„Ich weiß noch, wie Einsteigersachen vor zehn Jahren waren. Was du damals für 150 Euro bekommen hast und was es dafür heute gibt, ist kein Vergleich.“
BassTheWorld: Gregor Fris im Interview
von Jogi Sweers, Artikel aus dem Archiv
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Gregor Fris kann man durchaus als Pionier bezeichnen. Schon 2011 legte er los auf YouTube mit Videos zu Bass-Equipment, in der Folge gab es unterschiedliche Formate – und stetiges Wachstum. Mittlerweile hat sein Kanal Referenz-Charakter für bassige Produktvorstellungsvideos, nicht nur im deutschen Sprachraum, sondern auch in internationalen Foren wie basschat (UK) oder Talkbass (USA), ganz passend zum Kanalnamen: BassTheWorld! Über den Weg dahin sprachen wir mit dem sympathischen Weimarer.
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Fangen wir am Anfang an: Wie bist Du zum Bass gekommen?
Unfreiwillig, wie so viele… Ich habe viel Kirchenmusik gemacht und Gitarre gespielt. Die Bassistin ist weggezogen, und dann hieß es: „Bass ist wichtiger als Gitarre, gib her das Ding, hier ist der Bass!” Kurz darauf habe ich dann mit der Ausbildung angefangen, in einem Musikladen. Ein Kunde kam mit einem ganzen Stapel CDs für mich rein und meinte, hör dir das mal an! Das waren dann Primus, Richard Bona, Marcus Miller, Victor Wooten − die üblichen Verdächtigen. Da hat‘s mich dann erwischt, ich habe alle Gitarren verkauft, und dann nur noch: Bass!
Hast du bei Musik Schmidt in Frankfurt gelernt, oder war das noch vorher?
Das war in Plauen, im Vogtland − nicht weit von Warwick. Die Lehre zum Einzelhandelskaufmann hatte ihren Praxisteil im Musikladen − so könnte man es auch formulieren −, wo ich dann später, als ich in der Branche gearbeitet habe, festgestellt habe, dass ich mit einer Ausbildung fast schon überqualifiziert bin. (lacht) Weil in den Musikläden kaum jemand einen kaufmännischen Background hatte. Gerade die Kollegen in Frankfurt, die einfach Bock hatten, Gitarren zu verkaufen. Das war so die Standardgeschichte. Durch meine Ausbildung bin ich schnell in Positionen gekommen, die ungewöhnlich waren, gerade für das junge Alter. Ich war ganz schnell Abteilungsleiter und habe dabei natürlich auch die Hersteller und die ganze Branche kennengelernt. Das war so der Beginn meiner Karriere, würde ich sagen.
Wie bist du von da auf die Idee gekommen, Bass-Videos zu drehen?
Im Prinzip ist das aus einer Not heraus entstanden. Meine Freundin kam aus Weimar und war am Wochenende bei mir. Als unser Sohn geboren wurde, ist sie in Elternzeit gegangen und zu mir gezogen. Sie fühlte sich aber schnell unwohl in Frankfurt und wollte wieder weg. Das war hart für mich. In so jungen Jahren hatte ich schon meinen absoluten Traumjob. Das ganze Team und der Umgang miteinander − das war ja noch Musik Schmidt. Am Ende war Familie aber doch wichtiger als der Traumjob. Die Musikläden in Weimar und Umgebung konnte ich vergessen. Wenn man einmal eine so große Bassabteilung geleitet hat und die geilsten Bässe der Welt dastehen hatte, kannst du nicht im kleinen Laden Omas Brot-und Butter-Gitarren für ihre Enkel verkaufen. Also musste ich mich umorientieren.
Wir hatten bei Schmidt schon angefangen, Videos zu machen. Ganz primitiv, einfach ein Kollege mit einem Camcorder und dann hieß es: „Erzähl mal was zum Bass“. Das hat mich dann auf die Idee gebracht, das könnte man auch… gut machen. Einen gewissen Produktionsaufwand betreiben, das ganze professioneller angehen… Das hat dann eine Weile gedauert, bis es wirklich professioneller wurde, aber das war die Idee. Ich habe erstmal damit angefangen und einfach gemacht, und das Coole war, dass ich durch meinen vorherigen Job schon Verbindungen hatte. Station Music und wir, das waren seinerzeit in Deutschland die Läden mit den größten Bassabteilungen.
Station Music war mehr so Ami-orientiert, und ich wollte da einen Gegenpunkt setzen und habe mich auf die europäischen Marken konzentriert. Es gibt ja tausend interessante Marken, und ich wollte auch keine Competition starten, nicht um die gleichen Marken kämpfen. Ich war also sehr fokussiert auf die Europäer, und dadurch, dass ich die bei Musik Schmidt alle reingeholt habe, hatte ich schon den Fuß in der Tür und auch viele Freunde gewonnen: Gerald Marleaux, Jens Ritter, Holger von Sandberg… Die haben es mir ermöglicht, das gleich von Tag 1 an professionell zu machen, und auch von Anfang an damit Geld zu verdienen. Die haben direkt Videos bei mir gebucht, haben mich engagiert, Social-Media-Sachen für sie zu machen.
Die ältesten Videos sehen ja noch recht rustikal aus − sind eigentlich alle noch online?
(lacht) Hunderte Videos habe ich gelöscht! Am Anfang habe ich alles selber gemacht: gespielt, gefilmt … Ich musste mich erst reinfummeln, ich hatte keine Studioerfahrung. Ich hatte live gespielt, aber das ist ja was völlig anderes. Bühne kannte ich, aber ich war nie ernsthaft im Studio gewesen, keine Filmerfahrung und musste mir Kamera und Schnitt erst aneignen. Im Nachhinein betrachtet eine gute Zeit, um das alles zu lernen, aber auch viel zu viel für eine einzelne Person, um das wirklich gut zu machen. Or Lubianiker, ein Freund von mir aus Israel, von dem hatte ich ein Video gesehen und ihn angeschrieben, und er antwortete: „Hey, ich liebe deinen Kanal! Ich bin demnächst in Frankreich und würde dich gerne besuchen kommen.“
Ich dachte: „Ich wohne doch ganz woanders?“ Aber wenn man international unterwegs ist, ist das eben ein Katzensprung. Er hat mich besucht, wir haben ein paar Videos aufgenommen, einfach aus Spaß, und ich habe gemerkt: Das ist ein tierischer Bassist! Wir haben uns dann die nächsten zwei, drei Jahre immer auf der Musikmesse getroffen, und dann in einer Woche dreißig, vierzig Videos einfach durchgeballert. Das hat wahnsinnig Druck rausgenommen, nicht selber spielen zu müssen, weil ich mich auch vor der Kamera nie wohlgefühlt habe. Okay, das ist mittlerweile anders geworden, aber auch wenn ich heute alles spielen müsste, würde ich mich damit nicht wohlfühlen. Jedenfalls hab ich gemerkt, wenn du richtig, richtig gut spielende Leute ranholst, kannst du einen ganz anderen Wert schaffen. So habe ich über die Jahre angefangen, mir die Leute gezielt auszusuchen.
Ich denke, das Konzept ist aufgegangen. Wobei die Videos ja inzwischen in sich ganz gut sind, so dass es auch mehr Gründe gibt, warum man sich die anschauen kann. Das war eben lange das Zugpferd, dass ich gesagt habe, ich hole mir die geilsten Leute und lasse die spielen. So hat das dann richtig Fahrt aufgenommen.
Sind denn die verschiedenen Firmen von Anfang an auf dich zugekommen, haben dir was hingestellt und gesagt: Mach mal! Oder wie hat man sich das vorzustellen?
Auf mich zugekommen klingt vielleicht etwas zu enthusiastisch. Ich musste am Anfang schon kämpfen. Na ja, was heißt kämpfen? Das Übliche eben, E-Mails schreiben, anrufen, Akquise betreiben. Eine der ersten Firmen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, war Darkglass, die damals noch völlig unbekannt waren, genau wie mein Kanal. Davor war noch EBS, da hat mich Sibi Siebert angerufen und mir dann eine Kiste mit Pedalen geschickt. Das waren so die ersten Videos. Dann hat mich gleich Douglas (Castro, Gründer von Darkglass und Neural DSP) angerufen: „Hey, wir sind eine coole, neue Firma, hast du Lust, was zu machen?“ Heute eine der mit Abstand erfolgreichsten Firmen, die wir im Bassbereich haben.
Eigentlich witzig, wie wir quasi gleichzeitig bekannter wurden. Mittlerweile ist es ziemlich entspannt, jetzt kommen sie wirklich auf mich zu, auch die größeren. Yamaha ist frisch dazugekommen, mit Ampeg. Das ist schon Royalty unter den Marken, das gibt dem Kanal nochmal eine andere Legitimität, wenn man solche Marken hat und vorstellen darf. Aber nach wie vor steht Akquise immer noch im Kalender, heute auch wieder. Es gibt erstaunlich viele Firmen, die gar keinen Draht zum Influencer Marketing − so würde ich das mal nennen, was ich mache − haben. Die muss man dann dezent darauf hinweisen, dass das vielleicht sinnvoll wäre.
Wie kritisch gehst du mit dem um, was in deinen Videos präsentiert wird? Mein Gefühl ist, du machst eher so Feel-good-Videos.
Ja, absolut. Ich halte mich auch damit zurück, das ein Review zu nennen. Präsentation trifft es besser. Wenn es Sachen gibt, die fehldesignt sind, dann sage ich das auch, ist nicht so, dass immer alles positiv ist. Ich finde aber auch kaum noch negative Punkte. Klingt jetzt ein bisschen lahm, aber gerade im Einsteigerbereich, wo man lange gut meckern konnte, hat sich so viel getan! Was man da fürs Geld bekommt ist erstaunlich. Muss man ja im Kontext sehen, was die Produkte kosten. Was soll ich da meckern? Ich weiß ja noch, wie Einsteigersachen vor zehn Jahren waren. Was du damals für 150 Euro bekommen hast und was es dafür heute gibt, ist kein Vergleich. Dafür hätte man damals 500 Euro bezahlen müssen.
Die Firmen haben das fast alle schon gut raus, auch mit guter Quality Control. Da gibt es für mich kaum was zu bemängeln, und wenn, dann sind das oft Sachen, die einfach persönlicher Geschmack sind. Ich bin ja nicht unbedingt die Core Audience, oder wie man das jetzt nennt. Es ist mir immer wichtig, zu schauen, für wen das eigentlich gemacht ist. Und dann begebe ich mich da so Rollenspiel-mäßig rein: Okay, das ist ein Fan-Fret-Bass, der ist für die Metal-Leute gebaut, und dann schaut man sich das Instrument aus der Richtung an. Aber du hast schon recht, es ist schon feelgood-mäßig, und wenn mir was richtig aufstößt, dann mache ich das Video eben nicht. Das gab‘s aber erst einmal, da war der Bass ein echtes Montagsmodell. Hab ich zurückgeschickt, da hat auch keiner gezuckt.
GREGORS GEARTIPPS
Wir haben Gregor als langjährigen Kenner der Szene und Präsentator in Sachen Bass gefragt, was bei ihm nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Hier seine Antworten und Tipps:
BÄSSE:
In den Jahren sind besonders zwei Modelle hängengeblieben. Erstens der Vychodil AVP, den es seit einigen Jahren als BassTheWorld-Modell gibt. Ich fand seine Bässe schon immer sehr gut, aber der P-Bass hat es mir besonders angetan. Nach ein paar Experimenten sind wir bei einem etwas dünneren Palisander-Griffbrett und einem Custom-Pickup aus deutscher Produktion gelandet. Seitdem habe ich mich nie wieder nach einem anderen Preci umgedreht. Dieser hier kann einfach alles, was man sich von einem P-Bass wünschen würde.
Der zweite ist − das wird jetzt keine Überraschung sein − mein Sandberg California BassTheWorld-Modell. Die Idee habe ich schon entwickelt, als ich noch bei Musik Schmidt gearbeitet habe: Ein passiver California TT mit Kloppmann-Pickups und einfacher Gotoh-Blechwinkel-Brücke. Diese Instrumente habe ich damals als limitierte „Selected Unique“-Modelle bei Schmidt verkauft, jeder Bass mit einer individuellen Farbe. Ich hatte selbst mehrere von diesen Bässen. Als dann aber 2011 ein Modell mit Sumpfesche-Body und Tobacco-Sunburst-Finish dazu kam, wusste ich, dass ich das perfekte Rezept gefunden habe. Seit 2022 gibt es genau diesen Bass als mein Signature-Modell bei Sandberg zu kaufen. An dieser Stelle möchte ich auf die besondere Leistung hinweisen, selbst kaum Bass spielen zu können, aber ZWEI Signature-Modelle zu haben Das soll mir erstmal jemand nachmachen!
AMPS:
Ich bin seit 2006 überzeugter Glockenklang-User. Der Bass Art Classic mit der dazugehörigen Box stellt für mich das Nonplusultra der Bassverstärkung dar. Volle Dynamik ohne jegliche Verfärbung ist mein Ding, und durch die Arbeit als Geartester jetzt sogar noch viel wichtiger als zu den Zeiten, als ich noch live unterwegs war. Damals noch mit Soul-II-Amp und Quattro-Box. Der Bass Art Classic ist leider discontinued, aber dieser Platz wurde von EBS mit dem fantastischen 802-Amp eingenommen. Fürs kleine Besteck ist mein go-to-Amp der Briefcase von Phil Jones.
EFFEKTE:
Ich liebe Vintage-Effekte von Electro Harmonix und Musitronics. Big Muffs, Small Stones und Mu-Tron III wären die üblichen Verdächtigen. Mein Herz schlägt aber besonders für die unbekannteren Pedale aus der zweiten Reihe. Der EHX Hot Tubes ist z.B. das erste Pedal, was je gebaut wurde, um den Sound eines Röhrenamps zu simulieren und es klingt fantastisch! Das Teil gibt‘s heute noch. Kostet nur ein paar Euro und klingt 1:1 wie das Vintage-Modell, welches ich mein Eigen nennen darf. Bei Musitronics ist es vor allem der Octave Divider, der mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Den gibt’s mittlerweile für kleines Geld von Behringer.
Bei modernen Pedalen sind es Firmen wie Rheingold und Caveman, die mir in Musikproduktionen immer wieder fantastische Dienste leisten. Der Red Muck von Jam Pedals ist mein Lieblingszerrer. Die Kompressoren von Origin, die Drive-Pedale von Darkglass, die neuen Kreationen von Boss… Wo soll man da anfangen und aufhören? Ich liebe sie alle! Mein Pedalgeheimtipp, und den gebe ich nur, weil ich selbst schon zwei Stück habe, ist der Sub-Blaster von Ampeg. Auf den ersten Eindruck ein langweilig klingender Octaver, aber ich kenne keinen anderen, der seine Arbeit so akkurat und unaufdringlich erledigt.
SAITEN:
Was Saiten angeht, bin ich dagegen, sich auf einzelne Marken oder Sätze festzulegen. Jeder Bass verdient einen eigenen Satz. Auf den Sandberg-BassTheWorld-Bässen benutze ich Dunlop Marcus Miller Super Brights. Auf dem Vychodil-Preci DR-Strings-Pure-Blues-Sätze. Ansonsten gibt es auffällig viele Bässe mit LaBella-760FL-Flatwound-Saiten in meinem Studio.
Ups, fast vergessen: Zwischen „ich liebe sie alle“ und dem Geheimtipp hätte ich noch etwas wichtiges zu ergänzen: Der JPTR FX Jive gehört meines Erachtens auf jedes Bassboard.