber auch mehr anstrengen, denn jeder Ton ist nun genau hörbar. Verspielen ist da nicht mehr.
Und du, Peter?
Peter: Meine Hauptgitarre ist immer noch eine Gibson Les Paul Goldtop. Die wäre auch meine Gitarre für die einsame Insel. Dann gibt es noch eine Fender Tele, die ich sehr gerne spiele. Und von Nik Huber habe ich gerade vor einer Woche eine ganz spezielle Krautster II bekommen. Die hat einen etwas dickeren Korpus mit Hohlkammern, zwei P-90-Pickups und ein Bigsby. Eine sehr gute Gitarre! Wobei die Suche nach dem Heiligen Gral ja nie aufhört. Mal findet man dies gut, mal das – eine finale Lösung gibt es hoffentlich nicht.
Wobei – ich bin eher Traditionalist und vertraue dann schon gerne auf Gibson und Fender, denn die sind schon so lange dabei und das wird auch seinen Grund haben. Aber die Zusammenarbeit mit Nik Huber war einfach sehr angenehm, und es hat großen Spaß gemacht, mit ihm über Gitarren-Sounds zu philosophieren. Und dann setzen die deine Ideen einfach mal so in die Tat um – und es ist tatsächlich so, wie man es sich vorher ausgesponnen hatte.
Aber Gitarren sind für euch Werkzeuge, oder?
Bernd: Ja, auf jeden Fall. Peter: Na, ich finde die auch schon schön. Wenn ich in den Proberaum komme und meine Goldtop sehe, die ich schon so lange spiele und die jetzt schon so abgeranzt aussieht – dann weiß ich einfach, dass ich das alles gemacht habe, und zwar nicht mit einem Hammer draufgekloppt, sondern einfach abgespielt. Das finde ich gut. Ich finde grundsätzlich gespielte Gitarren sowieso gut und, mal abgesehen davon, dass das Geld dafür fehlt, würde ich keine Gitarren sammeln, um die an die Wand zu hängen.
Wie sieht es mit den Amps aus?
Bernd: Ganz am Anfang gab es Vermona-Amps. Über die wurde dann auch noch der Gesang verstärkt!
Peter: Stimmt. Dann haben wir bei all den coolen Bands Marshall gesehen und haben uns selbst Marshalls gekauft, JCM900-Tops mit den Boxen dazu. Bis uns dann aufgefallen ist, dass wir irgendwie gleich klingen. [lacht] Ich spielte dann Engl-Topteile, die mir aber mit der Zeit doch zu sehr nach Metal klangen. Auch da kamen alle Gitarren gleich rüber. Und irgendwann bin ich dann bei Vox gelandet. Die sind zwar schwieriger zu spielen, weil man wirklich alles hört, aber sie bilden den Charakter der Gitarre eben supergut ab. Ich habe ein AC30-Top aus der Handwired-Serie, ein ehrlicher Super-Amp der sich überall gut einfügt. Nicht der lauteste, aber laut genug. Und der nimmt auch Effektpedale sehr gut an. Mit dem Amp bin ich mittlerweile so ziemlich verheiratet.
Bernd: Ich habe ziemlich lange die besagten Marshall-JCM900-Amps gespielt. Und dann bin ich über Blackstar gestolpert und spiele nun deren 100 Watt-Topteil. Das macht eigentlich, was der Marshall auch gemacht hat, packt aber noch ein paar mehr Bässe dazu. Und dann habe ich die Kammler-Boxen aus Hamburg entdeckt – ganz spezielle Boxen. Der Dietmar (Kammler) hatte bis dato nur 2×12“-Boxen gebaut, aber ich habe ihn so lange genervt, bis er mir eine 4x12er gebaut hat. Eine ganz tolle Box! Sie hat ein breiteres Abstrahlverhalten, und man kann die Charakteristik der Speaker dadurch verändern, dass man die Verspannungsstreben lockerer oder fester verschraubt.
Sind Effekte für euch essentiell wichtig?
Peter: Sagen wir mal so: Sie sind nicht verboten. Aber sie dürfen den Sound auch nicht dominieren. Sonst kommt nur Matsche dabei raus. Es kommt in erster Line immer auf das klare, direkte Signal an.
Welche Pedale spielt ihr denn?
Peter: Momentan drei verschiedene Zerrer – ein Digitech Bad Monkey, für die langen, stehenden Töne. Ein Mad Professor Sweet Honey für die leichte Zerre und ein Fulltone OCD für harte, metallische Verzerrungen. Als Delay nutzen wir beide das Boss DD-20. Es gibt besser klingende Delays, aber das Boss ist zuverlässig und hat ein paar Speicherplätze. Dann noch einen MXR Phase 90 und ein Strymon Blue Sky Hall. Damit es nicht brummt, gibt es noch den Decimator von ISP. Außerdem habe ich mir die Funktion meines Amps, mit der man von 15 auf 30 Watt umschalten kann, aufs Board legen lassen. Ich spiele normalerweise mit 15 Watt, und schalte auf 30 Watt für Solo-Stellen.
Bernd: Neben dem Boss DD-20 gibt es unter anderem noch einen Ibanez CS-9-Reissue-Chorus, einen MXR Kompressor, den Electro Harmonix Nano Holy Grail – und den Kanalumschalter meines Amps, der mir zwei cleane und zwei verzerrte Kanäle bietet.
Leserfragen
Wir haben über unsere Facebook-Seite Leser aufgefordert, Fragen an die Beatsteaks zu schicken. Hier eine Auswahl – und die Antworten dazu.
Sind die Beatsteaks Veganer?
Peter: Nein!
Wie ist der Songwriting-Prozess? Ist Thorsten, der Bassist, auch eingebunden?
Bernd: Jeder von uns ist da eingebunden, jeder schreibt seine Parts zum jeweiligen Song. Dabei haben wir ein Gesetz entwickelt, mit dem wir gut fahren: Am Ende muss es allen fünfen gefallen. Denn da wir alle unterschiedliche Geschmäcker haben, gehen wir davon aus, dass die größtmögliche Schnittmenge unserer fünf Meinungen das darstellt, was draußen bestimmt gut ankommt.
Habt ihr Gitarren-Helden?
Bernd: Ja, es gibt viele Gitarren-Helden. Auf jeden Fall Angus und Malcolm Young, Johnny Marr, Joey Santiago von den Pixies. Mir gefallen grundsätzlich Gitarristen, die ihr eigenes Ding machen. Chris Spedding z.B. ist noch ein weiteres gutes Beispiel.
Peter: Der Dr.-Feelgood-Gitarrist! Und dann habe ich neulich Stevie Ray Vaughan entdeckt. Ganz toll, wie der eine Einheit mit seiner Gitarre bildet. Oder Brian Setzer, der ist auch ganz gemein. Wir müssen jedenfalls noch üben!
Übt ihr richtig Scalen oder so etwas?
Bernd: Nein. Aber man übt seine Parts, oder bringt Singen und Spielen zusammen und sorgt dafür, dass Mechanismen von Schalten, Singen und Spielen entstehen, damit man das, was man im Studio getrennt voneinander aufgenommen hat, live auch locker umsetzen kann.
Warum spielt Bernd nicht mehr seine tolle Melody Maker von 1962?
Bernd: Die wurde abgelöst von der ES-355. Ich war halt auf der Suche nach einem besseren Sound. Ich hatte sie neulich noch mal in der Hand, und sie fühlte sich echt an wie ein Spielzeug.
Wo kauft ihr eure Gitarren?
Peter: Bevorzugt gebraucht. Die Goldtop war zwar neu, aber immerhin schon B-Ware von der Messe. Ansonsten sind mir Gitarren mit Geschichte einfach lieber.
Bernd: Das sehe ich komplett anders. Ich habe nur gute Erfahrungen mit neuen gemacht. Wobei, wenn Gitarren auf Wanderschaft gehen, das finde ich auch interessant.
Gibt es The Roys noch, die Cover-Band, in der alle Beatsteaks spielen?
Bernd: Ja, die gibt es noch. Aber die sind nur dann aktiv, wenn die Beatsteaks weniger zu tun haben.
Peter: Wir spielen da bevorzugt 60er- und 70er-Jahre-Titel, und alte Punk-Songs. Wir tauschen dann teilweise Instrumente. Arnim [der Sänger] spielt Schlagzeug, Thomas [der Drummer] Gitarre und Bernd Orgel.